Archiv für den Monat: November 2017

Dashcam I: „Knöllchen Horst“ darf nicht mehr filmen, oder: Privatsheriff

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Noch aus dem Frühjahr ist das AG Hannover, Urt. v. 10.04.2017 – 265 OWi 7752 Js 14214/17 (66/17), das den bundesweit bekannten „Knöllchen Horst“ betrifft. Dieses Mal war der aber selbst Betroffener. Ihm wurde zur Last gelegt: „Unbefugte Erhebung und Verarbeitung nicht allgemein zugänglicher personenbezogener Daten durch Videoüberwachungsanlagen.“, und zwar mehrfach:, und zwar:

„In den Jahren 2014 und 2016 brachte der Betroffene dem Landkreis Osterode am Harz mehrere mögliche Verstöße gegen Vorschriften der Straßenverkehrsordnung (StVO) zur Anzeige. Zu diesen Anzeigen hat der Betroffene dem Landkreis Auszüge aus dem Speicher von Onboard-Videoüberwachungsanlagen eines Personenkraftwagens übermittelt. Es handelt sich offenbar um Erhebungen mittels je einer Front- und einer Heckkamera (sog. Onboard-Kameras). Die Aufnahmen bilden öffentliche Verkehrsflächen ab und enthalten bereits mit den Fahrzeug-Kennzeichen personenbezogene Daten. Teilweise sind auf den Bildern auch Personen erkennbar abgebildet (insb. bei den Taten zu d und e). Gegenüber dem Landkreis gab der Betroffene an, über weiteres Beweismaterial zu verfügen.

Die etwaigen Verstöße anderer Verkehrsteilnehmer gegen straßenverkehrsrechtliche Bußgeldvorschriften verletzten zu Iii a bis c möglicherweise § 49 Abs. 3 Nr. 2 i.V.m. § 37 Abs. 2 Nr. 1 StVO (Nichtbefolgung roter Lichtzeichen) und zu lit. d bis f möglicherweise § 49 Abs. 1 Nr. 22 i. V.m. § 23 Abs. 1a StVO (Nutzung von Mobiltelefonen).“

Das AG hat ihn deshalb zu einer Geldbuße von 250 € verurteilt:

„Die Videoaufzeichnung im öffentlichen Straßenverkehr am 02.05.2016 (Ziff. e des Bußgeldbescheides) stellt einen Verstoß gegen §§ 4 Abs. 1, 43 Abs. 2 Nr. 1 BDSG in Form der unbefugten Datenerhebung und -Verarbeitung ohne Einwilligung oder rechtliche Grundlage dar {vgl. VG Göttingen, Beschluss vom 12.10.2016 (1B 171/16) m.w.N.).

Die mittels der Onboard-Kameras erstellten Aufnahmen enthalten personenbezogene Daten i. S. d. § 3 Abs. 1 BDSG, nämlich Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person. Auf den Ausdrucken vom 02.05.2016 (Bl. 15-17) sind Gesichter erkennbar und das Kfz-Kennzeichen ablesbar. Überdies befinden sich auf den Aufnahmen die Längen- und Breitengrade und der Zeitpunkt ihrer Entstehung, so dass der genaue Aufenthaltsort zumindest bestimmbarer Personen zu einem bestimmten Zeitpunkt ermittelt werden könnte. Diese Daten lagen in nicht automatisierten Dateien gem. § 3 Abs. 2 S. 2 BDSG vor, denn sie waren nach bestimmten Merkmalen einer Auswertung zugänglich. Der Betroffene hat die personenbezogenen Daten als nichtöffentliche Stelle i. S. d. § 2 Abs. 4 BDSG erhoben i. S. d. § 3 Abs. 3 BDSG, da er sie sich durch den bewussten Betrieb der Kameras beschafft und die Verfügungsmacht über sie erhalten hat. Das Verarbeiten umfasst u. a. das Speichern personenbezogener Daten, was nach eigenen Angaben des Betroffenen vorliegend erfolgt ist. Darüber hinaus hat der Betroffene die Daten durch die Vorlage bei der Polizei bzw. der Ordnungswidrigkeitenbehörde auch genutzt. Die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der Daten ist nicht ausschließlich für persönliche oder familiäre Tätigkeiten erfolgt. Es wurden vielmehr öffentliche Räume erfasst, um Verkehrsordnungswidrigkeiten anderer Verkehrsteilnehmer unabhängig von einer eigenen Betroffenheit im öffentlichen Verkehrsraum zu dokumentieren. Hierdurch wurde der persönliche und familiäre Bereich verlassen. Die Beobachtung und Anfertigung von Videoaufzeichnungen von öffentlich zugänglichen Räumen war schließlich auch nicht gem. § 6b Abs. 1 Nr. 3 BDSG zulässig, da sie nicht zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich war und Anhaltspunkte dafür, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwogen haben könnten, nicht ersichtlich sind. Durch die Videodokumentation für den Fall des Begehens von Verkehrsordnungswidrigkeiten werden bereits keine schützenswerten eigenen Interessen verfolgt, denn die Überwachung des Straßenverkehrs obliegt den hierfür zuständigen Behörden. Abgesehen hiervon würde das schutzwürdigen Interesse der betroffenen Verkehrsteilnehmer, nicht Gegenstand einer heimlichen, in das allgemeine Persönlichkeitsrecht eingreifenden Videobeobachtung zu werden, das Interesse des Betroffenen an der Verkehrsbeobachtung überwiegen.

Mit Rücksicht auf das vorangegangene Ordnungswidrigkeitenverfahren aus dem Jahr 2014, das lediglich aus formalen Gründen eingestellt worden ist, sowie aufgrund der vorherigen und wiederholten schriftlichen Hinweise des Datenschutzbeauftragen ist jedenfalls von Fahrlässigkeit auszugehen. Der Betroffene hat sich über die Hinweise bedenkenlos hinweggesetzt. Anhaltspunkte für einen Irrtum sind nicht ersichtlich und ein solcher wäre auch unbeachtlich, denn der Betroffene hätte ohne Einholung eines abweichenden verbindlichen Rechtsrat jedenfalls den Ausgang des bereits aufsichtsbehördlichen Kontrollverfahrens abwarten müssen, nachdem er mit Schreiben vom 09.01.2015 zu dem beabsichtigten Erlass einer datenschutzrechtlichen Anordnung gem. § 38 Abs. 5 S. 1 BDSG bereits angehört worden war.“

OWi-Recht meets Insolvenzrecht 2.0, oder: Während des Insolvenzverfahrens ist Erzwingungshaft unzulässig

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Zum Abschluss des Tages weise ich dann noch auf den AG Dortmund, Beschl. v. 12.09.2017 – 729 OWi 107/17 [b] – hin. Der passt zu dem ann mit dem LG Duisburg, Beschl. v. 05.07.2017 – 69 Qs 22/17 – auf den ich vor einiger Zeit hingewiesen hatte (vgl. OWi-Recht meets Insolvenzrecht, oder: Ist während des Insolvenzverfahrens Erzwingungshaft zulässig?). Es geht um die Frage: Ist während eines Insolvenzverfahrens Erzwingungshaft (§ 96 OWiG) zulässig. Das AG Dortmund sagt – wie wohl die inzwischen h.M.: Nein:

„……weil die Anordnung der Erzwingungshaft im vorliegenden Verfahren während der Dauer des Insolvenzverfahrens unzulässig ist. Dies ergibt sich aus §§ 89 Abs. 1, 294 Abs. 1 InsO, wonach Zwangsvollstreckungen für einzelne Insolvenzgläubiger während der Dauer des Insolvenzverfahrens weder in die Insolvenzmasse noch in das sonstige Vermögen des Schuldners zulässig sind (vgl. LG Duisburg Beschl. v. 5.7.2017 – 69 Qs 7/14, BeckRS 2017, 117546; Beschl. v. 4. 6. 2014 – 69 Qs 7/14; LG Hannover, Beschl. v. 7. 9. 2009 – 48 Qs (OWi) 101/09; LG Bochum, Beschl. v. 4. 12. 2012 – 9 Qs 86/12; LG Hechingen, Beschl. v. 24. 5. 2007 – 1 Qs 49/07 OWi). Der die Vollstreckung wegen der Geldbuße Betreibende ist Insolvenzgläubiger, da § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO ausdrücklich denjenigen, der wegen einer Geldbuße vollstreckt, als nachrangigen Insolvenzgläubiger bezeichnet und ihm eine Stellung innerhalb der Reihenfolge der Insolvenzgläubiger zuweist. Die Anordnung der Erzwingungshaft nach § 96 OWiG ist ferner eine Maßnahme der Zwangsvollstreckung im Sinne von § 89 InsO. Sie ist ein Beugemittel, mit dem die Zahlung der Geldbuße gegen den zahlungsunwilligen Betroffenen erzwungen werden soll. Die Vorschrift gehört entsprechend zum neunten Abschnitt des OWiG „Vollstreckung von Bußgeldentscheidungen“. Die Gegenansicht, dass die Anordnung der Erzwingungshaft keine Zwangsvollstreckung im Sinne von § 89 InsO sei, da sie nur ein Beugemittel sei, dass nicht der Erfüllung des staatlichen Anspruchs auf die Geldbuße diene, sondern der Erfüllung des staatlichen Anspruchs auf Mitwirkung des Betroffenen (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 3.Juli 2006 – 505 Qs 54/06NJW 2007, 1541, 1542), überzeugt nicht (LG Duisburg Beschl. v. 5.7.2017 – 69 Qs 7/14, BeckRS 2017, 117546). Ziel der Anordnung der Erzwingungshaft ist die Zahlung der Geldbuße. Abzulehnen ist auch die Ansicht, § 89 InsO erfasse nur Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der ZPO (vgl. LG Potsdam, Beschl. v. 14. 9. 2006 – 21 Qs 108/06NStZ 2007, 293). Begründet wird diese Ansicht mit einem Verweis auf S. 156 der Beschlussempfehlung und des Berichts des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags, Bundestagsdrucksache 12/7302. Dort führte der Rechtsausschuss aus, dass § 12 InsO des Regierungsentwurfs, in dem es geheißen hatte, dass Zwangsvollstreckung im Sinne der Insolvenzordnung auch die Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung sei, entbehrlich erscheine, weil der Begriff der Zwangsvollstreckung auch ohne diese Vorschrift als Oberbegriff im Sinne der Terminologie der Zivilprozessordnung verstanden werde und dort im Achten Buch unter der Bezeichnung „Zwangsvollstreckung“ sowohl die Einzelzwangsvollstreckung als auch der Arrest und die einstweilige Verfügung abgehandelt seien. Diese Ausführungen des Rechtsausschusses beziehen sich nur auf eine Problematik im Bereich der Zwangsvollstreckung nach der Zivilprozessordnung und lassen sich nicht dahin deuten, dass nach dem Willen des Rechtsausschusses Zwangsvollstreckungen außerhalb der Zivilprozessordnung keine Zwangsvollstreckungen im Sinne von § 89 Abs. 1 InsO sein sollen. Im oben zitierten Gesetzentwurf der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 12/2443, S. 137 f.) ist in der Begründung des Verbotes der Einzelvollstreckung während des Insolvenzverfahrens (§ 100 InsO-Entwurf, jetzt § 89 InsO) auch nichts dazu gesagt, dass nach dem Willen der Bundesregierung entgegen der früheren Rechtslage nach der Konkursordnung nur Zwangsvollstreckungen nach der Zivilprozessordnung Zwangsvollstreckungen im Sinne von § 89 Abs. 1 InsO sein sollen (so auch LG Hechingen, a.a.O.). Der Wortlaut und die Systematik der Vorschriften §§ 39 Abs. 1, 87ff. InsO sprechen ebenfalls gegen eine solche enge Auslegung des Begriffs Zwangsvollstreckung in § 89 InsO (LG Duisburg Beschl. v. 5.7.2017 – 69 Qs 7/14, BeckRS 2017, 117546). Nach § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO wird derjenige, der die Vollstreckung wegen einer Geldbuße betreibt, gerade als nachrangiger Insolvenzgläubiger eingestuft. Damit ließe es sich schlecht vereinbaren, wenn eine solche Zwangsvollstreckung während des Insolvenzverfahrens uneingeschränkt zulässig bliebe und dieser Gläubiger damit privilegiert würde. Erwägungen, wonach einem Betroffenen auch während eines laufenden Insolvenzverfahrens genug Mittel zur Verfügung stehen können, um Geldbußen zu bezahlen (vgl. hierzu: LG Potsdam, Beschl. v. 12. 1. 2016 – 24 Qs 52/15 – NZI 2016, 652), führen demgegenüber nicht weiter. Im Übrigen hat eine solche Rechtsauffassung nicht zur Folge, dass das Begehen von Ordnungswidrigkeiten aufgrund von laufenden Insolvenzverfahren dauerhaft nicht sanktioniert werden könnten. Nachrangige Forderungen im Sinne von § 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO werden weder durch den Insolvenzplan ausgeschlossen (§ 225 Abs. 3 InsO) noch von der etwaigen Restschuldbefreiung erfasst (§ 302 Nr. 2 InsO). Ferner ruht gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 1 OWiG die Vollstreckungsverjährung (LG Duisburg Beschl. v. 5.7.2017 – 69 Qs 7/14, BeckRS 2017, 117546).“

Sexueller Missbrauch, oder: Die Lücke in der Beweiswürdigung bei Aussage-gegen-Aussage

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Ich habe gerade erst gestern auf das BGH, Urt. v. 04.9.2017 – 4 StR 45/17 hingewiesen (s. Freispruch vom Vergewaltigungsvorwurf, oder: Aussage-gegen-Aussage), das die Aufhebung eines Freispruchs vom Vorwurf der Vergewaltigung in einer Aussage-gegen-Aussage-Konstellation zum Gegenstand hatte. Heute ist auf der Homepage des BGH der BGH, Beschl. v. 21.09.2017 – 2 StR 275/17 – eingestellt worden. Die Revision richtete sich gegen ein Urteil des LG Gera, durch das der Angeklagte u.a. wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, versuchten schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern, jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern und wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von vier Jahren und zwei Monaten verurteilt worden ist. Der BGH hat (ebenfalls) aufgehoben, weil er in der gegebenen Aussage-gegen-Aussage-Konstellation Rechtsfehler bei der landgerichtlichen Beweiswürdigung sieht. Die sei lückenhaft:

„In Fällen, in denen – wie hier – „Aussage gegen Aussage“ steht, hat der Bundesgerichtshof zudem besondere Anforderungen an die Darlegung einer zur Verurteilung führenden Beweiswürdigung formuliert. Die Urteilsgründe müssen in einem solchen Fall erkennen lassen, dass das Tatgericht alle Umstände, welche die Entscheidung zugunsten oder zuungunsten des Angeklagten zu beeinflussen geeignet sind, erkannt, in seine Überlegungen einbezogen (vgl. BGH, Beschluss vom 22. April 1987 – 3 StR 141/87, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 1; Beschluss vom 22. April 1997 – 4 StR 140/97, BGHR StPO § 261 Beweiswürdigung 13; Senat, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 2 StR 235/16, aaO) und auch in einer Gesamtschau gewürdigt hat (st. Rspr.; vgl. nur Senat, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 2 StR 235/16, aaO mwN). Dabei sind gerade bei Sexualdelikten die Entstehung und die Entwicklung der belastenden Aussage aufzuklären (vgl. BGH, Urteil vom 16. Mai 2002 – 1 StR 40/02, NStZ 2002, 656, 657; Senat, Beschluss vom 10. Januar 2017 – 2 StR 235/16, aaO).

b) Den danach an die Beweiswürdigung zu stellenden strengen Anforde-rungen ist das Landgericht nicht gerecht geworden. Seine Beweiswürdigung leidet unter durchgreifenden Erörterungsmängeln. Der Generalbundesanwalt hat insoweit in seiner Antragsschrift vom 19. Juli 2017 ausgeführt:

„Hinsichtlich des Kerngeschehens der sechs festgestellten Taten liegt eine ‚Aussage gegen Aussage‘-Situation vor. Anders als die Feststellungen zur Aussageentstehung sind die Feststellungen und Erwägungen zur Aussageentwicklung, die für die Bewertung der Aussage von Geschädigten des sexuellen Missbrauchs von besonderer Bedeutung sind (vgl. auch BGH, Beschluss vom 24. April 2014 – 5 StR 113/14, NStZ-RR 2014, 219), lückenhaft.

Das Landgericht führt aus, dass die Geschädigte ihre Erleb-nisse zunächst gegenüber dem Zeugen M. , dann auch detailreicher gegenüber der Polizei und schließlich ebenfalls umfassend vor der Kammer geschildert hat (UA S. 9). Aufgrund der Aussage der Kriminalhauptkommissarin B. stellt die Kammer sodann fest, dass die von der Geschädigten vor der Kammer gemachten Angaben mit denen übereinstimmen, die sie schon bei der Polizei gemacht hat. Auch hier habe sie schon die genaueren Details dazu – gemeint sind die als sexuelle Übergriffe bezeichneten Handlungen des Angeklagten – mitgeteilt. Dem Urteil sind jedoch diese genaueren Details der Aussage insbesondere zum Kerngeschehen nicht zu entnehmen. Ansatzweise werden lediglich die Situation nach dem letzten erlebten Übergriff im Jahr 2011, als die Geschädigte ihre Mutter aufgefordert hatte, sie abzu-holen (UA S. 11) und die Vorkommnisse geschildert, in denen der Angeklagte die Geschädigte an der Brust gestreichelt und mit der Zunge berührt hat (UA S. 25, 29). Ebenso nur in Ansätzen (UA S. 15, 27 f.) wird wiedergegeben, was die Geschädigte gegenüber ihrem Vater und ihrer Mutter zu den Taten des Angeklagten erzählt hat, als sie sich diesen anvertraut hatte.

Die Konstanz der Aussage der Geschädigten ist jedoch für die Verurteilung des Angeklagten von besonderer Bedeutung. Diese muss für das Revisionsgericht nachprüfbar sein, wodurch detaillierte Angaben zu den verschiedenen Aussagen der Zeugin erforderlich sind. Dies gilt umso mehr, als die Kammer im Zusammenhang mit den Feststellungen der Taten 5 und 6 selbst von Abweichungen zwischen der Aussage der Geschädigten vor Gericht und ihrer polizeilichen Vernehmung ausgegangen ist (UA S. 29).

Die von der Kammer nachvollziehbar (UA S. 9, 18 ff.) als widerlegt angesehene Einlassung des Angeklagten und als unglaubwürdig angesehenen Ausführungen der Zeugin U. (UA S. 11 f., 15 ff.) vermögen diese Mängel in einer Gesamtschau ebenso wenig (zu) beseitigen, wie die Aussagen der Zeugen M. und M. -U. zu vergleichbaren Taten des Angeklagten zum Nachteil der Zeugin Mü. .“

Diesen zutreffenden Ausführungen schließt sich der Senat an.

Und sonst scheint der BGH mit dem landgerichtlichen Urteil auch nicht zu recht zufrieden zu sein:

„3. Zur sprachlichen Abfassung eines Urteils verweist der Senat auf Meyer-Goßner/Appl, Die Urteile in Strafsachen, 29. Aufl., Rn. 207 ff.“

Poliscan Speed, oder: Heiligsprechung der PTB durch das OLG Frankfurt

entnommen wikimedia.org
Author Rvin88

Poliscan, Poliscan, Poliscan und kein Ende oder auch: PTB, PTB, PTB und keine Ende. Seit längerem ja nun schon wird die Diskussion um die Frage der Verwertbarkeit von Messungen geführt, die mit PoliscanSpeed durchgeführt worden sind. Die OLG verteidigen dieses Messverfahren, gegen das von einigen Sachverständigen erhebliche Bedenken vorgetragen werden, mit Zähnen und Klauen.

Aus der Diskussion stammt die Argumentation zur Bauartzulassung durch die PTB als „antizipiertes Sachverständigengutachten“. Das war in meinen Augen die Seligsprechung der PTB. Nun ist beim OLG Frankfurt der Heiligsprechungsprozess der PTB eingeleitet worden, und zwar in Zusammenhang mit der Diskussion darüber, welche Auswirkungen es hat, wenn von den Vorgaben in der Bauartzulassung abgewichen wird.  Die PTB sagt in ihren Stellungnahmen, nein, denn es ist nicht mit falschen Messergebnissen zu rechnen sei.

Und dazu liegt dann jetzt der/ein Heiligsprechungsbeschluss des OLG Frankfurt vor (vgl. OLG Frankfurt, Beschl. v. 08.09.2017 – 2 Ss OWi 919/17):

„Durch die obergerichtliche Rechtsprechung ist zudem hinreichend geklärt, dass „PoliScanSpeed“ weiterhin ein standardisiertes Messverfahren darstellt (vgl. I. 3 dazu nur: OLG Braunschweig, Beschluss vom· 14. Juni 2017 – 1 Ss (OWi) 115/17 -. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 27. Januar 2017- 1 OWi 1 Ss Bs 53/16 -, OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26. Mai 2017 – 2 Rb 8 Ss 246/17 – , Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken, Beschluss vom 21. April 2017 – Ss RS 13/20 17 (26/17 OWi) – , jew.n.juris; OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 23.06.2017 -2 Ss-OWi 542/17-).

Ein allein mit pauschaler Kritik an dem eingesetzten standardisierten Messverfahren unter Hinweis auf von der PTB bereits widerlegte Ausführungen aus anderen Verfahren begründete Beweisantrag war daher richtigerweise nicht geeignet, Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung hervorzurufen. Die amtliche Zulassung von Geräten und Methoden verfolgt gerade den Zweck, Gerichte von der Sachverständigenbegutachtung freizustellen (BGHSt 39, 291, 297). Die abstrakt-theoretische Möglichkeit eines Messfehlers vermag keine Zweifel an der Zuverlässigkeit der Messung nahezulegen (vgl. OLG Frankfurt am Main, – 2 Ss-OWi 224/11 -;- 2 Ss-OWi 147/12 -, BayObLG DAR 1998, 481 ; OLG Hamm NZV 1900, 279, OLG Köln VRS 88, 376). Der. Tatrichter würde die Anforderungen an seine Überzeugungsbildung vielmehr überspannen, wenn er ohne konkrete Anhaltspunkte an der Zuverlässigkeit der Messung zweifelt (st. Rspr. des Senats, vgl. OLG Frankfurt am Main,- 2 Ss-OWi 850/12 -, – 2 Ss-OWi 228/13 -, 2 Ss-OWi 269/13 -,jeweils m. w. N.). Das Amtsgericht konnte den Beweisantrag somit gemäß § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG ablehnen (vgl. OLG Frankfurt am Main, Beschluss vom 02.02.2017 -2 Ss-OWi 47/17-).

Die Ausführungen der Verteidigung erschöpfen sich darin, ein Sachverständigengutachten dazu einzuholen, ob das Gerät die beschreibenden Teile seiner Funktionsdarstellung, wie z. B. in einer Bauartzulassung wiedergegeben, in jeglicher Hinsicht und jeglicher Wortlautauslegung erfüllt. Die aktuellen Einwände gegen die PoliScanSpeed beziehen sich nicht darauf, dass das Gerät anders messen würde, als es dies zum Zeitpunkt der Prüfung durch die PTB getan hätte, sondern nur dass es angeblich anders misst, als die Funktionsweise in der Bauartzulassung beschrieben sein soll.

Darauf kommt es, wie das Amtsgericht zutreffend ausgeführt hat nicht an. Das Wortverständnis der Verteidigung zu Begrifflichkeiten in einer Bauartzulassung ist für das Bußgeldverfahren irrelevant. Maßgeblich ist das, was der Zulassungserteiler, vorliegend die PTB, gemeint hat

Die PTB hat immer wieder, zuletzt mit Schreiben vom 12.01.2017 und 29.03.2017 bestätigt, dass das Gerät genau so misst. wie es dies auch schon bei den Prüfungen der PTB getan hat. Die nunmehr diskutierten angeblichen Abweichungen in der Beschreibung der Funktionsweise hat die PTB insoweit erklärt, als die Beschreibung der Funktionsweise lediglich beschreibenden Charakter habe und sich die Bedeutung bei Kenntnis der Funktionsweise des Geräts eindeutig, entgegen der Darstellung der jetzigen Kritiker, ergebe. Die PTB hat insoweit sogar auch bestätigt, dass es für die Aufrechterhaltung der Bauartzulassung, und damit für die Verwertbarkeit ihres antizipierten Sachverständigengutachtens irrelevant wäre, ob die – nach Angaben der PTB verkürzte und vereinfachte – Beschreibung der Funktionsweise des Geräts den tatsächlichen Vorgängen im Gerät inklusive der Zusatzdaten entspricht, weil das Gerät auf jeden Fall genau so misst, wie es dies auch schon bei den extensiven Prüfungen durch die PTB getan hat.

Damit ist es für das Gericht unerheblich, ob die von den Kritikern nun. vorgebrachten angeblichen Abweichungen bei der Behandlung von Messpunkten außerhalb des Messbereichs zutreffen, oder ob es bei der Frage, was innerhalb des Messbereichs sein muss, von vornherein immer nur auf das Messobjekt selbst (und nicht die Messpunkte) ankam. Entscheidend ist primär, dass die PTB bestätigt hat, dass das Gerät in seiner aktuellen Verwendung genau dem Gerät entspricht, das auch getestet und dessen ordnungsgemäßen Messungen bestätigt wurden. Das Gerät misst nach den Ausführungen der PTB richtig. Eine weitere Beweiserhebung zur Ordnungsmäßigkeit der Messung war mithin nicht geboten.

Angesicht der unverändert fortgeltenden Bauartzulassung der PoliScanSpeed durch die PTB kann das Gericht von der Richtigkeit der Messung ausgehen, wenn das Gerät zum Messzeitpunkt gültig geeicht war und von einem Messbeamten, der über die nötige Sachkunde zur Bedienung des Geräts verfügt, entsprechend der Gebrauchsanweisung eingesetzt wurde und die Messung entsprechend nach der Gebrauchsanweisung ausgewertet wurde.“

Man steht fassungslos, aber auch hilflos vor dieser Argumentation. Die PTB zugleich Sachverständiger und Richter. Das ist die Heiligsprechung. Schade, dass nicht ein OLG mal den A…… in der Hose hat, den BGH mit den Fragen zu befassen. Dazu liest man dann nur: Wir befinden uns auf dem Stand der heiligmachenden Gnade der Weisheit herrschenden Meinung und der Rechtsprechung des BGH und müssen nicht vorlegen (so das OLG Bamberg). Ich bin froh, dass ich keine Fortbildungen mehr mache, weil ich nicht weiß, was ich den Verteidigern an der Stelle noch raten kann/könnte.

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Was verdiene ich bei der nachträglichen Gesamtstrafenbildung?

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Zur Frage vom vergangenen Freitag Ich habe da mal eine Frage: Was verdiene ich bei der nachträglichen Gesamtstrafenbildung? vorab: Ja, es ist Strafvollstreckung, auf die Diskussion, dass es Erkenntnisverfahren sein soll, habe ich nicht schon wieder Bock. Das ist schon mal diskutiert und hat mich nicht überzeugt. Es gibt dazu zwar den im LG Bonn, Beschl. v. 23.3.2017 – 29 Qs 5/17, aber den finde ich nicht überzeugend.

Geantwortet habe ich dem Kollegen dann in zwei Schritten. Und zwar:

„Hallo, besten Dank ?.

Zu 1) kann ich schnell antworten: Wenn Sie entgegen nehmen, tun sie ja was. Mir ging es in dem Kommentar nur darum, dass nicht der Eindruck entsteht, allein durch die Beiordnung sei die Gebühr schon verdient.

Zu 2) muss ich mal ein wenig nachdenken. Es geht um die Frage, ob eine oder zwei Angelegenheiten. Ich melde mich.“

Zur Frage 2) habe ich dann meinen Mitautor aus dem RVG-Kommentar beigezogen und dann wie folgt die Antwort fortgesetzt:

„Hallo,

so, dann der zweite Teil, den ich zur Sicherheit erst mit meinem Co-Autor abgesprochen habe. Wir meinen:

Es gibt doch nur ein Verfahren nach § 460 StPO. Das kann nur eine Angelegenheit sein. Es kommt nicht darauf an, dass die GS aus 2 verschiedenen Urteilen gebildet wird.

Sorry, Sie hätten sicher lieber etwas anderes gelesen.“