Archiv für den Monat: Mai 2012

Schwierige Beweisführung im Bußgeldverfahren – das gibt Mittelgebühren

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Im Bußgeldverfahren ist der Kampf um die Mittelgebühren an vielen Stellen an der Tagesordnung.

Auf meiner HP Burhoff-online stehen eine ganze Menge Entscheidungen, die sich mit der Problematik befassen. Immer wieder werden Gebühren unterhalb der Mittelgebühr festgesetzt mit der Begründung: nur geringe Geldbuße (ist m.E. falsch), nur dünne Akte (die Akten sind im Bußgeldverfahren nun mal nicht dicker), keine besondere Bedeutung über das Verfahren hinaus (wirklich nicht, wenn sich das Punktekonto füllt?).

Um so erfreuter ist man dann, wenn einem von einem Kollegen ein Beschluss eines LG übersandt wird, in dem diese Fragen alle keine Rolle gespielt haben, sondern das LG den Ansatz der Mittelgebühren im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren – zumindest in den Beschlussgründen – (allein)  mit der in dem Verfahren schwierigen Beweisführung gerechtfertigt hat, „weil auf die Belange des Sohnes des Betroffenen in einem Zivilverfahren Rücksicht genommen werden musste“ (allerdings ohne das näher auszuführen).

So zu lesen im LG Cottbus, Beschl. v.  14.11.2011 – 24 Qs 134/11 (nicht mehr ganz taufrisch, aber trotzdem ein Hinweis wert). Sehr schön auch die Aufzählung des LG, worauf es ankommt.

Kommt der „Warnschussarrest“ im Jugendrecht?

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Nachdem wir erst nur von „Formulierungshilfen zur Vorlage eines Gesetzesentwurfes“ gehört haben (vgl. auch hier), gibt es nun einen Gesetzesentwurf der Koalitionsfraktionen zum „Warnschussarrest“ für jugendliche Straftäter. In den Meldungen heißt es:

Die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und FDP wollen den sogenannten Warnschussarrest im Jugendstrafrecht verankern. Einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Erweiterung der jugendgerichtlichen Handlungsmöglichkeiten (BT-Drs. 17/9389) haben die Fraktionen in den Bundestag eingebracht.

Jugendliche Straftäter, die zu Bewährungsstrafen verurteilt sind, würden diese nicht als Konsequenz ihres Handels wahrnehmen, argumentieren die Fraktionen. Somit finde bei Bewährungsstrafen die Bestrafung vordergründig nur „auf dem Papier“ statt. Das neue Gesetz soll nun eine deutlichere Reaktion auf schwere Straftaten junger Täter ermöglichen, nämlich den Warnschussarrest. Für bis zu vier Wochen sollen die Täter gleichzeitig zu ihrer Bewährungsstrafe in den Jugendstrafvollzug. Den jungen Tätern soll veranschaulicht werden, wie der Gefängnisalltag aussieht, der ihnen bei möglichen weiteren Straftaten drohen würde.

Darüber hinaus soll der Warnschussarrest die Jugendlichen eine Zeit lang aus ihrem Alltag und dem damit verbundenen, meist schädlichen Umfeld herausnehmen. Ziel dabei ist es, erzieherische Gesichtspunkte und eine möglichst erfolgreiche Bewältigung der Bewährungszeit im Auge zu behalten, heißt es in dem Entwurf.

Den Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und FDP finden Sie im Internetangebot des Deutschen Bundestages: BT-Drs. 17/9389

 Weiterer Beitrag zum Gesetzgebungsverfahren:

18.04.2012 Erweiterung der jugendgerichtlichen Handlungsmöglichkeiten – Bundeskabinett beschließt Formulierungshilfe zur Vorlage eines Gesetzentwurfes

Handgranate im Spielzeugregal

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Ich war mir nicht sicher, Lachen oder weinen?, als ich bei der LTO gestern die Meldung über ein Urteil des LG Limburg gelesen habe, überschrieben mit: „Handgranate im Regal versteckt – Bewährungsstrafe für Ladendetektiv

In der Nachricht heißt es weiter:

Weil er eine scharfe Handgranate im Spielzeugregal eines Supermarkts versteckt hat, ist ein Ladendetektiv zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt worden. Das LG Limburg sprach den 40-Jährigen am Montag des Verstoßes gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz schuldig.

Der Angeklagte hatte in dem Supermarkt in Wetzlar Ende Januar die Handgranate versteckt. Anschließend informierte er den Marktleiter über seinen angeblichen Fund. Die Polizei ließ den Markt räumen. Der Mann hatte sich von seiner Tat nach eigenem Geständnis eine Anerkennung seines Chefs und die Bezahlung seines
ausstehenden Gehalts erhofft.“

Ich habe mich dann gegen das Lachen entschieden. Ich denke, nicht nur ich bin erstaunt, auf welche Ideen „Mitbürger“ kommen.

Und noch mal § 315c StGB – es klappt einfach nicht mit der „konkreten Gefahr“

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Ich hatte ja schon mehrfach über die Rechtsprechung des BGH zu § 315c StGB und damit auch zu § 315b StGB berichtet. In beiden Fällen ist zur Erfüllung des Tatbestandes das Vorliegen einer „konkreten Gefahr“ Voraussetzung. Und damit bzw. mit den vom BGH dazu geforderten tatsächlichen Feststellungen hapert es in der Praxis immer wieder. Folge: Der für die Verkehrsstrafsachen zuständige 4. Strafsenat des BGH hebt die Urteile der LG immer wieder auf. Ein Beispiel ist der BGH, Beschl. v. 16.04.2012 – 4 StR 45/12. Aus dem Beschluss:

Nach den in der Rechtsprechung des Senats entwickelten Maßstäben genügt die hierauf bezogene knappe Bemerkung des Landgerichts („Dadurch gefährdete er H. .“) nicht den Anforderungen zur Darlegung einer konkreten Gefahr. Einen Vorgang, bei dem es beinahe zu einer Verletzung der Mitfahrerin gekommen wäre – also ein Geschehen, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, „das sei noch einmal gut gegangen“ (Senat, Urteil vom 30. März 1995 und Beschluss vom 4. September 1995 – jew. aaO; Beschluss vom 26. Juli 2011 – 4 StR 340/11, StV 2012, 217) – hat die Strafkammer auch nach dem Gesamtzusammenhang ihrer auf das Unfallgeschehen bezogenen Feststellungen nicht hinreichend mit Tatsachen belegt.“

Und der BGH bemängelt weiter noch:

b) Nach den bisherigen Feststellungen bleibt zudem offen, ob die Beifahrerin des Angeklagten vom Schutzbereich des § 315c StGB überhaupt erfasst ist. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist dies für an einer solchen Straftat beteiligte Insassen des Fahrzeugs zu verneinen (BGH, Urteile vom 23. Februar 1954 – 1 StR 671/53, BGHSt 6, 100, 102, vom 28. Oktober 1976 – 4 StR 465/76, BGHSt 27, 40, 43, und vom 20. November 2008 – 4 StR 328/08, NJW 2009, 1155, 1157; vgl. SSW-Ernemann, StGB, § 315c Rn. 24 m.w.N.). Die Mitfahrerin könnte sich mit der an den Angeklagten gerichteten Aufforderung, „auch einmal zu fahren“ (UA 7), der Anstiftung gemäß § 26 StGB schuldig gemacht haben. Zwar ist der Angeklagte wegen fahrlässiger Gefährdung des Straßenverkehrs nach § 315c Abs. 1 Nr. 1a, Abs. 3 Nr. 2 StGB verurteilt worden, so dass es an der in § 26 StGB vorausgesetzten vorsätzlichen Haupttat fehlen könnte. Diese rechtliche Würdigung beschwert den Angeklagten, soweit der Schuldspruch in Rede steht, nicht. Jedoch war ihm nach den Feststellungen „bewusst, dass er Alkohol getrunken hatte und möglicherweise nicht mehr fahrtauglich war. (Das) nahm er zumindest billigend in Kauf, als er sich an das Steuer setzte.“ (UA 7). Danach liegen die Voraussetzungen der Vorsatz-Fahrlässigkeits-Kombination in § 315c Abs. 3 Nr. 1 StGB vor, zu der strafbar angestiftet werden kann (§ 11 Abs. 2 StGB). Abschließend kann der Senat die Frage einer strafbaren Teilnahme der Beifahrerin nicht beurteilen, weil das angefochtene Urteil keine Feststellungen zur Frage eines „doppelten“ Anstiftervorsatzes enthält.“

Und ist schon manchmal erstaunlich, was die LG so machen 🙂

Besondere Form der Mediation – Putztuch statt Richterspruch

Machen wir heute mal nur einen „Kessel“ bzw. „Strauß Buntes“. Über den Newsletter der LTO bin ich auf die Nachricht zum dem Kollegen des AG Delmenhorst gestoßen. Da heißt es (vgl. auch hier bei Welt-online):

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Mit einem Putztuch und Politur hat ein Amtsrichter in Delmenhorst einen Streit um ein beschädigtes Auto einfach weggeputzt. Ein Autobesitzer hatte geklagt, weil eine Frau angeblich die Tür seines Wagens beschädigt hatte.

Der Richter bestellte die Kontrahenten samt Auto vor das Gericht, um sich den Schaden anzuschauen. Schließlich zückte er die Putzutensilien, rieb über die Autotür – und weg war der vermeintliche Lackschaden.

Dies sei nicht das erste Mal, dass der Jurist zu unkonventionellen Mitteln greife, sagte eine Sprecherin des Oberlandesgerichts in Oldenburg. 2011 habe er einen Nachbarschaftsstreit um Äste, die über eine Gartengrenze ragten, mit einer Säge lösen lassen.“

Das ist mal eine Streitschlichtung, die allerdings in Strafverfahren und Bußgeldverfahren so kaum möglich ist. Jetzt stellt sich natürlich nur die Frage: Wie wird abgerechnet? 🙂 😉 Kann der Richter die bei ihm entstandenen Kosten gegenüber der Staatskasse geltend machen, wenn er das überhaupt will?