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Um Arbeit und Arbeitslohn geht es im KG, Beschl. v. 01.02.2017 – 2 Ws 253/16 Vollz, nämlich um Arbeit im Vollzug der Sicherungsverwahrung. Der Untergebrachte war für mehrere Jahre im Bereich A der Anstalt beschäftigt und in Lohnstufe 5 eingestuft. Zuletzt war er dort als Vorarbeiter tätig. Im Oktober 2015 wurde er von dem ihm zugewiesenen Arbeitsplatz unverschuldet abgelöst, weil er nach Mitteilung der Arztgeschäftsstelle der Einrichtung für den Vollzug der Sicherungsverwahrung zur damaligen Zelt aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage war, die ihm übertragenen Aufgaben zu erledigen. Mit Bescheinigung vom 29.09.2015 wurde eine vollständige Arbeitsunfähigkeit hinsichtlich aller beruflichen Tätigkeiten vom 29.09.2015 bis zum 15.10.2015 attestiert. Bis zum 21.02.2016 war der Beschwerdeführer sodann ohne Beschäftigung. Seit dem 22.02.2016 ist er im Bereich Z mit einer Vergütung nach der Lohnstufe 2 beschäftigt.
Der Untergebrachte hatte dann beantragt, ihn – möglichst ab sofort – wieder als Vorarbeiter im Bereich A einzusetzen und diese Tätigkeit wie zuvor nach Lohnstufe 5 zu vergüten, ihm für die Zeit der (vermeintlich) rechtswidrigen Ablösung von dieser Arbeit, in der er beschäftigungslos war, den Verdienstausfall (ca. 2.500 Euro) zu ersetzen, hilfsweise – für den Fall dass eine sofortige Beschäftigung im Bereich A aus tatsächlichen Gründen nicht möglich wäre – ab dem 22.02.2016 bis zum Zeitpunkt der erneuten Tätigkeitsaufnahme im Bereich A den Differenzbetrag zwischen Lohnstufe 2 und Lohnstufe 5 zu erstatten.
Das hat die JVA abgelehnt. Die StVK ist dem beigetreten. Die Rechtsbeschwerde beim KG hatte dann keinen Erfolg:
„a) Zu Recht hat die Strafvollstreckungskammer es abgelehnt, die Vollzugsbehörde zu verpflichten, dem Untergebrachten einen bestimmten Arbeitsplatz – nämlich einen solchen als Vorarbeiter im Bereich A – zuzuweisen.
Unter der Geltung des § 37 Abs. 2 StVollzG war anerkannt, dass einem Gefangenen nach einer bewussten Entscheidung des Gesetzgebers (vgl. RegE, BT-Drucks. 7/918, 65 ff.) kein Rechtsanspruch auf Arbeit, Ausbildung oder arbeitstherapeutische Beschäftigung zusteht, sondern lediglich auf ermessenfehlerfreie Entscheidung der Vollzugsbehörde, insbesondere im Hinblick auf die beschränkten Beschäftigungskapazitäten bei der Auswahl der Bewerber (vgl. OLG Nürnberg NStZ 1981, 200; Arloth, StVollzG 3. Aufl., § 37 Rdn. 3). Erst recht bestand danach kein Rechtsanspruch auf Zuweisung einer bestimmten Arbeit (vgl. Senat, Beschluss vom 21. Mai 2007 – 2 Ws 316/07 Vollz –) und zwar selbst dann nicht, wenn mehrere freie Arbeits- oder Ausbildungsplätze vorhanden sind (vgl. Arloth, a.a.O. § 37 Rdn. 3.). Der Vollzugsbehörde stand insoweit auch bei Eignung des Bewerbers ein Ermessenspielraum zu (vgl. KG, a.a.O.; KG, Beschlüsse vom 18. Mai 2004 – 5 Ws 228/04 Vollz –; vom 26. März 2002 – 5 Ws 188/02 Vollz – und vom 30. April 1984 – 5 Ws 532/83 Vollz –). Dabei durfte die Vollzugsbehörde auch die generelle Eignung des Gefangenen berücksichtigen (vgl. OLG Frankfurt NStZ 1983, 381).
In § 37 Abs. 2 StVollzG heißt es: „Die Vollzugsbehörde soll dem Gefangenen wirtschaftlich ergiebige Arbeit zuweisen und dabei seine Fähigkeiten, Fertigkeiten und Neigungen berücksichtigen.“ Ähnlich lautet nun § 23 Abs. 1 Satz 1 SVVollzG-Berlin: „Den Untergebrachten soll Arbeit angeboten werden.“ Der Wortlaut spricht danach klar für eine Ermessensentscheidung.
Aus den Materialien zum Entwurf des Berliner Gesetzes, das im GVBl. Berlin vom 6. April 2013 verkündet wurde und am 1. Juni 2013 in Kraft getreten ist, ergibt sich kein Hinweis darauf, dass den Untergebrachten – anders als im Strafvollzug – ein unbedingter Anspruch auf Arbeit oder etwa auf einen bestimmten Arbeitsplatz erwachsen sollte. Im Gegenteil: Absatz 1 des § 23 SVVollzG-Berlin trägt dem Angleichungsgrundsatz Rechnung und legt deshalb fest, dass Arbeit in der Sicherungsverwahrung (wie in Freiheit und anders als im Strafvollzug) freiwillig ist. Im Übrigen betont die Begründung zum Gesetzentwurf zwar die positiven Auswirkungen regelmäßiger Arbeit, enthält aber keine Anhaltspunkte dahingehend, dass das Auswahlermessen der Vollzugsbehörde für die Besetzung der vorhandenen Arbeitsplätze eingeschränkt werden sollte (vgl. Abgeordnetenhaus von Berlin, Drucksache 17/0689 vom 28. November 2012, S. 69).
Ermessensfehler hat die Strafvollstreckungskammer nicht festgestellt; sie sind von der Rechtsbeschwerde, die sich weitgehend in allgemeinen Betrachtungen erschöpft, nicht geltend gemacht worden und dem Senat auch sonst nicht ersichtlich.
b) Zutreffend hat die Strafvollstreckungskammer es zudem abgelehnt, die Vollzugsbehörde zu verpflichten, eine (zusätzliche) Vergütung für die Zeiten der Beschäftigungslosigkeit oder der Beschäftigung in einer niedrigeren Lohngruppe zu zahlen.
Ein Vergütungsanspruch steht dem Beschwerdeführer gemäß § 60 Abs.1 Nr. 3 und § 9 Abs.1 Nr.10 SVVollzG-Berlin nur für tatsächlich geleistete Arbeit zu.
Ebenso wie Strafgefangene haben auch Sicherungsverwahrte für Tage ohne Arbeit keinen Anspruch auf Arbeitsentgelt, sei diese Nichtarbeit auch unverschuldet – etwa bei nicht erfolgter Zuweisung von Arbeit, vollzuglichen Maßnahmen oder Krankheit – (so etwa auch LSG-NRW [Essen], Urteil vom 20. Juni 2016 – L 20 AL 135/14 –, Rdn. 40 [juris] zur Rechtslage bei Strafgefangenen gemäß § 43 Abs. 2 StVollzG [Bund]). Dies ergibt sich in Berlin auch aus Nr. 15 Abs. 2 Sätze 4 und 5 der Geschäftsordnung für die Beschäftigung und Qualifizierung der Gefangenen sowie der Arbeitsverwaltungen in den Justizvollzugsanstalten des Landes Berlin (GAV) vom 22. Juni 2015, deren Regelungen auf die in der Sicherungsverwahrung Untergebrachten mangels alternativer Regelungen jedenfalls solange anzuwenden sind wie sie in einem anstaltsinternen Betrieb beschäftigt sind. Ebenso wie Strafgefangene bedürfen Sicherungsverwahrte im Hinblick auf ihre kostenlose Versorgung im Krankheitsfall (Heilbehandlung, Verpflegung und Unterkunft) keiner besonderen Absicherung durch eine Fortzahlung ihrer Vergütung, wenn sie nicht arbeiten können.
Eine Differenzierung erscheint danach auch sachlich nicht geboten. Eine Ausnahme besteht lediglich gemäß § 25 Abs. 3 SVVollzG-Berlin im Falle der Freistellung von der Arbeit. Diese Ausnahmeregelung stellt ein weiteres Indiz dafür dar, dass der Gesetzgeber im Übrigen wie selbstverständlich davon ausgegangen ist, dass in allen anderen Fällen der Nichtbeschäftigung auch bei Sicherungsverwahrten kein Vergütungsanspruch besteht.“