Manche Entscheidungen verstehe ich nicht. So den OLG Koblenz, Beschl. v. 21.09.2012 – 2 SsBs 54/12, den mir ein Kollege übersandt hat. Da habe ich aber keine Problem mit dem OLG-Beschluss, denn der ist richtig, sondern mit der zugrunde liegenden amtsgerichtlichen Entscheidung.
Es geht um die bekannte Problematik der Täteridentifizierung anhand eines Lichtbildes. Eine seit Jahren „ausgekaute“ Problematik, die einem Amtsrichter, der Bußgeldsachen macht, bekannt sein sollte. War sie aber wohl nicht – was mich erstaunt, denn die den Fragen zugrunde liegende BGH-Entscheidung BGHSt 41, 376 stammt aus dem Jahr 1995 (!!) und ist von den OLG seitdem immer wieder übernommen worden. Warum man dann als Tatrichter immer noch Fehler macht, ist unverständlich.
So allerdings beim AG Linz. Da war nicht ordnungsgemäß auf das vom Verkehrsverstoß gefertigte Lichtbild Bezug genommen worden mit der Folge, dass der Amtsrichter dass dann die Feststellungen des Amtsrichters nicht ausreichend. Dazu noch einmal das OLG:
„Die Feststellungen im Urteil vom 13.03.2012 sind lückenhaft und entsprechen nicht den Anforderungen der §§ 261, 267 Abs. 1 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG. Die Urteilsgründe lassen nicht in rechtlich überprüfbarer Weise erkennen, ob die vom Sachverständigen oder vom Bußgeldrichter selbst durch Vergleich des Tatfotos mit dem Gesicht des Betroffenen, vorgenommene Identifizierung eine tragfähige Grundlage für die richterliche Überzeugungsbildung ist (vgl. Senat, Beschluss vom 02.10.2009 – 2 SsBs 100/09 – zitiert nach juris). Hat der Tatrichter den Betroffenen anhand eines bei einer Verkehrsüberwachungsmaßnahme gefertigten Lichtbildes als Fahrer identifiziert, müssen die Urteilsgründe so gefasst sein, dass das Rechtsbeschwerdegericht prüfen kann, ob das Beweisfoto überhaupt geeignet ist, die Identifizierung einer Person zu ermöglichen (Senat a.a.O., Göhler, OWiG, 16. Aufl., § 71 Rdnr. 47a m.w.N.). Die Urteilsfeststellungen enthalten insoweit keinerlei Ausführungen zur Bildqualität des Messfotos und beschreiben die abgebildete Person oder mehrere charakteristische ldentifizierungsmerkmale nicht so präzise, dass dem Rechtsbeschwerdegericht anhand der Beschreibung in gleicher Weise wie bei der Betrachtung des Fotos die Prüfung ermöglicht wurde, ob dieses zur Identifizierung generell geeignet ist (vgl. Göhler a.a.O.).
Den Urteilsgründen ist zu entnehmen, dass das Messfoto nur Teile des Gesichts des Fahrers wiedergibt. Anhand der weiteren Beschreibung erschließt sich nicht, welche Teile des Gesichts durch Hand- und Wageninnenspiegel verdeckt werden und welche Gesichtspartien noch erkennbar sind (UA S. 3). Angaben zur Bildqualität im Übrigen enthält das Urteil nicht.
Eine Bezugnahme gemäß § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 OWiG liegt hinsichtlich des Messfotos ebenfalls nicht vor. Die Verweisung im Sinne von § 267 Abs. 1 Satz 3 StPO muss grundsätzlich prozessordnungsgemäß sein, Zweifel am Vorliegen einer Verweisung müssen ausgeschlossen sein; die bloße Mitteilung der Fundstelle und die Mitteilung, das Lichtbild sei in Augenschein genommen worden, genügen hierzu nicht (Göhler a.a.O., § 71 Rdnr. 47b m.w.N.).
Die Urteilsausführungen enthalten keine über die reine Mitteilung der Fundstelle und der Inaugenscheinnahme hinausgehenden Feststellungen (UA S. 3 oben). Eine prozessordnungsgemäße Bezugnahme liegt nicht vor; eine eigene Würdigung durch das Rechtsbeschwerdegericht scheidet insoweit aus.
Ob und inwieweit das vom Bußgeldrichter zum Vergleich herangezogene Lichtbild bzw. Lichtbilder zur Identifizierung geeignet sind, kann somit anhand der Urteilsfeststellungen durch das Rechtsbeschwerdegericht im vorliegenden Fall nicht geprüft werden. Das gilt auch soweit der Bußgeldrichter seine Überzeugung überdies auf das Gutachten eines Sachverständigen gestützt hat. Hat der Sachverständige im Rahmen seiner Gutachtenerstattung auch Lichtbilder ausgewertet, muss dem Rechtsbeschwerdegericht in der oben beschriebenen Weise – prozessordnungsgemäße Verweisung auf ein Lichtbild oder Beschreibung – die Nachprüfung ermöglicht werden, ob die Lichtbilder für eine Überzeugungsbildung überhaupt geeignet sind (OLG Bamberg, NZV 2008, 211 m.w.N.). Daran fehlt es hier.“
Wie gesagt: Unverständlich. Zumal zu der Problematik in allen Handbüchern und Kommentaren dasselbe steht. Muss man nur nachlesen