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Zusätzliche VG nach Absehen von der Einziehung?, oder: Das OLG Nürnberg kann es auch nicht

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Ich hatte vor einiger Zeit über den (falschen)  LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 20.1.2022 – 12 Qs 1/22 berichtet (Und schon wieder zusätzliche Gebühr nach Einziehung, oder: Und schon wieder falsch). Zu der Entscheidung liegt inzwischen der auf die weitere Beschwerde hin ergangene OLG Nürnberg, Beschl. v. 11.04.2022 –  Ws 250/22 – vor.

Hier noch einmal der Sachverhalt: Die Staatsanwaltschaft hat am 09.06.2020 Anklage wegen Steuerhinterziehung und wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt gegen den Angeklagten beim AG – Schöffengericht für Wirtschaftsstrafsachen – erhoben. Darin führte sie aus: „Von der Einziehung der Taterträge wird gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO abgesehen. Soweit die Verfolgung der Taten vorläufig gemäß § 154 Abs. 1 StPO eingestellt wurde, wird gemäß § 435 StPO von der selbständigen Einziehung abgesehen.“ Die entsprechende Verfügung der Staatsanwaltschaft datiert vom 03.06.2020. Nach Zustellung der Anklageschrift wurde mit Beschluss vom 08.07.2020 der bis dahin nicht mandatierte Rechtsanwalt zum Pflichtverteidiger des Angeklagten bestellt.

Nach unveränderter Zulassung der Anklage fand am 28.10.2020 die Hauptverhandlung statt. Die die Einziehung betreffende Verfügung der Staatsanwaltschaft vom 03.06.2020 wurde verlesen. In seinem Plädoyer beantragte der Beschwerdeführer u.a., gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3 StPO von einer Einziehung von Wertersatz abzusehen. Der Angeklagte wurde zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr zehn Monaten verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Eine Einziehungsentscheidung traf das AG nicht, außerdem war die Einziehung nicht Gegenstand sonstiger Erklärungen.

Der Rechtsanwalt hat die Festsetzung einer Gebühr nach Nr. 4142 VV RVG beantragt. Er habe seinen Mandanten ausführlich über die Möglichkeit einer Einziehung beraten. Das reiche für die Entstehung der Gebühr aus. Das sehen AG, LG und auch OLG anders:

„… Aus den zutreffenden Gründen der Vorinstanzen, insbesondere des Landgerichts Nürnberg-Fürth in dessen Beschluss vom 20.01.2022 und in der Nichtabhilfeverfügung vom 08.02.2022, denen sich der Senat anschließt, hat der Beschwerdeführer keinen Anspruch auf die beantragte Gebühr Nr. 4142 VV RVG. Es liegt keine diese Verfahrensgebühr auslösende Tätigkeit des Verteidigers vor.

1. Voraussetzung für das Entstehen einer solchen Verfahrensgebühr ist eine Tätigkeit für den Beschuldigten, die sich auf die Einziehung, dieser gleichstehender Rechtsfolgen (§ 439 StPO), die Abführung des Mehrerlöses oder auf eine diesen Zwecken dienende Beschlagnahme dient. Sinn der Einführung dieser Gebühr war, im Hinblick auf die Zunahme von Verfahren mit Einziehungs- oder Verfallerklärung und im Hinblick auf die erhebliche wirtschaftliche Bedeutung, die die Anordnung dieser Maßnahmen für den Beschuldigten haben kann, eine Aufgabe der Regelungen in §§ 83 ff. BRAGO und eine Vereinfachung der Gebührenberechnung (BT-Drs. 15/1971, 228).

2. Die Verfahrensgebühr wird auch durch eine bloß beratende Tätigkeit des Rechtsanwaltes ausgelöst (Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., zu Nr. 4142 VV Rn. 23 m.w.N.). Mit der Gebühr nach Nr. 4142 VV hat der Gesetzgeber dem Umstand Rechnung getragen, dass zu den im Strafprozess unumgänglichen Überlegungen zur Schuld- und Straffrage eine weitere, die Eigentums- und Vermögenslage des Mandanten berührende Thematik hinzugetreten ist, die in der Regel Mehrarbeit verursacht. Erforderlich, aber auch ausreichend ist eine nach Aktenlage gebotene Beratung des Mandanten (Burhoff/Volpert, ebenda, m.w.N.).

Davon ist aber – ausgehend von der Gesetzesbegründung – nur auszugehen, wenn die Frage der Einziehung naheliegt, entweder weil aufgrund der Aktenlage mit einem Einziehungsantrag in der Hauptverhandlung zu rechnen ist oder weil in der Anklage die Einziehung beantragt wurde. Hat die Staatsanwaltschaft gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 StPO das Verfahren auf die anderen Rechtsfolgen beschränkt und besteht kein Anhaltspunkt dafür, dass das Gericht die Wiedereinbeziehung der Einziehung anordnen könnte, ist eine Beratung des Angeklagten über die theoretische Möglichkeit der Einziehung durch seinen Verteidiger nicht geboten, so dass die Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG nicht anfällt.

3. Vorliegend bestand während des gerichtlichen Verfahrens für den Beschwerdeführer keine Veranlassung für eine Beratung; diese war nicht geboten.

a) Im Hinblick auf die angeklagten Taten hat die Staatsanwaltschaft gemäß § 421 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 3 StPO von der Einziehung abgesehen. Soweit die Staatsanwaltschaft von der Verfolgung weiterer Taten (Betrug/Solidaritätszuschlag) vorläufig nach § 154 Abs. 1 Nr. 1 StPO abgesehen hat, hat sie gemäß § 435 StPO von der selbständigen Einziehung abgesehen. In der Anklageschrift wurde die Einziehung von Wertersatz von der Staatsanwaltschaft nicht beantragt.

b) Damit war eine Einziehung oder eine dieser vergleichbaren Maßnahme nicht mehr Gegenstand des Strafverfahrens. Zwar hätte das Gericht gemäß § 421 Abs. 2 Satz 1 StPO die Wiedereinbeziehung der Einziehung in jeder Lage des Verfahrens, somit auch erst im weiteren Instanzenzug, anordnen können. Dies hätte aber eine entsprechende Anordnung des Gerichts vorausgesetzt.

c) Somit bestand unter keinem Gesichtspunkt Veranlassung, den Beschuldigten über die Möglichkeit der Einziehung zu beraten. Es ist auch nicht ersichtlich, woraus sich bei einer nicht im Raum stehenden Einziehung ein Haftungsrisiko des Verteidigers ergeben könnte.

4. Auch der Antrag des Beschwerdeführers im Rahmen seines Schlussvortrags, von der Einziehung von Wertersatz abzusehen, kann die Gebühr nicht auslösen, da er nicht veranlasst war. ….“

Dazu: Das OLG referiert zwar zutreffend, was bei „Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 6. Aufl., zu Nr. 4142 VV Rn. 23 m.w.N.“ u.a. steht, es zieht daraus m.E. aber nicht die zutreffenden Schlüsse, die dem vorliegenden Sachverhalt gerecht werden. Das hängt u.a. auch damit zusammen, dass mal wieder die Frage des Entstehens der/einer Gebühr mit der Frage der Erstattung/Festsetzung einer Gebühr vermengt wird. Die Problematik kennen wir bei der Verfahrensgebühr im Rechtsmittelverfahren in den Fällen der Beratung des Mandanten vor der Begründung des Rechtsmittels der Staatsanwaltschaft, wenn das anschließend zurückgenommen wird.

Im Übrigen: Die Gebühr ist hier auf jeden Fall durch die Beratung des Mandanten über die (verbliebenen) Möglichkeiten der Einziehung entstanden, unabhängig davon, dass die Einziehung nach § 435 StPO (zunächst) aus dem Verfahren ausgeschieden war, aber, worauf das OLG auch hinweist, jederzeit wieder hätte aufgenommen werden können. Dabei ist hier zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bis zur Pflichtverteidigerbestellung offenbar keinen anwaltlichen Beistand hatte. Es lag also, als der Rechtsanwalt als Pflichtverteidiger bestellt wurde, auch eine anwaltliche Beratung nahe. Insoweit ist auf die Sicht des Angeklagten abzustellen und nicht auf die des AG, LG oder OLG, die den Beratungsbedarf im Zweifel verneinen. Dass AG, LG oder OLG – hoffentlich – insoweit keinen Beratungsbedarf haben, ändert daran nichts und hätte der Festsetzung der Gebühr nicht entgegengestanden. Alles in allem m.E. mal wieder eine Entscheidung, der man anmerkt, dass dem Verteidiger die Gebühr Nr. 4142 VV RVG nicht „gegönnt“ wird.

Zusätzliche Verfahrensgebühr nach § 154er-Einstellung, oder: In der Kürze liegt die Würze

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Die zweite Entscheidung kommt aus Bayern. Das LG Nürnberg-Fürth hat im LG Nürnberg-Fürth, Beschl. v. 06.07.2022 – 12 KLs 503 Js 1439/14 – zur zusätzlichen Verfahrensgebühr nach Nr. 4141 VV RVG Stellung genommen.

Das Verfahen war nach § 154 StPO eingestellt worden. Der Kollege Urbanzyk, der mir den Beschluss geschickt hat, hat dann auch die Nr. 4141 VV RVG geltend gemacht. Die ist nicht festgesetzt worden. Dagegen dann die Erinnerung, die Erfolg hat. Das LG begnügt sich mit folgender kurzen Begründung:

„Die mit Festsetzungsbeschluss vom 09.05.2022 abgesetzte Gebühr gem. Nr. 4141 VV RVG in Höhe von 348,00 € ist wie beantragt zu gewähren, da hier eine vorläufige Einstellung des Verfahrensgem. § 154 Abs. 2 StPO erfolgt ist.

„Die Einstellung nach § 154 Abs. 1, 2 StPO ist einer endgültigen Einstellung gleichzusetzen.“ (Gerold/Schmidt, RVG VV 4141 Rn. 17, beck-online)

Hinzu kommt die Umsatzsteuer in Höhe von 19 % gem. Nr. 7008 VV RVG in Höhe von 66,12 €, so dass sich der festgesetzte Betrag auf 414,12 € beläuft.“

Das ist in der Kürze liegt die Würze. Mehr muss man da aber auch nicht schreiben, denn die Frage ist ausgekaut und von der Rechtsprechung zig-mal entschieden. Warum der Kostenbeamte dagegen dann Sturm läuft, erschließt sich nicht. Man könnte in solchen Fragen sich und anderen eine Menge Arbeit ersparen.

Die FE wird entzogen, der Führerschein “eingezogen”, oder: (Keine) zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142?

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Ich habe neulich über den AG Amberg, Beschl. v. 04.12.2021 – 7 Cs 114 Js 5614/18 (2) – berichtet (vgl. hier: Die FE wird entzogen, der Führerschein “eingezogen”, oder: Zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG?).

Das AG hatte in den Fällen der Einziehung des Führerschein(dokuments) bei der Entziehung der Fahrerlaubnis den Anfall der Nr. 4142 VV RVG bejaht und war von einem Gegenstandswert von 300 EUR ausgegangen. Der Kollege Jendricke, der die Entscheidung erstritten hatte, war wegen des Gegenstandswertes in die Beschwerde gegangen. Nun hat sich das LG Amberg im LG Amberg, Beschl. v. 18.05.2022 – 11 Qs 9/22 – geäußert. Es hat das Rechtsmittel verworfen und nimmt dabei auch zum Anfall der Nr. 4142 VV RVG Stellung genommen:

2. Die Beschwerde ist unbegründet.

Das Amtsgericht hat den Gegenstandswert für die Rechtsanwaltsgebühren zu Recht auf 300 € festgesetzt.

a) Zunächst ist festzustellen, dass nach Auffassung der Kammer für die Einziehung des Führerscheindokuments – entgegen der Entscheidung des Ausgangsgerichts – mangels gesetzlichen Gebührentatbestands keine Gebühr anfällt. VV 4142 RVG ist nicht einschlägig, da er den Entzug der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB nicht umfasst (OLG Koblenz, Beschluss vom 13. Februar 2006 – 2 Ws 98/06). Die Einziehung des Führerscheindokuments ist aber lediglich zwingende Folge des Entzugs der Fahrerlaubnis. Damit fällt auch diese nicht unter den Gebührentatbestand VV 4142 RVG.

Jedoch ist die Entscheidung des Amtsgerichts insoweit nicht durch die Staatskasse angefochten worden. Die Kammer hat daher nicht über den Anfall der Gebühr VV 4142 RVG zu befinden, sondern dieser steht im vorliegenden Verfahren fest.

b) Da aber über den Anfall der Gebühr in vorliegender Sache rechtskräftig entschieden ist, ist über einen Gegenstandswert zu befinden. Die Gebühr ist auf Grundlage eines Gegenstandswerts von 300 € zu berechnen.

Zur Vermeidung von Wiederholungen wird diesbezüglich auf den Beschluss des Ausgangsgerichts Bezug genommen, dem sich die Kammer anschließt.

Der Streitwertkatalog der Verwaltungsgerichtsbarkeit, der für Führerscheinsachen Klasse B, BE den Auffangwert von 5.000 € vorschlägt, ist einerseits nicht verbindlich und andererseits im vorliegenden strafgerichtlichen Verfahren nicht maßgeblich. Die Kammer sieht auch keine Veranlassung, den Auffangwert von 5.000 € für die Wertfestsetzung der Anwaltsgebühren heranzuziehen. Der Auffangwert ist grundsätzlich nur maßgeblich, wenn eine Schätzung in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte nicht möglich ist. Vorliegend ist jedoch eine Schätzung möglich.

Die Kosten für die Wiedererlangung des Führerscheindokuments, das eingezogen wurde, hat das Amtsgericht auf 300 € geschätzt. Diese Schätzung ist nicht zu beanstanden und folgt dem Vorschlag des Bezirksrevisors in seiner Stellungnahme vom 26.05.2021.

Maßgeblich waren insoweit die Verwaltungsgebühren, die für die Wiedererteilung eines Führerscheindokuments selbst anfallen – wie auch das Amtsgericht in seiner Entscheidung ausführt. Kosten, beispielsweise für eine MPU, sind bei der Wertfestsetzung insoweit nicht zu berücksichtigen. Letztlich sind diese erforderlich, weil die Fahrerlaubnis entzogen wurde, wofür aber nach allen Ansichten und auch nach Ansicht des Verteidigers keine Gebühr nach VV 4142 RVG anfällt. Dann können diese Kosten aber auch nicht für die Wertfestsetzung betreffend die Einziehung berücksichtigt werden. Die Einziehung des Führerscheindokuments ist lediglich sekundäre Folge des Entzugs der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB. Kosten für eine MPU beispielsweise fallen deshalb an, weil in erster Linie eine neue Fahrerlaubnis erteilt werden muss, die in gewissen Fällen lediglich bei Vorlage einer MPU-Bescheinigung erteilt wird.

Damit ist es nicht zu beanstanden, dass lediglich die Verwaltungskosten, die sich auch auf die Erstellung eines neuen Führerscheindokuments beziehen, für die Bemessung der Anwaltsgebühren herangezogen wurden.“

Damit liegt die erste landgerichtliche Entscheidung zur Höhe des Gegenstandswertes in diesen Fällen vor. Andere Gerichte und die Vertreter der Staatskasse werden die Entscheidung mit Freude lesen, scheint damit doch der Ansatz über den Streitwertkatalog vom Tisch zu sein. Aber immerhin: 300 EUR sind besser als nichts.

Im Übrigen: Nichts hätte es aber gegeben, wenn der Bezirksrevisor seine im Verfahren vertretene Auffassung, dass die Gebühr Nr. 4142 VV RVG in diesen Fällen, nicht anfällt, weiter verfolgt hätte. Man merkt dem Beschluss des LG an, wie traurig der entscheidende Einzelrichter ist, dass die Frage wegen fehlenden Rechtsmittels der Staatskasse nicht zur Entscheidung anstand. Damit hätte man es dann als Einzelrichter aber auch bewenden lassen sollen.

Denn warum „hängt man sich so weit aus dem Fenster“ und entscheidet eine Frage, die man gar nicht entscheiden muss?. Und es ist die Übertragung der Entscheidung auf die Kammer wegen grundsätzlicher Bedeutung gerade damit abgelehnt worden, dass die Frage des Anfalls der Gebühr nicht entschieden werden musste. Was soll dann also das obiter dictum? Und wenn schon ein obiter dictum in der Frage für erforderlich gehalten wird, dann darf man aber doch wohl eine vernünftige Begründung für die mitgeteilte Auffassung erwarten und nicht nur, dass die Einziehung des Führerscheindokuments lediglich zwingende Folge des Entzugs der Fahrerlaubnis sei und damit die Gebühr Nr. 4142 VV RVG nicht anfalle. Basta! Zudem setzt sich der Einzelrichter auch nicht mit entgegenstehender Rechtsprechung und Literatur auseinander. Auch das hätte man erwarten dürfen, wenn man schon meint, sich ungefragt äußern zu müssen. So überzeugt der Beschluss nicht, jedenfalls mich nicht.

Nochmals zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV, oder: Beratung im Ermittlungsverfahren reicht

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Ich habe neulich über den LG Braunschweig, Beschl. v. 14.12.2021 – 16 KLs 206 Js 37825/15 (57/18) berichtet, den mir der Kollege Funck aus Braunschweig geschickt hatte (vgl. hier: Einziehung I: Zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142, oder: Beratung im Ermittlungsverfahren). Das LG hatte in dem Beschluss – anders als das AG – die zusätzliche Verfahrensgebühr Nr. 4142 VV RVG festgesetzt. Das hat natürlich den Bezirksrevisor nicht ruhen lassen und er hat Rechtsmittel eingelegt.

Das OLG Braunschweig hat ihm dann im OLG Braunschweig, Beschl. v. 01.03.2022 – 1 Ws 38/22 – bescheinigt, dass die Festsetzung durch das LG richtig war:

„Das Landgericht ist zu Recht vom Vorliegen der Voraussetzungen des Gebührentatbestandes Nr. 4142 VV RVG ausgegangen und hat mit Beschluss vom 21. Januar 2022 die Höhe der Gebühr unter Zugrundelegung des vor dem 1. Januar 2021 geltenden Gebührenrechts zutreffend auf 447 € nebst 16 % Umsatzsteuer abgeändert.

Die Gebühr entsteht, wenn sich die Tätigkeit des Rechtsanwaltes auf eine Einziehung „bezieht“. Sie findet ihren Sinn darin, dass der besondere Einsatz des Rechtsanwaltes mit dem Ziel der Bewahrung des Eigentums des Mandanten wegen der sich häufig aufwändig und umfangreich gestaltenden Tätigkeit abgegolten werden soll (KG Berlin, Beschluss vom 18. Juli 2005, 5 Ws 256/05, juris, Rn. 8). Indes ist die Gebühr — unabhängig vom Umfang der entfalteten Tätigkeit des Rechtsanwaltes — als reine Wertgebühr ausgestaltet, die sich für den Pflichtverteidiger nach §§ 49, 13 Abs. 1 RVG bemisst (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 23. August 2007, 3 Ws 267/07, NStZ-RR 2007, 391).

Bereits die Beratung der Angeklagten durch den Verteidiger hat vorliegend die Gebühr ausgelöst. Insoweit kommt es nicht darauf an, dass es an einem Antrag der Staatsanwaltschaft oder an einer gerichtlichen Entscheidung fehlt. Es reicht vielmehr aus, dass nach Aktenlage die Einziehung ernsthaft in Betracht gekommen ist (Kremer in: Riedel/Sußbauer, RVG, 10. Aufl., VV 4142, Rn. 6). So liegt der Fall hier. Der Verteidiger hat in seinem Kostenfestsetzungsantrag vom 2. Oktober 2020 die Gebühr VV RVG 4142 mit „mögliche Einziehung d. Wertes d. Erlangten/Erörterung mit der Mandantin“ begründet. Anhaltspunkte dafür, dass diese Erörterung erst nach der Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft vom 4.10.2018, in der diese gem. § 421 Abs. 3 StPO von einer Einziehung abgesehen habe, stattgefunden habe und damit nicht (mehr) geboten gewesen wäre, bestehen nach Auffassung des OLG nicht. Das LG habe zu Recht darauf hingewiesen, dass der Verteidiger bereits 2 Jahre vor der Abschlussverfügung der Staatsanwaltschaft Akteneinsicht hatte und mithin davon ausgegangen werden könne, dass er unter gewissenhafter Erfüllung seiner Pflichten als Verteidiger die Angeklagte in den zwei Jahren vor der Abschlussverfügung hinsichtlich der in Betracht kommenden Einziehung von Vermögenswerten beraten hat.“

Tja, wer nicht hören kann/will, muss fühlen. 🙂

Wie muss an der Einstellung mitgewirkt werden?, oder: Sind „fallbezogene Erwägungen“ erforderlich?

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Am Gebührenfreitag dann zunächst der AG Dresden, Beschl. v. 09.03.2022 – 217 OWi 635 Js 16243/21. Er behandelt die Frage des Entstehens der zusätzlichen Verfahrensgebühr Nr. 4141 VV RVG und beantwortet die Frage – das schon mal vorab – m.E. falsch.

Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Am 11.07.2020 kam es in Dresden zu einem Verkehrsunfall, an dem der vom Betroffenen geführte Pkw und ein Radfahrer beteiligt waren. Gegen den Betroffenen wurde deswegen ein Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung geführt, das die Staatsanwaltschaft mit Verfügung vom 25.09.2020 eingestellt und das Verfahren gem. § 43 OWiG an die Verwaltungsbehörde abgegeben hat. Daraufhin wurde gegen den Betroffenen durch Bußgeldbescheid vom 10.11.2020 eine Geldbuße von 55,00 EUR festgesetzt.

Nachdem der Verteidiger des Betroffenen sich bereits im Ermittlungsverfahren am 09.09.2020 angezeigt und mit der Begründung, der Vorwurf sei nicht nachzuweisen, beantragt hatte, das Verfahren einzustellen, legte er am 17.11.2020, diesmal ohne weitere Begründung, Einspruch ein. Mit Beschluss vom 13.08.2021 hat das AG das Verfahren gem. § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt und die Kosten des Verfahrens und die notwendigen Auslagen des Betroffenen der Staatskasse auferlegt.

Im Rahmen der Kostenfestsetzung hat der Verteidiger auch die Festsetzung einer Gebühr Nr. 5115 VV RVG beantragt. Die Festsetzung dieser Gebühr wurde abgelehnt. Gegen die Versagung der Gebühr hat der Verteidiger erinnert. Seine Erinnerung hatte keinen Erfolg:

„Der Verteidiger hat keinen Anspruch auf die begehrte Verfahrensgebühr nach Nr. 5115 VV RVG.

Der Verteidiger hat diese besondere Erledigungsgebühr nur dann verdient, wenn er sich erkennbar mit dem Fall zumindest inhaltlich auseinandergesetzt hat auch wenn sein Vorbringen für die endgültige Einstellung nicht kausal zu sein braucht. Unbeachtlich ist auch, wann die Einlassung erfolgt – ob oder gegebenenfalls nur – im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren oder erst gesondert im Bußgeldverfahren, denn es ist anerkannt, wie der Verteidiger zutreffend ausführt, dass eine Tätigkeit „aus einem früheren Verfahrensabschnitt fortwirkt und dann später zur Einstellung führt“.

So stellt das viel zitierte Urteil des Bundesgerichtshofs vom 18.09.2008, IX ZR 174/07, fest: „Es wäre reine Förmelei, für das Entstehen der Erledigungsgebühr gesonderte, an die Bußgeldbehörde gerichtete Schriftsätze zu verlangen, die möglicherweise den bereits gegenüber der Staatsanwaltschaft gehaltenen Vortrag wiederholen;

Irrig ist aber die Auffassung des Anwaltes, „für das Entstehen der Gebühr genügt jedes aktive Mitwirken des Verteidigers“.

Denn auch in der zitierten Entscheidung, die einen gleichgelagerten Sachverhalt zum Gegenstand hatte – auch dort wurde das ursprüngliche Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Körperverletzung anlässlich einer Vorfahrtsverletzung zunächst von der Staatsanwaltschaft, später nach Abgabe an die Verwaltungsbehörde, dort eingestellt – hatte sich der Anwalt in zwei Schriftsätzen mit konkreten, auf den Unfallhergang bezogenen Erwägungen sowohl zum Vorwurf einer fahrlässigen Körperverletzung als auch den des fahrlässigen Vorfahrtsverstoßes befasst.

Nach den Vorgaben dieser Entscheidung hat der Verteidiger vorliegend zu wenig geleistet, um sich die begehrte Gebühr verdient zu haben. Im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren beschränkte sich seine Tätigkeit in seiner schriftlichen Stellungnahme vom 09.09.2020, nur auf die Erklärung, „aus hiesiger Sicht ist bis zum heutigen Tage der Vorwurf meines Mandanten nicht nachgewiesen“. Dies ist keine auf den Unfallhergang bezogene Erwägung im oben genannten Sinn, zumal der Verteidiger diese Ausführung noch vor Erhalt der Akteneinsicht abgegeben hatte. Im Bußgeldverfahren hatte der Verteidiger seinen Einspruch zudem nicht begründet.“

Wie gesagt: M.E. falsch. Denn nach allgemeiner Meinung in der Rechtsprechung reicht als Mitwirkung i.S. der Nr. 5115 VV RVG bzw. der 4141 VV RVG jede zur Förderung der Einstellung geeignete Tätigkeit aus (s. u.a. BGH, a.a.O.). Eine besondere Qualität der Tätigkeit, wie offenbar das AG Dresden meint, ist nicht erforderlich. Insbesondere muss der Verteidiger den Einspruch und/oder einen Einstellungsantrag nicht besonders begründen. Diese Forderung stünde auch im diametralen Gegensatz dazu, dass allein die Mitteilung, dass der Mandant schweigen werde, als Mitwirkung ausreicht, wenn dann das Ermittlungsverfahren eingestellt wird. Offenbar war es hier ja auch so, dass die Erklärung im Ermittlungsverfahren dazu geführt hat, dass die Staatsanwaltschaft das Strafverfahren eingestellt und dann das Verfahren an die Bußgeldbehörde abgegeben hat. Dort wirkte die Erklärung dann offenbar so nach, dass auch das AG eingestellt hat. Die Gebühr Nr. 5115 VV RVG hätte also festgesetzt werden müssen.