Ich hatte ja in den letzten Wochen wiederholt über PoliscanSpeed-Entscheidungen berichtet (vgl. dazu unten die Zusammenstellung). In dem bereits vorgestellten Urteil des AG Friedberg vom 11.08.2014 wird auf eine Entscheidung des AG Emmendingen verwiesen, die auch an anderen Stellen bereits in der Diskussion erschienen ist. Ein Kollege hat mir das Urteil – ergangen in einem Sammelverfahren 🙂 – zukommen lassen, so dass ich es der Vollständigkeit halber auch hier vorstellen kann. Das AG Emmendingen, Urt. v. 26.02.2014 – 5 OWi 530 Js 24840/12 – ist aber nicht nur ein „Lückenfüller/Abrunder“, sondern m.E. auch noch wegen der Argumentation des AG von Bedeutung, und zwar an mindest zwei Stellen:
„Die vorstehenden Entscheidungen sind für das AG Emmendingen nicht verbindlich. Sie überzeugen auch sachlich nicht. Im Wesentlichen handelt es sich um apodiktische Feststellungen. Als Gründe werden im Wesentlichen die Charakterisierung als „standardisiertes Messverfahren“ und die Tatsache, dass andere OLGe ebenso entschieden hätten, angeführt. Letzteres ist kein Argument, sondern ein Zirkelschluss. Ersteres vermag – wie bereits oben erwähnt – eine eigenständige, „zweifelsoffene“ Prüfung nicht zu ersetzen.“…..
Und dann noch ein Punkt, der in einigen anderen Entscheidungen auch schon eine Rolle gespielt und mit der „Dickfelligkeit“ der PTB zu tun hat:
„2. Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) hat für das verfahrensgegenständliche Messgerät am 23.06.2006 eine Bauartzulassung erteilt (PTB-Zul. 18.11/06.01). Damit handelt es sich jedoch nicht schon um ein über jeden Zweifel erhabenes „standardisiertes Messverfahren“. Die auch in der Fachliteratur seitens physikalisch-technischer Sachverständiger immer wieder geäußerten Zweifel (vgl. nur Schmedding/Neidel/Reuß, SVR 2012, 121 ff; Löhle, DAR 2009, 422 ff) unterliegen beim zur Entscheidung berufenen Richter folglich keinem Denkverbot. Der Versuch, die bestehenden Zweifel durch zeugenschaftliche Befragung eines sachkundigen Mitarbeiters der PTB zu entkräften, ist gescheitert. Die PTB teilte dem Gericht mit, selbst im Falle einer Benennung werde dem Zeugen keine Aussagegenehmigung erteilt. Es unterbleibe jedoch aus grundsätzlichen Erwägungen im Hinblick auf eine massive Überbelastung der Fachabteilung bereits eine entsprechende Benennung.“
Ich weiß nicht, ob die Entscheidung rechtskräftig geworden ist. Wenn nicht, wird dann sicherlich bald das OLG Karlsruhe entscheiden müssen. Vielleicht ja mal endlich ein OLG, dass den Zweifeln, die auch von sachverständiger Seite erhoben werden, folgt und den Status des „standardisierten Verfahrens“ „aberkennt“.
Zu Poliscan Speed aus den letzten Wochen dann auch noch:
- AG Friedberg, Urt. v. 11.08.2014 – 45 a OWi – 205 Js 16236/14 (vgl. dazu PoliscanSpeed und keine Ende: Auswertesoftware 3.45.1und Gerätesoftware 3.2.4 – es bleiben Fragen),
- OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.07.2014 – IV-1 RBs 50/14 – (vgl. dazu Noch einmal PoliscanSpeed: Standardisiert, oder: Das Dogma von der Unfehlbarkeit der PTB)
- OLG Karlsruhe, Beschl. v. 29.07.2014 – 1 (3) SsRs 569/11-AK 145/11 – (vgl. dazu Mal wieder Poliscan-Speed- verlässlich auch allein beim Smear-Effekt?).