2. Der Antrag ist teilweise begründet. Die Sperrerklärung ist in dem im Entscheidungsausspruch bezeichneten Umfang rechtswidrig.
a. Die Sperrerklärung genügt – noch – den sich aus § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ergebenden formellen Anforderungen (vgl. hierzu im Einzelnen: BVerwG, Beschl. v. 6.11.2008 – 20 F 7.08 -, Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 51; Senatsbeschl. v. 2.7.2015 – 14 PS 1/15 -, NdsVBl. 2016, 60; Thüringer OVG, Beschl. v. 27.3.2003 – 10 SO 337/01 -, juris Rn. 33; Schübel-Pfister, in: Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 99 Rn. 20 m.w.N.).
Der Beigeladene zu 2. hat im Hauptsacheverfahren seine Weigerung, die vom Hauptsachegericht angeforderten Akten vollständig vorzulegen, deutlich zum Ausdruck gebracht und das Vorliegen von Geheimhaltungsgründen geltend gemacht. Eine präzisierende Umschreibung und Zuordnung der geltend gemachten Weigerungsgründe unter Angabe von Seiten- oder Blattzahlen (vgl. Niedersächsisches OVG, Beschl. v. 2.7.2015 – 14 PS 1/15 -, juris Rn. 14 m.w.N.) fehlt allerdings. Sie ist hier ausnahmsweise – noch – entbehrlich, weil eine Zuordnung der Gründe zu dem Akteninhalt möglich ist. Dies beruht auf dem noch überschaubaren Umfang der Unterlagen, die Gegenstand des Zwischenverfahrens sind, und der Tatsache, dass klar ersichtlich ist, welche der in der Sperrerklärung angeführten Weigerungsgründe in Bezug auf diesen Gegenstand des Zwischenverfahrens erheblich sind (vgl. auch BVerwG, Beschl. v. 13.2.2014 – 20 F 11.13 -, juris Rn. 11 ff.).
b. Die Aktenbestandteile, die dem Fachsenat vorgelegt worden sind, reichen zur Prüfung der Rechtmäßigkeit der Sperrerklärung aus. Allerdings handelt es sich nicht um einen Verwaltungsvorgang oder einen Auszug aus einem Verwaltungsvorgang, sondern um einen eigens für das Zwischenverfahren zusammengestellten Ordner, der die geschwärzten und ungeschwärzten Seiten, die in dem Zwischenverfahren gegenständlich sind, gegenüberstellt. Der Fachsenat hat jedoch geschwärzte und ungeschwärzte Seiten verglichen und hat keinen Zweifel, dass es sich bei den vorgelegten ungeschwärzten Seiten dem Inhalt nach um diejenigen Aktenbestandteile handelt, auf die sich die Sperrerklärung bezieht.
c. Der Fachsenat kann nicht feststellen, dass die vom Beigeladenen zu 2. in der Sperrerklärung vom 7. September 2017 geltend gemachten Geheimhaltungsgründe nach § 99 Abs. 1 Satz 2 Var. 3 VwGO für alle der nicht oder nicht vollständig lesbar vorgelegten Aktenteile gegeben sind.
aa. Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind Behörden zur Vorlage von Urkunden oder Akten und zu Auskünften an das Gericht verpflichtet. Wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten oder Auskünfte dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes Nachteile bereiten würde (Var. 1) oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz (Var. 2) oder ihrem Wesen nach (Var. 3 ) geheim gehalten werden müssen, kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage der Urkunden oder Akten oder die Erteilung der Auskünfte verweigern (§ 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
Zu den Vorgängen, die nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO ihrem Wesen nach geheim zu halten sind, gehören Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse. Zu den nach Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG geschützten Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen zählen alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig sind. Neben dem Mangel an Offenkundigkeit der zugrunde liegenden Informationen setzt ein Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis ein berechtigtes Interesse des Unternehmens an deren Nichtverbreitung voraus. Ein solches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Informationen geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (BVerwG, Beschl. v. 27.4.2016 – 20 F 13.15 -, juris Rn. 20; vgl. Senatsbeschl. v. 24.1.2003 – 14 PS 1/02 -, NVwZ 2003, 629; v. 8.5.2017 – 14 PS 1/17 -, NVwZ-RR 2017, 697, juris Rn. 30).
bb. Bei Anlegung dieser rechtlichen Maßstäbe fehlt es für Blatt 104 bis 107, 126 bis 127, 131 bis 133 und 161 bis 164 teilweise an einem Geheimhaltungsgrund.
(1) Entgegen dem Klägervorbringen scheidet ein Schutz von Betriebsgeheimnissen in Bezug auf die Geschwindigkeitsmessgeräte, auf die sich der Informationszugangsanspruch bezieht, allerdings nicht von vornherein aus.
Ein nachteiliger Einfluss auf die Wettbewerbsposition ist nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Gerät F. nicht mehr hergestellt wird und die Beigeladene zu 1. sich aus diesem Gebiet der Messtechnik zurückgezogen hat. Wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, hat die Beigeladene zu 1. sich darauf berufen, weiterhin Entfernungsmessgeräte zu produzieren. Nähere Kenntnisse über in der Vergangenheit bei Geschwindigkeitsmessgeräten verwendete Messtechnik und Programmkomponenten können bereits deswegen Wettbewerbsrelevanz besitzen. Im Übrigen kann die Exklusivität technischen Wissens für ein weiterhin am Markt tätiges Unternehmen selbst dann einen wirtschaftlichen Wert besitzen, wenn in dem konkreten Marktsegment keine Produktion mehr erfolgt, weil das Wissen auch auf andere Weise, etwa über Lizenzvergaben in das Ausland, wirtschaftlich genutzt werden kann.
Auch der Vortrag, Bauteile könnten kein Betriebsgeheimnis darstellen, überzeugt nicht. Soweit der Kläger auf Patente verweist, trägt er nur vor, dass darin die Funktionsweise erklärt werde. Daraus ergibt sich nicht, dass die verbauten Komponenten offengelegt worden wären. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die verwendeten Bauteile leicht dadurch festgestellt werden könnten, dass das Geschwindigkeitsmessgerät geöffnet oder sonst untersucht wird. Auf elektronischen Bauteilen, auch Laserdioden, ist nicht notwendig eine Typenbezeichnung vorhanden. Ohne eine solche Bezeichnung mag es zwar noch möglich sein, den verwendeten Typ durch Messungen, insbesondere die Aufnahme von Kennlinien, oder Vergleich mit im Handel erhältlichen Stücken zu bestimmen. Der damit verbundene Aufwand führt aber dazu, dass es an der Offenkundigkeit fehlt (vgl. zur Bedeutung des Erfordernisses, einzelne Informationen zusammenzuführen, BVerwG, Beschl. v. 21.2.2008 – 20 F 2.07 -, BVerwGE 130, 236, juris Rn. 37).
(2) In dem Umfang, in dem der Beigeladene zu 2. Dateinamen und -größen sowie diesbezügliche Erläuterungen geschwärzt hat, rechtfertigt die in der Sperrerklärung gegebenen Erläuterung die Geheimhaltung nicht. Es kommt nur eine Teilschwärzung in geringerem als dem bisherigen Umfang in Betracht. Dies betrifft Bl. 104 bis 107, 131 bis 133, 161 bis 164.
Die Sperrerklärung führt insoweit aus, aus den Dateinamen könnten sich Rückschlüsse auf implementierte Funktionen des Geräts ergeben. Informationen über Dateigrößen erlaubten Rückschlüsse auf die Komplexität der Umsetzung und damit auf die Qualität bestimmter Geräteeigenschaften. Eine Begründung, warum die Erläuterungen zu den Änderungen ein Betriebsgeheimnis enthalten, fehlt ganz. Nach Lektüre dieser Erläuterungen drängt sich auf, dass sie nur teilweise Geheimnisschutz genießen können. Auch im Übrigen ist nicht hinreichend zwischen bereits bekannten oder offengelegten und noch nicht offenkundigen Sachverhalten unterschieden worden. Beispielsweise ergibt sich aus Bl. 162 der offengelegten Unterlagen, dass das Gerät eine „Jammed“-Anzeige besitzt. Vor diesem Hintergrund kann der Dateiname „JAM“ keine als Geheimnis einzustufende Information über die implementierten Funktionen enthalten. Eine rechtmäßige Sperrerklärung kann insoweit nur abgegeben werden, wenn eine saubere Trennung zwischen Funktionen, deren Vorhandensein bekannt ist, und solchen, deren Vorhandensein nicht bekannt ist, erfolgt, und nur aussagekräftige Dateinamen, die sich auf letztere beziehen, geschwärzt werden. Auch soweit Angaben zu Dateigrößen Rückschlüsse ermöglichen sollen, muss erkennbar gemacht werden, dass konkret geprüft worden ist, bei welchen Dateien das der Fall sein könnte. Will der Beigeladene zu 2. weiterhin Angaben über Änderungen schwärzen, muss er begründen, aus welchen Gründen und in welchem Umfang derartige Angaben ein Betriebsgeheimnis darstellen.
(3) Hinsichtlich des Datenblatts ist ein Geheimhaltungsgrund bezogen auf Blatt 126 bis 127 nicht anzuerkennen. Es handelt sich um Folgeseiten des Datenblatts, die, anders als die erste Seite des Datenblatts (Blatt 125), nicht typenspezifisch sind. Während die Umrahmung auf dieser ersten Seite die Identifikation des Bauteils zuließe, ist eine derartige Möglichkeit bei den Folgeseiten nicht erkennbar. Das Datenblatt selbst war frei verfügbar. Der Senat konnte eine neuere Fassung ohne Schwierigkeiten im Internet abrufen. Warum die auf Blatt 126 bis 127 des Datenblatts enthaltenen Informationen ein Betriebsgeheimnis darstellen oder den Rückschluss auf ein Betriebsgeheimnis zulassen könnten, ergibt sich aus der Sperrerklärung nicht.
(4) Hinsichtlich der weiteren nicht oder nicht vollständig lesbar vorgelegten Aktenteile hat sich der Senat anhand der vom Beklagten vorgelegten, vollständig lesbaren Akten davon überzeugt, dass die mit der Sperrerklärung geltend gemachten Geheimhaltungsgründe tatsächlich vorliegen.“
Zum Ermessen dann bitte selbst im Volltext weiterlesen.