Archiv für den Monat: Februar 2012

Ist es für Frauen schwieriger Fachanwalt zu werden?

Im AnwBl. 2/2012 ist ein Beitrag zur „Fachanwaltsordnung in der Praxis“ enthalten, der sich u.a. auch mit der Frage befasst, ob es für Rechtsanwältinnen schwerer ist, den Fachanwaltstitel zu erwerben.

Ganz interessante Untersuchung, die dort dargestellt wird. Der Autor geht auf der Grundlage von Zahlenmaterial der Deutschen Anwaltakademie davon aus, dass die Regelungen der FAO es weiblichen Anwälten erschweren, den Fachanwaltstitel zu erwerben. Zwar sei als Reaktion auf eine Entscheidung des BGH v. 20.04.2009 AnwZ (B) 43/08, AnwBl 2009, 548 § 5 Abs. 3 FAO eingeführt wurde, wonach sich der Zeitraum, in dem für die Fachanwaltschaft relevante Fälle gesammelt werden können, um Mutterschutz- und Elternzeit auf maximal 36 Monate verlängert. Anhand der Anzahl der Absolventinnen von Fachanwaltslehrgängen und der späteren Fachanwältinnen zeigt der Beitrag dann aber auf, dass es Frauen offenbar schwerer als Männern falle, die für den Fachanwaltstitel notwendigen Fälle zu sammeln. Gründe hierfür seien – so der Autor – u.a., dass Anwältinnen häufiger als Männer als Einzelanwälte oder in kleiner Bürogemeinschaft tätig sind, wo es schwierig sei, die Bandbreite von Fällen zu erhalten, die für die Fachanwaltschaft notwendig sind. Zudem werde die Teilzeittätigkeit von Frauen nicht berücksichtigt.

Die Antwort auf die gestellte Frage lautet also: Nein, aber…

Die Lektüre des Beitrags ist im Übrigen auch aus anderem Grund für diejenigen, die gerade mit dem Erwerb eines FA-Titels befasst sind, interessant. Er stellt nämlich sehr schön die insoweit relevante Rechtsprechung zusammen.

Keine Geheimgespräche zwischen Verteidigung und Staatsanwaltschaft – Karten müssen auf den Tisch

Folgende Verfahrenskonstellation führt im BGH, Beschl. v. 29.11.2011 – 1 StR 287/11 zu einem „Hinweis“ des BGH für die neue Hauptverhandlung, in der erneut über einen Raubversuch zu verhandeln ist, nachdem der BGH den Freispruch des LG aufgehoben hat:

Der BGH geht von folgenden Ausführungen im LG-Urteil aus:

„Der Verteidiger habe vor Abgabe der Erklärung auf Gespräche mit der Staatsanwaltschaft verwiesen, „in die das Gericht bewusst nicht einbezogen … und über deren Inhalt … Stillschweigen vereinbart worden sei“. Der Angeklagte wolle bald aus der Untersuchungshaft entlassen werden. Zumal, da der Staatsanwalt (in der Hauptverhandlung) erklärt habe, nach der bisherigen Beweisauf-nahme komme nur eine Bewährungsstrafe wegen Beihilfe zu gefährlicher Kör-perverletzung in Betracht, sei, so folgert die Strafkammer, insgesamt eindeutig, dass die Staatsanwaltschaft „eine Bewährungsstrafe in Aussicht gestellt“ habe. Es liege daher nicht fern, dass der Angeklagte, um das Verfahren gegen sich entsprechend zu beenden, wahrheitswidrig die genannten Angaben gemacht habe. „

Hierzu bemerkt der 1. Strafsenat:

„(1) Verständigungen können außerhalb der Hauptverhandlung vorbereitet werden, jedoch ist dann hierüber Transparenz in der Hauptverhandlung herzustellen. Das Transparenzgebot kennzeichnet das Verfahren über eine Verständigung im Strafverfahren insgesamt (vgl. zusammenfassend auch Niemöl-ler/Schlothauer/Weider, Verständigung im Strafverfahren D Rn. 49 ff. mwN, auch aus den Gesetzgebungsmaterialien), wie sich aus einer Reihe von Be-stimmungen über hieraus erwachsende Pflichten des Gerichts ergibt (vgl. § 202a Satz 2 StPO, § 212 StPO, § 243 Abs. 4 StPO, § 257c Abs. 3 StPO, § 267 Abs. 3 Satz 5 StPO, § 273 Abs. 1a StPO).
Eine spezielle gesetzliche Regelung für nur zwischen Staatsanwaltschaft und Verteidigung im Rahmen des (Zwischen- oder) Hauptverfahrens außerhalb der Hauptverhandlung geführte Gespräche, die letztlich das Ziel haben, die Hauptverhandlung abzukürzen, gibt es nicht. Jedoch hat die Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren zur Verfahrensförderung mit anderen Verfahrensbetei-ligten (naheliegend häufig der Verteidigung) geführte Gespräche aktenkundig zu machen (§ 160b Satz 2 StPO), besonders sorgfältig, wenn eine Verständigung i.S.d. § 257c angestrebt wird (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 54. Aufl., § 160b Rn. 8).
All dies spricht dafür, dass auch derartige Gespräche offen zu legen sind, zumal das Gericht sonst nach solchen Gesprächen abgegebene Erklärungen des Angeklagten nicht auf umfassender Grundlage würdigen könnte. Dies würde im Übrigen in besonderem Maße gelten, wenn solche Gespräche bei einer gegen mehrere Angeklagte geführten Hauptverhandlung nur mit der Verteidigung eines Angeklagten geführt würden, dessen anschließende Aussagen dann die übrigen Angeklagten belasten (vgl. BGHSt 52, 78, 83; 48, 161, 168). „

Also: Karten auf den Tisch.

Nachsatz: Überschrift war zunächst: „…Verteidigung und Angeklagtem“ – was natürlich Quatsch war; das kommt dabei heraus, wenn man so früh postet :-). Ich habe es auf den Hinweis des Kollegen dann jetzt richtig gestellt :-).

Sonntagswitz: Dämliche Diebe III

Im Moment fällt es schwer, Aufhänger für Witze zu finden. Daher greife ich noch einmal auf die „Dämlichen Diebe“ (vgl. hier) zurück:

Opfer seiner Körperfülle wurde ein Einbrecher in Texas.
Bei seinem Versuch, durch einen Luftschacht in einen Lebensmittelmarkt einzudringen, blieb er in der Röhre hängen. Dabei hatte er sich extra mit Babypuder eingepudert.
Als der Geschäftsinhaber am nächsten Morgen die Tür aufschloss, baumelte ihm ein Fuss aus der Decke entgegen. Die alarmierte Polizei brauchte eine Stunde, um den ‚verklemmten‘ Langfinger zu befreien.
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An den Tücken der Technik scheiterte ein Räuber, der sich ausgerechnet die Handtasche einer 83jährigen ausgesucht hatte, die gerade in einem Fotoautomaten Passbilder machen liess.
Der junge Mann steckte seinen Kopf gerade dann in die Kabine in Bonn, als der Automat sein erstes Bild schoss, berichtete die Polizei. Die rüstige Rentnerin konnte nicht nur ihre Handtasche retten, sondern den Beamten auch gleich ein Fahndungsfoto des Räubers in die Hand drücken.

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Seiner Schusseligkeit vermasselte einem Bankräuber in Hamburg den grossen Coup:
Auf dem Weg zum Schalter eines Geldinstitutes versuchte der 43jährige Mann nach Polizeiangaben eine Wollmütze mit Augenschlitzen über den Kopf zu ziehen, was ihm jedoch nicht auf Anhieb gelang.
Zudem verhedderte sich seine Schreckschusspistole im mitgebrachten Beutel. Da hatte er allerdings der Kassiererin schon mitgeteilt, dass dies ein Überfall sein sollte. Die Frau löste Alarm aus.
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Ein Bundeswehrsoldat überfiel mit Strumpfmaske und Uniform eine Bank.
Trotz seiner Maskierung konnte er schnell identifiziert werden: Auf seiner Uniform prangte sein Namensschild

Wochenspiegel für die 5 KW., das war Kachelmann, na ja eher Alice Schwarzer, die Bedeutung von „ACAB“ und das Brauereipferd-Urteil….

Wir berichten über:

  1. Mal wieder Kachelmann,
  2. das Führen eines Kraftfahrzeuges,
  3. die „anderen“ Unwörter des Jahres,
  4. den Anscheinsbeweis beim Auffahrunfall, vgl. auch hier,
  5. die Belastungstendenz,
  6. Verkehrszeichen zur Radwegbenutzung,
  7. den vorsätzlich unrichtigen Mahnbescheid,
  8. die Degradierung von zwei Unteroffizieren,
  9. die Bedeutung von „ACAB“,
  10. und dann war da noch das Brauereipferd-Urteil.

Nur gewaltfreie Straftaten in der Bewährungszeit – kein Widerruf der Strafaussetzung lebenslanger Freiheitsstrafe

Das OLG Hamm, Beschl. v. 10.11.2011 – III-1 Ws 573/11 behandelt den Widerruf einer zur Bewährung ausgesetzten lebenslangen Freiheitsstrafe. Das OLG weist darauf hin, gewaltfreie Straftaten in der Bewährungszeit grundsätzlich nicht zum Widerruf der Strafaussetzung lebenslanger Freiheitsstrafe führen können. Die Entscheidung über den Widerruf der Strafaussetzung lebenslanger Freiheitsstrafe wegen erneuter Straffälligkeit des Verurteilten müsse sich nach der Erwartung richten, auf der die Strafaussetzung beruhte. Die Begehung von Straftaten, die weder Gewaltdelikte noch sonst schwerwiegende Straftaten ähnlichen Charakters darstellen, rechtfertigten einen Widerruf daher grundsätzlich nicht. Dies gelte zumindest dann, wenn sich die Strafaussetzung auf die Erwartung stützt, der Verurteilte werde künftig keine Gewalttaten begehen und diese Erwartung durch die Nachverurteilung nicht in Frage gestellt wird.

Im Einzelnen:

Gemäß § 57a Abs. 3 S. 2 StGB gelten für den Widerruf der Strafaussetzung der lebenslangen Freiheitsstrafe die Regelungen in § 56f StGB entsprechend. Gemäß § 56f Abs. 1 Nr. 1 StGB widerruft das Gericht die Strafaussetzung, wenn der Verurteilte in der Bewährungszeit eine Straftat begeht und dadurch zeigt, dass die Erwartung, die der Strafaussetzung zugrunde lag, sich nicht erfüllt hat. Die Entscheidung über den Widerruf muss sich an dieser Erwartung ausrichten. Sie kann nach keinem anderen Maßstab erfolgen als demjenigen, der bei der Strafaussetzung angelegt worden ist (KG NStZ 2004, 156, zit. bei JURIS Rdnr 7). Beim Widerruf der Aussetzung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ist zudem zu berücksichtigen, dass im Falle des Widerrufs vom Verurteilten kein zeitiger Strafrest zu verbüßen ist, der Verurteilte vielmehr wieder in eine zeitlich unbeschränkte, möglicherweise bis zu seinem Lebensende dauernde Verwahrung genommen wird (OLG Karlsruhe NStZ 2011, 92, zit. bei JURIS Rdnr 9; Schönke/Schröder-Stree/Kinzig § 57a Rdnr 17; Fischer, 57. Aufl. § 57a Rdnr 25). Daher gilt hier in verstärktem Maße, dass nicht jede in der Bewährungszeit begangene Straftat zum Widerruf führen kann, sondern nur erneute Gewaltdelikte oder sonstige schwerwiegende Straftaten ähnlichen Charakters (OLG Karlsruhe a.a.O.; KG a.a.O. JURIS Rdnr 6; Schönke/Schröder a.a.O.). Der Prüfungsmaßstab kann grundsätzlich kein anderer sein als derjenige, der bei der Aussetzung des Strafrestes einer lebenslangen Freiheitsstrafe angelegt wird (OLG Karlsruhe a.a.O., KG a.a.O., jew. m.w.N.). Bei lebenslanger Freiheitsstrafe darf die Annahme fortbestehender Gefährlichkeit des Täters indes nur auf Delikte von Art und Schwere bezogen werden, wie sie in der begangenen Tat zu Tage getreten ist (OLG Karlsruhe a.a.O.; KG a.a.O. JURIS Rdnr 7, BVerfG NStZ 1998, 374, KG NStZ-RR 1997, 382, 383).