Archiv für den Monat: August 2015

97 x sexuelller Missbrauch ==> 65.000 € (Mindest)Schmerzensgeld

© Alex White _Fotolia.com

© Alex White _Fotolia.com

In einem beim LG Bochum anhängig gewesenen Missbrauchsverfahren wird 2012 ein Vater u.a. wegen 66 Fälle sexuellen Missbrauchs und 31 Fälle schweren sexuellen Missbrauchs zu Lasten seines Sohnes verurteilt. Der Sohn macht dann jetzt beim LG Bochum ein Schmerzensgeld nach §§ 823 Abs. 1, 253 Abs. 2, 823 Abs. 2 i.V.m. § 176 Abs. 1, § 176 a Abs. 2 Nr. 1 StGB (jeweils in der im Zeitpunkt der Verurteilung geltenden Fassung v. 01.04.1998) geltend, und zwar in Höhe von (mindestens) 100.000 €. Das LG gewährt dem Sohn PKH in voller Höhe, den PKH-Antrag des Vaters weist es zurück. Dagegen dann die Beschwerde des Vaters, der beim OLG Hamm einen Teilerfolg erzielt.

Das OLG gewährt PKH, soweit sich der Vater als Beklagter gegen eine den Betrag von 65.000,- € übersteigende Schmerzensgeldforderung nebst darauf entfallender Zinsen wendet. Neben ganz interessanten Ausführungen zur Übernahme der tatsächlichen Feststellungen eines Strafurteils im Zivilverfahren stellt der OLG Hamm, Beschl. v. 27.05.2015 – 9 W 68/14 – zum Schmerzensgeld Folgendes fest:

„Von diesen Grundsätzen ausgehend hält der Senat für die 66 Fälle sexuellen Missbrauchs und die 31 Fälle schweren sexuellen Missbrauchs ein Mindestschmerzensgeld von 65.000,- € für angemessen.

Hierbei hat sich der Senat von folgenden Überlegungen leiten lassen:

Neben der Vielzahl der Fälle sexuellen Missbrauchs beginnend mit dem 5. Lebensjahr des Klägers und der durch eine besondere Erniedrigung des Klägers gekennzeichneten 31 Fälle schweren sexuellen Missbrauchs durch Ausübung des Analverkehrs mit Samenerguss findet der lange Zeitraum, über den die Taten hinweg begangen worden sind, Berücksichtigung. Das Schweigen des Klägers hat der Beklagte durch Drohungen mit Schlägen herbeigeführt, wodurch der Kläger, wie beabsichtigt, eingeschüchtert war. Der Beklagte hat den Analverkehr, wenn der Kläger dem Ansinnen des Beklagten nicht „freiwillig“ nachkam, durch Anwendung körperlicher Gewalt ermöglicht. Besonderes Gewicht kommt dem Umstand zu, dass die Taten von dem eigenen Vater begangen worden sind, was geeignet ist, das Vertrauen des missbrauchten Kindes in die unbedingte Zuverlässigkeit der eigenen Familie und für zukünftige Beziehungen zu erschüttern. Dem Kläger ist im Strafverfahren eine Aussage nicht erspart geblieben. Der Beklagte leugnet auch noch jetzt seine Täterschaft, obwohl das Gegenteil aufgrund der tatsächlichen Feststellungen des Strafurteils, denen sich der Senat anschließt, bewiesen ist.

In zulässiger Weise bestritten hat der Beklagte die Behauptung des Klägers, die begangenen Taten hätten zu den beschriebenen psychischen Auffälligkeiten, wie Aggression, soziale Inkompatibilität, Unruhezustände und unkontrolliertem Essverhalten, mit der Folge eines erheblichen Übergewichts, geführt. Dies sei der Grund für seine vorübergehende Unterbringung in der Kinder- und Jugendpsychiatrie in C-M im Jahre 2006 gewesen, in deren Zuge er durch Medikamente sediert worden sei. Dass der Kläger diese Auffälligkeiten gezeigt hat und er wegen dieses Krankheitsbildes in stationärer Behandlung war, hat die Strafkammer zwar in ihrem Strafurteil mitgeteilt, allerdings sind belastbare tatsächliche Feststellungen zu einem Ursachenzusammenhang zwischen dem begangenen sexuellen Missbrauch und diesen psychischen Auffälligkeiten im Strafurteil nicht getroffen worden.

Unter welchen psychischen Folgen der Kläger aktuell infolge des sexuellen Missbrauchs leidet, geht aus der Klagebegründung nicht eindeutig hervor. Hier wird lediglich mitgeteilt, dass der Kläger sich in zurückliegender Zeit in psychologische Behandlung begeben, die Therapie aber abgebrochen habe. Ohne eine notwendige Ergänzung durch erläuternden Sachverhalt bzw. die Vorlage aussagekräftiger ärztlicher Berichte lässt sich hier ein Kausalzusammenhang zwischen Missbrauch und einer wie auch immer zu bezeichnenden psychischen Normabweichung – ggfalls mit Krankheitswert – so nicht herstellen.

Das Landgericht wird – ggfalls unter Berücksichtigung nachgeholten ergänzenden Sachvortrags – der Behauptung des Klägers zu in der Vergangenheit liegenden oder auch aktuellen psychischen von der Norm abweichenden Zuständen und deren Verursachung durch den Missbrauch durch Einholung eines medizinischen Gutachtens eines Facharztes für Psychiatrie weiter nachzugehen haben. Insoweit bedarf auch der Aufklärung, ob eine Besserung durch eine zumutbare Behandlung möglich ist, oder ob insoweit von einer Dauerfolge auszugehen ist.

Sollte die Beweisaufnahme in Anwendung des Beweismaßstabs des § 287 ZPO mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ergeben, dass die behaupteten psychischen Auffälligkeiten in der Vergangenheit vorgelegen haben und ggfalls auch aktuell noch vorliegen, kommt eine Erhöhung des Schmerzensgeldes über den Betrag von 65.000,- € hinaus in Betracht. Die Bemessung hängt dann von dem Ausmaß der psychischen kausal verursachten Beeinträchtigungen und dem Umfang ab, in dem sich diese konkret auswirken.“

Die Entscheidung gibt dann ggf. Anhaltspunkte auch in anderen vergleichbaren Fällen. Dabei wird man aber bei Fällen außerhalb der Fälle berücksichtigen müssen, dass das OLG dem Umstand zu, dass die Taten von dem eigenen Vater begangen worden sind, „besonderes Gewicht“ beigemessen hat.

Sonntagswitz: Es ist wieder so weit – die Fußballsaison beginnt.

© Teamarbeit - Fotolia.com

© Teamarbeit – Fotolia.com

Es ist wieder so weit – die Fußballsaison beginnt. Na ja, so ganz stimmt das ja m.E. nicht. Ich habe das Gefühl, die letzte Saison hat gar nicht aufgehört, denn es gibt ja nun schon seit Wochen – Vorspiele, Freundschaftsspiele, irgendwelche Cups und Vorqualifikationen für Qualifikationen. Alles, was ich nicht brauche 🙂 , aber: Man kann es nicht ändern und muss damit leben. Und daher gibt es heute mal wieder Fußballwitze:

Was macht ein Holländer, nachdem die Niederlande die Fußballweltmeisterschaft gewonnen hat? Er macht die PlayStation aus und geht ins Bett!


Nach einer erneuten Niederlage macht der Trainer mit seiner Mannschaft einen Rundgang durch das Stadion:
„So, Jungs“, sagt er, „Wo die Fotografen sind, wisst Ihr ja. Den Standort der Fernsehkameras kennt Ihr auch – und nun zeige ich Euch noch, wo die Tore stehen!“


Der Platzordner sieht nach Ende des Fußballspiels einen Jungen über den Zaun klettern.
Er brüllt: „Kannst Du nicht da raus gehen, wo Du rein gekommen bist?“
Der Junge: „Tu’ ich doch!“


Zwei Fans treffen sich.
„Du, meine Frau will sich scheiden lassen, wenn ich weiterhin jedes Wochenende zum Fußballplatz gehe.“
„Das ist aber sehr unangenehm.“
„Ja, allerdings, sie wird mir sehr fehlen.“

Gerettet: Metallteil an BH fängt Kugel ab

entnommen wikimedia.org by Volker.G - Own work. Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

entnommen wikimedia.org
by Volker.G – Own work. Licensed under CC BY-SA 3.0 via Wikimedia Commons

An sich nicht „meine“ Abteilung, heute dann bei dem schönen Sonntagswetter aber dann doch auch mal eine „kuriose“ Nachricht, die ich u.a. hier gefunden habe; hat ja auch noch strafrechtlichen Bezug 🙂 :

„Touristin gerät in Jagd: Metallteil an BH fängt Kugel ab

Ein Metallteil ihres Büstenhalters hat eine Touristin (41) in Mecklenburg-Vorpommern wohl vor schlimmeren Verletzungen bewahrt. Die Gütersloherin war auf einem Fahrrad an einem Rapsfeld unterwegs, als sie nach Polizeiangaben von Freitag (07.08.2015) plötzlich Schmerzen spürte.

In der Gegend lief gerade eine Wildschweinjagd. An der Stelle, an der ein Metallbügel des BH saß, sei ein Munitionsteil gefunden worden. Die Polizei ermittelt nun gegen den mutmaßlichen Schützen wegen Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung. Die Frau kam mit einem blauen Flecken davon.“

Ist im Übrigen nicht so außergewöhnlich. Hatten wir auch schon so ähnlich in Brasilien: Von Querschläger getroffen: Brasilianerin überlebt Schuss offenbar dank BH.

Nun denn: Schönen Sonntag

Wochenspiegel für die 32. KW, das war das GeRANGEl um Range, das Porto und eine Datenschutzpanne

© Aleksandar Jocic - Fotolia.com

© Aleksandar Jocic – Fotolia.com

Die ablaufende Woche war geprägt von dem GeRangel um den (ehemaligen) GBA Range und die Nachwirkungen/Folgen. Aber es hat auch noch Themen darüber hinaus gegeben, so dass ich hinweise auf:

  1. eben das Gerangel um Range, mit: Sie sind gefeuert, Wie die Kesselflicker – Range vs. Maas, oder: Maas „entlässt“ Range, Range vs. Maas: Zu wenig Eingriff, nicht zu viel, oder auch: Der Tag, an dem der Generalbundesanwalt aufbegehrte,

  2. das Drumherum um Range: Keine Ahnung von LandesverratBundesrichter-Vereinigung fordert Überprüfung des Range-Rauswurfs, Range ist nicht genug, Richter und Staatsanwälte – besser in zwei Vereinen, Update im Schurkenstück Maas, Maaßen und de Maizière

  3. Du bist Jurastudent, wenn …, Nehmen Sie Ihren Hut, Herr Maas,

  4. Gegen das Porto kann nun jeder klagen,

  5. Katalogstraftaten nach § 100a StPO öffnen die elektronische Waffenkammer, und dazu: High Court of Justice in London: Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen EU-Grundrechte,

  6. Die Aussitzer in Brandenburg – da darf man gespannt sein, wie es weiter geht…,

  7. 30 Grad im Haftraum,

  8. Bundeskanzlerin auf Lebenszeit?,

  9. Daten­schutz­panne: Gemeinde stellt ihre Blit­zer­fo­tos ver­se­hent­lich ins Internet

  10. und dann war da noch: Jetzt erst Recht – erschreckend,

Die Feststellungsklage ohne Feststellungsinteresse

© momius - Fotolia.com

© momius – Fotolia.com

Dann wage ich mich heute auch mal wieder ins Zivilrecht, und zwar mit einem Beitrag zur Feststellungsklage. Er betrifft das OLG Koblenz, Urt. v. 13.04.2015 – 12 U 677/12, in dem das für die Zulässigkeit der Klage erforderliche Feststellungsinteresse verneint wird:

„Die Feststellungsklage ist dann zulässig, wenn die Schadensentwicklung noch nicht vollständig abgeschlossen ist und die Klägerin ihren Anspruch ganz oder teilweise nicht beziffern kann. Dann durfte die Klägerin den gesamten Anspruch, auch den bereits bezifferbaren, mit der Fest- stellungsklage geltend machen und musste nicht den bereits bezifferbaren Anspruch mit einer Leistungsklage verfolgen. Wenn die Schadensentwicklung bei Klageerhebung abgeschlossen war, steht dem Geschädigten grundsätzlich nur die Leistungsklage zur Verfügung. Das Fest- stellungsinteresse ist gegeben, wenn die Möglichkeit besteht, dass in Zukunft noch Schäden eintreten können. Es fehlt, wenn aus Sicht des Geschädigten bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen (OLG Frankfurt, Urteil vom 12.10.2011 – 12 U 98/10 -; Zöller/Greger, ZPO, 30. Aufl., § 256 Rn. 7 a).“

Und das hat das OLG verneint: Denn hier hatte der Geschädigte zwar bei einem Verkehrsunfall eine Verletzung der Halswirbelsäule erlitten, die zu einer Arbeitsunfähigkeit bis zu sechs Wochen, einer MDE von 20% für weitere zwei bis drei Monate sowie einer MDE von 10% für ein Jahr geführt hatte. Es bestanden nach Ablauf eines Jahres aber keine Beschwerden mehr, so dass es nach Auffassung des OLG keinen Grund für die Annahme gab, dass nach Ablauf des Jahres irgendwann Beeinträchtigungen des Geschädigten aufgrund der Beschleunigungsverletzung der Halswirbelsäule eintreten werden. Der Feststellungsklage des Geschädigten fehle es daher am Feststellungsinteresse. Der Geschädigte hätte Leistungsklage erheben müssen.