Archiv für den Monat: März 2015

Ein (weiterer) Schluck aus der Pulle

© fotomek - Fotolia.com

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Vielleicht erinnert sich der ein oder andere noch an das Posting 5,2 Mio Gegenstandswert im Strafverfahren – das ist doch mal “ein Schluck aus der Pulle” aus Juni 2014 zum BGH, Beschl. v. 30.04.2014 – 1 StR 245/09. Da hatte der BGH im Hinblick auf die Gebühr Nr. 4142 VV RVG (wird häufig übersehen) den Gegenstandswert auf 5,2 Mio € festgesetzt. Da hat er dann jetzt getoppt – also ein weiterer Schluck aus der Pulle. Im BGH, Beschl. v. 24.02.2015 – 1 StR 245/09 – hat er nämlich in demselben Verfahren den Gegenstandswert – jetzt für einen der Verteidiger – nun auf 30.000.000 € festgesetzt:

„3. Der Senat setzt den Wert des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit des Antragstellers zur Verteidigung des Angeklagten F. gegen Maßnahmen des Verfalls antragsgemäß auf 30.000.000,00 Euro fest.

Gemäß § 32 Abs. 2 RVG kann der Rechtsanwalt aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts des Gegenstands der anwaltlichen Tätigkeit beantragen. Ein Gegenstandswert war hier festzusetzen, weil die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision die Anordnung des Verfalls von Wertersatz gegen den Angeklagten F. erstrebte und sich die Verteidigung durch den Antragsteller hierauf erstreckte. Nr. 4142 Vergütungsverzeichnis (VV) sieht eine besondere Verfahrensgebühr als Wertgebühr vor, wenn der Rechtsanwalt bei Einziehung und verwandten Maßnahmen (§ 442 StPO) eine darauf bezogene Tätigkeit für den Beschuldigten ausübt. Diese Gebühr steht dem Rechtsanwalt für jeden Rechtszug zu (vgl. Kroiß in Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 6. Aufl., 2013, Rn. 16 zu Nrn. 4141 – 4147 VV).

Der vom Senat nach § 33 Abs. 1, § 2 Abs. 1 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die Tätigkeit des Verteidigers im Revisionsverfahren bemisst sich insoweit – nicht anders als für den Vertreter eines Verfallsbeteiligten (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. April 2014 – 1 StR 245/09 und 1 StR 53/13 sowie vom 7. Oktober 2014 – 1 StR 166/07) – nach dem wirtschaftlichen Interesse an der Abwehr der Revision der Staatsanwaltschaft, soweit diese das Unterlassen einer Verfallsanordnung beanstandet hat. Dem steht nicht entgegen, dass dem Verteidiger auch für die Verteidigung gegen den Tatvorwurf Gebühren zu-stehen.

Die Staatsanwaltschaft beanstandete im Revisionsverfahren, das Landgericht habe zu Unrecht davon abgesehen, hinsichtlich des Angeklagten F. den Verfall von Wertersatz anzuordnen. Wie der Antragsteller zutreffend dargelegt hat, verfolgte die Staatsanwaltschaft mit ihrer Revision weiterhin das Ziel einer Anordnung des Verfalls von Wertersatz in Höhe von 30.000.000,00 Euro gegen den Angeklagten F. . Diese Summe beschreibt daher auch das wirtschaftliche Interesse des Angeklagten an der Abwehr der Revision der Staatsanwaltschaft (vgl. auch Kotz in BeckOK-RVG, RVG 4142 Rn. 15). Der Gegenstandswert für seine Verteidigung insoweit beträgt demgemäß 30.000.000,00 Euro.

Anhaltspunkte für eine fehlende Durchsetzbarkeit der von der Staatsanwaltschaft erstrebten Verfallsanordnung bestehen hier – insbesondere im Hin-blick auf die Höhe der erwirkten und vollstreckten Arreste – nicht. Der Senat braucht daher nicht zu entscheiden, ob dieser Umstand überhaupt zu einer Minderung des Gegenstandswerts führen könnte (ebenfalls offengelassen in BGH, Beschlüsse vom 30. April 2014 – 1 StR 245/09 und 1 StR 53/13 sowie vom 7. Oktober 2014 – 1 StR 166/07; vgl. aber auch BGH, Beschluss vom 24. März 2009 – 5 StR 225/06).“

Na, das ist dann doch mal „ein Schluck aus der Pulle“, passend zum Wochenende allerdings: Bitte nicht zu früh freuen: Für den Pflichtverteidiger gilt ggf. die Beschränkung aus § 49 RVG.

Ich überprüfe mal ein Sprichwort: Sich regen, bringt Segen.

© B. Wylezich - Fotolia.com

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Die Kollegin Rueber hat in ihrem Blog: Strafverfahren – in Koblenz und anderswo die Rubrik/lockere Reihe: „Wir überprüfen Sprichwörter…“. Die will ich jetzt nicht abkupfern, aber – die Kollegin wird es mir anchsehen: Das Sprichwort: Sich regen, bringt Segen“, passt m.E. ganz gut zum AG Tiergarten, Urt. v. 20.02.2015 – (295 Cs) 3012 Js 7602/14 (148/14), das mit der Kollege, der es „erstritten“ hat, übersandt hat (dafür herzlichen Dank). Im Verfahren ging es (mal wieder) um eine Trunkenheitsfahrt/fahrlässige Straßenverkehrsgefährdung mit 1,53 Promille (immerhin). Die damit zusammenhängenden Fragen waren auch „unstreitig“, beim AG ist es nur noch um die Rechtsfolgen gegangen. Und da hat der Angeklagte „Glück gehabt“ Denn er hatte – wahrscheinlich auf guten anwaltlichen Rat seines Verteidigers – die Zeit bis zu Hauptverhandlung genutzt und erfolgreich an einer mehrmonatige Verkehrstherapie teilgenommen. Ergebnis: Keine Entziehung der Fahrerlaubnis, sondern nur ein Fahrverbot nach § 44 StGB. Begründung:

„Die in der Hauptverhandlung entscheidende Frage war, ob der Angeklagte zum Unfallzeitpunkt immer noch als charakterlich ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen war oder nicht. Im Ergebnis des Hauptverhandlungstermins stand zur Überzeugung des Gerichts fest, dass eine charakterliche Ungeeignetheit des Angeklagten nicht mehr feststellbar war. Dieser hat die Zeit bis zur Hauptverhandlung genutzt, um eine mehrmonatige Verkehrstherapie mit 12 Einzelgesprächen von je 60 Minuten sowie sechs Alkoholseminaren zu je 90 Minuten Dauer bei dem Verkehrspsychologen und Suchtberater pp. durchzuführen. Dieser ist in der Hauptverhandlung als sachverständiger Zeuge vernommen worden. Das Gericht vermochte sich insofern von der Ernsthaftigkeit und vom Gewicht der durchgeführten Therapie für den Angeklagten selbst ein Bild zu verschaffen. Der sachverständige Zeuge ppp. hat glaubhaft ausgeführt, dass der Angeklagte nunmehr seit Juni 2014 abstinent sei. Seine Fähigkeit zur Selbstreflektion sei selten und ungewöhnlich. Zeichen für einen bestehenden Alkoholismus bestehen nicht.

Nach dem in Hauptverhandlung von dem Angeklagten selbst gewonnenen Eindruck und angesichts der Ausführungen des sachverständigen Zeugen ppp. sowie in Anbetracht der nicht unerheblich langen Dauer der vorläufigen Einbehaltung des Führerscheins des Angeklagten vermochte das Gericht jedenfalls zum Urteilszeitpunkt keine charakterliche Ungeeignetheit des selben mehr festzustellen. Zur nachträglichen Ahndung erschien vielmehr die Verhängung eines 3monatigen Fahrverbotes gemäß § 44 StGB als ausreichend. Dieses war zum Urteilszeitpunkt bereits gemäß § 51 Abs. 1 und Abs. 5 StGB vollstreckt, sodass der Führerschein dem Angeklagten zurückgereicht werden konnte.“

Die „Fleppe“ ist also am Ende der Hauptverhandlung „zurückgereicht“ worden. Schöner Erfolg. „Sich regen, bringt eben Segen“ 🙂 🙂 .

Wanted/Gesucht für einen Film: Verteidiger mit/als „Selbststeller“

Filmkamera„Wanted/Gesucht für einen Film: Verteidiger mit/ „Selbststeller“?- ja, besser kann ich es nicht überschreiben, um was es in diesem Posting geht: Gestern hatte ich nämlich den Anruf einer Regisseurin der Hochschule für Film und Fernsehen München, die mich fragte, ob ich bereit sei, bei ihrem Abschlussprojekt für den Studiumabschluss mitzumachen. Dabei geht es um einen Dokumentarfilm über sog. „Selbststeller“. Hätte mich ja gereizt, auch dieses Medium kennen zu lernen, aber leider konnte/kann ich nicht mit einem Mandanten dienen, der „Selbststeller“ ist. Daher musste ich leider absagen.

Da ich das Projekt aber ganz interessant finde, habe ich der Anfragenden zugesagt, hier im Blog einen Aufruf nach einem oder mehreren Verteidiger(n) mit einem „Selbststeller“ zu starten und ggf. den Kontakt herzustellen. Das Projekt hat sie mir dann wie folgt beschrieben:

Sehr geehrte Damen und Herren,
ich möchte Sie um Unterstützung für meinen Dokumentarfilm über Selbststeller bitten!

Das Projekt:

Ich möchte mit der Kamera mehrere ‚Selbststeller‘ begleiten. Damit meine ich zu einer Haftstrafe verurteilte Menschen, die sich vor Haftantritt noch in Freiheit befinden. Der Film soll mit ihrer Ladung zum Haftantritt beginnen und die (knappe) verbleibende Zeit bis zur Inhaftierung mitverfolgen. Was stellt man in diesen letzten Tagen mit seiner Freiheit an? Wen trifft man, was gibt es noch zu regeln (sowohl privat/familiär als auch organisatorisch/rechtlich)? Wovon nimmt man Abschied?

Es handelt sich um ein Projekt im Rahmen meines Abschlusses an der Filmhochschule München, an der ich Dokumentarfilm-Regie studiert habe. Produktionsfirma ist die Tellux, der FilmFernsehFonds Bayern fördert den Film und das ZDF ist als Sender dabei. Eine Nennung des Namens des betreffenden Rechtsanwalts im Abspann ist bei Vermittlung eines Mandanten selbstverständlich.

Am Ende soll ein einfühlsamer, differenzierter Kino-Dokumentarfilm stehen, der Themen wie Freiheit und Freiheitsentzug reflektiert, indem er sie aus der Perspektive unmittelbar Betroffener erlebbar macht.

Was ich suche:

Um einen solchen Film umzusetzen brauche ich zu einem möglichst frühen Zeitpunkt vor Inhaftierung (am besten direkt nach der Verurteilung) Kontakt zu künftigen Selbststellern, die bereit wären, mich einmal völlig unverbindlich kennenzulernen. Ob und wie dann tatsächlich gedreht wird, wird erst im zweiten Schritt und von beiden Seiten entschieden. Die Art des Delikts spielt keine Rolle.

Demjenigen, mit dem tatsächlich gedreht wird, bezahlen wir nach abgeschlossenem Dreh eine Aufwandsentschädigung von 1500 Euro.

Ich würde mich sehr freuen, wenn Sie mich unterstützen könnten, indem Sie mich (noch circa bis Herbst 2015) mit künftigen Selbststellern unter Ihren Mandanten in Kontakt bringen könnten. Gerne sende ich Ihnen auch ein Schreiben von mir an Selbststeller, das Sie an den betreffenden Mandanten weiterreichen können.“

Also: Wer Interesse hat, kann sich über das Kontaktformular bei mir melden. Ich stelle dann den Kontakt her.

Jetzt bin ich aber mal gespannt. 🙂

Übrigens: Ist zwar die Filmhochschule, aber die Regisseurin ist keine Anfängerin. Sie arbeitet z.B. seit 2009 regelmäßig für den BR und hat dort 45-minütige Geschichtsdokumentationen gemacht. Ein anderer Film von ihr läuft im April auf dem renommierten Festival „Visions du Réel“ in Nyon. Also, keine Anfängerin 🙂 .

„Sie Schmalspurjuristin“ ? – Lieber nicht, kann teuer werden….

© pedrolieb -Fotolia.com

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Bei LTO gefunden habe ich die Meldung über ein Urteil des AG Limburg: „AG Limburg verurteilt Rechtsanwalt wegen Beleidigung : „Schmalspurjuristin“ kostet 3.000 Euro“. Da heißt es in der Meldung:

„Teurer Standesdünkel: Wegen Beleidigung einer hessischen Amtsanwältin ist ein 63 Jahre alter Rechtsanwalt aus Lahnstein (Rheinland-Pfalz) zu 3.000 Euro Geldstrafe verurteilt worden. Das AG Limburg verhängte am Mittwoch 30 Tagessätze zu je 100 Euro gegen den Juristen.

In einem Schriftsatz hatte er die Amtsanwältin, eine Mitarbeiterin der Staatsanwaltschaft, als „Schmalspurjuristin“ bezeichnet, die nicht fähig sei, auf der Klaviatur des Rechts auch nur „Hänschen klein“ zu klimpern. Anlass war eine Anzeige des Anwalts gegen einen Lkw-Fahrer wegen Unfallflucht; die Amtsanwältin hatte das Verfahren eingestellt.

Der Leiter der Staatsanwaltschaft Limburg sah durch das Schreiben seine Mitarbeiterin diffamiert und zeigte den Rechtsanwalt an. Vor Gericht sagte der Angeklagte, er sei sich keiner Schuld bewusst. Er selbst sei auch schon als Feld-, Wald- und Wiesenanwalt tituliert worden. Den Vorschlag des Richters, sich bei der Amtsanwältin zu entschuldigen und eine Geldbuße zu zahlen, um eine Verurteilung zu vermeiden, lehnte der 63-jährige Anwalt ab.

Bei Amtsanwälten handelt es sich um Justizbeamte, deren Aufgaben denen von Staatsanwälten ähneln. Die Details variieren von Bundesland zu Bundesland; in der Regel sind sie aber nur für die Anklage in Verfahren mit geringer maximaler Strafandrohung zuständig. Die Befähigung zum Richteramt ist für eine Tätigkeit als Amtsanwalt nicht erforderlich, weshalb manche Volljuristen einen gewissen Standesdünkel gegenüber Amtsanwälten zur Schau stellen.“

Na ja, ob das mit dem „Standesdünkel“ so stimmt, kann ich nicht beurteilen. Ich hatte und habe jedenfalls nie/keine Probleme mit AmtsanwältInnen :-).

„Hooligans als kriminelle Vereinigung“ und/oder: Die „dritte Halbzeit“

entnommen wikimedia.org Urheber Amarhgil

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Urheber Amarhgil

So, jetzt mache ich mal das, was ich sonst selten bzw. ungern tue. Ich beziehe mich mal auf eine PM des BGH, und zwar auf die PM 11/2015 v. 22.01.2015. Grund: Das dieser PM zugrunde liegende BGH, Urt. v. 22.01.2015 – 3 StR 233/14 – ist mehr als 40 Seiten lang. Die kann man hier nicht vernünftig darstellen. Also greife ich auf die PM zurück und verweise im Übrigen auf den Volltext der BGH-Entscheidung. Überschrieben ist die PM mit: Hooligans als kriminelle Vereinigung. In der Sache ging es u.a. dann auch um die sog. „Dritte Halbzeit“. Im Einzelnen aus der PM:

„Der für Staatsschutzstrafsachen zuständige 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat heute die Verurteilung von fünf Angeklagten weitgehend bestätigt, gegen die das Landgericht Dresden wegen Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung, teilweise in Tateinheit mit schwerem Landfriedensbruch und mit gefährlicher Körperverletzung auf Freiheits- bzw. Geldstrafen erkannt hatte.

Nach den Feststellungen des Landgerichts waren die Angeklagten Rädelsführer bzw. Mitglieder einer in Dresden ansässigen Gruppierung von Hooligans, die im zeitlichen und räumlichen Umfeld von Fußballspielen des Vereins Dynamo Dresden, aber auch unabhängig davon an anderen Orten, Kämpfe gegen andere Hooligans ausfocht, zu denen sich die Gruppierungen zumeist vorher verabredet hatten. Für die Kämpfe existierten ungeschriebene, aber in den einschlägigen Kreisen allgemein anerkannte Regeln. Die Auseinandersetzungen dauerten oft nur einige Sekunden, höchstens Minuten und waren beendet, wenn alle Kämpfer einer Seite am Boden lagen, flohen oder wenn sonst die Niederlage anerkannt wurde. „Kampfrichter“, die bei Regelverstößen oder Verletzungen der Beteiligten unmittelbar eingriffen, gab es nicht. Allenfalls wurden Regelverstöße anschließend diskutiert und konnten dazu führen, dass der Verursacher nicht mehr zu Kämpfen mitgenommen wurde.

In dem über zwei Jahre andauernden Tatzeitraum kam es zu mehreren solcher Auseinandersetzungen, teilweise konnten verabredete Kämpfe wegen der hohen Polizeipräsenz nicht ausgefochten werden. Das Landgericht hat nur in einem dieser Fälle angenommen, dass sich die Beteiligten wegen gefährlicher Körperverletzung strafbar gemacht hätten; denn nur in diesem Fall sei wegen der Anzahl der Kämpfer auf beiden Seiten die Gefährlichkeit der gegenseitigen Angriffe so groß gewesen, dass die jeweiligen Körperverletzungshandlungen trotz der von den Beteiligten stillschweigend erklärten Einwilligung in ihre Verletzungen sittenwidrig gewesen seien. Die Einwilligungen hätten daher gemäß § 228 StGB keine rechtfertigende Wirkung entfalten können. In den anderen Auseinandersetzungen habe eine derart hohe Gefährlichkeit der gegenseitigen Tätlichkeiten nicht vorgelegen, sodass die erteilten Einwilligungen wirksam und die Körperverletzungen daher gerechtfertigt gewesen seien.

In einem weiteren Fall hat die Strafkammer in einem Angriff auf mehrere türkische Gastronomiebetriebe in der Dresdener Neustadt im Sommer 2008 ebenfalls eine Tat der Vereinigung erblickt und die daran beteiligten Angeklagten insoweit auch wegen schweren Landfriedensbruchs verurteilt.

Der 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofes hat die Auffassung des Landgerichts, bei der Gruppierung der Angeklagten habe es sich um eine kriminelle Vereinigung im Sinne des § 129 Abs. 1 StGB gehandelt, im Ergebnis bestätigt. Anders als das angefochtene Urteil sieht er die Tätlichkeiten im Rahmen der verabredeten Prügeleien unabhängig von einer größeren Anzahl von Kämpfern auf beiden Seiten (und der Härte des Untergrunds am „Kampfort“) als strafbare (gefährliche) Körperverletzungen an. Diese Bewertung leitet der Senat daraus ab, dass die Beteiligten rechtswidrig und schuldhaft den Straftatbestand der Teilnahme an einer Schlägerei (§ 231 StGB) verwirklichten, wofür die Einwilligung der Kämpfer in die Körperverletzungshandlungen nach der Gesetzesstruktur von vornherein keine rechtfertigende Wirkung entfalten kann. An dieser Beurteilung der Körperverletzungshandlungen ändert sich auch nichts deswegen, weil bei keiner der Prügeleien eine der in § 231 StGB als Bedingung der Strafbarkeit vorausgesetzten schweren Folgen (Tod eines Menschen oder schwere Körperverletzung im Sinne des § 226 StGB) eingetreten ist und daher eine Bestrafung nach dieser Vorschrift nicht in Betracht kam. Weil die Gruppierung der Angeklagten gerade auch auf die Ausübung von Tätlichkeiten im Rahmen von Schlägereien ausgerichtet war, bestand ihr Zweck und ihre Tätigkeit daher in der Begehung strafbarer (gefährlicher) Körperverletzungen. Da sie auch die übrigen von § 129 Abs. 1 StGB vorausgesetzten Merkmale erfüllte, hat sie das Landgericht im Ergebnis somit rechtsfehlerfrei als kriminelle Vereinigung erachtet.

Der Überfall auf die türkischen Gastronomiebetriebe kann nach Ansicht des Senats der Vereinigung hingegen nicht zugerechnet werden. Das Verfahren war deshalb hinsichtlich zweier Angeklagter mangels wirksamer Anklageerhebung einzustellen; hinsichtlich eines weiteren Angeklagten war der Schuldspruch auf Beihilfe zur gefährlichen Körperverletzung zu ändern. Für diese drei Angeklagten muss wegen des verbleibenden geringeren Schuldumfangs die Strafe neu zugemessen werden; im Übrigen ist das Urteil des Landgerichts Dresden rechtskräftig.“

Die Entscheidung ist zur Veröffentlichung in BGHSt bestimmt und wird sicherlich auch Gegenstand zahlreicher Besprechungen werden.