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Wird eine höhere als die RVG-Vergütung erstattet, oder: Nein, sagt der BGH

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Heute ist Karfreitag, also Feiertag. Aber der ein oder andere Kollege wird vielleicht doch (auch) arbeiten. Daher fahre ich hier das ganz normale Programm, also, da Freitag ist, gebührenrechtliche Entscheidungen.

Und ich starte mit dem BGH, Beschl. v. 24.01.2018 – VII ZB 60/17, der seit einigen Tagen auf der Homepage des BGH veröffentlicht ist. Entschieden hat der BGH über die Frage der Erstattung einer in einer Vergütungsvereinbarung vereinbarten höheren Vergütung als die sog. gesetzliche Vergütung. Ergangen ist die Entscheidung nach einem Zivilrechtsstreit, in dem die Beklagten von der Klägerin auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 3,2 Mio € nebst Zinsen in Anspruch genommen worden waren. Die Klage ist abgewiesen worden. In dem rechtskräftig gewordenen Urteil hat das LG der Klägerin die Kosten auferlegt. Im Kostenfestsetzungsverfahren haben die Beklagten dann Kosten i.H.v. 4.819 € für eine Anschlussdeckung der Beklagtenvertreter bezüglich deren Vermögensschadenshaftpflichtversicherung geltend gemacht. Hintergrund dafür ist/war: Die Beklagtenvertreter hatten einen „Versicherungsstammvertrag mit einer Deckungssumme in Höhe von 2 Mio. EUR abgeschlossen. Aufgrund des hohen Streitwerts hatten die Beklagtenvertreter mit den Beklagten vereinbart, dass vorsorglich eine Einzelfallabsicherung über weitere 1,5 Mio. EUR abgeschlossen wird und dass die hierauf entfallende Prämie Bestandteil der geschuldeten Vergütung sein sollte. Diese Kosten sind weder vom LG noch vom OLG festgesetzt worden. Die Beklagten hatten mit ihrem Antrag dann schließlich auch beim BGH keinen Erfolg. Aus der Begründung:

„Hinsichtlich des prozessualen Kostenerstattungsanspruchs nach § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO gehen die Rechtsprechung und die Literatur fast einhellig davon aus, dass als erstattungsfähige „gesetzliche Gebühren und Auslagen“ lediglich die Regelsätze des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes zu erstatten sind und nicht ein aufgrund einer Honorarvereinbarung mit dem Rechtsanwalt übersteigendes Honorar (BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – IX ZR 197/14, NJW 2015, 3447 Rn. 56; offengelassen von BGH, Beschluss vom 13. November 2014 – VII ZB 46/12, NJW 2015, 633 Rn. 18 f. mit Nachweisen des Streitstands; vgl. auch BGH, Urteil vom 23. Januar 2014 – III ZR 37/13, BGHZ 200, 20 Rn. 49) und dass die unterliegende Partei Mehrkosten aufgrund eines vereinbarten Honorars auch nicht nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO zu erstatten hat (vgl. BGH, Beschluss vom 14. September 2004 – VI ZB 22/04, NJW-RR 2005, 499, juris Rn. 8; Rosenberg/Schwab/Gottwald, Zivilprozessrecht, 17. Aufl., § 85 Rn. 14; BVerfGE 118, 1, 18 f., juris Rn. 75 ff., zur Anbindung der Erstattungspflicht an die gesetzliche Vergütung; Hau, JZ 2011, 1047, 1050; a.M. Gerold/Schmidt/Mayer, RVG, 23. Aufl., § 3a Rn. 75)….“

Der BGH argumentiert dann „historisch“ mit „der Gebührenordnung für Rechtsanwälte in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Juli 1927 (RGBl. I S. 162, 170″ und mit der Ergänzung des § 91 Abs. 2 Satz 1 ZPO durch Einfügung des Wortes „gesetzlichen“ im Jahr 1957.  Danach – so der BGH – sollte es dabei bleiben, dass die unterliegende Partei bezüglich einer vereinbarten Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt, keine prozessuale Kostenerstattungspflicht trifft. Und dann:

„Es ist nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber hiervon abrücken wollte, als im Jahr 2004 das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz an die Stelle der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte getreten ist (vgl. Hau, JZ 2011, 1047, 1050). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der im Jahr 2008 in das Rechtsanwaltsvergütungsgesetz eingefügten Vorschrift des § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG. Danach hat eine Vereinbarung über die Vergütung einen Hinweis unter anderem darauf zu enthalten, dass die gegnerische Partei im Falle der Kostenerstattung regelmäßig nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss. Die Gesetzesbegründung zu § 3a RVG geht insoweit davon aus, dass die rechtsuchende Person die vereinbarte Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt, grundsätzlich selbst tragen muss (vgl. BT-Drucks. 16/8384, S. 10). Es kann nicht angenommen werden, dass der Gesetzgeber mit der bloßen Statuierung einer Hinweispflicht in § 3a Abs. 1 Satz 3 RVG die Regeln der prozessualen Kostenerstattung gemäß § 91 ZPO abändern wollte. Der Hinweis darauf, dass die gegnerische Partei im Falle der Kostenerstattung „regelmäßig“ nicht mehr als die gesetzliche Vergütung erstatten muss, ist auch dann sinnvoll, wenn die unterliegende gegnerische Partei keine prozessuale Kostenerstattungspflicht bezüglich einer vereinbarten Vergütung, soweit diese die gesetzliche Vergütung übersteigt, trifft. Denn nach der Rechtsprechung kann derjenige, der sich schadensersatzpflichtig gemacht hat, in bestimmten Fällen materiellrechtlich verpflichtet sein, höhere Aufwendungen aus einer anwaltlichen Honorarvereinbarung zu erstatten (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juli 2015 – IX ZR 197/14, NJW 2015, 3447 Rn. 58; Urteil vom 23. Oktober 2003 – III ZR 9/03, NJW 2003, 3693, 3697, juris Rn. 49; Urteil vom 14. Mai 1962 – III ZR 39/61, LM § 839 (D) BGB Nr. 18 Bl. 2, juris Rn. 11).“

Eine auch für Verteidiger „unschöne“ Entscheidung. Denn sie schreibt letztlich – auch die im Strafrecht – h.M. fest, wonach eine die gesetzliche Vergütung übersteigende vereinbarte Vergütung nicht erstattungsfähig ist. Hoffnung, dass sich das mal ändert, kann man m.E. jetzt kaum noch haben.

Ich habe da mal eine Frage: Sind das zulässige Inhalte einer Vergütungsvereinbarung?

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Gerade rechtzeitig für das heutige RVG-Rätsel ist gestern die Anfrage eines Kollegen gekommen, der an einer Vergütungsvereinbarung „bastelt“, und zwar wie folgt:

„….ich wälze das RVG-Buch und auch das zur strafrechtlichen Nachsorge, bleibe aber bei der Überarbeitung meiner Vergütungsvereinbarung an zwei (eigentlich drei) Punkten hängen:

Im Handbuch strafrechtliche Nachsorge findet sich ein Beispiel für eine VV auf Stundenbasis, darin wird abgerechnet im 30-Min-Takt bei einem Stundensatz von 280 Euro. Im RVG-Handbuch ist eine Entscheidung zitiert, wonach eine 15-Min-Takt Abrechnung bei  einem Stundensatz von 400 DM (230 Euro) sittenwidrig sei (OLG Düsseldorf, RVGreport 2006, 420; auch nochmal  bestätigt mit Urteil vom 18.2.2010; a.A: OLG Schleswig, AnwBl. 2009, 554). Es wird zwar darauf hingewiesen, daß andere Gerichte großzügiger sind (u.a. OLG Schleswig aaO und ausnahmsweise auch mal LG München, das bei 15 Minuten keine Bedenken hat), aber ist die 30-Min-Taktung schon irgendwo mal „durchgewunken“ worden? Ich finde nichts dazu.

Ich frage mich, ob es zulässig ist, und wenn ja, wie, einen Sockelbetrag in jedem Falle zu sichern, also etwa „Stundensatz iHv 250 Euro, aber mindestens ein Sockelbetrag als Pauschale in Höhe von 2.500 Euro; sobald ein Zeitaufwand von mehr als 10 Stunden anfällt, erfolgt die Vergütung nach Stunden.“ – im Hinblick auf die AGB-Rechtsprechung könnte das ja problematisch sein wegen der ungleichen Risikoverteilung zulasten des Mdt: er muss auf jeden Fall 2.500 Euro zahlen, auch wenn ich nur 30 min arbeite, aber wenn ich 10h 30min arbeite, muss er 2.625 Euro zahlen. Er hat also keine Chance, „günstiger“ wegzukommen, ich hingegen schon, für weniger Arbeit mehr Geld zu bekommen.

In München verlangen manche Kanzleien eine Art „Eintrittsgeld“, also die Zahlung eines Betrages X nur dafür, daß der Anwalt überhaupt das Mandat ANNIMMT. Ist sowas zulässig? Ob das dann fair / sachgerecht ist, darüber kann man sicher trefflich streiten…“.

Das muss ich mir auch erst mal überlegen 🙂 .

Gebührenvereinbarung/Vergütungsvereinbarung? – das kann von Bedeutung sein

RVG GeldregenDas OLG Karlsruhe, Urt. v. 20.01.2015 – 19 U 99/14 – ist nicht nur für Strafverteidiger, sondern für alle Rechtsanwälte von Interesse, die nicht nach den gesetzlichen Gebühren abrechnen wollen. Es behandelt nämlich die Frage der Abgrenzung der – formfreien – Gebührenvereinbarung (§ 34 RVG) von der – formgebundenen – Vergütungsvereinbarung (§ 3a RVG). Und: Es setzt sich mit dem Begriff des „deutlichen Absetzens“ in § 3a Abs. 1 Satz 2 RVg auseinander. Dazu folgende Leitsätze:

  1. Eine – besonderen Formvorschriften unterliegende – Vergütungsvereinbarung liegt vor, wenn zwischen Anwalt und Mandant eine höhere oder niedrigere als die gesetzlich festgelegte Vergütung vereinbart werden soll. Fehlt es an gesetzlich festgelegten Gebühren, handelt es sich bei einer Honorarregelung um eine Gebührenvereinbarung.
  2. Das Tatbestandsmerkmal des „deutlichen Absetzens“ in § 3a Abs. 1 Satz 2 RVG umschreibt das Gebot einer räumlichen Trennung der Vergütungsvereinbarung von den „anderen Vereinbarungen“ in ihrer Gesamtheit. Um diesem Dualismus Rechnung zu tragen, bedarf es keiner drucktechnischen Hervorhebung. Jedoch muss die Vergütungsvereinbarung sich in ihrer Gesamtwirkung so deutlich vom übrigen Vertragstext abheben, dass sie dem Vertragspartner die Rechtslage unübersehbar zur Kenntnis bringt.

Bisher hatte es übrigens obergerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, was unter einem „deutlichen Absetzen“ i.S. des § 3a Abs. 1 S. 2 RVG zu verstehen ist, noch nicht gegeben. Die vom OLG gefundene Lösung ist nachvollziehbar und überzeugend. Dazu werden wir wahrscheinlich dann demnächst etwas vom BGH hören, da das OLG die Revision zugelassen hat.

Stundensatz von 300,– €/Stunde – passt….

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Obergerichtliche Entscheidungen, die sich mit dem angemessenen Stundensatz in einer Vergütungsvereinbarung befassen, sind nicht so häufig. Daher bin ich immer froh, wenn ich auf eine Entscheidung stoße, die dazu etwas sagt und mit der ich dann meine Sammlung und/oder den RVG-Kommentar vervollständigen kann. So das OLG Karlsruhe, Urt. v. 28.08.2014 – 2 U 2/14, das sich nicht nur zur Höhe des Stundensatz verhält, sondern daneben auch noch Formfragen betreffend das Textformerfordernis des § 3a Abs. 1 Satz 1 RVG behandelt. Dazu geht das OLG davon aus, dass dieses einerseits eine Schutz- und Warnfunktion für den Mandanten hate. Andererseits soll es aber dem Rechtsanwalt erleichtern, den Abschluss einer Vergütungsvereinbarung nachzuweisen. Diese Funktionen kann die Vergütungsvereinbarung daher nur dann erfüllen, wenn sie ausreichend bestimmt ist. Und das bedeutet: Bei einer Vergütungsvereinbarung muss eindeutig feststehen, für welche Tätigkeiten der Auftraggeber eine höhere als die gesetzliche Vergütung zahlen soll. Eine pauschale Bezeichnung der anwaltlichen Tätigkeit lässt nach Auffassung des OLG nicht den Schluss zu, dass die Vergütungsvereinbarung ohne jede zeitliche Beschränkung auch für alle zukünftigen Mandate gelten soll. Mit den Überlegungen begründet das OLG die (teilweise) Unwirksamkeit einer Vergütungsvereinbarung und verurteilt zur Rückzahlung.

Wegen eines anderen Teils hatte die Rückzahlungsklage des Mandanten hingegen keinen Erfolg. Das geht das OLG von einer wirksamen Vergeütungsvereinabrung aus und segnet den Stundensatz von 300,– € ab:

c) Der von der Beklagten geforderte Stundensatz von 300,00 EUR zuzüglich Umsatzsteuer ist nicht unangemessen hoch und folglich nicht gemäß § 3 a Abs. 2 RVG herabzusetzen.

Die Klägerin weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die gesetzliche Gebühren um das 8-fache überschritten würden. Der in einer vertraglichen Vereinbarung zum Ausdruck gebrachte übereinstimmende Wille der Vertragsparteien lässt im Grundsatz auf einen sachgerechten Interessenausgleich schließen, der grundsätzlich zu respektieren ist. Ein solchermaßen sachgerechter Interessenausgleich bedarf weder aus Gründen des Mandantenschutzes noch zur Wahrung des Vertrauens in die Integrität der Anwaltschaft der Abänderung. Die Überschreitung der gesetzlichen Gebühren um einen bestimmten Faktor ist zur Bestimmung der Unangemessenheit zwar nicht schlechthin ungeeignet, darf aber, um den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne zu wahren, nicht allein maßgeblich sein (BVerfG NJW-RR 2010, 259 ff.).

Nach der Rechtsprechung des BGH ist die Frage der Unangemessenheit unter dem allgemeinen Gesichtspunkt des § 242 BGB zu beurteilen, also danach, ob sich das Festhalten an der getroffenen Vereinbarung unter Berücksichtigung der gesamten Umstände des Einzelfalls als unzumutbar und als ein unerträgliches Ergebnis darstellt. Der Richter ist jedoch nicht befugt, die vertraglich ausbedungene Leistung durch die billige oder angemessene zu ersetzen. Folglich ist nicht darauf abzustellen, welches Honorar im gegebenen Fall als angemessen zu erachten ist, sondern darauf, ob die zwischen den Parteien getroffene Honorarvereinbarung nach Sachlage als unangemessen hoch einzustufen ist. Für eine Herabsetzung ist nur Raum, wenn es unter Berücksichtigung aller Umstände unerträglich und mit den Grundsätzen des § 242 BGB unvereinbar wäre, den Mandanten an seinem Honorarversprechen festzuhalten, und ein krasses, evidentes Missverhältnis zwischen der anwaltlichen Leistung und ihrer Vergütung gegeben wäre (BGH, Urteil vom 21.10.2010, NJW 2011, 63 ff. Tz. 15). Das Landgericht hat diesen Beurteilungsmaßstab nicht verkannt und zutreffend ausgeführt, dass nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als zu berücksichtigende Umstände die Schwierigkeit und der Umfang der Sache, ihre Bedeutung für den Auftraggeber und das Ziel, das der Auftraggeber mit dem Auftrag anstrebt, in Betracht kommen.

Bei der Beklagten handelt es sich um eine sowohl in K. als auch in F. ansässige Anwaltskanzlei, die international tätig ist und Zweigstellen u.a. in I. und der S. unterhält. Die sach- und interessengerechte Wahrnehmung des Mandats erforderte nicht nur Kenntnisse des deutschen, sondern auch des italienischen Familienrechts sowie fundierte Kenntnisse des Internationalen Privatrechts. Unzweifelhaft handelte es sich auch um Angelegenheiten, die für die Klägerin von hoher Bedeutung waren.

Zu berücksichtigen sind in diesem Zusammenhang auch die relativ niedrigen Streitwerte in Familiensachen. Der BGH sieht beispielsweise bei mittleren Streitwerten die Grenze zur Sittenwidrigkeit erst bei einem 9 bis 10-fachen der gesetzlichen Gebühren als überschritten an (BGH NJW 2003, 3486). In Familiensachen sind die Verfahrenswerte aus sozialpolitischen Gründen relativ gering; den Beteiligten soll gerade in den für sie besonders wichtigen familienrechtlichen Angelegenheiten der Zugang zu den Gerichten nicht erschwert werden. Der Verfahrenswert in Sorgerechtsverfahren beläuft sich auf 3.000,00 EUR; bedenkt man, dass allein die mündliche Verhandlung in einem Sorgerechtsverfahren mehrere Stunden dauern kann, kann mit den gesetzlichen Gebühren keine Kostendeckung erzielt werden. Anwälte sind daher häufig auf eine „Quersubventionierung“ angewiesen.“

Die Entscheidung ist zwar zu einem familienrechtlichen Mandat ergangen, man wird die Argumentation aber auf Strafverfahren übertragen können – zum Teil liegen die Stundensätze da eh schon höher….

Abgepresste/Sittenwidrige Vergütungsvereinbarung – Teil 2, Runde 3 folgt

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Wir hatten am 18.10.2011 unter dem Titele; Abgepresste/Sittenwidrige Vergütungsvereinbarung über das OLG Saarbrücken, Urt. v. 31.08.2011 – 1 U 505/10 – 151 berichtet. In dem Zivilverfahren ging es um die Frage: Vergütungsvereinbarung unwirksam/nichtig, weil sie dem Mandanten kurz vor einem Termin „abgepresst“ worden ist? Das OLG hatte die Frage und auch einen Schadensersatzanspruch wegen Verschuldens bei Vertragsschluss verneint.Das Verfahren war inzwischen beim BGH. Der hat im BGH, Urt. v. 07.02.2013 – IX ZR 138/11 – über die Revision entschieden. Er hat das OLG-Urteil aufgehoben, und zwar:

  1. Nicht beanstandet hat der BGH die Ausführungen des OLG, mit denen dieses die Sittenwidrigkeit i.S. des § 138 BGB verneint hatte.
  2. Beanstandet hat der BGH aber die Ausführungen, mit denen das OLG einen Freistellungsanspruch des Mandanten als Schadensersatzanspruch aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2 BGB) verneint hat. Insoweit wendet der BGH (jetzt) die für das Strafverfahren geltenden Grundsätze auch im Zivilverfahren an und kommt aufgrund der Einzelumstände dazu, dass hier ggf. zu kruz vor dem Termin mit der Mandatsniederlegung gedroht worden war. Die Frage war streitig. Darüber muss jetzt Beweis erhoben werden. Also auf in die nächste Runde.

Die Frage, die sich stellt: Darf der Rechtsanwalt nun überhaupt nicht mit einer Mandatsniederlegung drohen? Antwort: Doch er darf, aber eben nicht zu kurz vor einem Termin. Erlaubt ist eine Drohung „angemessene Zeit“ vor dem Termin:

bb) Ebenso, wie es dem Anwalt grundsätzlich verwehrt ist, unmittelbar vor einem Verhandlungstermin das Mandat aus Gebühreninteresse niederzulegen, darf er eine solche Maßnahme auch zur Unzeit nicht androhen. Es ist ihm daher versagt, kurz vor einem Verhandlungstermin die Fortführung des Mandats von der Zahlung eines weiteren Honorars abhängig zu machen (BGH, Urteil vom 12. Januar 1978, aaO). Auch eine derartige Drohung ist widerrechtlich, wenn der Anwalt nicht eine angemessene Zeit vor dem Termin hinreichend deutlich macht, die von ihm gewünschte Vergütungsabrede sei die Voraussetzung für die Fortsetzung der weiteren Vertretung vor dem Zivilgericht. Nur dann ist der hiervon betroffene Mandant oder sind [im Falle der Vertretung einer juristischen Person], wie hier, die angesprochenen Gesellschafter in der Lage, die angesonnene Abrede zurückzuweisen und rechtzeitig vor dem in Betracht kommenden Verhandlungstermin andere Prozessbevollmächtigte zu bestellen (vgl. BGH, Urteil vom 4. Februar 2010 – IX ZR 18/09, BGHZ 184, 209 Rn. 38).
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