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Sicherungsverwahrung: DAV nimmt zu Einzelfällen gegenüber dem BVerfG Stellung

Die DAV-Depesche 39/10 meldet gestern, dass der DAV nun zur Sicherungsverwahrungsfragen gegenüber dem BVerfG Stellung genommen hat. In der Meldung heißt es:
„Beim Bundesverfassungsgericht haben mehrere Sicherungsverwahrte Verfassungsbeschwerden gegen die nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung eingelegt. In drei verschieden gelagerten Fällen hat das Gericht den Deutschen Anwaltverein um Stellungnahme (auch zu den praktischen Folgen der Sicherungsverwahrung) gebeten. Dabei geht es auch um die Frage, inwieweit die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Unzulässigkeit der nachträglichen Sicherungsverwahrung umgesetzt werden muss. Der Verfassungsrechtsausschuss und der Strafrechtsausschuss halten in gemeinsamen Stellungnahmen alle drei Verfassungsbeschwerden für begründet. Der Strafrechtsausschuss stellt Alternativen zur Sicherungsverwahrung dar. Die Stellungnahmen sind unter http://www.anwaltverein.de/interessenvertretung/stellungnahmen abrufbar (ebenso die früheren Stellungnahmen des Strafrechtsausschuss zur Reform der Sicherungsverwahrung).“

JM Busemann – das muss man mal wieder nicht verstehen

Gestern hat wohl ein Diskussion des niedersächsischen JM Busemann „Rechtsanwälten und Strafverfolgern“ stattgefunden, zu der das niedersäsische JM eine PM veröffentlicht hat unter der Überschrift; „Sicherungsverwahrung wirksam regeln, Richtervorbehalt bei Blutproben abschaffen“. In der PM heißt es:

HANNOVER. „Die Bevölkerung hat Anspruch auf wirksamen Schutz vor Rückfalltaten gefährlicher Gewalt- und Sexualstraftäter. Dafür werde ich mich weiterhin mit allen mir rechtlich zur Verfügung stehenden Mitteln einsetzen“, hat der Niedersächsische Justizminister Bernd Busemann am Freitag (17.09.2010) bei einer Diskussionsveranstaltung von Strafverfolgern und Rechtsanwälten im Landgericht Hannover bekräftigt. Unter den Teilnehmern: Der Präsident des Oberlandesgerichts Celle Dr. Peter Götz von Olenhusen, der Celler Generalstaatsanwalt Harald Range, der Vorsitzende des Niedersächsischen Richterbunds Andreas Kreutzer und die Rechtsanwälte Bertram Börner und Hans Holtermann.

„Solange das Bundesverfassungsgericht das Sicherungsbedürfnis der Allgemeinheit über die Freiheitsrechte verurteilter Straftäter stellt und der Bundesgerichtshof zu keiner gegenteiligen einheitlichen Rechtsprechung findet, darf es in Niedersachsen keinen Entlassungsautomatismus geben. Vielmehr ist jeder Fall für sich zu prüfen und danach zu entscheiden, ob die Gefährlichkeit noch fortbesteht“, sagte Busemann. Das von der Bundesregierung vorgelegte Eckpunktepapier gehe dafür nicht weit genug und müsse noch nachbearbeitet werden.

Zweifel äußerte der Justizminister auch an dem von der Bundesregierung geplanten „Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter“. Es erscheine kaum geeignet, einen wirksamen Schutz der Bevölkerung vor besonders gefährlichen Straftätern zu gewährleisten.

„Therapie ist gut und wichtig. Viele Sicherungsverwahrte sind aber gar nicht therapierbar. Die überwiegende Mehrheit von ihnen weist auch keine psychische Störung auf, die aber gerade die Unterbringungsvoraussetzung sein soll“, gab Busemann zu bedenken. Die Mehrheit der sogenannten Altfälle fiele von vornherein gar nicht in den Anwendungsbereich des geplanten Gesetzes, sondern käme frei.

Der von der Bundesregierung ebenfalls angestrebte Ausbau der Führungsaufsicht sei im Grundsatz zu begrüßen. Die geplante neue Weisung zum Tragen einer so genannten „elektronischen Fußfessel werde jedoch niemanden an der Begehung neuer Straftaten hindern können. Für die nach den Vorstellungen der Bundesregierung in Freiheit kommenden Altfälle werde sie wegen des Rückwirkungsverbots nach Ansicht Busemanns ohnehin nicht in Betracht kommen.

Bei der Entnahme von Blutproben zur Alkohol- oder Drogenkontrolle forderte Busemann erneut die Abschaffung des, so der Justizminister „zur Farce gewordenen“ Richtervorbehalts. „Ich bin wie auch der Deutsche Richterbund und die Gruppe der Generalstaatsanwältinnen und Generalstaatsanwälte der Auffassung, dass es eine Stärkung des Richtervorbehaltes bedeutet, wenn das schlichte Abnicken der polizeilich vorgeschlagenen Blutentnahme entfällt“, betonte Busemann.“

Zur Sicherungsverwahrung: Zum Glück entscheiden noch immer die Gerichte und nicht Herr Busemann über die Freilassung und die Umsetzung der Entscheidung des EGMR von Dezember 2009. Einen „Entlassungsautomatismus“ sehe ich nicht.

Zum Richtervorbehalt: Wieso man den stärkt, wenn man ihn abschafft, ist mir unverständlich. Das versteht man wohl nur, wenn man Politiker ist.

Alles in allem: M.E. eine typische „Busemann-PM“.

Ist das die Lösung des Rätsels „Sicherungsverwahrung“, oder bringt das nur noch mehr Ärger?

Nach einer Meldung von Spiegel online – vgl. hier – haben sich der Innenminister und die Justizministerin heute auf eine Lösung zur Neuregeleung der Sicherungsverwahrung geeinigt. Die geplanten Neuregelungen wird man sich erst mal genau ansehen müssen, bevor man sie bewertet. Denn Sie enthalten sicherlich auch eine Verschärfung der derzeitigen Rechtslage, denn die Sicherungsverwahrung soll künftig auch für Ersttäter angeordnet werden können, was bislang nur in ganz großen Ausnahmen möglich war. Und wie bitte schön will man, ohne wieder in Konflikt mit Karlsruhe oder dem EGMR zu kommen, eigentlich die bereits schon aus der Sicherungsverwahrung freigelassenen Straftäter unter die Neuregelung fassen? Das dürfte nicht ganz unproblematisch sein. Und das Allerbeste: Die Untergebrachten sollen in neuartigen Einrichtungen untergebracht und therapiert werden, die es noch nicht gibt. :-(. Ich denke, das Thema wird uns noch lange beschäftigen.

Wochenspiegel für die 33. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand

Zu berichten ist über:

  1. Eine Neuregelung für Behindertenparkausweise, vgl. hier.
  2. Punkte abfragen in Flensburg.
  3. Die ungeliebte Beifahrerin, es kommt immer auf den Blickwinkel an.
  4. Bußgeldkatalog 2011.
  5. Zum Filmen eines Polizeieinsatzes hier
  6. Das Notebook in der Hauptverhandlung spielte hier noch mal eine Rolle.
  7. Zum provozierten Verkehrsunfall hier.
  8. Zur Sicherungsverwahrung dann (endlich) die Vorlage zum BGH, hier.
  9. Darf man auf dem Motorrad Musik hören?
  10. Der Besitz von kinderpornografischen Schriften

Worum man sich alles streiten kann – auch um die Größe eines Fernsehbildschirms

Ich bin immer wieder erstaunt, worum man sich alles streiten kann. So auch um die Größe eines Fernsehbildschirms und das dann bis zum BVerfG. Dieses hat jetzt in seinem Beschl. v. 15.07.2010 – 2 BvR 2518/08 einem Sicherungsverwahrten Recht gegeben, der ein Fernsehgerät mit einem größeren Bildschirm beantragt hatte, den er wegen (sich sonst) verschlechternder Sehkraft beantragt hatte. LG und KG hatten abgelehnt u.a. unter Hinweis auf die Gefahr für die Anstaltsordnung.

Das BVerfG hat dem Untergebrachten Recht gegeben. Auch einem in Sicherungsverwahrung Inhaftierten dürfe die Erlaubnis zum Besitz eines eigenen größeren  Fernsehgerätes dann nicht versagt werden, wenn durch die Benutzung eines bereits vorhandenen Geräts mit einer weiteren Verschlechterung seiner Sehkraft zu rechnen ist. Eine Versagung käme nur in Betracht, wenn durch den Besitz des größeren Fernsehgerätes die Sicherheit oder Ordnung der Anstalt gefährdet würde. Das Gericht habe zu prüfen, ob besondere Gründe in der Person des Gefangenen liegen, die seinem Interesse am Besitz eines bestimmten Gegenstandes ein berücksichtigungsfähiges erhöhtes Gewicht verschaffen können, das dazu zwingen könne, zur Wahrung der Anstaltssicherheit einen gewissen erhöhten Kontrollaufwand in Kauf zu nehmen. Habe – wie hier die Augenärztin des Betroffenen einen größeren Bildschirm empfohlen, so sei zu prüfen, ob gesundheitliche Belange erfordern, die Wahrnehmung der grundgesetzlich geschützten Informationsfreiheit zu ermöglichen.

Ich bin ja kein Techniker und frage mich mal ganz vorsichtig: Wie kann die Größe des Bildschirms die Anstaltsordnung gefährden. Auf der anderen Seite: Manchmal ist das Fernsehprogramm so schlecht, dass ein kleiner Bidlschirm sicherlich genügen würde 🙂 🙂