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Der „taktische Verzicht“ auf die Fahrerlaubnis

© J. Steiner - Fotolia.com

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Taktik/taktieren ist nicht immer so einfach, wie man sich das denkt. Das gilt vor allem auch, wenn es um den Erhalt bzw. die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis geht. das musste sich jetzt ein Fahrerlaubnisinhaber vom OVG Niedersachsen im OVG Niedersachen, Beschl. v. 09.10.2013 – 12 ME 156/13 – sagen lassen. Dort war auf die Fahrerlaubnis bei einem Punktestand von 13 Punkten verzichtet worden. Als später die Fahrerlaubnis wiedererteilt wird, besteht der Fahrerlaubnisinhaber auf Löschung der Punkte:

Das OVG lehnt das unter Hinweis auf das BVerwG, Urt. v. 03.03.2011 – 3 C 1.10 – ab:

Die dargelegten Gründe, die der Senat gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO allein zu prüfen hat, geben keinen Anlass, den Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern. Der Senat teilt nach summarischer Prüfung die Einschätzung des Verwaltungsgerichts, dass der Antragsgegner vorliegend zu Recht die Fahrerlaubnis des Antragstellers auf der Grundlage des § 4 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 StVG entzogen hat. Nach der genannten Vorschrift gilt der Betroffene als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen, wenn sich 18 oder mehr Punkte ergeben; die Fahrerlaubnisbehörde hat die Fahrerlaubnis zu entziehen. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung des Antragsgegners waren – wie sich im Einzelnen auch aus dem angefochtenen Bescheid vom 12. Juni 2013 ergibt – für den Antragsteller mehr als 18 Punkte im Verkehrszentralregister eingetragen. Es lagen keine Umstände vor, die – abgesehen von der erfolgten Löschung der mit einem Punkt bewehrten Geschwindigkeitsüberschreitung vom 3. September 2007 – zu einer weiteren Löschung geführt oder gezwungen hätten. Im Einzelnen:

Nach Auffassung des Senats ist durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 3. März 2011 (- 3 C 1.10 -, BVerwGE 139, 120, […]) hinreichend geklärt, dass ein Verzicht auf die Fahrerlaubnis jedenfalls in Fällen der vorliegenden Art nicht eine Löschung von Punkten gemäß § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG zur Folge hat. Nach der genannten Vorschrift werden, wenn die Fahrerlaubnis entzogen oder eine Sperre (§ 69a Abs. 1 Satz 3 StGB) angeordnet worden ist, die Punkte für die vor dieser Entscheidung begangenen Zuwiderhandlungen gelöscht. Das Bundesverwaltungsgericht hat hierzu im angeführten Urteil ([…] Rdn. 10 ff.) ausgeführt:…..

Diese Regelung (Anm. hier: § 4 Abs. 2 Satz 3 StVG) kann weder durch analoge Anwendung noch … im Wege einer verfassungskonformen Auslegung auf Fälle eines Fahrerlaubnisverzichtes erstreckt werden…..

Dem Fahrerlaubnisverzicht kommt also eine punktelöschende Wirkung jedenfalls dann nicht zu, wenn der Betroffene auf seine Fahrerlaubnis bei einem Stand von 13 Punkten verzichtet. Und – so auch das OVG: Eine solche Wirkung tritt auch im Fall der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis nach Durchführung einer medizinisch psychologischen Untersuchung jedenfalls dann nicht ein, wenn damit nicht die maßgeblichen Zweifel an der Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen umfassend ausgeräumt werden.

Keine MPU, aber….

Eine MPU als Nachweis der Wiederherstellung der Kraftfahreignung ist erforderlich , wenn die Eignung aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls bereits ohne eine Begutachtung festgestellt werden kann, so das OVG Münster, Urt. v. 02.08.2011 – 16 A 1472/10.

Eine Ausnahme von dem Regelerfordernis, den Nachweis der Wiederherstellung der Kraftfahreignung durch ein medizinisch-psychologisches Gutachten zu führen, liege vor, wenn die wiederhergestellte Eignung (bzw. die fortbestehende Nichteignung) des Fahrerlaubnisneubewerbers aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls bereits ohne eine Begutachtung festgestellt werden könne, mithin die Regelvermutung der Erforderlichkeit weiterer Ermittlungen nicht greift.

Auch dann, wenn der Strafrichter im Einzelfall die Eignung eines Betroffenen positiv feststelle, folge allein daraus aber kein Anspruch auf (Neu-)Erteilung der Fahrerlaubnis, weil hierüber im Strafverfahren nicht entschieden werden könne. Die Behörde müsse in Beantwortung der Frage nach der Notwendigkeit weiterer Sachaufklärung zwar die Entscheidung des Strafrichters berücksichtigen. Gleichwohl bleibe sie nach der gesetzlichen Zuständigkeitsverteilung zwischen Straf- und Verwaltungsverfahren zu einer eigenverantwortlichen Prüfung der Kraftfahreignung ermächtigt und verpflichtet.

 

Abkürzung der Sperrfrist – so ganz häufig gibt es das ja nicht

Die Abkürzung der Sperrfrist für die Wiedererteilung der Fahrerlaubnis (§ 69a Abs. 7 StGB) – so ganz häufig sind diese Fälle in der Praxis ja nicht. Deshalb ist der Beschl. des LG Erfurt v. 25.05.2011 – 7 Qs 135/11 einen Hinweis wert. Das AG hatte den Antrag des Verurteilten abgelehnt, das LG hat dann auf die Beschwerde hin um einen Monat verkürzt (nicht viel viel, aber immerhin). Aus der Begründung:

…Auch wenn einem Betroffenen nach einer Trunkenheitsfahrt mit hoher Blutalkoholkonzentration (hier: 2,04 Promille) die Fahrerlaubnis entzogen und eine Sperre für die Wiedererteilung von hier sechs Monaten angeordnet worden ist, kann die Sperre gemäß § 69 a Abs. 7 StGB vorzeitig aufgehoben werden, wenn aufgrund erheblicher neuer Tatsachen zum Zeitpunkt der Beschlussfassung bzw. Beschwerdeentscheidung Grund zu der Annahme besteht, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen nicht mehr ungeeignet ist. Besondere Berück­sichtigung kann hierbei finden, dass der Täter durch eine Nachschulung oder ein Aufbauseminar für alkoholauffällige Täter eine risikobewusstere Einstellung im Straßenverkehr entwi­ckelt hat (vgl. LG Berlin, Beschluss vom 02.08.2010, 533 Qs 97/10, zit. Nach Juris).

Für eine vorzeitige Aufhebung der Sperrfrist gemäß § 69 a Abs. 7 StGB spricht im vorliegen­den Fall die mit der Beschwerde vorgelegte Bestätigung der DEKRA vom 11.04.2011. Da­nach hat der Verurteilte in der Zeit vom 07.02. bis zum 02.03.2011 an einer verkehrspsychologischen Intervention teilgenommen, die drei Einzelgespräche zu je 90 Minuten umfasste. Ziel jener Maßnahme war es, die Voraussetzungen für ein verkehrsgerechtes Verhalten so zu verbessern, dass die Wahrscheinlichkeit eines erneuten Trunkenheitsdeliktes vermindert wird. Insbesondere wurden, wie die Bescheinigung aufzeigt, die Ursachen der Alkoholauffälligkeit diskutiert.

Der die Bescheinigung ausstellende Dipl.-Psychologe K.M. bestätigt, dass der Verurteilte regelmäßig und pünktlich die Sitzungen besucht und aktiv an den Gesprächen teilgenommen hat. Es sei ein deutliches Bemühen erkennbar gewesen, Einstellungen und Verhaltensweisen zu überdenken und zu ändern. Dem Verurteilten könne eine in diesem Sinne erfolgreiche Kursteilnahme bescheinigt werden.

Die Kammer hält dem Verurteilten zugute, dass er an der verkehrspsychologischen Interven­tion freiwillig und aus eigenem Antrieb teilgenommen und dabei finanziellen und zeitlichen Aufwand auf sich genommen hat. Es steht zu hoffen, dass der Verurteilte seine Trinkgewohnheiten mittlerweile geändert hat bzw. bei vorangegangenem Alkoholkonsum nicht mehr fahren wird.“