Archiv für den Monat: April 2018

Vollständige Übersetzung des Urteils?, oder: Gibt es nicht, sagt der BGH

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Die Arbeitswoche 🙂 eröffne ich mit dem BGH, Beschl. v. 22.01.2018 – 4 StR 506/17 – zur Frage der (vollständigen) Übersetzung eines Urteils für den Angeklagten. Der hatte beantragt, ihm das landgerichtliche Urteil zu übersetzen und ihm die Übersetzung zu übermitteln.Der BGH hat abgelehnt:

„Die nach § 187 GVG zu beurteilende Entscheidung, ob eine schriftliche Übersetzung des vollständig abgefassten Urteils anzufertigen und dem Angeklagten zu übermitteln ist, fällt in die Zuständigkeit des mit der Sache befassten Gerichts; als Maßnahme der Verfahrensleitung entscheidet der Vorsitzende (OLG Hamburg, Beschluss vom 6. Dezember 2013 – 2 Ws 253/13, insofern nicht abgedruckt in StV 2014, 534; LR-StPO/Wickern, 26. Aufl., § 186 GVG Rn. 18; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 60. Aufl., § 187 GVG Rn. 1a; Kissel/Mayer, GVG, 8. Aufl., § 186 Rn. 15 und § 187 Rn. 8).

2. Für die Anordnung einer schriftlichen Übersetzung des Urteils besteht kein Anlass.

a) Ausgehend vom abgestuften System in 187 Abs. 2 GVG (BT-Drucks. 17/12578, S. 11; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 187 GVG Rn. 4) ist eine schriftliche Übersetzung regelmäßig dann nicht notwendig, wenn der Angeklagte verteidigt ist (§ 187 Abs. 2 Satz 5 GVG). In diesem Fall wird die effektive Verteidigung des sprachunkundigen Angeklagten dadurch ausreichend gewährleistet, dass der von Gesetzes wegen für die Revisionsbegründung verantwortliche Rechtsanwalt das schriftliche Urteil kennt und der Angeklagte die Möglichkeit hat, das Urteil mit ihm – gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines Dolmetschers – zu besprechen (BT-Drucks. 17/12578, S. 12; vgl. BVerfGE 64, 135, 143; OLG Hamm, StV 2014, 534; OLG Stuttgart, StV 2014, 536, 537; OLG Celle, StraFo 2015, 383; OLG Braunschweig, Beschluss vom 11. Mai 2016 – 1 Ws 82/16, juris Rn. 11).

b) Das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren gemäß Art. 6 Abs. 3 Buchst. e EMRK ist vorliegend bereits dadurch gewahrt, dass dem verteidigten Angeklagten die mündliche Urteilsbegründung in der Hauptverhandlung durch einen Dolmetscher übersetzt wurde (vgl. EGMR, ÖJZ 1990, 412 – Kamasinski ./. Österreich; BVerfGE 64, 135, 143; BVerfG, NStZ-RR 2005, 273 [Ls]; OLG Köln, NStZ-RR 2006, 51; OLG Hamm, StV 2014, 534; OLG Stuttgart, StV 2014, 536, 537; OLG Braunschweig, aaO, Rn. 10; LR-StPO/Esser, aaO, Art. 6 EMRK Rn. 849; Meyer-Goßner/Schmitt, aaO, § 187 GVG Rn. 4).

Gründe, die es ausnahmsweise rechtfertigen könnten, ihm den vollständigen Wortlaut der Urteilsurkunde zugänglich zu machen, zeigt der Angeklagte nicht auf; solche sind auch nicht ersichtlich.“

Ist so, wie der der 4. Strafsenat das macht, h.M. in der Rechtsprechung. Mir leuchtet allerdings nie so ganz ein, warum nicht der Angeklagte eine vollständige Übersetzung des Urteils erhält. In meinen Augen ist es etwas anderes, ob ich etwas in meiner Muttersprache selsbt lesen (und verstehen) kann, oder ob es mit vom Verteidiger und/oder Dolmetscher reproduziert wieder gegeben wird.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Erhöhte RA-Gebühren wegen langer Verfahrensdauer?

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Und dann erledigen wir am Ostermontag gleich auch noch die Frage vom vergangenen (Kar)Freitag: Ich habe da mal eine Frage: Erhöhte RA-Gebühren wegen langer Verfahrensdauer?, auch , um morgen ohne „Rückstände“ in die Arbeitswoche starten zu können.

Also: Ich habe auch die Frage im Forum nicht geantwortet. Das hatten schon andere Forumsmitglieder vor mir getan. Und man muss ja nicht überall „seinen Senf dazu tun.“

Hier dann aber folgende Anmerkungen:

Ich „stoße“ mich ein wenig am Begriff „Einigungsgebühr“, denn die gibt es im Bußgeld- oder Strafverfahren nicht. Gemeint ist mit dem Begriff aber sicherlich die Nr. 5115 VV RVG, also die zusätzliche Verfahrensgebühr für den Rechtsanwalt, wenn er an der Vermeidung der Hauptverhandlung mitgewirkt hat. Genannt wird die Gebühr häufig auch „Befriedungsgebühr“, aber „Einigungsgebühr“ ist unüblich und assoziiert auch einen Bezug zu der Nr. 1007 VV RVG, der aber nicht da ist.

Bei der Gebühr muss man sich wegen der Höhe keine Gedanken machen. Denn die Gebühr ist nach zutreffender h.M. eine Festgebühr, die immer in Höhe der Rahmenmitte, also der Mittelgebühr, entsteht. Es gibt zwar auch ein paar andere Stimme in der Rechtsprechung, aber die liegen neben der Sache.

Im Übrigen kommt es wegen der Höhe der erwähnten Verfahrensgebühr natürlich auf die Kriterien des § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG an. Da ist aber die „lange Verfahrensdauer“ kein eigenes Kriterium, das bei der Bemessung der angemessenen Gebühr im vorgegebenen Rahmen heranzuziehen wäre. Aber: Die Verfahrensdauer hat natürlich Auswirkungen auf den Umfang der erbrachten Tätigkeiten und ggf. auch auf die Schwierigkeit des Verfahrens. Denn häufige Anfragen/Rückfragen, immer wieder erforderliches Einarbeiten usw. erhöhten den Arbeitsumfang und sind daher beim „Umfang“ zu berücksichtigen. Und die lange Dauer des Verfahrens kann das Verfahren bzw. die Tätigkeit auch „schwierig(er)“ machen und damit Einfluss auf die Höhe der Verfahrensgebühr habe.

Zu allem muss man als Rechtsanwalt natürlich vortragen………

Wo wohnt ein Student?, oder: Keine schriftliche Vollmacht

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Und als zweite Entscheidung am Ostermontag der AG München, Beschl. v. 02.03.2017 – 1013 OWi 456 Js 239910/16 jug – schon etwas älter, aber der Kollege hat sie erst vor kurzem geschickt. Ich bringe die Entscheidung aber schon allein deshalb, weil sie ein schööne Beweis dafür ist, dass man als Verteidiger eine schriftlich Vollmacht nicht vorlegt. Und dass mauss man ja auch nicht. Und: Das hat nun gar nichts mit irgendwelchen Tricksereien zu tun. Im Übrigen: Ich bin immer wieder erstaunt, wie wenig isch dieser Umstand doch herumgesprochen hat, und zwar sowohl bei den Ermittlungs-/Bußgeldbehörden, die immer wieder meinen, in Zusammenhnag mit Akteneinsicht schriftliche Vollmachten anfordern zu müssen, aber auch bei Kollegen, die immer wieder ohne Not schriftliche Vollmachten vorlegen.

In dem Beschluss vom 02.03.2017 hat das AG München des Bußgeldverfahren gegen den Betroffenen eingestellt, und zwar wegen Verjährung:

„Die Ordnungswidrigkeit vom 14.08.2016 ist verjährt.

Eine Unterbrechung der 3-monatigen Verjährungsfrist erfolgte wirksam durch die Anordnung der Anhörung des Betroffenen am 14.09.2016 gemäß § 33 Abs.1 Nr.1, 3. Alt. OWiG. Eine weitere wirksame Unterbrechungshandlung ist bis Eintritt der Verjährung am 14.12.2016 nicht mehr erfolgt.

Insbesondere erfolgte keine wirksame Zustellung des Bußgeldbescheids der Verwaltungsbehörde vom 9.11.2016.

Die am 11.11.2016 bewirkte Ersatzzustellung des Bescheids an der Anschrift „ppp.“ war unwirksam, da der Betroffene zu diesem Zeitpunkt unter dieser Anschrift nicht mehr dauerhaft wohnte. Vielmehr hielt er sich seit spätestens 1.10.2016 als Student während des Semesters dauerhaft in Klagenfurt unter der Anschrift „pppp. 9020 Klagenfurt“ auf. Dies ergibt sich aus dem vom Verteidiger vorgelegten Mietvertrag vom 1.10.2016, dem Stromlieferungsvertrag mit dem örtlichen Energieversorger vom 3.10.2016 und dem Vertrag mit einem örtlichen Telefonanbieter vom 1.10.2016. Der Begriff der Wohnung ist insoweit dadurch gekennzeichnet, dass sich die betreffende Person dort tatsächlich dauerhaft aufhält – unabhängig von einer polizeilichen Meldung. Ein Student hat jedenfalls in der Vorlesungszeit seine Wohnung am Studienort. Die Vorlesungszeit begann für das Wintersemester 2016 in Klagenfurt am 1.10.16.

Eine Zustellung an den Verteidiger des Betroffenen ist nicht erfolgt. Die formlose Mitteilung des Bescheids an diesen erfolgte nicht mit Zustellungswillen der Behörde.

Eine Heilung des Zustellungsmangels gemäß § 51 Abs.1 i.V.m. Art. 9 VwZVG durch den tatsächlichen Zugang des Bußgeldbescheids liegt nicht vor – kann jedenfalls nicht nachgewiesen werden. Hierfür genügt jedenfalls nicht die bloße Kenntnis von der Existenz eines Bußgeldbescheids; erforderlich ist vielmehr die zuverlässige Kenntnisnahme des Inhalts des Bußgeldbescheids. Vorlie-gend ist nicht nachweisbar, dass der Betroffene tatsächlich zuverlässige Kenntnis vom Inhalt des Bescheids vom 9.11.2016 – sei es per Fax oder per Mail – erlangt hat. Dafür reicht auch nicht der Umstand , dass der Verteidiger des Betroffenen in dessen Namen und in dessen Auftrag mit Schrieben vom 15.11.2016 gegen des Bußgeldbescheid Einspruch eingelegt hat, da der Verteidiger bereits im Rahmen des Verwaltungsverfahren mandatiert worden ist und dies bereits mit Schreiben vom 20.09.2016 angezeigt hat.

Der Eingang der Akte beim Amtsgericht München am 16.12.2016 konnte keine Unterbrechung der Verjährung mehr bewirken da diese bereits eingetreten war.“

Wäre eine schriftliche Vollmacht des Verteidigers bei der Akte gewesen…….

„Ich übernehme Ihre Punkte und Ihr Fahrverbot für Sie“, oder: Zwar strafloser Punktehandel, aber lieber doch nicht

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Es ist zwar Ostermontag und damit Feiertag, aber: Ich mache hier mal ganz normal weiter. Feiern war gestern, heute ist schon mal ein wenig warm laufen für den morgigen normalen Arbeitstag. Und da passt das OLG Stuttgart, Urt. v. 20.02.2018 –  4 Rv 25 Ss 982/17 – ganz gut. Passt auch ganz gut zu Ostern. Denn nach dem dem Verfahren zugrunde liegenden Sachverhalt, war auch jemand auf der Suche 🙂 .

Das Urteil reiht sich ein in die Reihe einiger Entscheidungen, die wir in der letzten Zeit aus Stuttgart zur falschen Verdächtigung hatten und über die ich hier auch berichtet habe. Das war der OLG Stuttgart, Beschl. v. 07.04.2017 – 1 Ws 42/17, (vgl. dazu “Sag doch, der war es”, oder: Anstiftung zur (falschen) Selbstbezichtigung – strafbar?, die Beschwerdeentscheidung zum LG Heilbronn, Beschl. v. 09.03.2017 – 8 KLs 24 Js 28058/15 (vgl. dazu Was Fachanwälte manchmal so alles machen, oder: Straflose Anstiftung zur (falschen) Selbstbezichtigung?) und das war das OLG Stuttgart, Urt. v. 23.07.2015 – 2 Ss 94/15 (dazu: Strafverteidiger aufgepasst, oder: Finger weg von falschen Einlassungen/Verdächtigungen).  In allen Entscheidungen geht es um die falsche Verdächtigung (§ 164 StGB) durch falsche Einlassungenund/oder Selbstbezichtigungen im Bußgeldverfahren. Dazu gibt es dann den Streit zwischen den Senaten des OLG Stuttgart: Der 1. Strafsenat kommt zur Straflosigkeit, der 2. Strafsenat kommt hingegen zur Strafbarkeit. Und jetzt dann der 4. Strafsenat, der (ebenfalls) zur Straflosigkeit kommt bei etwa folgendem Sachverhalt:

Dem Angeklagten wurde im Bußgeldverfahren eine Geschwindigkeitsüberschreitung zur Last gelegt, für die an sich eine Geldbuße von 480 € und ein Fahrverbot von einem Monat fällig gewesen wäre. Die Ordnungsbehörde schickt dem Angeklagten einen Anhörungsbogen. Der möchte, was man ja grundsätzlich verstehen kann, nicht wegen der Ordnungswidrigkeit belangt werden. Er recherchiert ein wenig und findet dann eine Internetseite, auf der geworben wird: „Ich übernehme Ihre Punkte und Ihr Fahrverbot für Sie“. Mit der dahinter stehenden person, die im Verfahren unbekannt geblieben ist, trifft der Angeklagte eine Absprache. In deren „Erfüllung“ lässt der Angeklagte der Person per E-Mail das Anhörungsschreiben der Bußgeldbehörde zukommen und überweist im Gegenzug 1.000 € auf ein Schweizer Bankkonto. Jemand anders als der Angeklagte füllt dann den Anhörungsbogen handschriftlich aus, gibt den Verstoß zu und erklärt, er sei der zur Tatzeit verantwortliche Fahrer, wobei ein Namen einer tatsächlich nicht existierenden Person unter einer Karlsruher Adresse angegeben wird. Und: Die Verwaltungsbehörde erlässt gegen diesen „Niemand“ einen Bußgeldbescheid und stellte zugleich das Verfahren gegen den Angeklagten ein. Bis die Verwaltungsbehörde dann erfährt, dass es einen Betroffenen mit den angegebenen Personalien tatsächlich nicht gibt, istbereits Verfolgungsverjährung hinsichtlich der vom Angeklagten begangenen Verkehrsordnungswidrigkeit eingetreten.

Das AG Reutlingen hatte den Angeklagten wegen falscher Verdächtigung gem. § 164 Abs. 2 StGB verurteilt, das LG hat ihn frei gesprochen. Und das OLG hat diesen Freispruch bestätigt. Begründung: „Ein anderer“ i.S. des § 164 Abs. 2 StGB muss eine tatsächlich existierende Person sein. Eine fiktive Person ist kein „anderer“ im Sinne des § 164 StGB.

Und: Nach Auffassusng des OLG auch keine Strafbarkeit wegen:

  1. Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB
  2. Beteiligung an einem Vortäuschen einer Straftat (§ 145d Abs. 2 StGB)
  3. Strafvereitelung nach § 258 Abs. 1 StGB
  4. versuchter mittelbarer Falschbeurkundung nach § 271 Abs. 1, 4, §§ 22, 23 StGB.

Also: Der Angeklagte geht straflos aus. M.E. aber dennoch nicht zur Nachahmung empfohlen.

Was mich nun noch interessiert bzw. interessieren würde. Warum kommen alle Entscheidungen – jedenfals, die, die ich aus der letzten Zeit dazu kenne – aus dem Bezirk des OLG Stuttgart?

Sonntagswitz: Am Ostersonntag zu Ostern, Hasen und Eiern

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Und natürlich gibt es auch am Ostersonntag den Sonntagswitz. Heute hatte ich betreffend die Thematik freie Auswahl. Entweder thematisch etws zu Ostern oder zum 1. April, denn der „Feiertag“ ist heute ja auch. Ich habe mich dann für Ostern entschieden:

Kommt Häschen in den Süßigkeitenladen und fragt: „Hast du eckige Bonbons?“
„Nein.“
Am nächsten Tag kommt das Häschen und fragt wieder: „Hast du eckige Bonbons?“
Da sagt der Verkäufer: „Nein, aber morgen habe ich welche, okay.“
Am nächsten Tag kommt das Häschen erneut und fragt:“Hast du jetzt eckige Bonbons?“

„Ja, heute hab ich eckige Bonbons.“
„Okay, darf ich sie dir rund lutschen?“


Mitternacht in einer kleinen Bar. Der Wirt steht mit ein paar Gästen an der Theke. Plötzlich geht die Tür auf, ein Mann kommt herein und bestellt eine Flasche Champagner.
Als er diese bekommen hat, lässt er den Korken knallen und ruft laut: „Prosit! Neujahr!“

„Was soll denn der Quatsch?“, weist ihn der Wirt zurecht. „Wir haben OSTERN!“
„Ostern?“, stammelt der Mann perplex. „Oh je, das gibt Ärger. So lange war ich noch nie feiern…“


Das Häschen und sein Hasenmädchen sind in eine Treibjagd geraten. A
Aber das ist noch nicht genug. Außerdem ist ihnen ein Fuchs auf den Fersen. Geschwind verkriechen sie sich in ihrem Bau und kuscheln sich in die hinterste Ecke.
„Und nun?“ fragt das Hasenmädchen.“
Jetzt bleiben wir solange hier, bis wir in der Überzahl sind.“


Kommt ein Hahn mit einem Straußenei zu seinen Hühnern und sagt:
„Seht mal, was die Konkurrenz macht.


Und daran denken: Heute ist der 1. April. Also nicht alles glauben…… 🙂