Archiv für den Monat: Mai 2018

Ich habe da mal eine Frage: Wie rechne ich nach einer Strafanzeige ab?

© AllebaziB – Fotolia

Heute gebe ich hier eine Frage aus einer FB-Gruppe, der ich angehöre, weiter:

„Frage an die Strafrechtler zur Abrechnung.

Ich wurde beauftragt Strafantrag und Dienstaufsichtsbeschwerde gegen einen Polizeibeamten wegen einer beleidigenden Äußerung gegeüber Mdt. zu erheben. StA stellte das Verfahren nunmehr ein, da Tatnachweis nicht zu erbringen sei.

Kann ich die Einstellung auch abrechnen und falls ja mit welcher Ziffer im VV RVG?“

Kurz und knapp. Wer weiß was?

Das LG Aschaffenburg und die Rücknahme der Revision, oder: Wunder gibt es immer wieder

entnommen openclipart.org

Bei der zweiten Entscheidung, die ich vorstelle, handelt es sich um den LG Aschaffenburg, Beschl. v. 02.05.2018 – Qs 44/18, den mir die Kollegin Waterstradt aus Aschaffenburg geschickt hat. Frage, die sich der ein oder andere Leser stellen wird: Warum ist die Entscheidung ein Wunder? Nun: Das LG – ein bayerisches LG – stellt sich mit seiner Auffassung gegen die wohl h.M. in der Rechtsprechung zum Anfall der Nr. 4141 Anm. 1 Ziff. 3 VV RVG (Rücknahme der Revision) und damit auch gegen zwei bayersiche OLG. Schon bemerkenswert.  Das reicht m.E. für ein Wunder 🙂 .

Und das LG hat im Eregbnis recht. Die Nr. 4141 Vv RVG setzt nicht voraus, dass eine (Revisions)Hauptverhandlung nahe lag. Diese Voraussetzungen haben die OLG in die Vorschrift hineinkonstruiert. Das hatte der Gesetzgeber so nicht gewollt/vorgesehen.

Allerdings erscheint mir die Begründung des LG für seine im Ergebnis zutreffende Entscheidung ein wenig quer. Das LG unternimmt nämlich zwei Schritte: Zunächst Feststellung, dass die Gebühr Nr. 4141 VV RVG durch die Rücknahme entstanden ist, dann im zweiten Schritt die Prüfung, ob der Verteidiger eine über den Abgeltungsbereich der allgemeinen Verfahrensgebühr Nr. 4130 VV RVG hinausgehende Tätigkeit erbracht hat. Ist das nicht der Fall, „entfällt“ – so das LG – die entstandene Gebühr wieder.

Diese stufenweise Prüfung, die das LG vornimmt, lässt sich aber weder den Gesetzesmaterialien noch der zu Nr. 4141 VV RVG vorliegenden Rechtsprechung und Literatur entnehmen. Und im Grunde meint das LG das auch nicht so. Denn nur, wenn – so auch das LG – der Rechtsanwalt eine über den Abgeltungsbereich der Nr. 4141 VV RVG hinausgehende Tätigkeit in Form der Mitwirkung/Förderung des Verfahrens erbringt, steht ihm die Gebühr zu. Und das ist alles, was Mitwirkung am Entbehrlichwerden der Hauptverhandlung ist. Insoweit grenzt das LG zutreffend zwischen Nr. 4130 VV RVG und Nr. 4141 VV RVG ab. Liegt eine solche Tätigkeit/Mitwirkung nicht vor, entsteht die Gebühr Nr. 4141 VV RVG erst gar nicht. Insofern irrt das LG, wenn es meint, dass dann, wenn man eine solche Tätigkeit nicht feststellen könne, die entstandene Gebühr Nr. 4141 VV RVG wieder wegfalle. Denn durch welche Tätigkeit, wenn nicht Mitwirkung i.S. von Nr. 4141 Anm. 1 VV RVG soll die Gebühr entstanden sein?

Aber dennoch: Ein Wunder….

Und abschließend zur Klarstellung: Das LG macht die Nr. 4141 VV RVg nicht zu einer reinen „Rücknahmegebürh“. Es müssen schon Tätigkeiten erbracht sein, die über den Abgeltungsbereich der Nr. 4130 VV RVG hinausgehen….

Abtretung in der Vollmacht, oder: Dann aber aufgepasst bei der Gestaltung der Vollmacht

© AK-DigiArt – Fotolia.com

Ich hoffe die Vatertagsgänger sind alle wieder zu Hause :-), so dass ich mit den freitäglichen Gebührenpostings starten kann.  Zunächst der OLG Rostock, Beschl. v. 30.04.2018 – 20 Ws 78/18.  Ein „zweigeteilter Beschluss“ = mit zwei Problembereichen, von denen ich hier nur eins darstellen will. Das andere ist ein wenig kompliziert und daher gut fürs Selbststudium geeignet.

Das Problem, das ich aus dem Beschluss hier aufgreifen will, hängt mit § 43 RVG zusammen, und zwar geht es um die Frage: Wirksamkeit der Abtretung der Kostenerstattungsansprüche in der Vollmacht.  Da geht es ja in der Rechtsprechung immer noch ein wenig hin und her. Ich erinnere da an den OLG Nürnberg, Beschl. v. 25.03.2015 – 2 Ws 426/14 -, über den ich hier ja auch berichtet habe: Verteidiger aufgepasst: Keine Abtretung in der Vollmacht.

Das OLG Rostock grenzt sich von dem Beschluss ab. Es sieht in dem von ihm entschiedenen Fall die Abtretung als wirksam an, und zwar:

Weder dem Kostenfestsetzungsantrag vom 28.08.2015 noch dem Rechtsmittel steht entgegen, dass sie nicht im Namen des früheren Angeklagten Te. als Kostengläubiger angebracht wurden, sondern von Rechtsanwalt J. im eigenen Namen. Denn der Angeklagte hat seine zukünftigen Kostenerstattungsansprüche gegen die Staatskasse bereits mit der Rechtsanwalt J. am 13.11.2013 erteilten und von diesem zu den Akten gereichten Vollmacht wirksam und unwiderruflich zur Abgeltung von dessen Honoraransprüchen (= Kosten und Auslagen) an diesen abgetreten (vgl. zur Wirksamkeit einer in die Vollmachtsurkunde aufgenommenen Abtretungserklärung Burhoff in Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl., § 43 Rdz. 12; OLG Nürnberg, Beschluss vom 25.03.2015 – 2 Ws 426/14 – jeweils m.w.N.). Diese Abtretungserklärung scheitert auch nicht an der Vorschrift des § 305c BGB, denn die betreffende Textpassage war in der Vollmachtsurkunde gegenüber den übrigen darin enthaltenen Regelungen eigens durch Fettdruck besonders hervorgehoben worden, weshalb der Senat davon ausgehen kann, dass sie für den Mandanten nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages klar erkennbar und deshalb nicht überraschend war.

Die Wirksamkeit dieser Abtretung wurde durch die spätere Kündigung des anwaltlichen Geschäftsbesorgungsvertrags und den Widerruf der Vollmacht nicht berührt. Insoweit ist zwischen der vertraglich vereinbarten Forderungsabtretung einerseits (§ 398 BGB) und der einseitig erteilten Verteidigervollmacht andererseits zu unterscheiden (§ 168 Satz 2 BGB). Während die Vollmacht auch durch einseitige Erklärung des Angeklagten gegenüber dem Gericht wirksam widerrufen werden konnte (§ 167 Abs. 1, § 168 Satz 3 BGB), gilt dies für die Abtretungsvereinbarung nicht.

Auch die nochmalige Abtretung seiner gegen die Staatskasse bestehenden Ansprüche auf Ersatz seiner notwendigen Auslagen durch den vormals Angeklagten vom 16.04.2015 an seinen Pflichtverteidiger Rechtsanwalt T. lässt die Wirksamkeit der früheren Abtretung an Rechtsanwalt J. unberührt (vgl. Burhoff a.a.O. Rdz. 11).“

Also: Abtretung in der Vollmacht ist möglich, wenn man die zivilrechtlichen Vorgaben beachtet. Das war hier der Fall.

Und wenn die Abtretung wirksam ist, dann treten alle zivilrechtlichen Folgen ein, also z.B. wie hier, dass eine nachfolgende weitere Abtretung unwirksam ist = ins Leere geht. Und im Verfahren ist dann die Aufrechnung der Staatskasse unwirksam. Das betrifft alle Ansprüche der Staatskasse, also die betreffend bezahlte Pflichtverteidigergebühren, eine Pauschvergütung oder Gerichtskosten. Voraussetzung ist dann aber natürlich, dass die Abtretungsurkunde zur Akte gereicht worden ist.

Einziehung VI: Altes/neues Recht, oder: Wiedergutmachung ist keine Strafe

Und in der letzten Entscheidung aus dem Reigen: Einziehung nach den §3 73 ff. StGB, geht es dann auch noch einmal um die Frage: altes/neues Recht?. In einem Verfahren mit dem Vorwurf des gewerbsmäßigen Bandenbetruges wird die Einziehung des Wertes der Taterträge, immerhin 208.118 €, angeordnet. Der Angeklagte macht geltend: Art 7 Abs. 1 Satz 2 MRK steht entgegen. Dazu der BGH, Beschl. v. 22.03.2018 – 3 StR 42/18:

„Ergänzend zur Antragsschrift des Generalbundesanwalts bemerkt der Senat:

Die Strafkammer hat rechtsfehlerfrei die Einziehung des Werts der Taterträge von 208.118 € angeordnet. Die Strafkammer hat nach Art. 306h EGStGB zutreffend die Vorschriften der § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1, § 73d Abs. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBl. I S. 872) angewendet, weil sie erst nach dessen Inkrafttreten am 1. Juli 2017 über die Abschöpfung der Tatgewinne befunden hat und in dem Verfahren zuvor keine andere Entscheidung zum früheren Verfall oder Wertersatzverfall ergangen war.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers steht Art. 7 Abs. 1 Satz 2 MRK der Anwendung der – § 2 Abs. 5 StGB abbedingenden – Übergangsregelung nicht entgegen, auch wenn nach altem Recht eine Anordnung des Wertersatzverfalls wegen § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aF ausgeschlossen, vielmehr nur eine Feststellung nach § 111i Abs. 2 Satz 1, 3 StPO aF möglich gewesen wäre; denn die von der Strafkammer getroffene Einziehungsentscheidung hat keinen Strafcharakter.

Dies ergibt sich hier bereits daraus, dass die Anordnung der Wertersatzeinziehung der Befriedigung von Ersatzansprüchen der Tatopfer dient. Nach den rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen wurden in den sieben Fällen des vollendeten gewerbsmäßigen Bandenbetruges die Verletzten um insgesamt mindestens 208.118 € geschädigt. Jedenfalls in dieser Höhe ist der Angeklagte ihnen gegenüber zivilrechtlich zum Schadensersatz verpflichtet. Erfüllt er (teilweise) seine Verbindlichkeiten oder kommt es – etwa im Vergleichswege – zu einem (Teil-)Erlass, so ordnet im Vollstreckungsverfahren das Gericht nach § 459g Abs. 4 StPO nF im jeweiligen Umfang den Ausschluss der Vollstreckung der Einziehung an. Zahlt hingegen der Angeklagte auf die Wertersatzeinziehung oder führt die hieraus gegen ihn betriebene Vollstreckung zu für die Opferentschädigung ausreichenden Erlösen, werden sie gemäß § 459h Abs. 2, § 459n StPO nF bzw. § 459h Abs. 2 StPO nF an die Verletzten ausgekehrt.

In der bloßen Wiedergutmachung der Betrugsschäden, zu der der Angeklagte ohnehin zivilrechtlich verpflichtet ist, vermag der Senat kein Strafübel zu erkennen. Zwar kann nach dem neuen Vermögensabschöpfungsrecht die Opferentschädigung auch eine Insolvenzantragstellung erforderlich machen (näher hierzu Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 680 f.; Korte, wistra 2018, 1, – 4 – 2). Dies berührt jedoch nicht den Zweck der von der Strafkammer angeordneten Wertersatzeinziehung und verleiht ihr (entgegen LG Kaiserslautern, Urteil vom 20. September 2017 – 7 KLs 6052 Js 8343/16 (3), wistra 2018, 94 f.) keinen Strafcharakter.“

Und ganz subtil sagt der BGH, was er von der Entscheidung des LG Kaiserslautern, über die ich ja auch berichtet hatte, hält.

Einziehung V: Und nochmals: Altes/neues Recht“?, oder: Ganz alte Taten

© M. Schuppich – Fotolia.com

Bei der zweiten Einziehungsentscheidung zum Vatertag handelt es sich um den BGH, Beschl. v. 22.03.2018 – 3 StR 577/18.Es geht noch einmal um die Frage: Altes/neues Recht?, und zwar in einem Fall, in dem Taten aus dem Jahr 2008 abgeurteilt worden sind:

Ergänzend bemerkt der Senat:

Die Strafkammer hat rechtsfehlerfrei die Einziehung des Werts der Taterträge von 48.000 € angeordnet. Die Strafkammer hat nach Art. 306h EGStGB zutreffend die Vorschriften der § 73 Abs. 1, § 73c Satz 1, § 73d Abs. 1 StGB in der Fassung des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung vom 13. April 2017 (BGBI. I S. 872) angewendet, weil sie erst nach dessen Inkrafttreten am 1. Juli 2017 über die Abschöpfung des durch die Taten Erlangten befunden hat und in dem Verfahren zuvor keine andere Entscheidung zum früheren Verfall oder Wertersatzverfall ergangen war.

Der Senat vermag dem Beschwerdeführer nicht darin zu folgen, dass die Anwendung des neuen Rechts auf die im Jahr 2008 begangenen Taten Verfassungsrecht verletze, sei es das spezielle in Art. 103 Abs. 2 GG normierte Rückwirkungsverbot für (Kriminal-)Strafen und strafähnliche Sanktionen, sei es – 3 – das allgemeine im Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 GG) verankerte Rückwirkungsverbot für sonstige Maßnahmen (s. auch BT-Drucks. 18/11640, S. 84). Ungeachtet der Rechtsnatur der nach § 73 StGB nF angeordneten Einziehung von Taterträgen (zum alten Recht des Verfalls vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. Januar 2004 – 2 BvR 564/95, BVerfGE 110, 1, 14 ff.; BGH, Urteil vom 21. August 2002 – 1 StR 115/02, BGHSt 47, 369) wird der Angeklagte durch die Anwendung des neuen Vermögensabschöpfungsrechts schon nicht im Ergebnis schlechter gestellt.

Die von ihm vereinnahmten Kaufpreiszahlungen aus seinen Drogenverkäufen wären nach altem Recht ebenfalls abgeschöpft worden; gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1, § 73a Satz 1 StGB aF wäre der Wertersatzverfall nach dem Bruttoprinzip, wonach sich die vom Angeklagten für das Handeltreiben getätigten Aufwendungen nicht verfallsmindernd ausgewirkt hätten, grundsätzlich zwingend anzuordnen gewesen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2006 – 1 StR 46/06, BGHSt 51, 65, 68).

Dadurch, dass im Erkenntnisverfahren nach neuem Recht keine Verhältnismäßigkeitsprüfung mehr entsprechend der Härtevorschrift des § 73c StGB aF vorgesehen ist, ist ebenso wenig eine derartige Schlechterstellung eingetreten. Denn eine solche Prüfung findet nunmehr nach § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nF im Vollstreckungsverfahren statt. Die Neuregelung ist für den Angeklagten insofern vorteilhaft, als nach § 459g Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 StPO nF die Vollstreckung obligatorisch zu unterbleiben hat, soweit der Wert des Erlangten nicht mehr im Vermögen des Betroffenen vorhanden ist, während § 73c Abs. 1 Satz 2 Alternative 1 StGB aF für diesen Fall lediglich ein fakultatives Absehen von der Verfallsanordnung nach tatrichterlichem Ermessen regelte. Daneben ist über den Einzelfall hinaus zu bedenken, dass nach früherem Recht ein Angeklagter, wenn er im Hinblick auf die Härtevorschrift Angaben zu seinem Vermögen machen wollte, gegebenenfalls auf seine Verteidigung gegen den Tatvorwurf Bedacht nehmen musste. So können Verfahrenskonstellationen bestehen, in denen die positive Darstellung der eigenen Vermögenslage einem Tatnachweis zuwiderläuft. Zu denken ist insbesondere an Wirtschaftsstraftaten, aber auch an Betäubungsmitteldelikte, falls etwa ein Angeklagter, der im Besitz einer erheblichen Menge Rauschgift angetroffen worden war, erklärt, er sei für die Finanzierung des Eigenkonsums nicht auf die gewinnbringende Veräußerung einer Teilmenge angewiesen. Derartige – ein rein interessengeleitetes Vorgehen erschwerende – faktische Einschränkungen für das Vorbringen zur Verhältnismäßigkeit bestehen für den rechtskräftig Verurteilten nicht.

Der durch § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nF gewährte Schutz vor unverhältnismäßigen Eingriffen stellt sich aus Sicht des Verurteilten als wirkungsvoll dar. Die Vorschrift bestimmt, dass die Prüfung der Härteklausel von einem Gericht (zur Zuständigkeit s. § 462 Abs. 1 Satz 1, § 462a Abs. 1 und § 462a Abs. 2 Satz 1 StPO) vorzunehmen ist. Der rechtskräftig Verurteilte kann diese gerichtliche Prüfung selbst herbeiführen, ohne dass er eine vollstreckungsrechtliche Entscheidung der Vollstreckungsbehörde abzuwarten hätte. Zwar erweist sich das neue Vermögensabschöpfungsrecht insoweit als lückenhaft, als es im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht regelt, unter welchen Voraussetzungen der jeweilige Vorgang von der Vollstreckungsbehörde zum Gericht gelangt. § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nF ist jedoch dahin auszulegen, dass nicht nur die Vollstreckungsbehörde die gerichtliche Entscheidung anregen kann, sondern auch der Einziehungsadressat antragsberechtigt ist, das Gericht aber auch amtswegig vorgehen darf (ebenso BeckOK StPO/Coen, § 459g Rn. 20). Dieses Verständnis entspricht der herrschenden Meinung zu der Vorschrift des § 459d StPO (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 28. Dezember 1984 – 1 Ws 568/84, NStZ 1985, 575; LR/Graalmann-Scheerer, StPO, 26. Aufl., § 459d Rn. 12; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 459d Rn. 2), die ein – 5 – gerichtliches Absehen von der Geldstrafenvollstreckung zum Zweck der Resozialisierung ermöglicht, ohne Fragen eines Antragsrechts oder einer Prüfung von Amts wegen zu normieren. Sollte die Vollstreckungsbehörde indes bereits eine anderweitige vollstreckungsrechtliche Entscheidung nach den §§ 459g bis 459n StPO nF getroffen haben, so hat der Betroffene außerdem die Möglichkeit, hiergegen Einwendungen gemäß § 459o StPO nF zu erheben, um so eine gerichtliche Entscheidung zu § 459g Abs. 5 Satz 1 StPO nF herbeizuführen.

Nach alledem macht allein der Umstand, dass – anders als nach der alten Rechtslage – nunmehr nach § 459g Abs. 5 Satz 2 StPO nF die Vollstreckung wieder aufgenommen werden kann, wenn sich die für die Verhältnismäßigkeitsprüfung maßgebenden Tatsachen oder Erkenntnisse nachträglich ändern, die neue Rechtslage nicht für den Angeklagten insgesamt ungünstiger.