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Der Spruch „Judex non calculat“ stimmt, oder: Wenn sich die StK um rund 80.000 EUR verrechnet

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(Fast) jeder kennt den Spurch/die Aussage: „Judex non calculat“. Dass er stimmt, beweist der BGH, Beschl. v. 11.05.2017 – 1 StR 599/16 – ergangen in einem Verfahren mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung. Da hat sich eine Strafkammer des LG Halle so richtig verrechnet:

„… Der Strafausspruch für die Tat 3 der Urteilsgründe ist hingegen aufzuheben, weil die Berechnung des Umfangs der Steuerverkürzung für den Veranlagungszeitraum 2006 unzutreffend ist.

Das Landgericht hat die vom Angeklagten zu Unrecht als Betriebsausgaben in Ansatz gebrachten fiktiven Rechnungen zur Einkunftsart „Einkünfte aus Gewerbebetrieb“ im Rahmen der Einnahme-Überschussrechnung gemäß § 4 Abs. 3 EStG auf UA S. 17 aufgelistet. Die Addition der Einzelrechnungen ergibt einen Gesamtbetrag von 198.281,42 Euro. Bei der Berechnung der verkürzten Gewerbe- und Einkommensteuer nebst Solidaritätszuschlag von insgesamt über 158.000 Euro hat die Wirtschaftsstrafkammer den Gesamtbetrag der fingierten Betriebsausgaben jedoch mit 278.681 Euro errechnet (tatsächliche Höhe der Einkünfte aus Gewerbetrieb von 310.599 Euro abzüglich erklärter Einkünfte in Höhe von 31.918 Euro) und somit einen um 80.400 Euro höheren Betrag als bei der rechnerisch sich ergebenden Summe der aufgelisteten Rechnungen zugrunde gelegt.“

Ergebnis: Noch mal neu machen, denn die Frage/der Unterschied macht einen Unterschied bei der Strafzumessung aus,

Strafzumessung I, oder: Mittäter sind i.d.R. gleich zu behandeln

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Heute bringe ich mal wieder drei Strafzumessungsentscheidungen.  Das Opening macht der BGH Beschl. v. 23.03.2017 – 2 StR 406/16, der noch einmal zur Strafzumessung bei mehrere Tatbeteiligten Stellung nimmt:

Zwar ist bei mehreren Tatbeteiligten einer Tat jeder Täter nach dem Maß der eigenen Schuld abzuurteilen, so dass die Revision grundsätzlich nicht auf einen Vergleich der Strafzumessung verschiedener Täter gestützt werden kann. Etwas anderes gilt jedoch, wenn offenkundige Widersprüche vorliegen oder es an einer nachvollziehbaren Begründung für eine abweichende Strafzumessung bei verschiedenen Tätern fehlt und eine solche auch nicht aus den sonstigen Urteilsfeststellungen geschlossen werden kann (BGH StV 2010, 677). Bei Abur-teilung mehrerer Beteiligter an derselben Tat durch dasselbe Gericht in demselben Verfahren müssen die jeweiligen Strafmaße in einem sachgerechten, nachprüfbaren Verhältnis zur Strafe anderer Beteiligter stehen (vgl. etwa BGH StV 2011, 725; s. a. BGHSt 56, 262, 263; BGH NStZ-RR 2017, 40).

Gemessen daran hält die Festsetzung der Einzelstrafen in den Fällen II. 9 – 10 der Urteilsgründe rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

Das Landgericht hat in diesen Fällen gegen den Angeklagten jeweils Freiheitsstrafen von einem Jahr und zehn Monaten verhängt, gegen den Mitangeklagten R. dagegen jeweils nur Freiheitsstrafen von einem Jahr und acht Monaten. Weder aus den Feststellungen zur Tat noch sonst aus den Urteilsgründen ergibt sich jedoch ein nachvollziehbarer Grund für die Verhängung einer höheren Strafe gegen den Angeklagten. Die Angeklagten waren an den Taten mit gleichartigen Tatbeiträgen beteiligt. Die Strafzumessungserwägungen der Strafkammer stimmen hinsichtlich beider Angeklagter wörtlich überein. Es ist nichts dafür ersichtlich, weshalb der Angeklagte trotz der geständigen Einlassung für diese Taten im Vergleich zu dem Mittäter härter bestraft worden ist und nicht – wie in den anderen Fällen – gleich hohe Strafen verhängt worden sind. Dieser Rechtsfehler führt hier zur Aufhebung des Strafausspruchs und führt entsprechend § 354 Abs. 1 StPO zur Festsetzung von Einzelstrafen in der gegen den Mitangeklagten R. verhängten Höhe. Der Senat schließt aus, dass das Landgericht, das in allen Fällen jeweils gleiche Strafen gegen beide Angeklagte verhängt hat, gegen den Angeklagten in den Fällen II. 9 – 10 eine noch niedrigere Einzelstrafe festgesetzt hätte.“

Strafzumessung III: „Gemeinschaftlich“ sind eben mehrere, oder Doppelverwertung

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Und dann noch als letzte Entscheidung: Über das BGH, Urt. v. 08.12.2016 – 1 StR 351/16 – habe ich schon einmal in einem anderen Zusammenhang berichtet (vgl. dazu Das Schmerzensgeld und der Exzess des Mittäters, oder: Zu hoch). Ich komme dann heute auf die Entscheidung noch einmal wegen der vom BGH auch angesprochenen Strafzumessungsfrage zurück. Es geht in dem Urteil u.a. um die Veurteilung wegen einer Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB, also in der Form der Tatbegehung „mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich“. Insoweit beanstandet der BGH die Strafzumessung. Das LG hatte dazu ausgeführt:

Das Landgericht hat im Rahmen der Strafzumessung das Folgende ausgeführt: „Zu seinen Lasten waren die von ihm verursachten nicht unerheblichen Verletzung[en] des Opfers zu werten. Zum anderen war die Tatsache zu werten, dass die Angeklagten zu dritt auf ein einzelnes Opfer einschlugen…. Darüber hinaus war zu seinen Lasten zu werten, dass er von den vorangegangenen Provokationen des Geschädigten selbst nicht betroffen war.“

Dazu der BGH:

2. Der Strafausspruch hält dagegen rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Die diesen Angeklagten betreffenden Strafzumessungserwägungen weisen in mehreren Punkten Rechtsfehler auf………..

a) Hätte das Opfer dem Angeklagten K. durch eine Provokation Anlass zur Tat gegeben, wäre dies ein Umstand, der den körperlichen Übergriff in einem milderen Licht erscheinen lassen könnte. Mit der Erwägung, der Angeklagte sei vom Opfer nicht provoziert worden, wird daher zu Lasten des Angeklagten unzulässig das Fehlen eines Milderungsgrunds in die Strafzumessung eingestellt (vgl. BGH, Beschlüsse vom 6. November 2013 – 1 StR 525/13, NStZ 2015, 517; vom 8. Januar 2015 – 2 StR 233/14, NStZ 2015, 333 f. und vom 15. September 2015 – 2 StR 21/15, NStZ-RR 2016, 40).

b) Die Erwägung, dass zu Lasten des Angeklagten K. „die … nicht unerheblichen Verletzungen des Opfers“ strafschärfend berücksichtigt werden müssen, lässt befürchten, dass diesem Angeklagten diejenigen Verletzungen uneingeschränkt zugerechnet worden sind, die auf dem einen Exzess darstellenden Einsatz des Nothammers durch den Mitangeklagten J. beruhen.

c) Nicht unbedenklich erscheint zudem die strafschärfende Erwägung der Kammer, die Angeklagten hätten zu dritt auf das Opfer eingeschlagen; denn eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 4 StGB in der Form der Tatbegehung „mit einem anderen Beteiligten gemeinschaftlich“ setzt bereits voraus, dass mindestens zwei Beteiligte am Tatort bewusst zusammenwirken. Das Zusammenwirken mehrerer als solcher darf daher nicht strafschärfend berücksichtigt werden. Dies verstößt gegen § 46 Abs. 3 StGB. Zulässig wäre es freilich, die erhöhte Gefährlichkeit der konkreten Tatsituation infolge einer Beteiligung von mehr als zwei Personen straferhöhend heranzuziehen.“

Strafzumessungsfehler II: Das Schlag mit der Gartenharke, oder: Wunder gibt es immer wieder

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Bei der zweiten Strafzumessungsentscheidung, auf die ich heute hinweise, handelt es sich um dem BGH, Beschl. v. 23.02.2107 – 3 StR 530/16 -, in der der BGH einen – m.E. – klassischen Strafzumessungsfehler moniert. Nämlich den Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot des § 46 Abs. 3 StGB. Das LG hat u.a. wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Der BGH sieht – mit Recht – einen Rechtsfehler:

„Im Fall II. 1. der Urteilsgründe, in dem der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung verurteilt worden ist, hat der Strafausspruch keinen Bestand. Die Strafkammer hat insoweit zuungunsten des Angeklagten berücksichtigt, dass er bei den Schlägen gegen die Geschädigte das metallene Endstück der Gartenharke eingesetzt hat. Damit hat das Landgericht gegen das Verbot der Doppelverwertung (§ 46 Abs. 3 StGB) verstoßen; denn durch die Benutzung des Stückes der Gartenharke beging der Angeklagte die Körperverletzung mittels eines sonstigen gefährlichen Werkzeugs und erfüllte somit den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB.“

Und – oh Wunder: Der BGH geht nicht den Weg über: „Es ist auszuschließen, dass……“, sondern im Gegenteil:

„Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich die rechtsfehlerhafte Berücksichtigung des genannten Umstandes bei der für die Tat II. 1. der Urteilsgründe verhängten Einzelfreiheitsstrafe von sieben Monaten zum Nachteil des Angeklagten ausgewirkt hat, war das Urteil insoweit aufzuheben. Der Wegfall dieser Einzelstrafe hat die Aufhebung des Gesamtstrafenausspruchs zur Folge.“

Wunder gibt es eben doch immer wieder 🙂 .

Strafzumessungsfehler I: „wenn das Kokain nicht für den deutschen Markt bestimmt ist“

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Und als zweite BGH-Entscheidung des heutigen Tage weise ich auf den BGH, Beschl. v. 07.12.2016 – 5 StR 476/16 – hin. Der BGH behandelt in einem Zusatz einen, wenn nicht klassischen, dann aber zumindest häufigen Strafzumessungsfehler im BtM-Bereich. Die „Bemerkung“ des BGh spricht für sich:

„Die strafmildernde Berücksichtigung des Umstands, dass das Kokain „nicht für den deutschen Markt bestimmt“ gewesen sei (UA S. 11), ist rechtsfehlerhaft (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2015 – 5 StR 181/15, NStZ-RR 2016, 16 f. mwN). Der Angeklagte ist hierdurch jedoch nicht beschwert.“