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Urheber Dirk Vorderstraße
Zum Wochenauftakt zwei OWi-Entscheidungen, quasi zum „Warmlaufen“. Zunächst ist das der OLG Oldenburg, Beschl. v. 21.03.2017 – 2 Ss (OWi) 54/17. Also schon etwas älter, aber der Beschluss ist jetzt gerade erst veröffentlicht worden.
Das OLG nimmt noch einmal zum erforderlichen Umfang der Feststellungen in einem Urteil wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung, der eine Geschwindigekeitsmessung durch Nachfahren – zur Nachtzeit – zugrunde gelegen hat, Stellung. Bei diesen Verurteilungen sind die Anforderungen ja immer noch sehr hoch, da es sich nach der Rechtsprechung der OLG nicht um ein standardisiertes Messverfahren handelt. So auch in dem Beschluss des OLG Oldenburg, der das amtsgerichtliche Urteil, das den Betroffenen zu einer Geldbuße von 1.200 € und einem Fahrverbot von 3 Monaten verurteilt hatte, aufgehoben hat. Die Fahrerin des nachfahrenden Polizeifahrzeuges hatte „bekundet, dass sie einen Abstand von 150 m eingehalten und sich dabei an den Leitpfosten am Straßenrand orientiert habe.“:
„Die vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung des Betroffenen wegen einer vorsätzlichen Geschwindigkeitsüberschreitung nicht.
Bei den in der Regel schlechten Sichtverhältnissen zur Nachtzeit bedarf es im Urteil grundsätzlich näherer Feststellungen dazu, wie die Beleuchtungsverhältnisse waren, ob der Abstand zu dem voraus fahrenden Fahrzeug durch Scheinwerfer des nachfahrenden Fahrzeugs oder durch andere Lichtquellen aufgehellt war und damit ausreichend sicher erfasst und geschätzt werden konnte und ob für die Schätzung des gleich bleibenden Abstandes zum vorausfahrenden Fahrzeug ausreichende und trotz Dunkelheit zu erkennende Orientierungspunkte vorhanden waren. Auch sind Ausführungen dazu erforderlich, ob die Umrisse des vorausfahrenden Fahrzeugs und nicht nur dessen Rücklichter erkennbar waren (OLG Hamm DAR 2006, 31; vgl. Senat Beschluss vom 8. November 2012, 2 Ss Bs 253/12).
Im angefochtenen Urteil sind Feststellungen zu den Beleuchtungsverhältnissen nicht getroffen worden.
Bei einem Verfolgungsabstand von nur ca. 100 m und der Orientierung an den Leitpfosten sowie den Rücklichtern des gemessenen Fahrzeugs soll auch auf einer unbeleuchteten Straße eine zuverlässige Schätzung eines gleich bleibenden Abstandes durch geübte Polizeibeamte möglich sein (OLG Hamm VRS 113. Band, 112 ff;. OLG Celle NZV 2004, 419 f.; vgl. auch Thüringer OLG VRS 111. Band, 195 ff., wobei es sich dort um eine innerstädtische Straße handelte). Demgegenüber sind weitere Feststellungen zu den Beleuchtungsverhältnissen bei einem Verfolgungsabstand von 200 m nicht für entbehrlich gehalten worden (OLG Hamm DAR 2006, 31).
Soweit die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Zuschrift ausgeführt hat, dass erfahrungsgemäß an den vorhandenen Leitpfosten Reflektoren angebracht seien, die bei Dunkelheit von den Scheinwerfern der passierenden Fahrzeuge angestrahlt würden und sich damit aus dem Zusammenhang der Urteilsgründe noch mit hinreichender Deutlichkeit ergäbe, dass die Sichtverhältnisse zur Überzeugung der Tatrichterin ausreichten, um den nachfahrenden Polizeibeamtinnen die Überprüfung des gleich bleibenden Abstandes zu ermöglichen, vermag der Senat dem nicht zu folgen:
Bei einem Abstand von 100 m -erst recht bei einem solchen von 150 m- kann unter Berücksichtigung der Reichweite des Abblendlichtes nämlich nicht ohne besondere Feststellungen davon ausgegangen werden, dass allein durch die Scheinwerfer des nachfolgenden Fahrzeuges das vorausfahrende Fahrzeug so aufgehellt worden ist, dass ein gleichbleibender Abstand hinreichend sicher erfasst und geschätzt werden konnte (OLG Hamm DAR 2002, 176 f).
Bereits in den zuvor zitierten zitierten Entscheidungen des OLG Hamm (VRS 113. Band, 112 ff. und OLG Celle (NZV 2004, 419 f) war ausgeführt worden, dass auch bei einem Abstand von 100 m das Scheinwerferlicht des nachfahrenden Polizeifahrzeuges das vorausfahrende Fahrzeug nicht mehr erreiche.
Das bedeutet, dass der Zwischenraum zwischen den Fahrzeugen nicht vollständig erhellt wird und damit auch die Leitpfosten nicht in voller Länge dieser Strecke reflektieren. Zumindest bei einem Abstand von 150 m hält der Senat deshalb in Übereinstimmung mit dem OLG Hamm (DAR 2002, 176 f) weitergehende Darlegungen dazu für erforderlich, wie es den Polizeibeamten möglich gewesen ist festzustellen, dass der Abstand gleich geblieben ist. Dies gilt im vorliegenden Fall erst recht deshalb, weil nach den Angaben der Zeuginnen der Tacho des Polizeifahrzeuges 180 km/h angezeigt hat, die Einschätzung, wann das eigene Fahrzeug und das verfolgte Fahrzeug die Leitpfosten jeweils erreichten, damit umso schwieriger war.
Da nicht auszuschließen ist, dass das Amtsgericht weitere Feststellungen zu den Beleuchtungsverhältnissen treffen kann, die es nachvollziehbar erscheinen lassen, dass eine zuverlässige Einschätzung des gleich bleibenden Abstandes möglich war, war die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsbeschwerde, an das Amtsgericht zurückzuverweisen.“