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Gebrauchtwagenkauf, oder: Wenn der private PKW-Verkäufer dem Händler falsche Zusicherungen macht

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By Greg Gjerdingen from Willmar, USA – 12 Nissan Juke SV AWD, CC BY 2.0,

Und dann heute noch eine Entscheidung aus dem (Pkw)Kaufrecht. Es ist dann auch noch einmal das OLG Hamm, das im OLG Hamm, Urt. v. 16.05.2017 – 28 U 101/16 – zu den Rücktrittsvoraussetzungen beim Verkauf eines verunfallten Fahrzeugs Stellung genommen hat.

Grundlage war folgender Sachverhalt: Die Klägerin betreibt einen Kraftfahrzeughandel. Sie hat von der Beklagten, einer Privatperson, für 10.660 € ein Gebrauchtfahrzeug vom Typ Nissan Juke erworben. In dem schriftlichen Kaufvertrag vereinbarten die Parteien, dass das Fahrzeug unfallfrei sei und keine Nachlackierung habe. Der Klägerin war bekannt, dass die Beklagte nicht die Ersthalterin des Fahrzeugs war. Zudem hatte die Klägerin vor Vertragsschluss Gelegenheit, das Fahrzeug in ihrer Werkstatt auf Vorschäden und sonstige Mängel zu untersuchen. Nach Abwicklung des Kaufvertrages erklärte die Klägerin den Rücktritt vom Vertrag mit der Begründung, bei dem verkauften Nissan Juke handele sich um einen Unfallwagen, der zudem nachlackiert worden sei. Sie verlangt die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des verkauften Fahrzeugs. Das LG hat die Klage abgewiesen, das OLG hat ihr auf die Berufung hin – nach Durchfürhung einer Beweisaufnahme – stattgegeben. Das OLG meint u.a.

c) Das von der Beklagten verkaufte Fahrzeug entspricht nicht der vereinbarten Beschaffenheit und ist deshalb mangelhaft im Sinne des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB.

aa) Welche Beschaffenheit der Kaufsache die Parteien vereinbart haben, ergibt sich aus der am 16.02.2015 bei Abholung des Fahrzeugs unterzeichneten Kaufvertragsurkunde. Danach sollte das Fahrzeug unfallfrei sein und keine Nachlackierungen haben; angegeben war eine Beschädigung an der Tür vorn links in Form eines winzigen, kaum bemerkbaren Kratzers.

Entgegen der Einschätzung des Landgerichts ist diese einvernehmliche Fahrzeugbeschreibung zwar nicht als Garantie im Sinne des § 444 BGB auszulegen – diese vom Landgericht in den Vordergrund gestellte Überlegung erscheint fernliegend -, jedoch als „einfache“ Beschaffenheitsvereinbarung i.S. des § 434 Abs. 1 S. 1 BGB.

Enthält ein Kaufvertrag die uneingeschränkte Angabe, das verkaufte Fahrzeug sei unfallfrei, bringen die Parteien damit zum Ausdruck, dass sie einverständlich davon ausgehen, das Fahrzeug habe bis dahin keinen Unfallschaden erlitten, der über eine bloße Bagatellbeschädigung hinausgegangen ist. Mit der Angabe fehlender Nachlackierungen legen sie das Vorhandensein der Originallackierung als geschuldete Fahrzeugbeschaffenheit fest.

Im konkreten Fall ist nichts anderes anzunehmen.

Das gilt auch unter Berücksichtigung dessen, dass die klagende Käuferin Autohändlerin und die beklagte Verkäuferin Privatperson ist, dass die Beklagte – der Klägerin bekannt – nicht die Ersthalterin des Fahrzeugs war und die Klägerin vor Unterzeichnung des Kaufvertrags vom 16.02.2015 die Möglichkeit hatte, das Fahrzeug auf (Unfall-)Vorschäden, Nachlackierungen und sonstige Mängel zu untersuchen.

Die Aufnahme der Angaben zur Unfallfreiheit wie zu den fehlenden Nachlackierungen in den Vertrag belegt, dass u.a. diese Punkte für die Kaufentscheidung der Käuferin wichtig waren, sie also ansonsten den Vertrag nicht zu dem Preis bzw. zu diesen Konditionen abgeschlossen hätte. Das Interesse der Käuferin an der Unfall- und sonstigen Schadensfreiheit bestand – für die Gegenseite ersichtlich – im Hinblick auf die gesamte Lebenszeit des Fahrzeugs und nicht nur beschränkt auf die Besitzzeit der Verkäuferin. Und es bestand erkennbar auch unabhängig davon, ob bzw. inwieweit die private Verkäuferin in der Lage war, die Unfall- / Nachlackierungsfreiheit aus eigener Kenntnis zu beurteilen oder z.B. durch Nachfragen beim Vorbesitzer oder eigene Fahrzeuguntersuchungen in Erfahrung zu bringen.

Dass die Klägerin Wert darauf legte, vor Unterzeichnung des schriftlichen Kaufvertrags das Fahrzeug selbst zu untersuchen, bedeutete nicht, dass sie damit das Risiko übernehmen wollte, dass das Fahrzeug nicht den vorbezeichneten Angaben entsprach. Vielmehr ergab sich nicht zuletzt aus der zum Vertragsgegenstand erhobenen Email vom 11.02.2015 deutlich, dass die Klägerin diese Untersuchung nur im eigenen Interesse zur Vermeidung späterer Streitereien vornehmen wollte, aber nicht, um dadurch die Beklagte zu entlasten bzw. aus der Gewähr zu entlassen.

Die Beklagte brachte ihrerseits durch die Vertragsunterzeichnung zum Ausdruck, dass sie mit der Käufererwartung der Unfall-/Nachlackierungsfreiheit konform ging, also die betreffenden Beschaffenheitsmerkmale als maßgeblich für den Vertragsschluss akzeptierte. Eine Einschränkung dahin, dass sie hierfür nicht einstehen wollte, soweit es um Geschehnisse aus der Zeit vor ihrem Fahrzeugbesitz geht, findet sich im Vertrag nicht.

Die Beklagte wendet auch ohne Erfolg ein, dass die Eingabemaske von *Internetadresse* nicht vorsehe, die entsprechenden Angaben als bloße Wissensmitteilungen zu formulieren. Abgesehen davon, dass individuelle Angaben doch möglich waren – wie der Hinweis auf die Beschädigung in Form eines Kratzers belegt, – hätte die Einschränkung jedenfalls im schriftlichen Vertrag erfolgen können, was aber nicht geschehen ist.

bb) Wie die Beweisaufnahme des Senats ergeben hat, war das verkaufte Fahrzeug bei Übergabe nicht unfall- und nachlackierungsfrei…..“

Alles in allem: „Gebrauchtwagenkauf verkehrt“, denn normalerweise geht es beim Gebrauchtwagenkauf ja meist um falsche Zusicherungen des Händlers.

Achtung/Wichtig beim Gebrauchtwagenkauf: Mangel oder Verschleiß?

Mit der beim Gebrauchtwagenkauf wichtigen Frage: Mangel oder Verschleiß?, hat sich vor kurzem das OLG Hamm, Urt. v. 11.05.2017 – 28 U 89/16 – befasst. Der Kläger hatte im November 2013 beim beklagten Autohändler einen gebrauchten Skoda Octavia RS Combi 2.0 TDI für 8.950 € erworben. Das erstmals im Juni 2007 zugelassene Fahrzeug hatte einen Kilometerstand von ca. 181.000 km. Nach der Fahrzeugübergabe rügte der Kläger Mängel, u.a. schlechtes Anspringen des Motors, Ruckeln beim Fahren, laute Motorgeräusche und eine sich plötzlich erhöhende Motordrehzahl. Es kam zu Instandsetzungsarbeiten, auch durch die Beklagte, die der Kläger allerdings für unzureichend hielt. Deswegen erklärte er im Mai 2014 den Rücktritt vom Kaufvertrag. Dem trat die Beklagte entgegen und verwies darauf, dass die vom Kläger beanstandete Symptomatik auf einem üblichen Verschleiß des Fahrzeugs beruhe und nicht als Mangel zu bewerten sei.

Es hat dann ein Verfahren beim LG Hagen stattgefunden. In dem kam ein Kfz-Sachverständiger zu dem Ergebnis, dass die vom Kläger behauptete Mangelsymptomatik auf einen verstopften Rußpartikelfilter zurückzuführen sei. Dieses hat das LG als übliche Verschleißerscheinung angesehen und die Klage abgewiesen.

Anders die auf die Berufung des Klägers ergangene OLG-Entscheidung. Das OLg hat nämlich nNach weiterer Beweisaufnahme mit erneuter Anhörung des Sachverständigen h der Klage stattgegeben und die Beklagte zur Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs verurteilt. Nach seiner Auffassung war der Vertragsrücktritt berechtigt, weil das verkaufte Fahrzeug bei der Übergabe einen Sachmangel aufgewiesen und sich nicht in einem altersgemäßen Zustand vergleichbarer Gebrauchtfahrzeuge befunden habe:

„Der Käufer eines sechs Jahre alten Fahrzeugs mit einer Laufleistung von 181.000 km muss zwar grundsätzlich einen altersüblichen Verschleißzustand hinnehmen. Dazu mag bei Dieselfahrzeugen auch die im Laufe des Fahrbetriebs zunehmende Verstopfung des Rußpartikelfilters zählen.

Im Streitfall wies der von der Beklagten verkaufte Škoda aber nach den Feststellungen des Kfz-Sachverständigen C zwei technische Defekte auf:

Zum einen war der Drucksensor des Partikelfilters nicht funktionstüchtig, so dass eine Überfüllung des Partikelfilters nicht angezeigt werden konnte. Und zum anderen konnte der Sachverständige anhand der starken Verkokung des Saugrohres feststellen, dass der streitgegenständliche Škoda Octavia TDI von einem für diese Modellreihe typischen Bauteilfehler an den Pumpe-Düsen-Elementen betroffen war. Dieser werkseitige Fehler führte zu einer Überfettung des Brennstoffgemischs und damit zu einer Verkokung, die wiederum eine übermäßige Füllung des Partikelfilters mit Ruß zur Folge hatte.

Aufgrund dieser beiden technischen Defekte blieb der vom Kläger erworbene Škoda negativ hinter der üblichen Beschaffenheit vergleichbarer Gebrauchtfahrzeuge zurück. Zugleich lagerte sich aufgrund der defekten Pumpe-Düse-Injektoren im Partikelfilter mehr Ruß als üblich ab. Eine solche übermäßige Verschleißanfälligkeit ist ebenfalls als Sachmangel i.S.d. § 434 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 BGB anzusehen (Reinking/Eggert Der Autokauf, 13. Aufl. 2017, Rnr. 3027), zumal im Streitfall eine bedenkliche Ruß-ablagerung aufgrund des defekten Sensors nicht angezeigt werden konnte.

Selbst wenn man zugunsten der Beklagten davon ausgehen wollte, dass auch ohne den Defekt an den Pumpe-Düse-Elementen angesichts der Laufleistung von über 180.000 km eine ähnlich starke Verstopfung des Partikelfilters nicht auszuschließen war, würde dies die Beklagte nicht entlasten. Denn der Kläger hat den Škoda im Rahmen eines Verbrauchsgüterkaufs erworben (§ 474 Abs. 1 BGB). Für ihn streitet deshalb die Beweislastregel des § 476 BGB, wonach in den Fällen, in denen sich – wie im Streitfall –innerhalb der ersten sechs Monate nach Fahrzeugübergabe ein Mangel zeigt, zu vermuten ist, dass die gekaufte Sache bereits bei Übergabe mangelhaft war. Diese Vermutung greift nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 12.10.2016 (BGH MDR 2016, 1437) auch dann ein, wenn offen bleibt, ob der eingetretene mangelhafte Zustand auf einem dem Verkäufer zuzurechnenden Sachmangel oder auf einem sonstigen Grund beruht. Der Streitfall bietet jedenfalls keinen Anlass, zugunsten der Beklagten von einem positiv geführten Entlastungsbeweis auszugehen. Denn der Sachverständige hat im Gegenteil bei seiner Anhörung vor dem Senat bestätigt, dass seiner Meinung nach der (Ursprungs-) Fehler an dem Pumpe-Düse-System die Ursache der Verstopfung des Rußpartikelfilters gewesen sei.“

Ferrari La Ferrari, oder: Ein Auto, das fast 2 Mio EUR kosten soll, und die „Tageszulassung“

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By Axion23 – LaFerrari in Beverly Hills, CC BY 2.0,

Wird in der Auftragsbestätigung zu einem Pkw-Kauf als Erstzulassung „Neu/Tageszulassung“ und als Kilometerstand „Werkskilometer“ festgehalten, so darf der Käufer davon ausgehen, dass der Wagen bis dahin nur auf einen Handelsbetrieb zugelassen war und die Zulassungsdauer bei maximal 30 Tagen lag. Ist das nicht der Fall, kann vom Kaufvertrag zurück getreten werden. Das ist das Fazit aus dem OLG Hamm. Urt. v. 18.05.2017 – 28 U 134/16. Und da ich heute nicht viel Zeit habe – es ist „Kronprinzessinnentag“ 🙂 , zitiere ich dazu – was ich sonst nur selten tue – aus der PM des OLG Hamm:

„Eine Dortmunder Firma, die mit hochwertigen Fahrzeugen handelt, muss einer Prager Handelsfirma eine Anzahlung von 40.000 Euro für einen Ferrari LaFerrari erstatten, weil sie den Ferrari zu den vereinbarten Konditionen nicht liefern konnte und die Prager Firma deswegen wirksam vom Vertrag zurückgetreten ist. Das hat der 28. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm am 18.05.2017 entschieden und damit die erstinstanzliche Entscheidung des Landgerichts Dortmund bestätigt.

Die beklagte Dortmunder Autohändlerin bot im Frühjahr 2015 über das Internet einen Ferrari LaFerrari zum Verkauf an. Dieses Ferrari-Modell war im März 2013 auf dem Genfer Autosalon vorgestellt worden. Die in einer kleinen Serie produzierten 499 Exemplare des Modells waren seinerzeit sofort ausverkauft. Die Klägerin, eine Handelsfirma aus Prag, war am Kauf des Ferrari interessiert und nahm mit der Beklagten Kontakt auf. Im März 2015 vereinbarten die Parteien den Verkauf des Ferrari LaFerrari für 1.950.000 Euro und hielten in der Auftragsbestätigung als Erstzulassung „Neu/Tageszulassung“ und als Kilometerstand „Werkskilometer“ fest. Vereinbarungsgemäß leistete die Klägerin sodann eine Anzahlung in Höhe von 40.000 Euro an die Beklagte. Mitte April 2015 trafen sich die Parteien zur Fahrzeugübergabe, die auf Betreiben der Beklagten in Nürnberg stattfinden sollte. Dort führte die Beklagte der Klägerin einen Ferrari LaFerrari vor, der im April 2014 erstmals zum Straßenverkehr zugelassen worden war und seitdem als Leasingfahrzeug genutzt wurde. Er hatte eine Laufleistung von 1.412 km. Da die Klägerin beanstandete, dass das Fahrzeug nicht den vereinbarten Bedingungen entspreche, verhandelten die Parteien über einen Preisnachlass. Nach Darstellung der Beklagten einigte man sich vor Ort auf einen Nachlass von 25.000 Euro. Einen kurz darauf von der Klägerin verlangten Nachlass von 100.000 Euro lehnte die Beklagte ab. Nachdem sich die Parteien in der Folgezeit nicht einigen konnten, erklärte die Klägerin u.a. den Rücktritt vom Kaufvertrag und verlangte die Erstattung der geleisteten Anzahlung. Mit diesem Begehren nimmt sie die Beklagte gerichtlich in Anspruch.

Das Rückzahlungsbegehren der Klägerin war erfolgreich. Nach der Entscheidung des 28. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm ist die Klägerin zu Recht vom abgeschlossenen Kaufvertrag zurückgetreten, so dass die Beklagte die Anzahlung zurückzuzahlen hat.

Nach dem abgeschlossenen Kaufvertrag habe die Klägerin davon ausgehen dürfen, dass ihr die Beklagte einen Ferrari mit den in der Auftragsbestätigung vereinbarten Beschaffenheitsmerkmalen zum Erwerb vermitteln würde, so der Senat. Dabei habe es sich zwar nicht um ein Fahrzeug handeln können, welches Ferrari kurz zuvor neu produziert habe. Denn solche Fahrzeuge des verkauften Typs seien am Markt nicht mehr erhältlich gewesen und hätten von der Beklagten ohnehin nicht vertrieben werden können, weil sie keine offizielle Ferrari-Händlerin sei. Dennoch habe die Klägerin davon ausgehen können, dass der zu liefernde Ferrari aufgrund der Angabe „Tageszulassung“ bis dahin nur auf einen Handelsbetrieb zugelassen gewesen sei und die Zulassungsdauer bei maximal 30 Tagen gelegen habe. Fahrzeuge mit Tageszulassungen würden nur formal auf einen Händler zugelassen, aber nicht im Straßenverkehr bewegt, so dass sie weiter als Neuwagen angesehen werden könnten. Dafür, dass die Beklagten einen derartigen Ferrari habe anbieten wollen, spreche auch die im Kaufvertrag enthaltene Angabe „Werkskilometer“. Werkskilometer bezeichneten eine Fahrstrecke, die nach der Produktion eines Fahrzeugs üblicherweise auf dem Werksgelände zurückgelegt werde, um an dem Fahrzeug noch letzte Tests und Abstimmungen vorzunehmen. Allerdings könne diese Fahrstrecke auch einige 100 km betragen, ohne dass die Neuwageneigenschaft infrage gestellt werde.

Der von der Beklagten angebotene Ferrari sei mangelhaft gewesen, weil er die genannten, vereinbarten Beschaffenheitsmerkmale nicht aufgewiesen habe. Er sei bereits seit einem Jahr zur Nutzung im Straßenverkehr zugelassen gewesen und habe auch eine über die üblichen Werkskilometer hinausgehende Fahrstrecke im öffentlichen Straßenverkehr zurückgelegt. Deswegen habe der Kilometerzähler im April 2016 eine Laufleistung von 1.412 km ausgewiesen. Diese Abweichungen seien erheblich und berechtigten die Klägerin zum Vertragsrücktritt.

Eine Einigung der Parteien auf einen – den Rücktritt der Klägerin ausschließenden – Preisnachlass von 25.000 Euro habe die Beklagte nicht nachgewiesen. Sie sei daher verpflichtet, der Klägerin die geleistete Anzahlung zu erstatten.2

Glück gehabt: Falsche Erklärung abgegeben, aber kein Schaden beim Mandanten

buch_paragraphenzeichen_BGB_01Da kann man sagen: Glück gehabt, hat ein Kollege/Rechtsanwalt, der in einem Verfahren, das mit dem OLG Stuttgart, Urt. v. 19.05.2015 · – 12 U 39/14 (ja, schon ganz alt) – geendet hat, von einem ehemaligen Mandanten wegen fehlerhafter Bearbeitung eines Mandats zur Rückabwicklung eines Kaufvertrages über einen von dem Mandanten geleasten Pkw in Anspruch genommen worden ist. Der Mandant hatte von der B. AG Niederlassung S. einen etwa vier Jahre alten B. X3 gekauft. Das Fahrzeug hatte zu diesem Zeitpunkt eine Laufleistung von ca. 79.900 km. Die Finanzierung erfolgte durch den Abschluss eines Leasingvertrages mit der B. L. GmbH, die sodann anstelle des Klägers in den Kaufvertrag eintrat. An dem Pkw traten Mängel auf. Der Rechtsanwalt hat dann für seinen Mandanten als Leasingnehmer den Rücktritt vom „Leasingvertrag“ erklärt, dabei aber übersehen, dass – Zug um Zug gegen Abtretung der Gewährleistungsrechte des Leasinggebers – Gewährleistungsansprüche gegen den Leasinggeber im Leasingvertrag ausgeschlossen waren.

Das OLG sagt: Pflichtverletzung:

„Die Pflichtverletzung des Beklagten liegt darin, den Rücktritt vom Kaufvertrag nicht oder jedenfalls nicht zweifelsfrei erklärt zu haben. Die Aufgabe des Rechtsanwalts, der mit einer Rechtsgestaltung beauftragt wird, ist es, schon durch die Wortwahl seiner Erklärung Klarheit zu schaffen. Der Laie als Auftraggeber schaltet den Fachberater u.a. deswegen ein, damit dieser das erwünschte rechtliche Ergebnis möglichst auch erreicht. Eine Auslegung setzt erst ein, wenn der Wortlaut einer Erklärung zu Zweifeln überhaupt Anlass gibt; dazu darf es der Rechtsanwalt regelmäßig gar nicht kommen lassen (BGH, Urteil vom 04. Juni 1996 – IX ZR 51/95, juris Rn. 24).

Der Beklagte hat im vorangegangenen Rechtsstreit keine vom Land- bzw. Oberlandesgericht als solche anerkannte Rücktrittserklärung vom Kaufvertrag abgegeben. Stattdessen hat er lediglich am 19.05.2009 den „Rücktritt vom Leasingvertrag“ erklärt und auch in der mündlichen Verhandlung vom 22.09.2009 keine eindeutige Erklärung dahingehend abgegeben, dass nicht der Rücktritt vom Leasingvertrag, sondern der Rücktritt vom Kaufvertrag erklärt werde. Die – zwischen den hiesigen Parteien unstreitig – durch die Ehefrau des Klägers abgegebene mündliche Erklärung des Rücktritts vom Kaufvertrag wurde erst im Berufungsverfahren und damit verspätet vorgetragen.

2. Der Beklagte hat den ihm erteilten Auftrag fehlerhaft bearbeitet. Die Erklärung, vom Leasingvertrag zurückzutreten, führte ins Leere, da dem Kläger ein solches Rücktrittsrecht schon aus vertraglichen Gründen nicht zustand.…“

Aber, eben „Glück gehabt, denn: Durch die fehlerhafte Rücktrittserklärung ist dem Mandanten jedoch kein Schaden entstanden. Das OLG konnte nämlich „nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass an dem Fahrzeug Mängel in einem Umfang vorhanden waren, die zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigt hätten.“

Dazu nimmt sich das OLG die vom Kläger geltend gemachten Mängel vor und kommt zu folgender Einschätzung:

  • Übrig bleibt von den geltend gemachten Mängeln ein Defekt am Schiebedach: Die in Ansatz zu bringenden Aufwendungen zur Behebung dieses Mangels betragen 600 €. Das sind im Verhältnis zum Kaufpreis etwa 2 %. Das genügt eben nicht zur Überschreitung der Erheblichkeitsschwelle, die jedenfalls bei Beseitigungskosten von 5 % anzunehmen wäre (vgl. BGH, Urt. 28.05.2014 – VIII ZR 94/13).
  • Alles andere, nämlich u.a. schmierende Scheibenwischerblätter, poröse Türgummis, Rost an den Türschwellen, ist bei einem vier Jahre alten Pkw normaler Verschleiß und kein Sachmangel eines Gebrauchtwagens. Weitere Mängel hat ein Sachverständiger nicht feststellen können.

Es fehlt also an der Kausaliät – und das war es dann für den Mandanten.

VW-Abgasskandal: Hier dann LG Bochum/LG Münster zur „VW-Schummelsoftware“

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Heute dann außer der Reihe mal an einem Donnerstag Verkehrszivilrecht, na ja: Vielleicht doch nicht ganz, sondern – zumindest im Hintergrund – auch ein wenig Strafrecht? Nun, es geht um den VW-Abgasskandal – das Dieselgate – und die ersten landgerichtlichen Urteile zur „VW-Schummel-Software“, nämlich das LG Bochum, Urt. v. 16.03.2016 – I-2 O 425/15 und das LG Münster, Urt. v. 14.03.2016 – 11 O 341/15.

Der VW-Konzern und die VW-Händler werden sich über beide Entscheidungen freuen, denn beide LG haben die Klagen auf  Rückabwicklung der Kaufverträge wegen der in den Fahrzeugen verbauten „Schummelsoftware“ abgewiesen. Die LG gehen zwar von einem Mangel aus – na, das ist doch schon mal was, aber: Der Mangel liegt unterhalb der sog. Erheblichkeitsschwelle, sodass ein Anspruch auf Rücktritt verneint worden ist. Dabei gehen die LG von Kosten der Mängelbeseitigung aus, die im Verhältnis zum Kaufpreis geringfügig sind/sein sollen/werden.

Und: Beide LG stellen darauf ab, dass den Verkäufern die Nacherfüllung erst möglich ist, wenn die Nachbesserungsmaßnahmen konkret durch den Hersteller zur Verfügung gestellt werden. Den Käufern sei zuzumuten, abzuwarten, bis der Hersteller einen Vorschlag unterbreitet, der mit dem Kraftfahrtbundesamt abgestimmt ist. Schön und gut, man fragt sich allerdings, wie lange das noch dauern soll.

Nun, ich denke, die angesprochenen Fragen werden sicherlich durch die beiden LG nicht abschließend behandelt worden sein. Das letzte Wort wird im Zweifel der BGH sprechen.

Und hier dann noch einmal: VRR_11_2015_Abgas_VW_Blitzausgabe_1