Der Kläger behauptet, er habe den Unterlegkeil aufgrund der Dunkelheit nicht sehen können. Die Beklagte habe die Gegenstände aus ihrem Ford Transit herausgenommen und auf die Fahrbahn gelegt, um die Autobahn an der Stelle zu blockieren und eine Barriere aufzubauen. Sie habe damit verhindern wollen, dass die Person, von der sie sich vermeintlich verfolgt fühlte, ihr nachstellen konnte. Die Beklagte habe unter einem Verfolgungswahn gelitten und offensichtlich ein psychisches Problem gehabt.
Der Kläger macht einen Schaden von rund 5.000 EUR netto geltend. Das LG hat die Klage abgewiesen:
„Die Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen keine Ansprüche gegen die Beklagte Ziff. 2 aus dem streitbefangenen Ereignis zu.
I.
Ein solcher Anspruch folgt nicht aus § 7 Abs. 1 StVG i. V. m. § 115 VVG.
Es kann dahinstehen, ob sich die Beklagte Ziff. 2 auf den Haftungsausschluss nach § 103 VVG berufen kann. Der vom Kläger behauptete Schaden ist jedenfalls nicht „bei dem Betrieb“ des bei der Beklagten Ziff. 2 versicherten Fahrzeugs entstanden. Es kann dabei unterstellt werden, dass die Beklagte Ziff. 1 die Gegenstände aus dem versicherten Fahrzeug genommen und auf die Fahrbahn gelegt hat und die Mitführung eines Unterlegkeils in dem Fahrzeug vorgeschrieben war.
1. Ein Schaden ist dann gem. § 7 Abs. 1 StVG „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, das heißt, wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit-)geprägt worden ist. Erforderlich ist dabei stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll. Die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Der Betriebsbegriff ist dabei grundsätzlich weit auszulegen. Nach der mittlerweile vorherrschenden verkehrstechnischen Auslegung ist ein Kfz in Betrieb, solange es sich im Verkehr befindet und andere Verkehrsteilnehmer gefährden kann. Denn die Halterhaftung ist der Preis für die Zulassung der mit dem Kfz-Verkehr verbundenen Gefahren. Daher sind alle hierdurch beeinflussten Schadensabläufe umfasst. Es ist dabei allerdings ein Zusammenhang mit der Bestimmung des Kfz als einer der Fortbewegung und dem Transport dienenden Maschine erforderlich (Walter/BeckOGK Stand 01.09.2019, § 7 StVG Rn. 89; BGH vom 26.03.2019 – VI ZR 236/18, juris Rn. 8).
a) Das bei der Beklagten Ziff. 2 versicherte Fahrzeug befand sich noch „in Betrieb“ im Zeitpunkt des Schadenseintritts. Auch nach Beendigung des Bewegungsvorgangs kann das Kfz in Betrieb verbleiben. Ob sich ein stehendes Kfz noch in Betrieb befindet, hängt von der Aufrechterhaltung eines Bezugs zum Verkehr ab. Solange das Kfz bei der Abwicklung des Verkehrs noch eine Gefahr darstellt, verbleibt es in Betrieb. Die Dauer des Stillstandes sowie dessen Zweck ist kein Kriterium. Erst wenn das Kfz ordnungsgemäß und in völliger Betriebsruhe außerhalb der für die Abwicklung des Verkehrs bedeutsamen öffentlichen oder privaten Flächen abgestellt wird und daher von diesem keine dem Schutzbereich der Gefährdungshaftung zuzuordnenden Gefahren mehr ausgehen, endet der Betrieb. Dies war vorliegend nicht der Fall. Die Beklagte Ziff. 1 hatte den Ford Transit auf der Standspur der Autobahn und damit im öffentlichen Verkehr abgestellt.
b) Es fehlt aber an dem Zurechnungszusammenhang zwischen dem Betrieb des Fahrzeugs und der Primärverletzung.
Dieser Zurechnungszusammenhang ist durch eine am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierte wertende Betrachtung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls festzustellen (BGH vom 26.04.2005 – VI ZR 168/04, juris Rn. 9). Der erforderliche Zurechnungszusammenhang fehlt, wenn die Schädigung nicht mehr Folge der spezifischen Auswirkung derjenigen Gefahr ist, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will (BGH vom 27.11.2007 – VI ZR 210/06, juris Rn. 8). Für eine Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz steht. Erforderlich ist, dass die Fahrweise oder der Betrieb des Fahrzeugs zu dem Entstehen des Unfalls beigetragen hat. Der Schaden muss auf eine typische Gefahrenquelle zurückzuführen sein (BGH vom 11.02.2020 – VI ZR 286/19, juris Rn. 23). Das Kfz muss durch seine Fahrweise, sonstige Beeinfluss des Verkehrs, seinen Betriebsvorgang oder Betriebseinrichtung zu der Entstehung beigetragen haben. Die bloße Anwesenheit des Kfz an der Unfallstelle genügt nicht (BGH vom 22.11.2016 – VI ZR 533/15, juris Rn. 14).
Dementsprechend wurde in der Rechtsprechung ein Zurechnungszusammenhang bisher angenommen, wenn Steine oder sonstige Gegenstände bei der Fahrt hochgeschleudert werden oder wenn Ladung verloren geht. Ebenso wenn Straßenverschmutzungen durch ein Kfz entstehen (zur Übersicht Walter/BeckOGK Stand 01.09.2019, § 7 StVG Rn. 97.2), oder Schäden durch das Ablösen von Fahrzeugteilen entstehen, wenn dies in Zusammenhang mit einem Verkehrsvorgang steht, zum Beispiel der Verlust eines Reifens oder Auspuffs während der Fahrt (Greger/Zwickel, Haftungsrecht im Straßenverkehr, 6. Auflage 2021, Haftung des Kfz-Halters, Rn. 3.137). Auch das Be- und Entladen eines Kfz bzw. das Ein- und Aussteigen gehören zum Betrieb des Kfz. Stehen hiermit zusammenhängende Schadensvorfälle in einem inneren Zusammenhang mit der Funktion des Kfz als Verkehrs- und Transportmittel, sind diese dem Betrieb zurechenbar. Entsteht der Schaden dagegen aufgrund nicht mit dem Betrieb verbundener, sondern hiervon unabhängiger Umstände, verwirklicht sich nicht die Gefahr des Betriebsvorgangs (BGH vom 08.12.2015 – VI ZR 139/15, juris Rn. 11 ff.).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist es nicht mehr dem Betrieb des Kfz zuzurechnen, dass die Beklagte Ziff. 1 – unterstellt – aus dem Fahrzeug Gegenstände herausgenommen und auf die Fahrbahn gelegt hat, um nachfolgende Fahrzeuge aufzuhalten. Allein, dass der Unterlegkeil in dem Fahrzeug der Beklagten Ziff. 1 mitgeführt wurde, reicht hierfür nicht aus, um eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG zu begründen. Der Schaden als solcher steht in keinem ursächlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kfz. Es ist keine typische Gefahrenquelle des Straßenverkehrs, die bei wertender Betrachtung vom Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG umfasst wird, dass Gegenstände absichtlich aus dem geparkten Fahrzeug heraus auf die Straße gelegt werden, um nachfolgende Fahrzeuge zu schädigen. Der Schaden entstand auch nicht durch den Entladevorgang an sich, wodurch ein innerer Zusammenhang möglicherweise gegeben wäre (vgl. oben). Durch das absichtliche Blockieren der Fahrspur mit Gegenständen hat sich eine eigenständige Gefahr verwirklicht, die mit dem Betrieb und der Nutzung des Fahrzeugs als Fahr- und Transportmittel nicht in Zusammenhang steht.
Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Mitführung des Unterlegkeils gesetzlich vorgeschrieben war. Der Unterlegkeil wurde nicht zur Absicherung des Fahrzeugs, sondern als Hindernis für andere Verkehrsteilnehmer verwendet, sodass ein innerer Zusammenhang mit dessen Funktion und dem Grund, weshalb eine Mitführungspflicht bestand, fehlt.
II.
Auch aus § 823 Abs. 1, Abs. 2 BGB i. V. m. §§ 303; 315b StGB; § 32 StVO; § 115 VVG folgt kein Anspruch…….“