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Geldbuße I: Schwellenwert der Geldbuße bei 250 EUR, oder: Urteilsgründe

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Heute dann ein Tag mit „Geldbußenentscheidungen“ nach dem OWiG. Das ist ja ein Bereich, der häufig ein wenig stiefmütterlich behandelt wird. Im Vordergrund der Verteidiung stehen ja meist die Fragen des Fahrverbots.

Gegenstand des OLG Brandenburg, Beschl. v. 17.03.2020  – (1B) 53 Ss-OWi 110/20 (70/20) – ist ein Urteil des AG Neuruppin. Das hatte gegen den Betroffenen, „ohne Ankündigung und ohne dass die Voraussetzungen dafür vorgelegen haben, […..] mit Beschluss vom 2. Dezember 2019, der überdies keine Gründe enthält, den Tatvorwurf der Ordnungswidrigkeit aus dem Bußgeldbescheid offenbar für gegeben erachtet und gegen den Betroffenen wegen fahrlässigen Überschreitens der zulässigen Höchstgeschwindigkeit außerhalb geschlossener Ortschaften um 44 km/h auf eine Geldbuße von 450,00 erkannt.

Dagegen die Rechtsbeschwerde des Verteidigers, die Erfolg hatte. Dem OLG gefällt der Beschluss des AG nun gar nicht:

„Der angefochtene Beschluss ist auf die erhobene Sachrüge hin – unabhängig davon, dass er auch den nach § 72 Abs. 6 Satz 2 OWiG erforderlichen Hinweis auf den Inhalt des Bußgeldbescheids nicht enthält – schon deshalb aufzuheben, weil er die nach § 72 Abs. 4 Sätze 3 bis 5 OWiG vorgeschriebene Begründung nicht enthält. Danach muss die Begründung eines Beschlusses nach § 72 OWiG, mit dem eine Geldbuße festgesetzt wird, im Wesentlichen den Anforderungen genügen, die gemäß § 71 Abs. 1 OWiG i.V.m. § 267 Abs.1 Sätze 1 und 2, Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO an die Begründung eines nicht freisprechenden Urteils gestellt werden (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 15.10.2019 – Ss Bs 59/2019 (62/19 OWi) m.w.N.).

Das Fehlen von Gründen in einem Strafurteil zwingt in der Regel schon zur Urteilsaufhebung auf die Sachrüge hin (vgl. Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 62. Aufl., § 338 Rn. 52 m. w. N.). Auch ein Bußgeldurteil ist beim unzulässigen Fehlen von Urteilsgründen in der Regel schon auf die zulässig erhobene Sachrüge hin aufzuheben, weil dem Rechtsbeschwerdegericht in diesem Fall eine Nachprüfung auf sachlich-rechtliche Fehler nicht möglich ist (vgl. OLG Saarbrücken aaO. m.w.N.; OLG Celle NZV 2012, 45 ff.; OLG Bamberg, Beschluss vom 10.11.2011 – 3 Ss OWi 1444/11) . Ebenso unterliegt ein nach § 72 OWiG ergangener Beschluss beim Fehlen einer Begründung auf eine zulässig erhobene Sachrüge hin der Aufhebung im Rechtsbeschwerdeverfahren, wenn die Voraussetzungen für das Absehen von einer Begründung nach § 72 Abs. 6 Satz 1 OWiG nicht vorlagen, etwa weil – wie hier – nicht alle Verfahrensbeteiligten hierauf verzichtet haben.

c) Für die neue Entscheidung weist der Senat drauf hin, dass – ungeachtet der Tatsache, dass das Absehen von dem indizierten Fahrverbot trotz der Ausführungen im Anwaltsschriftsatz vom 21. August 2018 nicht nachvollziehbar ist – bei einer Geldbuße von mehr als 250,00 € gemäß § 17 Abs. 3 OWiG Ausführungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen erforderlich sein dürften.

Auch wenn an die Urteilsgründe in Ordnungswidrigkeitsverfahren keine hohen Anforderungen zu stellen sind, sind Ausführungen zu den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen nur bei geringfügigen Geldbußen entbehrlich (§ 17 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz OWiG). Zu den persönlichen (Unterhaltsverpflichtungen) und wirtschaftlichen Verhältnissen gehören die Umstände, die geeignet sind, die Fähigkeit des Täters zu beeinflussen, eine bestimmte Geldbuße aufzubringen. Enthält der Beschluss bei einer nicht nur geringfügigen Ordnungswidrigkeit keine oder nur unzureichende Feststellungen zu den wirtschaftlichen Verhältnissen des Betroffenen, sind die Zumessungserwägungen materiell-rechtlich unvollständig und können der Aufhebung unterliegen (st. Senatsrechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 16. März 2012, 1 Ss (OWi) 71 B/12; Senatsbeschluss vom 30. März 2012, 1 Ss (OWi) 76 B/12; Senatsbeschluss vom 18. April 2012, 1 Ss (OWi) 81 B/12).

Die Wertgrenze einer nicht mehr “geringfügigen Ordnungswidrigkeit“, die die Erörterung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erfordert, wird durch die überwiegende Mehrheit der Oberlandesgerichte in Anlehnung an die für die Zulässigkeit der Rechtsbeschwerde maßgebliche Wertgrenze (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 OWiG) bei über 250,00 Euro angenommen (vgl. OLG Celle NJW 2008, 3079; OLG Jena VRS 110, 443, 446; OLG Jena VRS 113, 351; OLG Köln ZfSch 2006, 116; OLG Düsseldorf NZV 2000, 426; OLG Düsseldorf NZV 2008, 161; KG VRS 111, 202; OLG Bamberg GewArch 2007, 389, 390; BayObLG DAR 2004, 594; OLG Zweibrücken NZV 1999, 219; OLG Zweibrücken NZV 2002, 97; Senatsbeschluss vom 8. Juni 2010, 1 Ss (OWi) 109 B/10; Senatsbeschluss vom 16. März 2012, 1 Ss (OWi) 71 B/12; Senatsbeschluss vom 30. März 2012, 1 Ss (OWi) 76 B/12; Senatsbeschluss vom 18. April 2012, 1 Ss (OWi) 81 B/12, siehe auch Göhler, OWiG, 17. Aufl. § 17 Rn. 24; eine Mindermeinung setzt die Wertgrenze mit Blick auf § 80 Abs. 2 OWiG schon bei 100,00 € an: vgl. OLG Düsseldorf VRS 97, 214; OLG Hamm VRS 92, 40; OLG Hamm SchlHA 2004, 264).

Zu einer Schätzung der Einkommensverhältnisse oder zur Annahme durchschnittlicher Vermögensverhältnisse kann das Tatgericht jedoch dann kommen, wenn der Betroffene Angaben zu seinen wirtschaftlichen Verhältnissen verweigert oder das Gericht den Angaben dazu keinen Glauben schenken kann. In diesen Fällen dürfte in den Vordergrund rücken, dass den Bußgeldkatalogen durchschnittliche wirtschaftliche Verhältnisse der Betroffenen zu Grunde liegen (vgl. Göhler, aaO., § 17 Rn. 29 m.w.N.).“

Und – ein wenig ungewöhnlich:

„Aufgrund der teils gravierenden Rechtsfehler macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache gemäß § 79 Abs. 6 OWiG an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Neuruppin zurückzuverweisen.“

Das ist eher die Ausnahme. Leuchtet mir hier aber nicht ein. Warum gibt das OLG dem Amtsrichter nicht die Möglichkeit zu zeigen, dass er es (nun) kann. 🙂 Der Kollege, der jetzt zuständig ist, wird im Übrigen auch nicht erfreut sein 🙂 .

 

Atemalkoholmessung – Schwellenwert – Fahrverbot – was hat das miteinander zu tun?

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Beim Betroffenen wird eine AAK von 0,27 0,27 mg/l gemessen. Er wird wegen eines Verstoßes gegen § 24a Abs. 1 StVG in Anspruch genommen. Sein Verteidiger macht geltend: Schwellenwert gerade eben überschritten, u.a. deshalb absehen vom Fahrverbot. Der OLG Bamberg, Beschl. v. 29.10.2012 – 3 Ss OWi 1374/12 – sagt: Nein, und zwar mit folgender Begründung:

1. Zwar hat das AG im Grundsatz nicht verkannt („ausnahmsweise“), dass ein Absehen von dem gesetzlich ange­ordneten Regelfahrverbot nach §§ 24 a I, III, 25 I 2 StVG i.V.m. § 4 III BKatV nur in Härtefällen ganz au­ßerge­wöhnlicher Art in Betracht kommen kann oder wenn wegen – hier nicht gegebener – besonderer Umstände äu­ßerer oder innerer Art das Tatgeschehen ausnahmsweise aus dem Rahmen einer typischen Ordnungswidrigkeit nach § 24 a I StVG derart herausfällt, dass die Verhängung des Regelfahrverbots als offensichtlich unpassend anzusehen wäre (BGHSt 38,125/134; OLG Saarbrücken VRS 102, 458 ff. sowie schon OLG Bam­berg, Beschlüsse vom 11.03.2005 – 2 Ss OWi 236/05 und vom 20.08.2008 – 3 Ss OWi 966/08 = DAR 2009, 39 f. = BA 45 [2008], 394 f. = OLGSt StVG § 25 Nr. 43; vgl. im Übrigen eingehend Burhoff/Deutscher, Handbuch für das stra­ßenverkehrsrechtliche OWi-Verfahren, 3. Aufl., Rn. 2445 ff., insbes. Rn. 2448 ff. sowie Rn. 917 ff. m.w.N.). Denn anders als bei den Katalogtaten nach § 4 I und II BKatV, in denen ein Fahrverbot le­diglich in der Regel „in Be­tracht“ kommt, ist bei Ordnungswidrigkeiten nach § 24 a StVG gemäß § 25 I 2 StVG i.V.m. § 4 III BKatV in der Regel ein Fahr­verbot zu verhängen. Den Gerichten ist deshalb in den Fällen des § 24 a StVG bei der Entscheidung darüber, ob von einem Fahrverbot im Einzelfall ausnahmsweise ab­gesehen werden kann, ein geringerer Ermessensspielraum einge­räumt. Angesichts des höheren Unrechtsge­halts und der Ge­fährlich­keit einer derartigen Ordnungswidrigkeit versteht sich vielmehr die grundsätzliche An­gemes­senheit eines Fahrverbots regelmäßig von selbst (st.Rspr. des Senats, vgl. z.B. Beschluss vom 12.02.2008 – 3 Ss OWi 1776/07). Schon daraus folgt, dass für das hier vom AG zur Begründung des Fahrverbotswegfalls angeführte Argument, wonach „insbesondere […] die AAK nur geringfügig über dem Grenzwert“ liege oder gar – wie die Verteidigung im Rahmen ihrer Stellungnahme zur Rechtsbeschwerdebegründung der StA meint – angesichts der festgestellten AAK von 0,27 mg/l von einer „geradezu an der Grenze zur Nüchternheit“ liegenden AAK auszugehen sei, von vornherein kein Raum ist (Burhoff/Deutscher Rn. 2452 f.).“

Die „Schwellenwertdiskussion“ wird also i.d.R. nichts bringen.

 

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Knapp darunter ist auch „drin“ im Fahrverbotsbereich

Bei Der Verhängung eines Fahrverbotes wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung kennen wir die Diskussion der nur knapp überschrittenen Schwellenwertes, als nur knapp eben die fahrverbotsträchtigen 31 km/h „getroffen“ oder nur knapp darüber hinaus. Das ist nach der obergerichtlichen Rechtsprechung kein Grund, von einem Fahrverbot abzusehen. Dasselbe gilt nach dem OLG Bamberg, Beschl. v. 28. 12. 2011 – 3 Ss OWI 1616/11 – für die Abstandsunterschreitung. Auch da reicht allein die Begründung , dass der die Fahrverbotsanordnung eines Regelfahrverbotes „indizierende untere Tabellengrenzwert (sog. „Fahrverbotsschwelle“) nur knapp unterschritten wurde“ nicht aus. So früher auch schon das OLG Köln  und das OLG Hamm. Knapp darunter oder darüber ist also auch immer „drin im Fahrverbotsbereich“ und rettet allein nicht vor dem Fahrverbot.