Archiv für den Monat: Oktober 2015

Keine Akteneinsicht, kein Fahrtenbuch, oder: Spätfolgen einer verweigerten Akteneinsicht

© Spencer - Fotolia.com

© Spencer – Fotolia.com

Aus welchen Gründen das Landratsamt Sigmaringen in einem Verfahren wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung keine Akteneinsicht gewährt hat, lässt sich dem VG Sigmaringen, Beschl. v. 01.09.2015 – 5 K 2765/15 – nicht entnehmen. Aber: Die nicht gewährte Akteneinsicht hat dann „Spätfolgen“ beim VG, als es um die Frage der Zulässigkeit einer Fahrtenbuchauflage (§ 31a StVZO) – für 32 Fahrzuege des Halters – geht, das das Landratsamt dann angeordnet hat. Nach dem Verkehrsverstoß hatte in dem Bußgeldverfahren der verantwortliche Fahrzeugführer nicht ermittelt werden können. Der (spätere) Prozessbevollmächtigte hatte aber um Akteneinsicht gebeten, um das Messfoto in Augenschein nehmen zu können. Akteneinsicht wurde jedoch nicht gewährt. Und das hat dann dem Landratsamt „auf die Butterseite geschlagen“. Das VG sagt: Ermittlungsdefizit beim Landratsamt.

„Nach Maßgabe der vorgenannten Grundsätze kann das Gericht eine mangelnde Mitwirkung der Antragstellerin nicht erkennen; vielmehr liegt ein für das negative Ermittlungsergebnis ursächliches Ermittlungsdefizit vor. Nachdem der Antragstellerin mit Schreiben vom 05.12.2014 (Behördenakte S. 8) der Zeugenfragebogen zugesandt wurde, legitimierte sich am 17.12.2014 der Prozessbevollmächtigte für die Antragstellerin und beantragte Akteneinsicht (Behördenakte S. 6) – ersichtlich, um insbesondere das erwähnte Messfoto in Augenschein zu nehmen. Im Zeugenfragebogen ist als Beweismittel ein Foto genannt. In dem Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 17.12.2014 heißt es ausdrücklich: „Mit den jetzt vorgelegten Unterlagen ist eine Zuordnung nicht möglich. Das Fahrzeug wird von verschiedenen Personen geführt.“ Allein aus dieser Aussage konnte nicht auf einen fehlenden Willen zur Mitwirkung seitens der Antragstellerin geschlossen werden. Unabhängig von einem Recht auf Akteneinsicht oblag es dem Landratsamt, das Foto zu übermitteln. Das Gericht sieht hier einen wesentlichen Verfahrensmangel, der dazu führt, dass die Unaufklärbarkeit des Verkehrsverstoßes maßgeblich in die Sphäre des Landratsamtes Reutlingen fällt. Es hätte zumindest das Messfoto übersandt werden können. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum der Antragstellerin oder deren Prozessbevollmächtigten das Foto nicht hätte übermittelt werden können. Die weiteren Ermittlungen wären dann vom weiteren Verhalten der Antragstellerin abhängig gewesen.

Auf eine fehlende Mitwirkung kann auch nicht aus dem Vermerk des PHM X vom 24.01.2015 geschlossen werden. Die Antragstellerin hat im Telefonat mit diesem darauf verwiesen, dass sie bereits einen Rechtsbeistand in dieser Sache beauftragt hatte. Sie durfte daher auch die Kommunikation mit der Polizei über den Rechtsbeistand führen. Im Übrigen hat der Prozessbevollmächtigte auch PHM X gegenüber wiederholt, dass noch Beweismittel eingesehen werden wollten.

An keiner Stelle der Behördenakte findet sich ein Hinweis darauf, dass die Antragstellerin eine Kooperation ausdrücklich verweigert hat. Die Bitte um Akteneinsicht lässt eher auf das Gegenteil schließen.

Vorliegend kann daher aus dem Verhalten der Antragstellerin nicht geschlossen werden, dass sie zu einer Mitwirkung an der Täterfeststellung unter keinen Umständen bereit war. Statt entweder die Akteneinsicht zu gewähren oder das Messfoto zu übermitteln, reagierte das Landratsamt Reutlingen in der Folge gar nicht. Es findet sich nur ein interner Aktenvermerk, wonach eine Akteneinsicht nicht zu gewähren sei. Es ist nicht auszuschließen, dass die Antragstellerin bei Kenntnis des Fotos Einfluss auf ihre Aussagebereitschaft gehabt hätte und sie sachdienliche Angaben zur Täterfeststellung gemacht hätte (vgl. Oberverwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen, Urteil vom 03.08.1993 – 1 BA 17/93 -).

Es oblag auch nicht dem Prozessbevollmächtigten der Antragstellerin mehrmals nachzufragen, ob und wann Akteneinsicht gewährt werden würde. Insbesondere durfte der Prozessbevollmächtigte nach seinem Schreiben vom 17.12.2014 und dem Anruf bei PHM X am 14.01.2015, währenddessen er nochmals um das Foto bat, auf eine Reaktion seitens der Behörde warten und musste nicht von sich aus noch ein weiteres Mal auf das Landratsamt zugehen.“

Ich habe da mal eine Frage: Kann/muss das OLG ungleiche Pauschgebühren ausgleichen?

© AllebaziB - Fotolia

© AllebaziB – Fotolia

Fragen zur Pauschvergütung nach § 51 RVG sind nicht (mehr) so häufig, aber es kommen dann doch immer mal wieder welche. Und die letzte war ganz interessant, da sie mit einem „Übergangsproblem“ – Übergang zum RVG nach dem 2. KostRMoG – gekoppelt war. Der Kollege fraget:

Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,

ich würde gerne Ihre Meinung zu einem gebührenrechtlichen Thema wissen, bei dem es um die Pauschvergütung in dem ppp-Verfahren geht. Der Senat hat den beteiligten Pflichtverteidigern schon früh eine Erhöhung der Terminsgebühr um 25% zugesprochen und eine höhere Pauschgebühr abgelehnt.

Nun ist es so gekommen, dass aufgrund eines krankheitsbedingten Ausfalls im Sommer 2014 ein neuer Verteidiger beigeordnet wurde. (Die Frage, wie dieser bei Unkenntnis von weit über 200 Hauptverhandlungstagen in der Lage sein sollte zu verteidigen, lassen wir an dieser Stelle einmal beiseite.). Jedenfalls erhielt dieser Anwalt von nun an seine Gebühren nach dem seit 2013 geltenden RVG, während sich die anderen drei Verteidiger mit den alten Sätzen zufriedengeben mussten. Soweit ich sehe, gibt es auch in diesem Bereich keinen Weg, dies auszugleichen.

Es stellt sich aber jetzt die Frage, ob der Senat diese offensichtliche Ungleichheit zwischen den Verteidigern nun im Hinblick auf die Pauschvergütung ausgleichen darf (oder gar muss!), zumal sich beim Festhalten an der bisherigen Entscheidung (25% Zuschlag) die Ungleichbehandlung sogar noch erhöht. Hat der „Neue“ bisher schon entweder 84,– / 117,– / 151,– mehr erhalten, so würde er dann pro Tag 105,– / 146,25 / 188,75 mehr erhalten als die Verteidiger, die schon vor der Gebührenerhöhung tätig waren. Wenn es sachliche Gründe dafür gibt, kann ein Senat schließlich die Pauschvergütung für Anwälte unterschiedlich festlegen. Die Gleichbehandlung würde in diesem Fall dafür sprechen, die „alten Verteidiger“ auf das Niveau des „Neuen“ zu heben. (Die nächste Frage wäre dann, ab wann? Erst ab Beiordnung des neuen Anwalts?).“

Na, einer der Leser eine Idee?

Ein „Tag“ ist eine Unterschrift; oder: Wie „unterschreibe“ ich ein Graffiti?

entnommen obenclipart.org

entnommen openclipart.org

Für die „Graffiti-Szene“ von Bedeutung kann der LG Potsdam, Beschl. v. 02.06. 2015 – 24 Qs 110/14 – sein. In dem ihm zugrunde liegenden Verfahren hat die Staatsanwaltschaft den Angeschuldigten eine gemeinschaftlich begangene Sachbeschädigung in Tateinheit mit Störung öffentlicher Betriebe (§§ 303, 316b StGB) vorgeworfen. Die Angeschuldigten sollen in der Nacht vom 09. auf den 10.11 2011 einem gemeinsam gefassten Tatplan folgend jeweils vier Wagen von Regionalzüge der Deutschen Bahn AG mit Graffitizeichnungen besprüht haben; durch das Eindringen von Sprühfarbe in die Türschlösser der beiden Wagenparks hätten die Führerstände der betroffenen Züge nicht betreten werden können, so dass sie abgeschleppt werden mussten. Insgesamt sei – so die Anklage – ein Schaden in Höhe von 3.302,49 € entstanden.

Das AG hatte die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt, da nach seiner Auffassung nach dem Ergebnis der Ermittlungen und den gegebenen Beweismöglichkeiten eine Verurteilung nicht hinreichend wahrscheinlich sei. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde der StA hatte weitegehend Erfolg. In seinem Beschluss nimmt das LG zur „Unterschriftseigenschaft“ eines „Tag“ Stellung:

„….Die Ermittlungen haben ergeben, dass durch die hier gegenständliche Tat auf die abgestellten Bahnzüge die Tag-Schriftzüge der Angeschuldigten L. (SOUR), S. (TUES), M. (MISTA), R. (RÜBE, LOZR), W. (YUSK) und B. (BECKER) aufgebracht worden sind. In der Graffiti-Szene gilt die Regel, dass ein Tag-Schriftzug nur von einem Graffiti-Sprüher benutzt wird und daher individuell zugeordnet werden kann (LG Berlin, Urteil vom 11.8.2005, (524) 21 Ju Js 783/03 (35/05), in Juris). Im Graffiti-Jargon ist das „Tag“ ein Signaturkürzel des Graffiti-Sprühers und stellt sein Pseudonym dar; es wird häufig als Unterschrift verwendet, aber auch als territoriale Markierung mit dem Ziel, den eigenen Style zu präsentieren und in einem bestimmten Gebiet besonders präsent zu sein und so Bekanntheit (Fame) zu erreichen (vgl. Wikipedia-Eintrag zum Graffiti-Jargon http://de.wikipedia.org/wiki/Graffiti-Jargon). Einen guten, möglichst einzigartigen Style zu erreichen gilt in Graffiti-Kreisen als erstrebenswert. So erläutert Graffiti-Websites: „[…] Tags weisen auf die Individualität von Menschen hin. Es ist ein Ausdruck von Selbstwertgefühl und Urheberschaft, wie auch eine Art Gütezeichen.“ Weiterhin: „Tags […] werden ständig wiederholt und daher von ihren Urhebern ,blind‘ beherrscht. Sie dienen dazu, ein Territorium zu markieren und anderen Taggern zu signalisieren: hier war ich.“ (http://graffitiportal.com/abc2.html). Es ist in Graffiti-Kreisen verpönt, den Tag einer anderen Person zu verwenden. So wird angehenden Graffiti-Sprühern empfohlen, vor der Auswahl des Tag sicherzustellen, dass dieser nicht schon von jemand anderem genutzt wird und sich gegebenenfalls einen anderen Tag zu überlegen, da es „großen Ärger“ nach sich ziehen kann, wenn man mit einem Tag malt, der schon vergeben ist (http://graffitilernen.info/tutorialteil-1-dertag, vgl. auch http://de.wikihow.com/Graffititaggen). Lässt sich ein Tag – etwa aus früheren Verfahren – einem bestimmten Sprayer zuordnen, so kann er ihm auch in weiteren Fällen zugeordnet werden, solange keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass dieses Tag auch von einem anderen Sprayer verwendet wird oder dass der Tag verkauft worden ist (LG Berlin, Urteil vom 11.8.2005, (524) 21 Ju Js 783/03 (35/05), in Juris). Die Kammer teilt ausdrücklich nicht den Standpunkt, den das Landgericht Offenburg in seiner – oft zitierten – Entscheidung vom 15. Januar 2002 vertreten hat, wonach dem Tag für die Frage der Täterschaft lediglich eine Indizwirkung zukommen soll (LG Offenburg, StV 2002, 359, vollständig in Juris). Angesichts der oben geschilderten Gepflogenheiten in Graffiti-Kreisen, die jedenfalls heute im Internet leicht nachzulesen sind, und angesichts der Bedeutung, die dabei dem Tag als individuelle Signatur zukommt, ist sein Beweiswert mit derjenigen einer individuellen Unterschrift vergleichbar. Zwar mag es in Einzelfällen vorkommen, dass Tags nachgeahmt und insbesondere die Tags von bekannten Sprayern in Einzelfällen „unberechtigt“ kopiert worden sein können (sogenanntes biten; siehe den Wikipedia-Eintrag zum Graffiti-Jargon) (vgl. neben der oben genannten Entscheidung des LG Offenburg auch die eingereichten Entscheidungen des AG Berlin-Tiergarten vom 1.9.2008, Gz.: (279 Ds) 3023 PLs 7352/08 (107/08) und des AG Nürnberg vom 10.3.2011, Gz.: 17 C 10279/10, das sich allerdings auf Takes bezieht). Die bisherigen Ermittlungen haben allerdings keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die oben genannten Individual-Tags der Angeschuldigten L., S., H., M., R., W. und B. im vorliegenden Fall von anderen Personen nicht nur „unberechtigt“ gebraucht, sondern auch in ihrer individuellen optischen Gestaltung (dem Style) nachgeahmt worden sein könnten.“

Die Tagessatzhöhe bei ALG II – immer wieder ein Aufhebungsgrund

© fotomek - Fotolia.com

© fotomek – Fotolia.com

In der letzten Zeit bin ich vermehrt auf Entscheidungen gestoßen, bei denen die Frage der Tagessatzhöhe bei sog. ALG II-Beziehern eine Rolle spielte. Über die Fragen habe ich hier ja dann auch schon wiederholt berichtet.

In die Gruppe der Entscheidungen gehört auch der KG, Beschl. v. 24.07.2015 – (3) 121 Ss 113/15 (84/15). In dem geht es nicht in erster Linie um die eigentliche Höhe des Tagessatzes. Dazu konnte das KG in dem Beschluss auch nur schwer Ausführungen machen, weil Feststellungen des AG zum Einkommen des Verurteilten nur spärlich getroffen waren. Das AG hatte lediglich festgestellt, dass der Angeklagte zum Zeitpunkt des Urteilserlasses Arbeitslosengeld (ALG) II bezogen hat, ledig ist und keine Unterhaltspflichten oder sonstige weitere Belastungen festzustellen waren.

Das reicht dem KG aber im Hinblick auf die angenommene Tagessatzhöhe von 20 € nicht aus:

„Der Regelsatz des ALG II beträgt allgemeinkundig seit dem 1. Januar 2015 399,00 Euro. Ob und ggf. welche zusätzlichen Leistungen der Angeklagte daneben bezieht, hat das Amtsgericht ebenfalls nicht festgestellt. Sein aus den Urteilsgründen ersichtliches Einkommen rechtfertigt daher eine Tagessatzhöhe von 20,00 Euro nicht. Soweit das Urteil ausführt, eine weitere Herabsetzung des Tagessatzes sei nicht angezeigt, weil der Angeklagte „noch zum Zeitpunkt des Erlasses des Strafbefehls über Einkommen“ verfügt habe, vermag diese Begründung eine über dem Nettoeinkommen liegende Tagesatzhöhe nicht zu rechtfertigen. Abgesehen davon, dass die Höhe dieses Einkommens nicht mitgeteilt wird, sind für die Höhe der Tagessätze die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeklagten bei Erlass des Urteils maßgebend (vgl. BGHR StGB § 40 Abs. 2 Satz 1 Einkommen 2). Der Mangel wirkt sich auch auf die Entscheidung über die Ratenzahlungsbewilligung aus.“

Mir leuchtet auch nicht ein, wie man bei einem monatlichen „Nettoeinkommen“ von 399 € – ohne weitere Angaben über sonstige Leistungen – zu einer Tagessatzhöhe von 20 € kommen kann. Das geht nur, wenn man – quasi als eine Art zusätzliche Bestrafung – das frühere Einkommen mit heranzieht, was das AG hetan hat. Geht aber so auch nicht.

In der Sicherungsverwahrung: Kein jederzeitiger Anruf, aber zeitnaher Rückruf….

1896_telephoneIn Bayern haben sich ein „Sicherungsverwahrter“ und die JVA um die Frage des Telefonkontakts (mit seinen Verteidigern) gestritten; dabei ging es vornehmlich um die Frage, ob dem Sicherungsverwahrten zu ermöglichen ist, von  eingetragenen Rechtsanwälten und Verteidigern angerufen zu werden. Die JVA und auch die StVK haben das abgelehnt. Die Sache ist dann beim OLG Nürnberg gelandet, das sich im OLG Nürnberg, Beschl. v. 17.09.2015 – 2 Ws 419/15 – der Auffassung der StVK angeschlossen hat, und das wie folgt begründet:

„2. Art. 25 Abs. 1 Satz 1 BaySvVollzG gibt lediglich einen Anspruch auf Telefongespräche unter Vermittlung der Anstalt während der Freizeit. Dass eingehende Telefonate unmittelbar an den Sicherungsverwahrten durchzustellen wären, ergibt sich weder aus dem Wortlaut der Regelung noch aus der Begründung des Gesetzentwurfs der bayerischen Staatsregierung zu Art. 25 BaySvVollzG. Dort ist ausgeführt, dass mit der Schaffung der Vorschrift im Vordergrund steht, dem Sicherungsverwahrten im Gegensatz zur Regelung im Strafvollzug, die nur einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung begründet, zur Wahrung des Abstandsgebots einen Anspruch auf Bewilligung von Telefongesprächen unter Vermittlung der Anstalt zu gewähren, um damit den hohen Stellenwert von Telefongesprächen für die Kommunikation der Sicherungsverwahrten mit der Außenwelt zu berücksichtigen.

3. Dieser Anspruch auf das Führen von Telefonaten durch Vermittlung der Anstalt wird für eingehende Gesprächswünsche mit der bestehenden Praxis in der Justizvollzugsanstalt Straubing – Einrichtung für Sicherungsverwahrte gewahrt. Wie das Oberlandesgericht Hamm (Beschluss vom 01. April 2014 – III-1 Vollz (Ws) 93/14, 1 Vollz (Ws) 93/14 –, juris) zutreffend ausführt, muss die Praxis der Vermittlung der Telefonate darauf ausgerichtet sein, dem hohen Stellenwert von Telefongesprächen für die Kommunikation des Untergebrachten mit der Außenwelt gerecht zu werden. Es besteht aber kein Anspruch darauf, jederzeit und sofort Telefonate zu führen. Der Senat teilt die Auffassung des Oberlandesgerichts Hamm, dass angesichts der Bedeutung von Telefonaten für die Erfüllung des Angleichungsgrundsatzes Verbindungswünsche des Sicherungsverwahrten für Telefonate während dessen Freizeit zeitnah zu erfüllen sind, wobei die nach Art. 25 Abs. 1 Satz 3, 24 BaySvVollzG vorgesehene Prüfung möglich sein muss, ob das Telefonat zu überwachen ist. Dies gilt für ein- und ausgehende Telefonverbindungen. Der von der Justizvollzugsanstalt Straubing – Einrichtung für Sicherungsverwahrte vorgesehene Ablauf bei eingehenden Telefonaten genügt diesen Anforderungen: Telefonisch oder mit Telefax teilt der Gesprächspartner der Telefonvermittlungszentrale der Anstalt den Gesprächswunsch und die mögliche Anrufzeit mit und diese gibt dem Sicherungsverwahrten zeitnah oder zu einem späteren vom Gesprächspartner gewünschten Zeitpunkt Gelegenheit für einen Rückruf.

Ein weitergehender Anspruch ergibt sich auch nicht aus dem bestehenden Verteidigungsverhältnis. Das Recht des Sicherungsverwahrten, sich einer Verteidigerin zu bedienen und Kontakt zu dieser aufzunehmen, erfordert es nicht, dass die Verteidigerin den Sicherungsverwahrten jederzeit telefonisch sprechen kann. Dass die Verteidigerin im Kanzleibetrieb organisatorische Vorkehrungen dafür treffen muss, ihrerseits telefonisch erreichbar zu sein führt nicht zu einem anderen Ergebnis, zumal die Verteidigerin diese Einschränkungen durch die Angabe eines möglichst konkreten Rückrufzeitpunkts minimieren kann.“