Archiv für den Monat: März 2013

Das Letzte Wort – wieder mal vergessen

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In meinen Augen sind, wenn man die auf seiner Homepage veröffentlichen Entscheidungen des BGH sieht, die Verstöße gegen § 258 Abs. 2 – 2. Halbsatz – und Abs. 3 StPO – Gewährung des letzten Wortes – schon häufig und: Sie führen in der Regel – zumindest bei der Strafzumessung – zum Erfolg, wie mal wieder der BGH, Beschl. v. 12.12.2012 – 2 StR 397/12 – beweist. Da war – auch mal wieder – das letzte Wort vergessen worden. Dazu kurz und zackig der BGH:

Nach dem durch das Protokoll der Hauptverhandlung bestätigten Vor-bringen der Angeklagten hat das Landgericht nach den Schlussvorträgen des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft und der Verteidiger die Hauptverhandlung unterbrochen und an einem weiteren Verhandlungstag sein Urteil verkündet. Dabei wurde den Angeklagten entgegen § 258 Abs. 2 – 2. Halbsatz – und Abs. 3 StPO nicht das letzte Wort gewährt. Dies war rechtsfehlerhaft (§ 337 Abs. 2 StPO).

Der Senat kann zwar ausschließen, dass der Schuldspruch auf diesem Verfahrensfehler beruht, weil die Angeklagten die Tatbegehung glaubhaft eingeräumt haben. Nicht auszuschließen ist jedoch, dass das Landgericht nach Ermöglichung des letzten Wortes durch die beiden Angeklagten jeweils zur Verhängung anderer Einzel- und Gesamtstrafen gelangt wäre.

Nebenjob futsch? – aber meist nicht das Fahrverbot

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Ein Absehen vom Fahrverbot zu erreichen, wird immer schwieriger, und zwar auch dann, wenn berufliche Gründe geltend gemacht werden. Noch schwieriger ist es aber, wenn es „nur“ um den Verlust einer Nebentätigkeit geht. Dann ist in der Rechtsprechung das Absehen i.d.R. verneint worden. Zu verweisen ist da auf Entscheidungen betreffend einen Pizzalieferanten, betreffend einen Rentner, der auch Taxi fährt, betreffend die freiberufliche Nebentätigkeit eines Rentners als Architekt oder betreffend einen Rentner, der gelegentliche Warentransporte ausführt.

Zu der Frage hat sich jetzt auch das AG Lüdinghausen, Urt. v. 19.11.12 – 19 OWi-89 Js 1600/12-188/12 – geäußert. Schluss daraus: Wenn überhaupt kann der Verteidiger ein Absehen vom Fahrverbot nur dann erreichen, wenn es sich nicht „nur“ um eine Nebentätigkeit handelt, die den Lebensstandard des Betroffenen hebt, sondern die Nebentätigkeit den Lebensstandard sichert. Dazu muss aber umfassend vorgetragen werden und es müssen die „Zahlen passen“.

Die beim AG Lüdinghausen passten dem AG wohl nicht: Die Betroffene bezog eine Rente von 2000 € monatlich und musste Schuldentilgungsleistungen von 900 € erbringen. Ihren Lebensunterhalt besserte sie als Kurierfahrerin für Apotheken mit monatlich ca. 400 € auf.

Die Betroffene hat berufliche Härten durch das drohende Fahrverbot geltend gemacht. Bei einem Fahrverbot sei sie bei der Apotheke „sicher raus“. Das Gericht musste sich angesichts der Rente von 2000 Euro und der lediglich lebensstandarderhöhenden (nicht lebensstandardsichernden) Nebentätigkeit deren Verlust die Betroffenen fürchtet nicht weiter mit der Frage auseinandersetzen, ob eine Kündigung durch die Apotheke tatsächlich droht.

Nun ja, kann man, muss man aber nicht so sehen. Immerhin gehen fast 50 % der Rente für die Schulden weg, ohne dass man sonstige Ausgaben kennt. Allerdings als durchschnittlich wird man das Einkommen wohl immer noch ansehen können.

 

Belehrungspflicht bei der Vernehmung – wie weit geht sie?

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In der Rechtsprechung des BGH finden sich immer wieder Entscheidungen, die sich mit der Belehrungspflicht der Polizeibeamten bei einer (ersten) Vernehmung des Beschuldigten befassen. So z.B. der BGH, Beschl. v. 10.01.2013 – 1 StR 560/12.

Nach dem Sachverhalt war die Angeklagte nach ihrer Festnahme durch einen Polizeibeamten gemäß § 163a Abs. 4, § 136 Abs. 1 StPO belehrt worden. Sie hatte darum gebeten, mit einer von ihr namentlich genannten Verteidigerin sprechen zu können; dieselbe Verteidigerin benannte nach Belehrung auch der mitbeschuldigte Ehemann der Angeklagten. Nachdem vergeblich versucht worden war, die Verteidigerin telefonisch zu erreichen, hatten die Angeklagte und ihr Ehemann unabhängig von-einander von ihrem Schweigerecht Gebrauch gemacht. Nachdem die Verteidigerin sich auch bis zum Mittag desselben Tages nicht zurückgemeldet hatte, unternahm der Polizeibeamte J. einen weiteren Vernehmungsversuch, bei dem er die Angeklagte erneut gemäß § 163a StPO belehrte. Die Angeklagte ließ sich nunmehr zur Sache ein. In der Hauptverhandlung sagte der Zeuge J. zum Inhalt der Einlassung aus.

Die Revision der Angeklagten hat ein Verwertungsverbot geltend gemacht, weil der Zeuge die Angeklagte in der (zweiten) Belehrung weder ausdrücklich darauf hingewiesen habe, dass die Verteidigerin noch nicht erreicht worden sei, noch dass sie nicht dieselbe Verteidigerin wie ihr Ehemann wählen könne; der Zeuge habe es deshalb versäumt, der Angeklagten die Gelegenheit zur Wahl eines anderen Verteidigers zu geben.

Der 1. Strafsenat hat ein Verwertungsverbot verneint:

„Das Vorbringen lässt nicht erkennen, dass die Angeklagte durch den unterbliebenen Hinweis auf den bis dahin fehlgeschlagenen Kontaktversuch zu der Verteidigerin in ihrem Recht auf Verteidigerkonsultation beeinträchtigt worden ist. Die Angeklagte war über dieses Recht am Beginn beider Vernehmungen belehrt worden; ihren zunächst geäußerten Wunsch auf Verteidigerkonsultation vor der Vernehmung hatten die Beamten respektiert (vgl. demgegenüber BGH, Urteil vom 29. Oktober 1992 – 4 StR 126/92, BGHSt 38, 372, 374). Anhaltspunkte dafür, dass die Angeklagte nach der zu Beginn der zweiten Vernehmung erfolgten erneuten Belehrung keine frei verantwortliche Entscheidung über die Ausübung ihres Schweigerechts hätte treffen können (vgl. dazu BGH, Urteil vom 21. Mai 1996 – 1 StR 154/96, BGHSt 42, 170), sind nicht ersichtlich. Unbeschadet der Frage, ob nach den Umständen des Einzelfalls eine darüber hinausgehende Hilfestellung bei der Verteidigersuche überhaupt noch erforder-lich gewesen wäre (zu einem solchen Fall vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 1996 – 5 StR 756/94, BGHSt 42, 15, 19; vgl. auch BGH, Beschluss vom 5. Februar 2002 – 5 StR 588/01, BGHSt 47, 233, 234), hatten sich die Beamten jedenfalls aktiv und ernstlich um die Kontaktaufnahme zu der von der Angeklagten gewählten Verteidigerin bemüht.

Auch ein besonderer Hinweis an die Angeklagte, dass sie und ihr Ehemann um Kontaktaufnahme mit derselben Verteidigerin gebeten hatten, war nicht erforderlich. Eine Mehrfachverteidigung lag bereits objektiv nicht vor, weil die Verteidigerin im Zeitpunkt der zweiten polizeilichen Vernehmung der Angeklagten noch kein konkurrierendes Mandat übernommen hatte. Das Verbot ist zudem – worauf bereits der Generalbundesanwalt in seiner Antragsschrift zutreffend hingewiesen hat – an ein förmliches gerichtliches Zurückweisungsverfahren (§ 146a Abs. 1 StPO) geknüpft. Die Annahme eines Verwertungsverbotes lag dabei schon wegen der weiteren Wirksamkeit der bis zur Zurückweisung vorgenommenen Handlungen des Verteidigers (§ 146a Abs. 2 StPO) fern.“

Also: So weit, wie hier von der Revision reklamiert geht die Belehrungspflicht nach der Rechtsprechung des BGH nicht.

 

Lesetipp: Das könnte sich lohnen

Ich habe schon länger keine Lesetipps mehr gegeben. Aber heute lohnt es sich dann mal wieder, vor allem weil auch einige gebührenrechtliche Hinweise dabei sind. Ich weise also auf folgende Veröffentlichungen aus der letzten Zeit hin, die auf meiner Homepage Burhoff-online im Volltext eingestellt sind und natürlich auch bei Jurion Strafrecht stehen:

  1. Verfahrenstipps und Hinweise für Strafverteidiger (I/2013) aus ZAP Heft 5/13, F. 22 R, S. 773,
  2. Rechtsprechungsübersicht zu § 14 RVG in Straf- und Bußgeldsachen  aus StRR 2013, 52,
  3. Rechtsprechungsübersicht zu § 14 RVG in Straf- und Bußgeldsachen aus VRR 2013, 47,
  4. Fragen aus der Praxis zu Gebührenproblemen in Straf- und Bußgeldverfahren aus dem Jahr 2012 aus RVGreport 2013, 42,
  5. Die anwaltliche Vergütung im strafverfahrens- und bußgeldrechtlichen Wiederaufnahmeverfahren aus RVGreport 2013, 2.

Sonntagswitz: Dämliche Diebe XX

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Nach längerer Zeit mal wieder etwas zu den „Dämlichen Dieben“, und zwar:

Wie wichtig ausreichend Schlaf ist, musste ein Einbrecher erfahren, der bei einem Einbruch in eine Schule vor Übermüdung auf dem Klo einschlief.
Als er erwachte, klickten bereits die Handschellen.

(Anmerkung: wahrscheinlich Berufsstress :-)).

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Wenig Erfolg hatten zwei Männer aus Kentucky/USA bei dem Versuch, einen Geldautomaten aus der Wand zu reißen.

Zu diesem Zweck hatten sie den Automaten mit einer Kette an der hinteren Stoßstange ihres Pickups befestigt und fuhren an. Doch statt des Automaten rissen sie nur ihre eigene Stoßstange ab. In Panik verließen sie den Tatort und ließen die Stoßstange nebst Nummernschild am Ort des Geschehens zurück.

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„Was schief gehen kann, wird auch schief gehen.“ Dieses Gesetz wurde für einen Einbrecher zur Wirklichkeit, der versuchte in ein Spirituosengeschäft einzubrechen.

Zuerst verletzte er seine Hand bei dem Versuch, ein Loch in die Decke des Ladenlokals zu stemmen.

Anschließend warf er eine Flasche Whisky durch das eben entstandene Loch – die Flasche fiel jedoch zurück, zersplitterte am Boden und löste den Einbruchsalarm aus.

Der 24jährige stolperte, fiel auf die Scherben und verletzte sich erneut schwer. Bei dem Sturz verlor er auch noch seine Brieftasche mit. den Ausweispapieren.

Als er sich wieder aufgerappelt hatte, kletterte er durch das Loch zurück auf das Dach, stolperte erneut und fiel herunter.

Auf der Flucht hinterließ er eine Blutspur bis zu seiner Wohnung – nur wenige Meter vom Ort seines Wirkens entfernt.

(Anmerkung: Das nenne ich einen schlechten Tag :-)).

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