Archiv für den Monat: Juli 2015

Manipulierter/“getürkter“ Unfall – wohl nicht im Berufsverkehr auf einer BAB

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Beim LG Köln wurde mal wieder um die Frage: Gestellter/manipulierter/getürkter Unfall gestritten. Das LG hatte sich der Argumentation des Klägers angeschlossen. Das OLG Köln hat es im OLG Köln, Urt. v. 22.04.2015 – 11 U 154/14 – anders gesehen:

Die vom Landgericht angeführten Indizien rechtfertigen weder für sich noch in ihrer Gesamtheit die Annahme, der Kläger habe den Unfall verabredet oder bewusst herbeigeführt. Soweit in der Klageschrift die Fahrtrichtung unzutreffend angegeben wurde, handelte es sich erkennbar um ein auf der insoweit falschen polizeilichen Unfallmitteilung (Bl. 7 d.A.) beruhendes Versehen des Prozessbevollmächtigten, das der Kläger umgehend korrigiert hat. Dass er keine genauen Angaben zu dem LKW des Unfallgegners machen konnte, hat ebenfalls keine Beweisbedeutung, da die Unfallbeteiligung des LKW unbestritten ist. Ebenso wenig Bedeutung kommt dem Umstand zu, ob und in welchem Umfang der Kläger sich mit dem polnischen Fahrer unterhalten hat. Daraus, dass es sich um einen PKW der Oberklasse handelte, der Kläger nach dem streitgegenständlichen Unfall mit dem Fahrzeug noch weitere Unfälle erlitten hat und dass er den Schaden auf Gutachtenbasis abrechnet, kann ebenfalls nicht auf eine Unfallmanipulation geschlossen werden. Dass das Fahrzeug einen reparierten Vorschaden aufwies und der Tachostand manipuliert worden war, ergab sich erst aus dem von der Beklagten vorgelegten Leasingübergabeprotokoll der Vorbesitzerin (Bl. 50 d.A.), das dem Kläger nicht bekannt sein musste.

Im Übrigen fehlen wesentliche für einen fingierten Unfalls typische Beweisanzeichen (dazu etwa OLG Köln VersR 2014, 996; OLG Düssseldorf a.a.O.; Geigel/Kunschert a.a.O. Rdn. 13): Der Unfall geschah am frühen Abend im fließenden Berufsverkehr. Es waren somit Zeugen vorhanden, die nicht dem „Umfeld“ des Klägers zuordnen sind. Vor allem wurde die Kollision durch ein nicht vom Kläger eingeleitetes, gefährliches Fahrmanöver herbeigeführt. Das hat der Zeuge I bei seiner Vernehmung durch das Landgericht eindrucksvoll und glaubhaft geschildert: Er habe beobachtet, wie der LKW zu schlingern anfing und den PKW, der sich am hinteren Ende des Lkw befunden habe, in Richtung Mittelplanke touchiert und gedrängt habe. Er habe bereits durch die Beobachtung einen mächtigen Schock bekommen, die Situation sei extrem knapp gewesen. Er habe aus Angst um den Fahrer kurz angehalten und mit dem Fahrer des PKW – also dem Kläger – kurz gesprochen. Dieser sei zwar handlungsfähig, aber sichtlich mitgenommen gewesen. Für einen gestellten Unfall ist aber typisch, dass er nicht schwer beherrschbar und nicht mit der vom Zeugen berichteten und nach der Art der Unfallumstände – Durchfahren einer Autobahnbaustelle während des Berufsverkehrs auf dem der Gefahr eines Zusammenstoßes mit dem Gegenverkehr in besonderem Maße ausgesetzten linken Fahrstreifen – offensichtlichen und erheblichen Gefahr für Leben oder Gesundheit des beteiligten Fahrers verbunden ist (vgl. OLG Frankfurt Schaden-Praxis 2010, 106; Geigel/Kunschert a.a.O.). Die Unbeherrschbarkeit und besondere Gefahrenträchtigkeit des Unfallherganges ist im Gegenteil ein ganz gewichtiger Umstand, der für einen nicht gestellten Unfall spricht. Bedenken gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen I sind nicht ersichtlich und werden auch von der Beklagten nicht erhoben. Er ist zufällig Zeuge des Unfallgeschehens geworden und stand in keiner persönlichen Beziehung zum Kläger. Auch ist der vom Landgericht beauftragte Sachverständige Morawski zu dem Ergebnis gelangt, dass sich aus technischer Hinsicht der Unfall so ereignet haben könne, wie der Kläger vorgetragen habe. Zudem hegt der Senat nach dem persönlichen Eindruck, den er in der mündlichen Verhandlung gewonnen hat, keine durchgreifenden Zweifel an Glaubwürdigkeit des Klägers.“

Ich habe da mal eine Frage: Bekomme ich nach der RVG-Reform zumindest eine höhere Pauschgebühr?

© AllebaziB - Fotolia

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Anfragen zur Pauschgebühr sind selten (geworden), nachdem durch das RVG 2004 einige Gebührentatbestände eingeführt worden, bei denen die ihnen zugrunde liegenden Tätigkeiten früher im Rahmen eine Pauschgebühr Berücksichtigung gefunden haben, wie z.B. Nr. 4102 VV RVG oder die Längenzuschläge des Pflichtverteidigers. Aber hin und wieder kommt dass doch noch eine Anfrage. Die letzte zur Pauschgebühr war dann diese:

„Sehr geehrter Herr Kollege Burhoff,

ich hoffe, dass ich mich mit einer Frage an Sie wenden darf.

Ich bin in einem umfangreichen Wirtschaftsstrafverfahren nach altem Recht bereits im Jahr 2011 als Pflichtverteidiger beigeordnet worden.

Die Hauptverhandlung begann im September 2013 und endete nach 64 Hauptverhandlungstagen im Januar 2015.

Frage: Ist Ihnen eine Rechtsprechung bekannt, nach welcher zumindest bei der Bemessung einer Pauschvergütung berücksichtigt werden muss, dass die gesamte Hauptverhandlung in einem Zeitraum nach der RVG-Reform stattfand (z.B. bei Bemessung der Terminsgebühr pauschal die Differenz altes/neues Recht zu erstatten wäre)?“

Vielleicht hat ja der ein oder andere Lust, am Wochenende  – trotz der angekündigten Hitze – ein wenig zu forschen.

Bei der Gelegenheit: Die Anfrage war zunächst über Facebook gekommen. Dazu meine Bitte: Bitte nicht. Das „Chatfenster“ ist da so klein, dass man kaum lesen kann, was man schreibt, und über meine normale Email-Adresse geht es in der Regel auch schneller. Daher leite ich alle Facebook-Anfragen mit der Bitte, Sie per Email noch einmal zu stellen, auf meinen Email-Account um.

An sich ganz einfach, oder: Welche Feststellungen bleiben denn nun bestehen?

© Blackosaka - Fotolia.com

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Bei der Auswertung der Rechtsprechung des BGH auf dessen Homepage fällt auf, dass die Frage, welche Feststellungen nach einer Teilaufhebung des BGH eigentlich bestehen geblieben sind, offenbar nicht einfach zu beantworten ist. Die stellt sich insbesondere, wenn der BGH nur den Schuldspruch aufgehoben und insoweit zurückverwiesen hat. Mit der Frage befasst sich nun wieder der BGH, Beschl. v. 09.04.2015 – 2 StR 19/15. Da musste der BGH zum zweiten Mal aufheben. Zuvor hatte das LG den Angeklagten den Angeklagten im Juli 2013 u.a. wegen Diebstahls in 35 Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Jahren verurteilt. Auf die Revision des Angeklagten hatte der BGH mit Beschluss vom 15.04.2014 u.a. drei Taten aus dem Schuldspruch ausgeschieden, den Schuldspruch in einem Fall berichtigt und den Schuldspruch insgesamt dahingehend klargestellt, Außerdem wurden sämtliche Einzelstrafaussprüche sowie der Gesamtstrafenausspruch aufgehoben.

Daraufhin verurteilte das LG den Angeklagten nunmehr unter Einbeziehung weiterer Strafen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von (nur noch) vier Jahren und sieben Monaten. Die dagegen gerichtete Revision des Angeklagten hatte beim BGH erneut Erfolgm und zwar in vollem Umfang. Zur Begründung hat der BGH im Beschl. v. 09.04.2015 auf die Stellungnahme des GBA Bezug genommen (wenn die ein „Hiwi“ gemacht hat, wird es den gefreut haben):

„1. Nach rechtskräftigem Schuldspruch ist nur noch über den Rechtsfolgenausspruch zu befinden. Er hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Er beruht auf Feststellungen zu den Vorstrafen des Angeklagten, die das Landgericht nicht in prozessordnungsgemäßer Weise getroffen hat.

Der Generalbundesanwalt hat dazu ausgeführt:

„Die Strafkammer hat dem Angeklagten bei der Bemessung sämtlicher Einzelstrafen und der Gesamtstrafenbildung straferschwe-rend angelastet, dass er ‚bereits in einer Vielzahl von Fällen (auch einschlägig) strafrechtlich in Erscheinung getreten‘ ist (vgl. Bl. 22, 25 UA). Zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten ein-schließlich seiner Vorstrafen hat sie indes im Wesentlichen keine eigenen Feststellungen getroffen, sondern die Feststellungen aus dem im ersten Durchgang ergangenen Urteil des Landgerichts vom 30. Juli 2013 wörtlich wiedergegeben, die sie insoweit als bindend (‚rechtskräftig‘) angesehen hat (vgl. Bl. 4 ff. UA). Ergänzend hat sie insofern lediglich festgestellt, dass der Angeklagte nach Verbüßung der Freiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 17. April 2008 ohne längerfristige Vorbereitung aus der Strafhaft entlassen wurde und unter einer altersbedingten Augenerkrankung sowie möglicherweise auch unter einer Krebserkrankung leidet (vgl. Bl. 9 UA).

Darin liegt ein sachlich-rechtlicher Fehler. Das Urteil des Landgerichts vom 30. Juli 2013 war durch den Beschluss des Senats vom 15. April 2014 – 2 StR 566/13 – in „sämtlichen Einzelstrafaussprüchen sowie im Gesamtstrafenausspruch mit den Feststellungen aufgehoben“ worden. Wird ein Urteil im Strafausspruch mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben, so bleiben lediglich die den Schuldspruch tragenden Feststellungen bestehen. Diese binden den neuen Tatrichter, auch wenn sie als doppelrelevante Tatsachen zugleich für den Strafausspruch Bedeutung haben. Durch die Entscheidung des Revisionsgerichts sind hingegen alle Feststellungen aufgehoben, die sich ausschließlich auf den Strafausspruch beziehen. Solche Feststellungen dürfen dem neuen Urteil nicht zugrunde gelegt werden; vielmehr muss der neue Tatrichter insoweit umfassend eigene Feststellungen treffen und diese in den Urteilsgründen mitteilen (vgl. BGHSt 24, 274, 275; BGH NStZ-RR 2000, 39; BGH, Beschluss vom 29. September 2010 – 3 StR 301/09 -, juris Rn. 3; BGH, NStZ-RR 2013, 22 f.).

Da die Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen und Vorstrafen des Angeklagten im Urteil des Landgerichts vom 30. Juni 2013 allein für den Strafausspruch Relevanz hatten, waren sie von der Aufhebung durch den Senat umfasst. Die Strafkammer durfte sich daher bei der Strafzumessung nicht auf sie stützen, sondern hätte insofern eigene Feststellungen treffen müssen. Dies hat sie unterlassen.“

An sich ganz einfach, oder?

5 Jahre 9 Monate U-Haft – das reicht – auch bei einem Mordvorwurf

© Elena Schweitzer - Fotolia.com

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Das Verfahren lange dauern, manchmal auch zu lange, das wissen wir alle. Und dass Verfahren beschleunigt zu führen sind, wissen wir, vor allem, wenn sich der Beschuldigte in U-Haft befindet, auch.Das scheint in einem Verfahren, das jetzt, zumindest was die Haftfrage angeht, beim OLG Köln mit dem OLG Köln, Beschl. v. 01.06.2015 – 2 Ws 299/15 – sein Ende gefunden hat, aus den Augen geraten sein.

Da befand sich der Beschuldigte in einem Verfahren mit dem Vorwurf des Mordes seit dem 05.08.2009 (!!!) in U-Haft. Es hat inzwischen zweimal eine erstinstanzliche Hauptverhandlung stattgefunden und zweimal war auch der BGH mit der Sache befasst. Derzeit liegt das Verfahren nach der zweiten Aufhebung durch den BGH beim LG Köln. Da passiert seit September 2014 zunächst nichts, Anfnag April 2015 wird dann tgerminiert auf 33 Verhandlungstagen zwischen dem 06.08.2015 und dem 26.11.2015. Nun hat es dem OLG Köln gereicht:  Die Fortdauer der Untersuchungshaft ist wegen einer Verletzung des Beschleunigungsgebotes inzwischen nicht mehr verhältnismäßig.

„Der Beschwerdeführer befindet sich – unter Berücksichtigung der zwischenzeitlich vollstreckten Ersatzfreiheitsstrafe – rund 5 Jahre und 9 Monate in Untersuchungshaft. Eine rechtskräftige Verurteilung ist trotz zweier erstinstanzlicher Entscheidungen des Landgerichts Bonn, die im Revisionsverfahren durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs jeweils aufgehoben worden sind, bislang nicht erfolgt. Diese außergewöhnlich lange Dauer der Inhaftierung rechtfertigt für sich gesehen zwar nicht die generelle Annahme, dass eine weitere Vollstreckung der Untersuchungshaft unverhältnismäßig wäre, zumal es sich vorliegend um einen besonders aufwändigen und schwierigen Indizienprozess handelt. Andererseits war jedoch auch zu berücksichtigen, dass sich das Verfahren lediglich gegen zwei Angeklagte richtet und der Aktenumfang dem eines üblichen Schwurgerichtsverfahrens in etwa entspricht.

Die Prüfung des Verfahrensverlaufs ergibt, dass das Verfahren bis zum Erlass des Urteils des Landgerichts B. vom 10.07.2012 mit der gebotenen Beschleunigung gefördert worden ist. …

Hingegen war vorliegend auch festzustellen, dass das nach dem Urteil der 1. großen Strafkammer des Landgerichts B. vom 10.07.2012 folgende weitere Verfahren den Vorgaben des Beschleunigungsgebotes in Haftsachen nicht mehr vollständig gerecht geworden ist. Dies ergibt sich bereits daraus, dass seit Absetzung des vorgenannten Urteils ein Zeitraum von mehr als zwei Jahren und sieben Monaten vergangen ist, ohne dass ein rechtskräftiger Abschluss des Verfahrens vorliegt bzw. – derzeit – noch nicht einmal mit einer erneuten Hauptverhandlung begonnen ist.

Maßgebend für diesen Zeitraum ist zum einen die aus Sicht des Senats ungewöhnlich lange zeitliche Dauer des „zweiten“ Revisionsverfahrens. Die Verteidigung hat zutreffend darauf hingewiesen, das vom Eingang der Akten beim Bundesgerichtshof am 19.03.2013 bis zum Erlass des Urteils des Bundesgerichtshofs vom 05.06.2014 ein Zeitraum von 14 1/2 Monaten vergangen ist. Ergänzend bemerkt der Senat, dass bis zum Eingang der Verfahrensakten beim Landgericht K. im September 2014 eine Zeitspanne von weiteren drei Monate verstrichen ist.

Weiter war insoweit festzustellen, dass das Verfahren nach Eingang der Akten beim Landgericht K., offensichtlich bedingt durch die Belastung der zuständigen Strafkammer mit weiteren Haftsachen, was im Frühjahr diesen Jahres auch zu einer vom Präsidium vorgenommenen Ableitung von (anderen) Verfahren geführt hat, nicht mit der vorliegend gebotenen besonderen Beschleunigung gefördert worden ist. Entgegen einem von der zuständigen Strafkammer im angefochtenen Beschluss zunächst für möglich erachteten Prozessbeginn ab Anfang Januar 2015 hat die Vorsitzende der Strafkammer erst am 01.04.2015 Hauptverhandlungstermine – beginnend ab dem 06.08.2015 – bestimmt. Zwischen dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 05.06.2014 und der erneuten Hauptverhandlung liegt somit ein Zeitraum von 14 Monaten. …. Soweit die Strafkammer in der Nichtabhilfeentscheidung vom 29.04.2015 ausführt, dass ein frühzeitiger Beginn der Hauptverhandlung, insbesondere der zunächst in Aussicht genommene Beginn im Januar 2015, aufgrund vorrangig zu bearbeiten Haftsachen nicht zu realisieren war, hegt der Senat Zweifel, ob dies den vorliegend erhöhten Anforderungen des Beschleunigungsgrundsatzes ausreichend Rechnung trägt. Im Strafverfahren gilt nicht nur der Grundsatz, der vorrangigen Bearbeitung von Haftsachen gegenüber Nichthaftsachen, sondern auch von besonderen Haftsachen gegenüber anderen Haftsachen (vgl.: BVerfG B., v. 05.12.2005, a.a.O. Rn 82; OLG Düsseldorf Beschluss vom 25.03.1996 – 2 Ws 86/96 -). Der Senat, dem die Belastung der zuständigen Strafkammer mit Haftsachen aus der Befassung mit Entscheidungen nach §§ 121 f StPO vor Augen steht, ist nicht bekannt, dass neben der vorliegenden Haftsache, die im Hinblick auf die außergewöhnlich lange Dauer der Untersuchungshaft als „besondere Haftsache“ anzusehen ist, bei der zuständigen Schwurgerichtskammer weitere besondere Haftsachen anhängig sind. Soweit dies nicht der Fall gewesen sein sollte, was der Senat hier nicht abschließend aufklären musste, wäre dieses Verfahren vor anderen Haftsachen vorrangig zu bearbeiten und zeitnah zu terminieren gewesen. Trotz der unbestrittenen Schwierigkeit und Komplexität des Verfahrens erscheint es daher zweifelhaft, ob die erst ca. sechs Monate nach Eingang der Verfahrensakten vorgenommene und mit einem zeitlichen Vorlauf von rund vier Monaten erfolgte Terminierung den Vorgaben des Beschleunigungsgrundsatzes noch gerecht wird. Im Hinblick auf die besonders lange Dauer der Untersuchungshaft wäre das Landgericht gehalten gewesen, alles in seiner Macht stehende zu tun, um eine gerichtliche Entscheidung über die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat so zeitnah wie irgend möglich herbeizuführen (BVerfGE 36, 264 (273)).
Der Senat konnte offen lassen, ob die aufgezeigten Gesichtspunkte, jeweils einzeln betrachtet, vor dem Hintergrund des erheblichen Tatvorwurfs sowie der Schwierigkeit des Verfahrens bereits zur Annahme einer Unverhältnismäßigkeit der Haftfortdauer ausgereicht hätten. Im Rahmen der vorgenommenen Gesamtwürdigung war jedoch festzustellen, dass die Förderung des Verfahrens seit der letzten Entscheidung durch das Landgericht B. im Juli 2012 nicht mehr den – an der ungewöhnlich langen Dauer der Untersuchungshaft zu messenden – erhöhten und zunehmend steigenden Anforderungen des Beschleunigungsgrundsatzes (vgl.: BVerfGE 19, 342 (347); 36, 264 (270)) entsprochen hat. Seit fast 2 Jahren und 10 Monaten hat eine Verfahrensförderung durch eine erneute Hauptverhandlung nicht mehr stattgefunden. Seit der (ersten) erstinstanzlichen Verurteilung durch das Landgericht B. vom 11.06.2010 sind sogar nahezu fünf Jahre vergangen, ohne dass das Verfahren rechtskräftig abgeschlossen werden konnte. ….“

Ohne Kommentar: Außer: Einen kleinen Seitenhieb auf den BGH konnte sich das OLG dann doch wohl nicht verkneifen.