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Falschparker aufgepasst – mit vielen Knöllchen ist der Führerschein futsch

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Nach der PM des VG Berlin Nr. 38 v. 13.09.2012 kamm man notorischen Falschparkern nur raten, vielleicht besser doch nach einem (zulässigen) Parkplatz zu suchen. Denn das VG Berlin hat jetzt in seinem VG Berlin, Beschl. v. 13.09.2012 – 4 L 271/12 entschieden: Hartnäckiges Falschparken kann den Führerschein kosten. In der PM heißt es:

Eine Fahrerlaubnis kann nach einem Eilbeschluss des Verwaltungsgerichts Berlin ungeachtet der im Verkehrszentralregister eingetragenen Punktzahl auch dann entzogen werden, wenn der Fahrerlaubnisinhaber nur bloße Ordnungsvorschriften hartnäckig nicht einhält.

Zwischen November 2010 und Juni 2012 waren mit zwei auf den Antragsteller zugelassenen Fahrzeugen insgesamt 144 Verkehrsordnungswidrigkeiten (127 Parkverstöße, 17 Geschwindigkeitsüberschreitungen) begangen worden. Daraufhin entzog das Landesamt für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten sofort vollziehbar die Fahrerlaubnis des Antragstellers. Dieser machte hiergegen geltend, Parkverstöße brächten keine Gefahr für die Sicherheit der anderen Verkehrsteilnehmer mit sich. Die Verstöße hätten zum größten Teil seine Mitarbeiter verursacht. Soweit er das Fahrzeug gefahren habe, seien lediglich 42 Verstöße auf ihn zurückzuführen. Die von ihm begangenen Parkuhrverstöße hätten häufig ihren Grund darin, dass er entweder keine Zeit oder aber kein Münzgeld gehabt habe.

Die 4. Kammer des Verwaltungsgerichts bestätigte die Entscheidung der Behörde. Eine Fahrerlaubnis könne nicht nur bei Eintragungen im Verkehrszentralregister, sondern auch demjenigen entzogen werden, der sich aus anderen Gründen als ungeeignet erwiesen habe. Verstöße gegen Vorschriften des ruhenden Verkehrs seien für die Beurteilung der Fahreignung relevant, wenn sie sich über einen längeren Zeitraum derart häuften, dass dadurch eine laxe Einstellung und Gleichgültigkeit gegenüber Verkehrsvorschriften jedweder Art offenbar werde. Dies sei dann anzunehmen, wenn – wie hier – auf ein Jahr gesehen nahezu wöchentlich ein geringfügiger Verstoß anfalle. Der Antragsteller verkenne die von ihm ausgehende Gefahr, die in seiner unangemessenen Einstellung zu den im Interesse eines geordneten Straßenverkehrs erlassenen Rechtsvorschriften liege. Die nicht von ihm begangenen Verstöße habe er jedenfalls ermöglicht, weil er als Halter das rechtswidrige Verhalten Dritter mit auf seinen Namen zugelassenen Fahrzeugen nicht rechtzeitig und im erforderlichen Umfang unterbunden habe.

127 Parkverstöße. Das ist doch mal was. 🙁

Na sowas: VG Berlin verhindert die Rettung der Welt/der Frauen-Fußball-WM, und nun?

Der Kollege Hoenig hat heute über den Essener Kollegen berichtet, der mit einem Antrag an das VG Berlin einen (behaupteten) Terroranschlag auf den Frauen-Fußball verhindern wollte (vgl. hier und auch hier). Und hier habe ich dann den dazu gehörenden Beschluss des VG Berlin, v. 17.06.2011 – 1 L 195/11 gefunden. Also schon am 17.06.2011 entschieden. Wir wissen ja gar nicht, in welcher Gefahr wir leben.

Na, dann hoffen wir mal, dass heute Abend alles gut geht und der Kollege Hoenig sich nicht doch noch auf den Weg auf die A 2 machen muss. Wenn es nicht klappt: Er kann sich ja dann an das VG Berlin wenden 🙂

Das Fahrtenbuch und der Fuhrpark des häuslichen Pflegedienstes

Über die Ticker gelaufen ist vor einigen Tagen die PM des VG Berlin v. 27.05.2011 – zum VG Berlin, Urt. v. 05.04.2011 – 11 K 128.11, in dem es um die Fahrtenbuchauflage für den Fuhrpark eines häuslichen Pflegedienstes ging. Das Fahrtenbuch für einen „Fuhrpark“ ist ja immer so ein Problem. In der PM heißt es:

Bei mehreren unaufgeklärt gebliebenen Verkehrsverstößen mit verschiedenen auf einen Halter zugelassenen Firmenfahrzeugen kann eine auf den gesamten Fahrzeugpark bezogene Fahrtenbuchauflage zulässig sein. Mit dieser Begründung hat das Verwaltungsgericht Berlin die Klage eines Unternehmens abgewiesen, das sich gegen eine solche Auflage gewehrt hatte.

Die Klägerin betreibt einen häuslichen Alten- und Krankenpflegedienst mit einem Fuhrpark hochwertiger Fahrzeuge. Zwischen März 2010 und September 2010 wurden mit dreien der Fahrzeuge (Daimler Chrysler ML 320, Daimler Chrysler GL 320, Land Rover Discovery) vier erhebliche Geschwindigkeitsverstöße (bis zu 50 km/h über dem zulässigen Wert auf Bundesautobahnen) begangen. Die Fahrer konnten jeweils nicht ermittelt werden, nachdem die Inhaberin der Firma entweder keine Angaben zum Fahrzeugführer gemacht oder aber angegeben hatte, die Fahrer wohnten in Lettland bzw. Russland. Die Klägerin rügte insbesondere die Unverhältnismäßigkeit der daraufhin verfügten, alle Fahrzeuge umfassenden Fahrtenbuchauflage.

Die 11. Kammer des Verwaltungsgerichts hielt die Auflage demgegenüber für rechtmäßig. Vier erhebliche Verstöße innerhalb von nur 5 ½ Monaten rechtfertigen ohne Weiteres die getroffenen Maßnahmen. Die Klägerin habe jede Kooperation kategorisch verweigert, um die ihr offensichtlich bekannten Tatzeitfahrer vor einer Ahndung des grob verkehrswidrigen Verkehrsverhaltens zu schützen. Es sei unglaubhaft, dass die Geschäftsführung von den Fernfahrten mit derart hochwertigen Premiumfahrzeugen keine Kenntnis gehabt haben solle. Die Maßnahme sei trotz fehlender Angaben zu konkreten Fahrzeugen auch hinreichend bestimmt, da die Klägerin wisse, welche Autos auf sie zugelassen seien. Da die Klägerin die Fahrzeuge in der Vergangenheit häufig ausgewechselt habe, müsse der Beklagte die Möglichkeit haben, diese Änderungen durch Fahrtenbuchauflage in einem Bescheid zu erfassen, ohne wöchentlich den Fahrzeugbestand zu prüfen und jeweils durch neue Bescheide zu reagieren.

Gegen das Urteil ist der Antrag auf Zulassung der Berufung an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zulässig.“

Fahrtenbuchauflage: Nichts Besonderes

An sich nichts Besonderes (mehr), aber eine Meldung dann doch noch wert. Das VG Berlin, Urt. v. 09.02.21011 – 11 K 459.10 sagt:

„Einer Fahrtenbuchauflage kann die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum ungerechtfertigten Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung durch Aufzeichnungen des fließenden Verkehrs nicht entgegengehalten werden, wenn der festgestellte Verkehrsverstoß tatsächlich auf einer verdachtsabhängig gefertigten Messung beruht. Davon ist auszugehen, wenn die Messung mit dem standardisierten Messverfahren des Leivtec XV2 durchgeführt worden ist, das bereits langjährig in polizeilichem Einsatz befindlich ist und ausschließlich zur Fertigung verdachtsabhängiger Aufnahmen genutzt werden kann.“

Da war doch mal was? Ja sicher: 2 BvR 941/08, inzwischen aber auch kein Knaller mehr.

Diszipinarverfahren – mal was anderes

Disziplinarverfahren – mal was anderes? Ja, etwas Gebührenrechtliches, und zwar vom VG Berlin. Dieses hat in seinem Beschl. v. 05.11.2010 – 60 KE 2.10 darauf hingewiesen, dass bei der Abrechnung ein pauschaler Aufschlag von 20 Prozent auf die Mittelgebühr der dem Rechtsanwalt in Disziplinarverfahren zustehenden Gebühren unzulässig ist.

Das gilt übrigens nicht nur für das Disziplinarverfahren, sondern auch für alle anderen Bereiche, in denen Rahmengebühren geltend gemacht werde. Vielfach wird das von Verteidigern/Rechtsanwälten aber falsch gemacht, wenn sie bei der Abrechnung die Mittelgebühr zugrunde legen und dann 20 % aufschlagen. Richtig ist es vielmehr in den durchschnittlichen Fällen vom Mittelwert des jeweiligen Rahmens auszugehen. Ein Spielraum für die Erhebung einer höheren Gebühr als der Mittelgebühr besteht erst und nur, wenn besondere Umstände eine Erhöhung über den Mittelwert hinaus rechtfertigen. Es gibt keinen allgemeinen Zuschlag zur Mittelgebühr von 20 Prozent. Eine Erhöhung der Mittelgebühr ist nur zulässig und wird nur dann anerkannt, wenn besondere Umstände für eine Erhöhung über den Mittelwert vorgetragen werden oder sich sonst aus der Akte ergeben.