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Das Wohlfühlauto, oder: Man muss sich in seinem Auto sicher fühlen….

In einer PM v. 01.03.2013 berichtet das OLG Frankfurt über ein bei ihm anhängiges Verfahren betreffend ein „Wohlfühlauto“, das durch das OLG Frankfurt, Urt. v. 28.02.2013 – sein Ende gefunden hat (vgl. auch hier den Bericht auf LTO „Gefühlt unsichere Fahrzeuge sind mangelhaft„. Im Verfahren ging es um die Klage eines Neuwagenkäufers bei einem „bekannten Autohersteller“, der auf Rücknahme und Kaufpreiserstattung geklagt hatte. Begründung: Der gekaufte Pkw Wagen sei mangelhaft, da sich die Insassen in ihm aufgrund klappernder Geräusche nicht wohlfühlten. Zum Verfahren aus der PM:

„Der Kläger erwarb bei einer Filiale des beklagten Autoherstellers im Rhein-Main-Gebiet einen Neuwagen für rund 33.000,- €, der ihm Ende Januar 2008 ausgeliefert wurde. In der Folgezeit rügte der Kläger eine Vielzahl von Mängeln, die von der Beklagten zum Teil behoben wurden. Im Juli 2009 bemängelte der Kläger zum ersten Mal klappernde Geräusche am Unterboden des Fahrzeugs. Nachdem sich das Fahrzeug mehrfach zu Nachbesserungsversuchen bei der Beklagten befand – nach der Behauptung des Klägers 22-mal – trat der Kläger im September 2009 vom Kaufvertrag zurück und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises. Die Beklagte wandte ein, die Mängel hätten teilweise bei Übergabe des Fahrzeugs noch nicht vorgelegen und das klappernde Geräusch stelle zudem einen nur unerheblichen Mangel dar.

Wie schon das Landgericht nach Einholung eines Sachverständigengutachtens gab nun auch das Oberlandesgericht dem Kläger in der Berufung dem Grund nach Recht. Schon das trotz der vielen Nachbesserungsversuche nicht zu beseitigende klappernde Geräusch aus dem Bereich der Vorderradaufhängung, dessen Ursache bis heute nicht sicher festgestellt werden könne, berechtige den Kläger zum Rücktritt vom Kaufvertrag. Auch wenn die insoweit voraussichtlich anfallenden Mängelbeseitigungskosten unterhalb der Bagatellgrenze von 1 % des Kaufpreises liegen würden, ergebe sich die Erheblichkeit dieses Mangels aus seiner subjektiven Bedeutung. Der Sachverständige habe anschaulich geschildert, dass das Geräusch unregelmäßig auftrete, aber deutlich wahrnehmbar sei und deshalb bei den Insassen berechtigt das Gefühl aufkommen lasse, mit dem Fahrzeug stimme etwas nicht. Ein Fahrzeug aber, in dem sich die Insassen nicht sicher fühlten, sei mangelhaft.

Auf den zurückzuzahlenden Kaufpreis müsse sich der Kläger allerdings eine Nutzungsentschädigung für die von ihm mit dem Fahrzeug zurückgelegten 83.000 Kilometer anrechnen lassen, die hier auf rund 13.000,- € zu beziffern war.

Die Entscheidung ist faktisch rechtskräftig, da das OLG eine Revision zum BGH nicht zugelassen hat und eine Nichtzulassungsbeschwerde nicht in Betracht kommt.

Ich habe ja nicht mehr so ganz viel Ahnung vom Zivilrecht und ohne Kenntnis der Entscheidungsgründe ist eine Beurteilung auch immer schwer: Aber: Öffnet die Begründung des Sachverständigen nicht Tür und Tor für Rücktritte mit der Begründung: Zwar kleiner Mangel, aber ich fühle mich nicht sicher. Andererseits: Wer sitzt schon gern in einem Pkw, in dem er sich nicht sicher fühlt?

Und: Das Bild ist „Zufall“. In der PM heißt es nur „bekannter Autohersteller“. Da nehme ich mal lieber kein Bild, auf dem man eine Pkw-Marke erkennen könnte. Man weiß ja nie :-).

Wenn das Handy zweimal klingelt,

und zwar bei der Tatausführung, dann kann das Auswirkungen auf die Frage der Abgrenzung beendeter/unbeendeter Versuch und eine damit zusammenhängende Rücktrittsproblematik haben.

Der BGH, Beschl. v. 16.03.2011 – 2 StR 22/11 beanstandet die Versagung eines strafbefreienden Rücktritts wegen unbeendeten Versuchs eines Tötungsdelikts durch das LG. Auch wenn der Täter – wie im Fall – nahezu 20-mal auf das Opfer einsteche, könne ein unbeendeter Versuch vorliegen, wenn das Opfer hiernach sein klingelndes Handy aus der Tasche ziehe, den Täter darauf hinweise, dass der Anrufer wisse, dass der Täter bei dem Opfer sei und das Opfer sodann selbst in Verkennung der Schwere seiner Verletzungen den Tatort verlasse. Auch wenn mit dem klingelnden Handy eine Beendigung des Versuchs angenommen werde, sei dies nur rechtlich haltbar, wenn der Täter hierdurch nicht mehr Herr seiner Entschlüsse ist.

Inwieweit das im konkreten Fall anzunehmen war, muss das LG nun neu prüfen.

Beendeter/unbeendeter Versuch – das ist richtig schwierig…

…und zwar so schwierig, dass es geradezu nach einer „Aufarbeitung“ für das 1. Staatsexamen schreit. Wann hat man denn auch schon mal einen schönen Strafrechts-AT-Fall in der Rechtsprechung. Und dann auch noch beim BGH (Beschl. v. 08.12.2010 – 2 StR 536/10). Ist aber nicht nur Studenten interessant :-).

Wochenspiegel für die 47. KW, oder wir blicken mal wieder über den Tellerrand..

Wir berichten:

  1. Mal wieder der beschuhte Fuß als gefährliches Werkzeug, vgl. hier.
  2. Der Kampf um die Mittelgebühr bei der RSV, vgl. hier.
  3. Und dann natürlich der „Lauschangriff“ 🙂 bei Kachelmann, hier, hier, hier und hier.
  4. zur gesetzlichen Beschränkung der Höchstgeschwindigkeit, hier.
  5. Zum Erinnerungsvermögen von Polizeibeamten vgl. hier.
  6. Der Kfz-Schein im Auto, vgl. hier.
  7. Zum Ermittlungsansatz IP-Adresse, vgl. hier.
  8. Zur Halterauskunft online, hier.
  9. Zum Rücktritt von der versuchten räuberischen Erpressung, vgl. hier.
  10. Ist Reizgas ein gefährliches Werkzeug fragt man sich hier?