Archiv für den Monat: März 2015

Klassischer Fehler XXV: Warum braucht man drei Anläufe für die Strafzumessung?

© J.J.Brown - Fotolia.com

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Strafzumessung ist schwer, aber: Ist sie so schwer, dass es nun gar nicht klappt bzw. wie viele Anläufe braucht man eigentlich als Strafkammer, um eine rechtsfehlerfreie Strafzumessung auf die Reihe zu bekommen?. Nun, beim LG Marburg reichen offenbar zwei nicht. Das zeigt sehr deutlich ein Verfahren, in dem der BGH schon mit BGH, Beschl. v. 29.04.2014 – 2 StR 616/13 – ein erstes landgerichtliches Urteil im Rechtsfolgenausspruch aufgehoben und dem LG ins Stammbuch geschrieben hatte, was man im Rahmen der Strafzumessung besser nicht ausführt. Das war aber wohl nicht deutlich genug, denn der BGH hat das darauf ergangene zweite LG.Urteil jetzt erneut kassieren müssen (vgl. BGH, Beschl. v. 05.02.2015 – 2 StR 496/14). Und – man mag es kaum glauben – u.a. wegen Strafzumessungsfehlern,. die er bereits in der ersten Entscheidung beanstandet hatte, denn:

Der Strafausspruch hält erneut rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer haben durchweg moralisierenden Charakter, begründen damit die Gefahr einer gefühlsmäßigen, auf unklaren Überlegungen beruhenden Strafzumessung und lassen zudem erneut besorgen, dass das Landgericht das bloße Fehlen strafmildernder Umstände strafschärfend berücksichtigt hat….

Im Einzelnen beanstandet der BGH Formulierungen, wie

„eine „nach wie vor anhaltende Verharmlosung des Konsums von Cannabis“ vor, wobei dies „um so befremdlicher erscheine, als er mit den Endverbrauchern … und deren möglichen Nöten mit schwierigen psychischen Zuständen keine Berührung gehabt, sondern als bloßer Zwischenhändler agiert habe, sich aber zur Legitimation seines Handelns gerade auf die heilsamen Wirkungen des Cannabis berufen habe“. Diese Formulierungen lassen nicht nur besorgen, die Strafkammer werfe ihm damit die bloße Begehung der von ihm eingeräumten Veräußerung von Cannabis vor…..“

oder:

„Der Angeklagte hat die Taten aus dem einzigen Grund begangen, um sich zu bereichern; das ist zwar Teil des Merkmals des Handeltreibens, hat aber auch nicht die denkbare mildernde Bedeutung, wie es der Fall wäre, wenn der Angeklagte ohne Motivation gehandelt hätte, Geld zu erlangen, etwa wenn er ohne Gewinnerzielungsabsicht nur für seinen Verbrauch – zumal wenn er sich als süchtig erlebt hätte – und den von wenigen Bekannten oder Freunden, oder gar nur mit dem Motiv, anderer Leute Schmerzen oder Unwohlgefühlen abzuhelfen, gehandelt hätte.“

Diese Erwägungen lassen – ähnlich wie schon in der ersten vom Senat aufgehobenen Entscheidung – wiederum besorgen, dass die Strafkammer zu Lasten des Angeklagten das bloße Fehlen der genannten strafmildernden Umstände berücksichtigt hat. Soweit das Landgericht darüber hinaus anführt, die Bereicherungsabsicht des Angeklagten habe nicht die „denkbare mildernde Be-deutung“ wie bei einem Handeln ohne Gewinnerzielungsabsicht, handelt es sich um kaum nachvollziehbare und letztlich unzulässige Erwägungen zu Ungunsten des Angeklagten. Die Gewinnerzielungsabsicht ist Teil des Handeltreibens, eine mildernde Bedeutung kann ihr insoweit nicht zukommen. Ein Handeln ohne Gewinnerzielungsabsicht lässt den Tatbestand entfallen; wird dem Täter angelastet, es hätte sich (stärker) zu seinen Gunsten ausgewirkt, wenn er ohne die Absicht der Gewinnerzielung gehandelt hätte, liegt darin die zweifelhafte Erwägung, es sei „nicht mildernd“, dass der Tatbestand erfüllt sei.“

M.E. im Grunde ganz einfache Fragen der Strafzumessung. Nun, vielleicht klappt es ja beim dritten Mal…. Es ist dem Angeklagten zu gönnen.

 

Fleißig sind offenbar die Amtsrichter in Baden-Württemberg – oder: Soll man lachen oder weinen?

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In die Kategorie: „Soll man lachen., soll man weinen?“ gehört für mich der eine gebührenrechtliche Frage behandelnde LG Ravensburg, Beschl. v. 05.03.2015 – 2 Qs 27/15 Jug. Es ging in dem Beschwerdeverfahren noch um die Bemessung einer Terminsgebühr für die Teilnahme an einer Hauptverhandlung beim Strafrichter, die 50 Minuten gedauert hatte. Der Verteidiger hatte die Mittelgebühr geltend gemacht, das AG hatte 100 € festgesetzt, das LG meint, 150 € seien angemessen. Begründung:

„Der Kammer erscheint es angemessen, zwar wegen der Dauer der Hauptverhandlung, die in etwa die Hälfte der durchschnittlichen Dauer einer Hauptverhandlung beim Amtsgericht betrug, die Gebühr von 100 € zu erhöhen, jedoch nicht um mehr als 50 €, so dass eine Gebühr in Höhe von 150 € festzusetzen ist.

Es ist hauptsächlich auf den Umfang, also die Zeitdauer der Hauptverhandlung ab-zustellen (AG Koblenz, JurBüro 2005, 33). Die Dauer der Hauptverhandlung bemisst sich ab dem Zeitpunkt der Ladung bis zum Ende.

Der Ansatz der Mittelgebühr von 275,00 € ist im vorliegenden Fall nicht sachangemessen. In einem amtsgerichtlichen Verfahren vor dem Strafrichter ist als durchschnittliche Dauer einer Hauptverhandlung ein bis zwei Stunden anzusehen. Die Hauptverhandlung dauerte hier lediglich 50 Minuten, weshalb die Festsetzung der Mittelgebühr nicht nur überhöht sondern auch unbillig wäre. Zudem wurden weder ein Zeuge gehört noch plädiert. Die Schwierigkeit des Sachverhalts wurde mit der Grundgebühr mitberücksichtigt, bei der die Mittelgebühr festgesetzt wurde.

Dazu meine ersten Gedanken:

  1. Alle Achtung: Die Beschwerdekammer eines LG zitiert als einzige Belegstelle eine amtsgerichtliche Entscheidung, obwohl die Fachzeitschriften voll sind von auch obergerichtlichen Entscheidungen, die zur Bemessung von (Termins)Gebühren Stellung nehmen (vgl. die zahlreichen Nachweise bei Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn. 68 ff.; aus der Rechtsprechung nur grundlegend KG RVGreport 207, 180). Das alleinige Zitat einer amtsgerichtlichen Entscheidung lässt für mich den Eindruck entstehen, dass man einfach keine große Lust hatte, sich mit den anstehenden Fragen zu befassen. Zumindest ist das bei mir so.
  2. Wenn man den Maßstab sieht, den das LG anlegt – „in einem amtsgerichtlichen Verfahren vor dem Strafrichter ist als durchschnittliche Dauer einer Hauptverhandlung ein bis zwei Stunden anzusehen“ – kann man daraus nur folgern: In Baden-Württemberg sind die Amtsrichter entweder besonders fleißig oder sie verhandeln besonders langsam. Denn von einem Durchschnitt von „ein bis zwei Stunden“ auszugehen ist m.E. angesichts der i.d.R. doch sehr kurzen Hauptverhandlungsdauer beim Strafrichter übersetzt. M.E. wird der Durchschnitt erheblich unter dieser Grenze liegen und maximal eine Stunde betragen (s. auch Burhoff/Burhoff, RVG, Vorbem. 4 VV Rn. 73). Selbst das erscheint mir schon (zu) hoch.
  3. Falsch ist es, wenn das LG meint, die vom Verteidiger geltend gemachte Schwierigkeit der Sache bei der Bemessung der Terminsgebühr deshalb nicht mehr berücksichtigen zu können – oder sogar „dürfen“? – weil die bereits „mit der Grundgebühr mitberücksichtigt, bei der die Mittelgebühr festgesetzt worden ist.“ Falls das LG meint, dass dadurch das Bemessungskriterium „Schwierigkeit der Sache“ verbraucht und daher bei der Bemessung der Terminsgebühr nicht mehr herangezogen werden könne – so liest es sich für mich –, beruht das auf einem schlicht falschen Verständnis des § 14 Abs. 1 RVG. Denn die dort angeführten Bemessungskriterien sind bei der Bemessung der Wahlanwaltsgebühren nicht nur einmal heranzuziehen, wie hier offenbar bei der Grundgebühr, und danach dann für andere Gebühren „verbraucht“. Vielmehr sind alle Gebühren unter jeweiliger Berücksichtigung der in § 14 Abs. 1 RVG angeführten Kriterien zu bemessen. Es spielt also die Schwierigkeit der Sache nicht nur ggf. bei der Bemessung der Grundgebühr Nr. 4100 VV RVG, sondern auch bei den Verfahrensgebühren und etwaigen Terminsgebühren eine Rolle. Das sollte eine Beschwerdekammer eines LG wissen.

Zurück zur Ausgangefrage: Ich habe mich für das Weinen entschieden…

Die Belastung des Amtsrichters – ist sie groß genug?

© Avanti/Ralf Poller - Fotolia.com

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Was für eine Frage: Die Belastung des Amtsrichters – ist sie groß genug? Natürlich werden die mitlesenden Amtsrichter – und wahrscheinlich nicht nur die – sagen. Aber: Die Frage stellt sich nicht in dem allgemeinen Zusammenhang nach der allgemeinen dienstlichen Belastung  der (Amts)Richter, sondern konkret in einem amtsgerichtlichen Verfahren, in dem der Amtsrichter Beweisanträge des Betroffenen  „nach „§ 77 Abs. 2 Nr. 2 OWiG“ zurückgewiesen [hat], da „die Beweiserhebung zur Erforschung der Wahrheit nach seinem pflichtgemessen Ermessen nicht erforderlich“ sei. Die Anträge seien „ohne verständigen Grund so spät vorgebracht“ worden, „dass die Beweiserhebung zur Aussetzung der Hauptverhandlung führen würde“. Dazu führte das Amtsgericht im angefochtenen Urteil u.a. aus, dass es seinerzeit schon für Ende Januar terminiert habe, bei zwei bis drei Sitzungstagen pro Woche. Aufgrund dieser Belastung sei eine Durchführung eines Fortsetzungstermins innerhalb der Frist der §§ 71 Abs. 1 OWiG, 229 Abs. 1 StPO nicht möglich.“

Dem OLG Hamm, das auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen mit der Frage befasst war, passt das so nicht.Es verweist im OLG Hamm, Beschl. v. 03.02.2015 – 1 RBs 18/15 – darauf, dass der Ansatz des Amtsrichters, dass die beantragte Beweiserhebung zu einer Aussetzung der Hauptverhandlung nach § 228 StPO mit der Folge, dass die Hauptverhandlung neu durchgeführt werden muss, führen würde, im Urteil nicht ausreichend dargetan sei. Die allgemeine Angabe, das Amtsgericht terminiere Straf- und Bußgeldsachen an zwei bzw. drei Hauptverhandlungstagen je Woche und man terminiere derzeit bereits im Januar des Folgejahres, sage darüber nichts aus. So ist weder dargetan, wie umfangreich die jeweiligen Verhandlungstage sind, noch, dass – ohne Vernachlässigung oder Zurückstellung anderer Verfahren – die begehrte Beweisaufnahme, welche einen überschaubaren Umfang hat, nicht gleichwohl noch zusätzlich hätte angesetzt werden können.

Und dann kommt das – was m.E. – die Amtsrichter nicht gerne lesen werden:

Für die Frage, ob die Beweiserhebung zur Aussetzung der Hauptverhandlung führt, ist maßgeblich, ob ein seine Aufgaben pflichtbewusst erfüllender Richter – auch unter Berücksichtigung der üblichen Schwankungen in der wöchentlichen Arbeitsbelastung, d.h. auch bei angemessener Mehrarbeit gegenüber seiner üblichen wöchentlichen Arbeitsbelastung – den Fortsetzungstermin zur Durchführung der Beweisaufnahme nicht mehr hätte ansetzen können. Dies ist dann der Fall, wenn er – auch bei angemessener Mehrarbeit – den Fortsetzungstermin voraussichtlich nicht ohne Aufhebung anderer Termine oder Vernachlässigung anderer Pflichten (wie etwa sorgfältige Vorbereitung anderer Hauptverhandlungen, Wahrung der Urteilsabsetzungsfristen, Wahrung des besonderen Beschleunigungsgebots in Haftsachen etc.) nicht durchführen kann. Der Senat hält es hingegen nicht für erforderlich, dass die Beweiserhebung zwingend zur Aussetzung der Hauptverhandlung führt, etwa weil bereits feststeht, dass das Beweismittel nicht fristgerecht herbeigeschafft werden kann.

….

Den Fall, dass ein seine Aufgaben pflichtbewusst erfüllender Richter – auch unter Berücksichtigung der üblichen Schwankungen in der wöchentlichen Arbeitsbelastung, d.h. auch bei angemessener Mehrarbeit gegenüber seiner üblichen wöchentlichen Arbeitsbelastung – den Fortsetzungstermin zur Durchführung der Beweisaufnahme nicht mehr hätte ansetzen können, sieht der Senat z.B. dann als gegeben an, wenn der Richter mit der Durchführung von Hauptverhandlungen, deren Vor- und Nachbereitung sowie mit seinen sonstigen richterlichen Aufgaben so belastet ist, dass ein Fortsetzungstermin zur Durchführung der beantragten Beweisaufnahme in dem Unterbrechungszeitraum oder eine deshalb zu verschiebende anderweitige Tätigkeit zwangsläufig erst ab den frühen Abendstunden, zu früher Morgenzeit oder am Wochenende durchgeführt werden könnte.

Solches ist im vorliegenden Fall nicht erkennbar. Das Amtsgericht hat für den konkreten Fortsetzungszeitraum i.S.v. § 229 StPO weder die konkrete Zahl von Sitzungstagen, noch die Zahl der zu verhandelnden Sachen, noch die hierfür angesetzte Verhandlungsdauer mitgeteilt. Dies hätte womöglich schon ausgereicht, dem Senat, der einschätzen kann, wie viel Vorbereitungs – und Nachbereitungszeit erforderlich ist, einen Eindruck davon zu vermitteln, dass die Auslastung des Tatrichters eine weitere Beweisaufnahme in einem Fortsetzungstermin innerhalb der Unterbrechungsfrist nicht zugelassen hätte.“

Also: So ganz einfach ist das mit der Ablehnung von Beweisanträgen wegen Verspätung nicht (mehr).

Lösung zu: Ich habe da mal eine Frage: Was ist mit den Gebühren nach Abtrennung des Verfahrens?

© haru_natsu_kobo Fotolia.com

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Nun, die Gebührenfrage vom vergangenen Freitag: Ich habe da mal eine Frage: Was ist mit den Gebühren nach Abtrennung des Verfahrens?, löst sich ganz einfach bzw. der Kollege hatte die Lösung gleich mitgeliefert, nämlich den LG Dortmund, Beschl. v. 13.03.2015 – 39 Qs 122/14, der – genau wie der Kollege – auf unseren RVG-Kommentar Bezug genommen hat. Allerdings leider nur auf die 3. Auflage, aber in der aktuellen 4. Auflage steht an der Stelle, die der Beschluss zitiert, dasselbe wie in der 3. Auflage. Das LG hat mit seiner Entscheidung als Recht, wenn es dort heißt:

„Die Kammer verkennt nicht, dass grundsätzlich bei Trennung eines einheitlichen Strafverfahrens in unterschiedliche Strafverfahren anschließend für jedes einzelne Verfahren gesonderte Gebühren entstehen können. Voraussetzung dafür ist jedoch immer, dass es sich nicht mehr um dieselbe Angelegenheit im Sinne des § 15 Abs.2 Satz RVG handelt, was hier gerade nicht der Fall ist.

Auch das vor der Abtrennung gegen den Mandanten des Beschwerdeführers sowie dessen Mitangeklagten geführte Verfahren hatte bezüglich des Mandanten des Beschwerdeführers bereits lediglich den Vorwurf der gefährlichen Körperverletzung aus der Anklageschrift 102 Js 491/13 zum Gegenstand, identisch mit dem verbleibenden Tatvorwurf nach der Abtrennung des gegen den Mitangeklagten geführten Verfahrens. Diese Prozesssituation unterscheidet sich gerade von dem in der Rechtsprechung teilweise anders entschiedenen Fall, dass gegen denselben Angeklagten bzw. Beschuldigten mehrere Tatvorwürfe zu behandeln sind, die unterschiedliche Anforderungen an die anwaltliche Tätigkeit nach Trennung der Verfahren stellen.

Vor diesem Hintergrund, dass nach der in der Hauptverhandlung erfolgten Trennung der Verfahren gegen den Mitangeklagten einerseits und den Mandanten des Beschwerdeführers andererseits unmittelbar anschließend noch im Termin das Verfahren gegen den Mandanten des Beschwerdeführers in Bezug auf den einzigen, vor und nach der Trennung der Verfahren gegen ihn bestehenden Tatvorwurfs gemäß § 154 Abs.2 StPO eingestellt worden ist, bleibt für weitere Gebührentatbestände kein Raum können (vgl. Burhoff RVG Straf- und Bußgeldsachen 3. Aufl. 2012 Rz 1311ff, insbesondere Beispiel 1, Rz 1314 mwN). Dies gilt im Hinblick auf § 15 Abs.2 Satz 1 RVG für die Verfahrens- und Terminsgebühr gemäß Nr. 4106 und 4108 VV RVG, zumal diese für dieselbe Angelegenheit bereits in einem weiteren Gebührenantrag vom 09.12.2013 angemeldet worden und abgegolten sind.“

Die „Haftung“ des Fahrlehrers – Fahrzeugführer nein, Verkehrsteilnehmer ja.

© ferkelraggae - Fotolia.com

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Ich habe den Eindruck, dass im Moment „Fahrlehrer-Entscheidungen“ en vogue sind. Wir hatten gerade erst die Veröffentlichung der Fahrlehrer-Entscheidung des BGH (vgl. dazu Der Fahrlehrer und sein Mobiltelefon: Yes, he can.), da gibt es schon die nächste Entscheidung, die sich mit der Frage: Ist der Fahrlehrer Fahrzeugführer auseinandersetzt? Dieses Mal allerdings nicht in Zusammenhang mit dem Mobiltelefon, sondern mit einer allgemeinen Problematik, und zwar:

Der Betroffene, ein Fahrlehrer, war vom AG wegen Nichtbeachtung des Rechtsfahrgebots mit Unfallverursachung zu einer Geldbuße verurteilt worden. Der Betroffene befand sich während der Fahrt auf dem Beifahrersitz, gelenkt wurde das Kfz von einer Fahrschülerin. Die fuhr teilweise (zu) weit in der Mitte der schmalen Fahrbahn. Deshalb kam es auf der dem Betroffenen bekannten Strecke zu einem Unfall mit einem entgegenkommenden Fahrzeug. Der Fahrlehrer hat Rechtsbeschwerde eingelegt. Das OLG Stuttgart hat diese zugelassen und das Verfahren gem. § 47 OWiG auf den Vorwurf des ordnungswidrigen Verhaltens nach § 1 Abs. 2 StVO beschränkt, die Rechtsbeschwerde im Übrigen aber verworfen.

Der OLG Stuttgart, Beschl.. v. 02.02.2015 – 4 Ss 721/13 – sagt unter Hinweis auf den „Fahrlehrer-Beschluss“ des BGH: Der Fahrlehrer ist nicht Fahrzeugführer, aber er ist Verkehrsteilnehmer. Dazu folgende Leitsätze:

  1. Ein Fahrlehrer, der als Beifahrer während einer Ausbildungsfahrt einen Fahrschüler begleitet, ist, wenn nicht weitere Umstände hinzutreten, nicht Führer des Kraftfahrzeugs i. S. von § 49 Abs. 1 Nr. 2 StVO, § 2 Abs. 2 StVO.
  2. Ein Fahrlehrer, der einen Fahrschüler auf einer Ausbildungsfahrt begleitet, ist Verkehrsteilnehmer i. S. von § 1 Abs. 2 StVO und kann somit eine Straßenverkehrsordnungswidrigkeit nach § 49 Abs.1 Nr.1, § 1 Abs. 2 StVO begehen, wenn er seine Verpflichtung, eine Schädigung eines anderen Verkehrsteilnehmers zu verhindern, schuldhaft verletzt.

Ergebnis: Keine „Haftung“ wegen des Verstoßes gegen das Rechtsfahrgebot, aber ggf. „Haftung“ nach § 1 Abs. 2 StVO.