Archiv für den Monat: August 2009

Abhörergebnisse trotz Eingriff in den sog. Kernbereich verwertbar.

Der BGH hat in einem weiteren Anti-Terror-Prozess zur Verwertung von Beweisen aus einenm „großen Lauschangriff“ Stellung genommen. Er hat die Verwertung als zulässig angesehen, obwohl die der Erhebung zugrunde liegenden Vorschriften des rheinland-pfälzischen Polizeigesetzes teilweise verfassungswidrig waren.  Dieses enthielt insbesondere keine Regelung zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Die gewonnenen Erkenntnisse konnten aber nach Auffassung des BGH aufgrund einer im Einzelfall erfolgten „Gesamtabwägung“ gleichwohl für das Verfahren verwendet werden (Beschl. v. 13.08.2009, 3 StR 552/08). Also mal wieder „Abwägung“.

Alter Wein in neuen Schläuchen……Beiziehung eines Lichtbildes

An einer neueren Entscheidung des OLG Hamm (Beschl. v. 30.06.2009 – 3 SsOWi 416/09) dürfte eine ältere Diskussion wieder entbrennen. Nämlich die Frage: Ist zur Täteridentifizierung die Beiziehung eines Lichtbildes von einer anderen Behörde erlaubt, oder ist es das nicht? Das OLG Hamm siehte es als zulässig an, wenn die Bußgeldbehörde die Kopie eines ausländischen Passes von der Ausländerbehörde anfordert, wenn dies zur Identifizierung des Betroffenen erforderlich ist. Die Ausländerbehörde könne die Übermittlung auf der Grundlage der §§ 13, 14 DSG NW vornehmen. Die obergerichtliche Rechtsprechung hat bereits in der Vergangenheit der Übermittlung der Lichtbild-Kopie des Betroffenen vom Einwohnermeldeamt an die Verwaltungsbehörde aufgrund von § 2b Abs. 2 PersonalAuswG nicht widersprochen (vgl. nur OLG Stuttgart zfs 2002, 550). Das OLG Hamm argumentiert jetzt ähnlich wie das OLG Stuttgart und meint, die Nachforschungen im persönlichen Umfeld würden den  Betroffenen mehr belasten. Stimmt das wirklich?

Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Symbole – ja, nein oder vielleicht doch?

Der BGH hat gestern das Urteil des LG Gera, das einen Angeklagten wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 a StGB) zu einer Geldstrafe von 4.200 Euro veruteilt hatte aufgehoben.

Das LG Gera hatt den fremdsprachigen Gebrauch einer NS-Parole als auch unter § 86a StGB fallend angesehen. Der Senat hat – anders als das Landgericht – entschieden, dass der fremdsprachige Gebrauch einer NS-Parole nicht dem Straftatbestand des § 86 a StGB unterfällt. Diese Vorschrift stelle nicht jedes Bekenntnis zu einer NS-Organisation – was fraglos vorliege – unter Strafe, sondern nur die Verwendung von Kennzeichen dieser Organisationen, etwa ihrer Parolen, Abzeichen, Fahnen etc.. Gleichermaßen strafbar ist auch der Gebrauch von Symbolen, die den Originalen zum Verwechseln ähnlich sind. Eine Verwechslungsgefahr liege jedoch nur dann vor, wenn die Nachahmung und das Original in wesentlichen Vergleichspunkten übereinstimmen, was bei leichten Abwandlungen des Originalsinnbilds regelmäßig der Fall ist. Durch die Übersetzung in eine andere Sprache erfahre eine NS-Parole, die nicht nur durch ihren Sinngehalt sondern ebenso durch die deutsche Sprache ihre charakteristische Prägung erfahren hat, jedoch eine grundlegende Verfremdung, die der Tatbestand des § 86 a StGB nicht erfasst.

Nach Auffassung des BGH kann der Angeklagte kann sich jedoch gleichwohl wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen strafbar gemacht haben, wenn er nämlich den Namen der in Deutschland verbotenen Vereinigung „Blood & Honour“ symbolhaft verwendet hat.  Diese Frage muss jetzt in der neuen Hauptverhandlung geklärt werden.

BGH, Urt. v. 13.08.2009 – 3 StR 228/09

Handyverbot auf dem Prüfstand beim BVerfG?

Das AG Gummersbach will es jetzt genau wissen. Es hat mit Beschluss vom 08.07.2009 (85 OWi 196/09) dem BVerfg die Frage der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des § 23 Abs. 1a StVO vorgelegt. Das AG sieht die Vorschrift als verfassungswidrig an, und zwar wegen eines Verstoßes gegen Art 3 GG.

Wer Zeit und Lust hat: Einfach mal nachlesen, wo das BVerfG da alles Verstöße sieht. Besonders interessant ist der:

während eines Gesprächs mit einer einwilligungsfähigen Beifahrerin an dieser – mit ihrem Einverständnis – sexuelle Handlungen von einiger Erheblichkeit über oder unter ihrer Bekleidung vorzunehmen.

Man fragt sich, wenn man den Beschluss liest, ob es das AG die Anfrage ernst meint. Zumal: Bereits das OLG Stuttgart hat sich mit der Frage eines Verstoßes gegen Art. 3 GG auseinandergesetzt und ihn verneint. Und das BVerfG hatte im vergangenen Jahr schon mit dem § 23 Abs. 1a StVO zu tun und auf die Frage der Verfassungsmäßgikeit kein Wort verschwendet.

Verurteilung Horst Mahlers wegen Volksverhetzung rechtskräftig

Das Landgericht München II hat den Angeklagten Horst Mahler wegen Volksverhetzung in drei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 6 Jahren verurteilt. Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die auf die nicht näher ausgeführte Verfahrens- und Sachrüge gestützte Revision des Angeklagten durch Beschluss als unbegründet verworfen. Das Urteil ist damit rechtskräftig.

BGH, Beschl. v. 04.08.2009 – 1 StR 349/09

Quelle: Pressemitteilung Nr. 164/2009 des BGH vom 11.08.2009