Und zum Tagesschluss dann der – schon etwas ältere – BGH, Beschl. v. 22.02.2023 – 6 StR 44/23 – zur Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung, also ein Klassiker.
Das LG hat die Angeklagten wegen besonders schwerer räuberischer Erpressung verurteilt. Dagegen die Revision, die zu einer Änderung der schuldsprüche führt: .
„1. Die Schuldsprüche halten in den Fällen 1, 3 und 4 rechtlicher Überprüfung nicht stand.
a) Nach den hierzu getroffenen Feststellungen entnahm der Angeklagte W. Bargeld aus der Kasse einer Spielothek, die ein Mitarbeiter entriegelt hatte, nachdem ihn der Angeklagte S. unter Vorhalt einer geladenen Schusswaffe zur Herausgabe von Geld aufgefordert hatte (Fall 1). Anlässlich eines weiteren Überfalls auf eine Tankstelle forderte der Angeklagte S. erneut unter Vorhalt einer geladenen Schusswaffe die Herausgabe von Geld, woraufhin eine Mitarbeiterin die Schublade mit Bargeld auf den Tresen stellte, die er leerte. Der Angeklagte W. wartete im Fahrzeug (Fall 3). Nachdem beide Angeklagten einen Getränkemarkt betreten hatten, forderte der Angeklagte S. unter Vorhalt einer geladenen Schusswaffe Geld und Zigaretten, die ihm übergeben wurden. Zudem entnahm der Angeklagte aus einem Regal weitere Zigarettenschachteln (Fall 4).
b) Die Wertung des Landgerichts, in allen Fällen liege eine Vermögensverfügung vor, begegnet in den Fällen 1 und 3 durchgreifenden Bedenken.
aa) Die Abgrenzung von Raub und räuberischer Erpressung erfolgt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nach dem äußeren Erscheinungsbild des vermögensschädigenden Verhaltens des Verletzten. Wird dieser gezwungen, die Wegnahme der Sache durch den Täter selbst zu dulden, so liegt Raub vor; wird er dagegen zur Vornahme einer vermögensschädigenden Handlung, mithin einer Weggabe, genötigt, so ist – sofern eine Absicht rechtswidriger Bereicherung gegeben ist – eine räuberische Erpressung anzunehmen (vgl. BGH, Urteile vom 22. Oktober 2009 – 3 StR 372/09; vom 12. August 2021 – 3 StR 474/20).
bb) Davon ausgehend liegt weder im Fall 1 noch im Fall 3 eine Vermögensverfügung seitens des Verletzten vor. Das mit Waffeneinsatz erzwungene Verhalten der Mitarbeiter hat nur zu einer Gewahrsamslockerung, nicht aber zu einer Gewahrsamsübertragung geführt (vgl. zur Entriegelung einer Kasse BGH, Beschluss vom 3. Juli 2013 – 4 StR 186/13). Es hat lediglich die Möglichkeit zur anschließenden Wegnahme eröffnet, aber noch keinen neuen Gewahrsam der Angeklagten begründet (vgl. BGH, Beschlüsse vom 2. Dezember 2010 – 4 StR 476/10; NStZ-RR 2011, 80; vom 24. April 2018 – 5 StR 606/17).
c) Zudem ist im Fall 4 im Hinblick auf die seitens des Angeklagten W. entnommenen Zigaretten tateinheitlich der Tatbestand des schweren Raubes verwirklicht (vgl. BGH, Urteil vom 5. Mai 2021 – 6 StR 15/21; Beschluss vom 2. Dezember 2010 – 4 StR 476/10, aaO; MüKoStGB/Sander, 4. Aufl., § 249 Rn. 43).
2. Der Senat ändert die Schuldsprüche entsprechend § 354 Abs. 1 StPO. Das Verschlechterungsverbot nach § 358 Abs. 2 StPO wird durch die Schuldspruchänderung nicht verletzt; dieses schließt das Risiko einer Verschärfung des Schuldspruchs nicht aus (vgl. BGH, Beschlüsse vom 16. September 2015 – 2 StR 71/15; vom 27. Juli 2010 – 4 StR 165/10; vom 18. Februar 2020 – 3 StR 430/19). § 265 StPO steht dem ebenfalls nicht entgegen, weil die im Wesentlichen geständigen Angeklagten sich nicht wirksamer als geschehen hätten verteidigen können. Auf den Strafausspruch hat die Schuldspruchänderung wegen des unveränderten Unrechtsgehalts und gleichbleibender Strafrahmen keinen Einfluss.“
Ich glaube, ich wäre bei den Feststellungen gelich zum „Raub“ gekommen 🙂 .