Archiv für den Monat: Juli 2017

Entziehung der Fahrerlaubnis, oder: Viagra, Ibuprofen, Appetitzügler, ja was hat er denn nun eingenommen?

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Als zweite Entscheidung aus dem „Kessel Buntes“ heute dann seit längerem mal wieder eine VG-Entscheidung zur Entziehung der Fahrerlaubnis nach dem StVG. „s handelt sich um den VG Neustadt/Wstr., Beschl. v. 20.06.2017 – 1 L 636/17.NW, der im Eilverfahren ergangen ist. Der Antragsteller/Betroffene war in eine Polizeikontrolle geraten und hatte eine Blutprobe abgegeben. In der wurde durch ein toxikologisches Gutachten Amphetamin nachgewiesen. Der Betroffene hatte gegenüber der Polizei zunächst angegeben, am Vorabend eine Viagra-ähnliche Tablette sowie aktuell Ibuprofen eingenommen zu haben. Dazu hatte der Toxikologe erklärt, die Einnahme solcher Mittel könne den Nachweis von Amfetamin nicht erklären. Die Fahrerlaubnisbehörde ist deshalb von einer Schutzbehauptung ausgegangen und hat die Fahrerlaubnis entzogen, weil ein Fahrerlaubnisinhaber nach der einmaligen Einnahme der „harten“ Droge Amphetamin ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen im Straßenverkehr sei. Der sofortige Vollzug der Maßnahme wurde angeordnet.

Dagegen der Antrag im Eilverfahren, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder herzustellen. Der Antragsteller hat sich nun darauf berufen, dass er neben den bei der Polizei genannten Medikamenten auch den verschreibungspflichtigen Appetitzügler „Tenuate retard“ einmalig, ohne Rezept und ohne medizinische Indikation eingenommen habe, um sich als Beifahrer für eine längere Autofahrt wach zu halten. Das VG hat den Eilantrag abgelehnt:

„Rechtsgrundlage für die Entziehung der Fahrerlaubnis ist § 3 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz – StVG –, § 46 Abs. 1 i. V. m. Anlage 4 zur Fahrerlaubnisverordnung – FeV –. Nach deren Ziffer 9.1 ist ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wer Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (außer Cannabis), also wie hier Amphetamin, eingenommen hat. Für den Eignungsausschluss genügt im Regelfall bereits der Nachweis des einmaligen Konsums der sog. „harten Droge“, ohne dass es darauf ankommt, ob ein Kraftfahrzeug unter dem Einfluss des Betäubungsmittels geführt wurde (st. Rspr. der Kammer und des OVG RP, vgl. z.B. OVG RP, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 10 B 11494/11.OVG – und Beschluss der Kammer vom 22. Juni 2016 – 1 L 405/16.NW –; aus der obergerichtlichen Rspr. außerdem VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 7. April 2014 – 10 S 404/14 –,VBlBW 2014, 465 sowie BayVGH, Beschluss vom 22. September 2015 – 11 CS 15.1447 –, juris, m.w.N.). Der vom Antragsteller angeführten abweichenden Auffassung in der Literatur schließt sich die Kammer wegen der eindeutigen Verordnungslage in Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV und im Hinblick auf die besondere Gefährlichkeit „harter“ Drogen nicht an (vgl. OVG RP, Beschluss vom 21. November 2000 – 7 B 11967/00 –, juris).

Im derzeitigen Erkenntnisstand ist zumindest von einer einmaligen Amphetamineinnahme durch den Antragsteller auszugehen. Diese ist nämlich durch das toxikologische Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin Mainz vom 31. März 2017 nachgewiesen. Auf die Höhe der im Zeitpunkt der Blutentnahme (noch) vorhandenen Amphetaminkonzentration kommt es in fahrerlaubnisrechtlicher Hinsicht schon deshalb nicht an, weil – wie ausgeführt – die Teilnahme am Straßenverkehr unter Drogeneinfluss hier unerheblich ist. Zudem weist das toxikologische Gutachten nachvollziehbar darauf hin, dass es gerade in der Abklingphase einer akuten Psychostimulanzienwirkung zu schweren psychophysischen Erschöpfungszuständen kommen kann, wodurch die persönliche Leistungsfähigkeit erheblich beeinträchtigt wird. Aus dem Gutachten vom 31. März 2017 ergibt sich außerdem unzweifelhaft, dass die vom Antragsteller gegenüber der Polizei angeführten Medikamente (Ibuprofen 800 und eine Viagra ähnliche Tablette am Vorabend) den positiven Nachweis von Amphetamin nicht erklären können.

Das weitere Vorbringen des Antragstellers im Eilverfahren, er habe neben diesen Medikamenten einmalig den rezeptpflichtigen Appetitzügler „Tenuate Retard“ eingenommen, der zu einem falsch-positiven Ergebnis der Blutuntersuchung auf Amphetamin führen könne, bewertet die Kammer als unbeachtliche Schutzbehauptung. Dieser Vortrag weicht von den früheren Angaben des Antragstellers bei der Polizei ab, womit seine Angaben insgesamt nicht plausibel sind (vgl. zu den strengen Anforderungen an einen schlüssigen Vortrag bei geltend gemachter „unbewusster“ Drogeneinnahme OVG RP, Beschluss vom 25. Januar 2012 – 10 B 11430/11.OVG und Beschluss vom 18. Februar 2015 – 10 B 10017/15.OVG –). Der toxikologische Gutachter des Instituts für Rechtsmedizin Mainz hat auf Nachfrage des Antragsgegners zudem telefonisch bestätigt, der in dem Medikament enthaltene Stoff Amfepramon führe nicht zu einem falsch-positiven Ergebnis betreffend Amphetamin. Im Eilverfahren besteht keinerlei Veranlassung dazu, hieran zu zweifeln und eine schriftlich begründete Stellungnahme des Gutachters einzuholen.

Unabhängig davon, dass die Behauptungen des Antragstellers nicht glaubhaft sind, führen sie auch inhaltlich nicht dazu, dass der regelhafte Eignungsausschluss nach § 46 Abs. 1 i. V. m. Ziffer 9.1 der Anlage 4 zur FeV hier ausnahmsweise Zweifeln unterliegt und aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zunächst nach der Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV eine medizinisch-psychologische Untersuchung anzuordnen ist. Der Antragsteller räumt nämlich weiter ein, dass er das verschreibungspflichtige Medikament „Tenuate Retard“ ohne Rezept und ohne medizinische Indikation eingenommen hat, um sich für eine weite Autofahrt als Beifahrer länger wach zu halten. Damit offenbart er, dass er ein psychoaktiv wirksames Arzneimittel außerhalb seines Anwendungsbereichs, ohne ärztliche Verordnung und Kontrolle zweckentfremdet hat, um sich bewusst die psychoaktive Wirkung zu Nutze zu machen. Hierin liegt keiner der von Vorbemerkung 3 zur FeV erfassten besonderen Umstände, sondern allenfalls ein weiterer Anknüpfungspunkt für Eignungszweifel wegen missbräuchlicher Einnahme psychoaktiv wirkender Arzneimittel oder Stoffe gemäß Ziffer 9.4 der Anlage 4 zur FeV.2

„Unschön“, wenn der Mandant mit den Erklärungen/Angaben so hin und her springt. Aber letztlich hätte es dann doch nichts genutzt, wenn der Antragsteller von Anfang an auf die „Appetitzügler“ abgestellt hätte.

„Grabscher“ in Weiß, oder: Widerruf der Approbation….

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Urheber Rieser Bauernmuseum Maihingen

Im „Kessel Buntes“ dann heute zunächst eine verwaltungsrechtliche Entscheidung mit straf(verfahrens)rechtlichen Berührungspunkten. Es geht um einen Arzt, dem von der Verwaltungsbehörde die Approbation entzogen worden ist. Hintergrund sind mehrere (Ermittlungs)Verfahren mit Vorwürfen wegen sexueller Übergriffe gegen (jüngere) Patientinnen, die allerdings alle nach §§ 153, 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sind. In einem Verfahren hatte die StA Anklage erhoben, diese aber nach Einholung eines aussagepsychologischen Gutachtens zurückgenommen; auch das Verfahren ist dann eingestellt worden.

Der betroffene Arzt hat sich gegenüber der Widerrufsverfügung auf die Unschuldsvermutung berufen. Das VG Köln hat dann im VG Köln, Urt. v. 30.05.2017 –  7 K 1352/17 – den Widerruf bestätigt und meint: Die Voraussetzungen für den Widerruf der ärztlichen Approbation sind erfüllt, da der Kläger unwürdig zur Ausübung des ärztlichen Berufes sei. Der Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit setze nicht voraus, dass ein schwerwiegendes berufswidriges Verhalten die Grenze der Strafbarkeit überschreitet:

„Als des Arztberufs unwürdig erweist sich insbesondere, wer die Würde oder die seelische und körperliche Integrität von Menschen missachtet. Ein Arzt soll Leiden lindern – nicht auslösen. Wer Menschen aus sexueller Motivation zu bloßen Objekten herabwürdigt, ist nicht würdig, heilend zu helfen. (Vgl. VG Köln, Beschluss vom 06.02.2017, a.a.O., Rz. 22.)

Der Approbationswiderruf wegen Unwürdigkeit oder Unzuverlässigkeit setzt nicht voraus, dass ein schwerwiegendes berufswidriges Verhalten die Grenze der Strafbarkeit überschreitet. (Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 03.05.2016 – 13 B 275/16 -, juris, Rz. 9.)

Verwaltungsbehörde und -gericht sind bei ihrer Entscheidung über den Widerruf nicht auf eine strafgerichtliche Verurteilung angewiesen oder an staatsanwaltliche oder an strafgerichtliche Einstellungsentscheidungen gebunden, sondern ermitteln eigenständig die relevanten Sachverhalte und bewerten diese nach der einschlägigen Rechtslage. Denn die gefahrenabwehrrechtliche Beurteilung eines Sachverhalts ist mit anderen Voraussetzungen und Rechtsfolgen verknüpft als die strafrechtliche. Deshalb ist – entgegen der Auffassung des Klägers – im Verwaltungsverfahren auch nicht der Grundsatz der Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK) anwendbar, wonach ein Verdächtigter bis zum gesetzlichen Beweis seiner Schuld als unschuldig gilt. Der Approbationswiderruf stellt keine (repressive) Strafe dar und enthält auch keine individuelle Schuldzuweisung, sondern dient ausschließlich (präventiv) der Abwehr behandlungsspezifischer Gefahren. (Vgl. VG Köln, Beschluss vom 06.02.2017, a.a.O., Rz. 12 m.w.N.)

Das beklagte Land hat den Kläger zu Recht als unwürdig erachtet, den Arztberuf auszuüben. Dies steht für das Gericht aufgrund einer Gesamtwürdigung der in den diversen staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahren, im strafgerichtlichen Verfahren und im Verwaltungsverfahren gewonnenen bzw. bestätigten Erkenntnisse fest. Danach hat der Kläger über lange Zeiträume Verhaltensweisen an den Tag gelegt, die ihn als hochgefährlich im Umgang mit Untergebenen im Allgemeinen und mit Patienten im Besonderen zeigen: In seinen Beziehungen zu Mitarbeiterinnen, Patientinnen und Kindern ist er grenztestend und -überschreitend vorgegangen. Dabei war er immer wieder darauf bedacht, persönliche Schwächen bei anderen zu erkennen und auszunutzen sowie Abhängigkeitsverhältnisse zu seinen Gunsten aufzubauen. Innerhalb der Personalstruktur seiner Praxis hat er manipulativ und intrigant eine über die arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis weit hinausgehende Machtposition eingenommen und diese mit psychischem Druck und Drohungen behauptet. Die damit einhergehende Gefährdung der Arbeitsfähigkeit seiner Mitarbeiterinnen bedeutet jedenfalls mittelbar auch eine Gesundheitsgefährdung für seine Patienten. Der Kläger hat sich als ein Mensch erwiesen, der Grenzen anderer nicht achtet, wenn ihm dies ungefährlich erscheint. Das Gericht ist davon überzeugt, dass er in einer Vielzahl von Fällen die Intimsphäre von Frauen und Kindern wissentlich und willentlich mit Äußerungen und Handlungen aus sexuellen Motiven verletzt hat. Dabei hat er die mit dem Arztberuf verbundene besondere Vertrauensstellung im Kernbereich ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungstätigkeit ausgenutzt und ist sexuell übergriffig geworden, wobei vorliegend die Strafbarkeit dieser Handlungen dahinstehen kann. Mitarbeiterinnen sowie weibliche und jugendliche Patienten können dem Kläger unter keinen Umständen anvertraut werden, erst recht nicht für die Tätigkeit eines Chirurgen, dem Patienten auch in Narkosesituationen in besonderem Maße ausgeliefert sind.

Das Gericht stützt sein Urteil auf die Vielzahl der in den Ermittlungsakten und Verwaltungsvorgängen befindlichen Zeugenaussagen, die eindrücklich und glaubhaft das menschenverachtende Verhalten des Klägers belegen………..“

Ich habe da mal eine Frage: Muss ich das Honorar/den Vorschuss zurückzahlen?

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Und heute dann folgendes RVG-Rätsel; die Frage erreicht mich so oder ähnlich häufiger. Der Kollege/Fragesteller hat das Einstellen „erlaubt“. Ich habe aber „anonymisiert. Er fragte:

„Lieber Detlef,

es ist mir etwas peinlich, aber ich finde nichts in Deinem Blog und auch nichts im Gerold/Schmidt.

Folgender Sachverhalt: Kollege erkrankt nach Anklageschrift und ich übernehme den Fall mit Einverständnis des Gerichtes/Angeklagten und werde vom Landgericht beigeordnet. Termine standen schon fest und ich musste mich in 2 Wochen in ein sehr unangenehmen Fall einarbeiten (Vergewaltigung und sexueller Mißbrauch Minderjährigen). Angeklagter noch in U-Haft. Ich (gutgläubiger Esel) vereinbare mündlich, dass noch ein Honorar i.v.H. weiteren 2.000€. Mandant wird nach 5 Verhandlungstagen freigesprochen (mittendrin auch Haftbefehl außer Vollzug setzen lassen). und ich rechne mit der Staatskasse als Wahlverteidiger ab. Gab ca. 2.400 € brutto. Aus der Haftentschädigung habe ich die MÜNDLICH (ich Esel) vereinbarten 2000€ einbehalten. Zu § 4b RVG finde ich nichts dazu. Undankbarer Mandant will jetzt die 2000€ zurück. Zivilrichterin AG pp. meinte, ich hätte ja die gesetzliche Gebühr schon erhalten (ja aber aus der Staatskasse). Ich bin komplett verwirrt……“

Wer kann dem Kollegen helfen bzw. die Verwirrung lösen?

Terminsgebühr II, oder: Kreativ, aber leider falsch zum Abgeltungsbereich gedacht

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Bei der zweiten Entscheidung, die ich zur Terminsgebühr vorstellen möchte, handelt es sich um den OLG Celle, Beschl. v. 21.06.2017 – 3 Ws 297/16. Auch er ist nach einem „Schwurgerichtsverfahren“ ergangen. Gegen den früheren Beschuldigten war nämlich ein Sicherungsverfahren (wegen Totschlags) anhängig anhängig. Das Schwurgericht hat die Unterbringung des Beschuldigten durch Urteil abgelehnt. Zugleich hat das Schwurgericht entschieden, dem Beschuldigten für die Zeit der einstweiligen Unterbringung keine Entschädigung durch die Staatskasse zu gewähren. Gegen diese Entscheidung hat der Verteidiger sofortige Beschwerde eingelegt und diese begründet. Bei der Kostenfestsetzung war der Verteidiger dann der Auffassung, das Einlegen dieser Beschwerde werde vom Gebührentatbestand nach Nr. 4120 VV RVG erfasst, weshalb seine im Kostenfestsetzungsverfahren festgesetzte Wahlverteidigergebühr für den (letzten) Verhandlungstag zu niedrig bemessen worden sei. Die Staatskasse hat das anders gesehen. Die sofortige Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss hatte keinen Erfolg:

„Das Landgericht hat insbesondere zutreffend darauf abgestellt, dass die durch Einlegen und Begründen der Beschwerde entfalteten Tätigkeiten des Verteidigers nicht von der Terminsgebühr nach Nr. 4120 VV-RVG erfasst werden. Die maßgeblichen Vorschriften des Vergütungsverzeichnisses (VV) beziehen sich nach ihrem klaren Wortlaut nur auf die Hauptverhandlung (Hartmann, Kostengesetze, 46. Auflage, VV 4120 Rn. 1 ff.; VV 4108, 4109 Rn. 1). Hiervon erfasst  werden zwar auch die Vorbereitung des konkreten Hauptverhandlungstermins (Burhoff, RVG, 4108 VV Rn. 5). Bereits eine Tätigkeit während einer Unterbrechung der Hauptverhandlung reicht für Anwendung dieser Gebührentatbestände grundsätzlich bereits nicht aus (Hartmann, Kostengesetze, 46. Aufl., VV 4108, 4109 Rn. 6). Gebührenrechtlich beendet ist die Hauptverhandlung aber jedenfalls, wenn der Vorsitzende nach der auf die Beratung folgenden Verkündung des Urteils und der anschließenden Rechtsmittelbelehrung die Verhandlung schließt (Gerold/Schmidt, RVG, 22. Auflage, VV 4108-4111 Rn. 3). Nach diesem Zeitpunkt entfaltete Tätigkeiten des Verteidigers können hiernach somit nicht mehr von dem Gebührentatbestand nach 4120 VV-RVG erfasst werden.“

Dazu ist anzumerken: Die Entscheidung ist zutreffend, der sicherlich kreative Ansatz des Verteidigers also leider falsch. Allerdings hinkt die Begründung des OLG an zumindest einer Stelle. Denn zum Abgeltungsbereich der Terminsgebühr gehören nicht nur Vorbereitung- sondern, was das OLG übersieht, grundsätzlich auch Nachbereitungstätigkeiten für den konkreten Termin (vgl. dazu Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn 62). Das heißt, dass also auch noch Tätigkeiten nach Abschluss des Hauptverhandlungstermins ggf. von der Terminsgebühr abgegolten werden. Dazu zählt aber – insoweit hat das OLG Recht – nicht die Einlegung eines Rechtsmittels, hier der sofortigen Beschwerde gegen die Entschädigungsentscheidung des LG. Das ist keine bloße „Nachbereitung“ der Hauptverhandlung mehr, sondern wird als (originäre) Rechtsmitteleinlegung entweder von der gerichtlichen Verfahrensgebühr (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff/, RVG, Vorbem. 4 VV Rn 41 m.w.N.) oder ggf. als Einzeltätigkeit abgegolten (vgl. dazu Burhoff/Volpert/Volpert, RVG, Teil A: Beschwerdeverfahren, Abrechnung, Rn 569 ff m.w.N.). Es wäre als der richtige Ansatz für den Verteidiger gewesen, ggf. eine höhere gerichtliche Verfahrensgebühr geltend zu machen.

Und dann hier jetzt der Hinweis auf <Werbemodus an> Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Aufl. 2017, der jetzt (hoffentlich) bald erscheinen wird. Da kann man alle diese Fragen nachlesen. Zum Bestellformular geht es hier. <Werbemodus aus>.

Terminsgebühr I: Hauptverhandlungsdauer beim Schwurgericht

Vor dem „Freitagsrätsel“ am heutigen Nachmittag stelle ich zwei gebührenrechtliche Entscheidungen zur Terminsgebühr vor. Bei der ersten handelt es sich um dem OLG Düsseldorf, Beschl. v. 19.05.2017 –  1 Ws 2/17 – in dem das OLG Vorgaben für die erforderliche Dauer von Hauptverhandlungen für Fortsetzungstermine in Verfahren des ersten Rechtszugs beim OLG, dem Schwurgericht oder der Strafkammer nach den §§ 74a, 74c GVG – also die in Nr. 4118 VV RVG genannten Verfahren – gemacht hat. Um die ist gestritten worden.

Das OLG Düsseldorf sagt: Objektiver Gradmesser für die Bestimmung der Gebühr für die Fortsetzungstermine ist die Dauer der Verhandlung. Und der Senat geht dann von folgender Abstufung aus:

„Hauptverhandlung bis zu einer Stunde 1,5 fache Mindestgebühr 195 EUR
Hauptverhandlung bis zu zwei Stunden 3 fache Mindestgebühr 390 EUR
Hauptverhandlung bis zu vier Stunden Mittelgebühr 424 EUR
Hauptverhandlung bis zu fünf Stunden 5 fache Mindestgebühr 650 EUR.“

Ob diese Abstufung zutreffend ist oder ob sie sich nicht ggf. mit anderen Kriterien, wie z.B. den Längenzuschlägen für Pflichtverteidiger, „beißt“, lassen wir mal dahin gestellt. Jedenfalls muss man bei Anwendung der Entscheidung Folgendes bedenken:

  • Die vomm OLG aufgestellten Bemessungskriterien gelten für Fortsetzungshautpverhandlungstermine im ersten Rechtszug beim OLG, dem Schwurgericht oder der Strafkammer nach den §§ 74a, 74c GVG. Für Verfahren bei anderen Gerichten wird man andere Stufen anwenden müssen.
  • Das OLG erwähnt neben der „Terminsdauer“ mit keinem Wort andere Kriterien, die auch für die Höhe der Gebühr von Bedeutung sind (Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn. 69 ff. . Das sind neben der Bedeutung der Angelegenheit auch Vorbereitung und Nachbereitung des Termins, und zwar auch bei Fortsetzungsterminen. Allein das Abstellen auf die Terminsdauer ist m.E. zu schematisch und ein Manko dieser Entscheidung.