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Nur zu Erinnerung: Besoffen gefahren –> höheres Schmerzensgeld

© Gina Sanders - Fotolia.com

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Das OLG München, Urt. v. 21.03.2014 – 10 U 3341/13 – betrifft Schmerzensgeldfragen, auf die ich hier – das kann ich nicht 🙂 – nicht näher eingehen will. Ich stelle daher nur die Leitsätze vor, und zwar wie folgt:

1. Der Schädiger haftet auch für unzureichende medizinische Behandlung von Unfallverletzungen.

2. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes wirkt sich die Trunkenheit des Unfallverursachers (hier: BAK 1,56 o/oo) schmerzensgelderhöhend aus.

3. Erleidet der Geschädigte bei einem durch Trunkenheit des Unfallverursachers mitverursachten Verkehrsunfall eine HWS-Distorsion 1. Grades sowie eine Prellung des Unterarms und der Tibea links und ist er aufgrund des Unterbleibens einer ausreichenden Schmerztherapie auch mehr als neun Monate nach dem Unfall noch arbeitsunfähig, so ist ein Schmerzensgeld in Höhe von 13.000 EUR angemessen.

und weise auf den Leitsatz zu 2 noch einmal hin – Erinnerung!! Dazu hat das OLG nur kurz ausgeführt:

„2. Im Rahmen der Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes ist, wie der Berufungsführer zutreffend betont, auch die Trunkenheit des Unfallverursachers, dessen BAK von 1,56‰ sich auf den Unfallverlauf (Übersehen des von links kommenden klägerischen PKWs) auch ausgewirkt hat, miteinzustellen (BGHZ – GSZ – 18, 149 = NJW 1955, 1675 = MDR 1956 = VersR 1955, 615; Senat zfs 1985, 294 = VersR 1985, 601 [nur red. Ls.]; OLG Hamm SP 2000, 414; OLG Frankfurt a. M. zfs 2005, 597).“

200.000 € Schmerzensgeld nach Auseinandersetzung vor einer Disco

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Das OLG Oldenburg hat in einer PM vom 10.02.2014 – auf ein OLG Oldenburg, Urt. v. 07‌.‌01‌.‌2014‌ – 12 U ‌130‌/‌13‌ – hingewiesen, in dem nach einer Auseinandersetzung vor einer Disco ein beträchtliches Schmerzensgeld für immaterielle Schäden zugesprochen worden ist.

In der PM heißt es:

„Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Oldenburg hat einem Geschädigten nach einer körperlichen Auseinandersetzung vor einer Disko ein Schmerzensgeld von 200.000 EUR zugesprochen.

Der Kläger wurde von dem Beklagten in den frühen Morgenstunden des 29.9.2007 vor der Diskothek „Dinis“ in Aurich unvermittelt mit der Faust gegen den Kopf geschlagen, so dass er rückwärts hinfiel. Anschließend setzte sich der Beklagten auf den Kläger und schlug noch mindestens zweimal mit der Faust auf den Kopf des Klägers ein. Durch den Angriff erlitt der Kläger schwerste Verletzungen. Der Kläger wurde bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert, wo bei ihm u.a. ein Schädel-Hirn-Trauma, ein traumatisches Hirnödem und unterschiedliche Frakturen diagnostiziert wurden. Bis heute leidet der Beklagte an einer deutlichen Sprachstörung, einer aufgehobene Feinmotorik der rechten Hand, einer deutliche Spastik des rechten Beines sowie Störungen der Gedächnisfunktion und der affektiven Kontrolle. Insgesamt wurde bei dem Kläger auf einen Grad der Schädigung von 80 % erkannt, wobei davon auszugehen ist, dass eine wesentliche Verbesserung des körperlichen Zustandes nicht eintreten wird.

Der Senat hat das vom Landgericht Aurich zugesprochene Schmerzensgeld von 170.000 EUR erhöht. Angesichts der Schwere der dem Kläger vom Beklagten durch eine Vorsatztat zugefügten Verletzungen, der sehr langwierigen und außerordentlich belastenden Behandlung und insbesondere der gravierenden Dauerschäden und der damit verbundenen erheblichen Einschränkungen der Lebensführung erscheine hier, so der Senat, ein Schmerzensgeld von insgesamt 200.000 EUR angemessen.“

Wenn man es liest, hat man – wenigstens ich – keine Bedenken, dass „es passt“.

50.000 € Schmerzensgeld nach einem Mord nicht zu viel…

Das OLG Bremen hat im OLG Bremen, Beschl. v. 16.03.2012 – 3 U 6/12 PKH für eine Berufung verweigert, mit der der der Beklagte ein vom LG Bremen festgesetztes Schmerzensgeld von 50.000 € auf 25.000 € reduzieren wollte. Ausgangspunkt war eine Verurteilung des Beklagten wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung unter Berücksichtigung verminderter Schuldfähigkeit zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren. Das LG hat das von ihm festgesetzte Schmerzensgeld wie folgt begründet:

Zur Begründung der Verurteilung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Beklagte der Tochter der Klägerin vorsätzlich Verletzungen zugefügt habe, aufgrund derer die Tochter der Klägerin verstorben sei. Zwar sei zu beachten, dass nach dem Gesetzeswortlaut nur die Körper- und Gesundheitsverletzung, nicht aber die Vernichtung des Lebens als solche Schmerzensgeldansprüche auslösen könne. Nach den sachverständigen Ausführungen stehe aber fest, dass die Tochter der Klägerin nach dem ersten Würgeangriff das Bewusstsein wiedererlangt habe. Sie sei für einen nennenswerten Zeitraum bei vollem Bewusstsein gewesen und habe die ihr zugefügten Verletzungen – insbesondere auch die schwere Afterverletzung – vollständig wahrgenommen.

Für die Bemessung des Schmerzensgeldes sei ausschlaggebend, dass die Tochter der Klägerin nach dem Würgeangriff nicht nur starke Schmerzen und erhebliche Verletzungen durch den Beklagten erlitten, sondern insbesondere auch aufgrund des als sicher erkannten Todeseintritts eine Todesangst ausgestanden habe. Eine Einschränkung der Wahrnehmungsfähigkeit des Beklagten aufgrund Alkoholisierung oder sonstiger Stoffe könne nach den Sachverständigenangaben ausgeschlossen werden. Der relativ kurze Zeitraum des Überlebens sei angesichts der vorsätzlichen und mit Misshandlungen verbundenen Tat kein taugliches Bemessungskriterium für das Schmerzensgeld und trete völlig hinter die Kombination aus verletzungsbedingtem Schmerz und der Angst vor dem als vom Beklagten beabsichtigt erkannten Tod zurück. Durch diese Kombination hebe sich der Fall von anderen Vergleichsfällen aus den Schmerzensgeldtabellen ab und rechtfertige eine Verurteilung in der tenorierten Höhe. „

Das OLG hat das „gehalten: Bei einer vorsätzlich begangenen gefährlichen Körperverletzung, die zum Tode der Geschädigten führt, trete bei der Bemessung des Schmerzensgeldes die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes hinter dessen Genugtuungsfunktion zurück. Nach den Umständen des Einzelfalls könen deshalb ein Schmerzensgeld von € 50.000,00 auch dann angemessen sein, wenn die Geschädigte die Verletzungshandlung lediglich für einen kurzen Zeitraum (hier ca. 30 Minuten) überlebt, sie jedoch die ihr zugefügten schweren Verletzungen und Schmerzen bewusst und in Todesangst wahrnehme.

Der Sturz vom Prügelbalken

Das LG Osnabrück berichtete vor einigen Tagen über einen Zivilprozess, der dort zu Ende gegangen war mit seiner PM vom.Es ging um das LG Osnabrück, Urt. v. 27. 02.2012 – 2 O 233/11. In ihm war/ist eine Schmerzensgeldforderung zurückgewiesen worden:

Die 2. Zivilkammer des Landgerichts Osnabrück hat die Klage eines Volksfestbesuchers auf Schmerzensgeld abgewiesen und auf die Widerklage des Beklagten festgestellt, dass dem Kläger aus dem Vorfall keine Ansprüche zustehen. Es handele sich um einen tragischen Unfall, bei dem sich das allgemeine Lebensrisiko realisiert habe. Eine Verkehrssicherungspflichtverletzung liege hingegen nicht vor.

Der beklagte Verein veranstaltete im Juni 2011 in Lingen das historische „Kivelingsfest“, auf dem eine Attraktion der sogenannte Prügelbalken war, siehe anliegendes Foto. Bei diesem Spiel sitzen sich zwei Personen auf einem Holzbalken gegenüber. Unterhalb des Holzbalkens befinden sich Strohballen. Die Personen versuchen nun, sich gegenseitig mittels mit Watte gefüllter Säcke von dem Balken herunterzuschlagen. Der Kläger nahm an diesem Spiel zusammen mit seiner Lebensgefährtin teil und erhielt im Laufe des Spiels von seiner Lebensgefährtin einige Schläge. Er verlor das Gleichgewicht und fiel vom Balken auf das 1,5 m tiefer liegende Stroh. Bei diesem Sturz zog er sich u.a. einen Bruch des ersten Halswirbels zu.

Das Gericht ist zu der Einschätzung gelangt, dass der Veranstalter des Volksfestes seine Verkehrssicherungspflicht nicht verletzt habe. Eine jeden Unfall ausschließende Verkehrssicherheit lasse sich nicht erreichen. Es sei für den Kläger offenkundig gewesen, dass er sich auch bei einem regelgerechten Spiel möglicherweise verletzen konnte. Die Fläche unterhalb des Balkens sei ausreichend mit Strohballen und einer zusätzlichen Schicht von ca. 25 cm lockerem Stroh abgepolstert gewesen. Weiche Matten hätte der Beklagte nicht auslegen müssen, weil dies dem Charakter des Festes nicht gerecht worden wäre und es möglicherweise auch bei Verwendung der Matten zu den Verletzungen gekommen wäre…..“

Was mich erstaunt, ist nicht so sehr die Begründung der Klageabweisung, die mir auf den ersten Blick zutreffend erscheint, sondern mehr der Bericht darüber, welche „alten Bräuche“ es so alles gibt.

Der Knöllchen-Horst bekommt Schmerzensgeld

Ich hatte ja schon vor einiger Zeit über den Knöllchen-Horst (es handelt sich nicht um den ehemaligen Bundespräsidenten) berichtet. Er hat jetzt wieder die Presse beschäftigt, die berichtet, dass der Knöllchen-Horst nun vom LG Göttingen Schmerzensgeld zugesprochen bekommen hat. Hat da jemand eine neue Einnahmequelle entdeckt 🙂 :-). Bei der Unwägbarkeit von Gerichtsverfahren wohl kaum.