Vorläufige Festsetzung des Gegenstandswertes, oder: Nicht für den Gebührenvorschuss

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Und dann heute RVG-Entscheidungen.

Zunächst der BFH, Beschl. v. 30.10.2023 – IV S 26/23. Ja, richtig gelesen. „BFH“. Der Beschluss hat aber nichts mit Steuern zu tun. Sondern: Ich stelle ihn vor, weil er eine Problematik in Zusammenhang mit dem Vorschuss nach § 9 RVG behandelt.

Es geht um die vorläufige Festsetzung eines Gegenstandswertes. Der Rechtsanwalt hatte Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein gegen den Kläger ergangenes Urteil eines FG eingelegt und diese begründet. Dann hat er auch beantragt, den Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren nach §§ 9, 33 RVG vorläufig festzusetzen. Zur Begründung führt er an, die Anwaltskosten müssten vorschussweise geltend gemacht werden. Das Rechtsschutzbedürfnis für seinen Antrag ergebe sich aus §§ 9, 33 RVG. Jedes Gericht setze den Gegenstandswert für seine Instanz gesondert fest.

Der BFH hat den Antrag abgelehnt. Der Antrag auf vorläufige Festsetzung des Gegenstandswerts sei unzulässig:

„1. Nach § 33 Abs. 1 RVG setzt das Gericht des Rechtszugs auf Antrag den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit durch Beschluss selbständig fest, wenn sich die Gebühren in einem gerichtlichen Verfahren nicht nach dem für die Gerichtsgebühren maßgebenden Wert richten oder wenn es an einem solchen Wert fehlt. Nach Abs. 2 der Vorschrift ist der Antrag erst zulässig, wenn die Vergütung fällig ist.

a) Danach ist eine Wertfestsetzung bereits deshalb ausgeschlossen, weil es an der Fälligkeit der Vergütung fehlt. Gemäß § 8 Abs. 1 RVG ist die Vergütung fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist beziehungsweise –sofern der Rechtsanwalt in einem gerichtlichen Verfahren tätig wird– wenn eine Kostenentscheidung ergangen oder der Rechtszug beendet ist oder wenn das Verfahren länger als drei Monate ruht. Hieran fehlt es in Bezug auf das unter dem Aktenzeichen IV B 43/23 geführte Beschwerdeverfahren.

b) Entgegen der Auffassung des Antragstellers kann der Antrag nicht auf das Recht auf Vorschuss gemäß § 9 RVG gestützt werden (Landesarbeitsgericht –LAG– Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23.03.2006 – 2 Ta 54/06, Rz 5; Rahm/Künkel, Handbuch Familien- und Familienverfahrensrecht, Kap. 14, B. Verfahrenswert Rz 202; Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, Gegenstandswert, Festsetzung (§ 33 RVG) Rz 1020; Toussaint/Toussaint, Kostenrecht, 53. Aufl., § 33 RVG Rz 18). Daraus, dass der Prozessvertreter gemäß § 9 RVG einen Vorschuss verlangen kann, folgt nicht, dass für diese Zwecke ein Wert festzusetzen ist, denn der Prozessbevollmächtigte kann den aus seiner Sicht zutreffenden Wert zugrunde legen und danach den Vorschuss verlangen (vgl. z.B. LAG Schleswig-Holstein, Beschluss vom 23.03.2006 – 2 Ta 54/06, Rz 5).

c) Zudem kommt die vom Antragsteller begehrte Festsetzung des Gegenstandswerts nach § 33 Abs. 1 RVG nicht in Betracht, weil sich die Anwaltsgebühren im Streitfall nach dem für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Wert berechnen und es an einem solchen Wert –auch ohne gerichtliche Festsetzung– nicht fehlt (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs –BFH– vom 15.12.2014 – VII S 37/14, Rz 2; vom 29.09.2010 – VI S 6/10, Rz 4).

Nach § 23 Abs. 1 Satz 1 RVG sind bei der Bemessung des Gegenstandswerts für das gerichtliche Verfahren die Wertvorschriften für die Gerichtsgebühren heranzuziehen. Nach § 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) bemisst sich der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers ergebenden Bedeutung der Sache. Dabei entspricht der Streitwert des Verfahrens über eine Nichtzulassungsbeschwerde regelmäßig dem Streitwert des vorangegangenen Klageverfahrens. Maßgebend ist grundsätzlich der im Urteil des FG wiedergegebene Klageantrag, wie er in der letzten mündlichen Verhandlung gestellt worden ist (vgl. BFH-Beschluss vom 29.02.2012 – IV E 1/12, Rz 9). Allerdings darf der Streitwert nicht unter einem Mindestbetrag von 1.500 € (§ 52 Abs. 4 GKG) angenommen werden (vgl. BFH–Beschluss vom 29.09.2010 – VI S 6/10).

2. Der Antrag ist auch nicht als Antrag auf Streitwertfestsetzung gemäß § 32 Abs. 2 Satz 1 RVG zu verstehen. Zum einen hat der Antragsteller ausdrücklich eine Wertfestsetzung gemäß § 33 RVG beantragt, zum anderen wäre auch eine vorläufige Streitwertfestsetzung unzulässig (vgl. hierzu BFH–Beschluss vom 17.11.2015 – III S 11/15).“

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