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„hohe“ (?) Pauschgebühr im NSU-Verfahren, oder: Manches versteht man beim OLG München aber nicht

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So, da ist sie dann. Die erste – jedenfalls für mich – (End)Entscheidung des OLG München zur Pauschgebühr (§ 51 RVG) im NSU-Verfahren.

Das OLG hat im OLG München, Beschl. v. 27.05.2019 – 6 St (K) 5/19 – eine Pauschgebühr von 256.160 € bewilligt. Auf den ersten Blick ein hoher Betrag. Wenn man aber die Länge des Verfahrens berücksichtigt, relativiert sich das sehr schnell.

Ich will und kann hier jetzt nicht auf alle Einzelheiten eingehen (siehe aber unten). Ich stelle aber die Gründe vollständig ein, damit sich jeder mal ein Bild machen kann:

„Dem Antragsteller war für den im Tenor genannten Verfahrensabschnitt mit den dort aufgeführten Gebührenpositionen eine Pauschgebühr von insgesamt 256.160,00 € zuzusprechen.

1. Eine Pauschvergütung ist auf Antrag zu gewähren, wenn die in den Teilen 4 bis 8 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs oder der besonderen Schwierigkeit des Verfahrens nicht zumutbar sind (§ 51 Abs. 1 Satz 1 RVG).

a) Das vorliegende Verfahren zeichnet sich sowohl durch einen besonderen Umfang, als auch durch besondere Schwierigkeit aus.

aa) Bis zur Anklageerhebung waren bereits mehr als 580 BSachaktenbände angefallen.

Hinzu kommen zahlreiche Bei- bzw. Altakten, die ihrerseits z. T. erheblichen Umfang aufweisen. Bis zum Urteil am 11. Juli 2018 hat sich der Aktenbestand auf 672 Aktenordner erweitert. Diese Materialfülle schlug sich auch in einer Zahl von 438 Hauptverhandlungstagen nieder, die in einem Zeitraum von 5 Jahren, 2 Monaten und 5 Tagen stattfanden. Es lag damit ein besonders umfangreiches Verfahren vor.

bb) Das Verfahren war auch besonders schwierig, weil es eine Vielzahl von schweren Delikten umfasste, die teils viele Jahre zurücklagen und in ihrer Gesamtheit – mit einer Vielzahl von Nebenaspekten, sachlichen und persönlichen Verbindungen – zu erfassen und zu würdigen waren, um die Art und den Umfang der Vereinigung „NSU“ aufzuklären. Die Einbindung der Angeklagten in das Gesamtgeschehen wiederum konnte in weiten Teilen nur über Indizienbeweise abgeklärt werden, was dazu führte, dass im Verfahren mehr als 500 Zeugen und Sachverständige — teils mehrmals ¬vernommen werden mussten. Diese besondere Schwierigkeit betraf insbesondere auch die Nebenklage, weil die Einbindung jener Angeklagter, denen Nebenklagedelikte zur Last lagen in das Tatgeschehen es erforderte, den gesamten Prozessstoff einschließlich der personellen und sachlichen Verflechtungen einer Vielzahl von Personen zu erfassen.

Die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschvergütung liegen damit vor.

b) Der Einzelrichter setzt die Pauschvergütung für den im Tenor beschriebenen Verfahrensabschnitt fest. Grundsätzlich wird beim Oberlandesgericht München der endgültige Verfahrensabschluss abgewartet. Im vorliegenden Fall ist jedoch zu berücksichtigen, dass eine außergewöhnlich lange Verfahrensdauer gegeben ist. Obwohl sich die Eignung des Verfahrens für die Bewilligung von Pauschvergütungen bereits bei seinem Beginn abzeichnete, warten viele Verfahrensbeteiligte bereits seit 6 Jahren, teils auch länger, auf die Anhebung der gesetzlichen Gebühren. Der endgültige Verfahrensabschluss ist weiter offen. Überdies haben die Nebenkläger entweder rechtlich nicht die Möglichkeit in Rechtsmittel zu, gehen oder haben dies nicht getan, so dass auch insoweit von dieser Seite keine wesentlichen Verfahrenshandlungen mehr zu erwarten sind. Im Falle einer Aufhebung des Urteils und einer Zurückverweisung der Sache aufgrund der Revisionen der Angeklagten und des Generalbundesanwalts bleibt die Sache nach wie vor umfangreich. Eine Kompensation der Pauschvergütung durch mögliche einfachere Verfahrensabschnitte in der Zukunft ist damit nicht zu erwarten.

2. Entgegen der Rechtsmeinung des Antragstellers handelt es sich bei den von ihm vertretenen Nebenklagen um eine einzige Angelegenheit im Sinne des § 15 RVG, für die er auch nur einmal Gebühren nach der alten Fassung des RVG abrechnen kann.

Zu Recht stellt der Bezirksrevisor in seiner Stellungnahme vom 19. Februar 2019 u. a. auf den Begriff der Angelegenheit ab. Denn nur über den Angelegenheitenbegriff lässt sich klären, ob mit der Beauftragung ein neuer Auftrag in einer neuen Angelegenheit erteilt wurde, oder aber lediglich eine Erweiterung der vertretenen Personen in ein und derselben Angelegenheit erfolgte. Nur im ersteren Fall könnte der Antragsteller hinsichtlich der Gebühren tatsächlich auf einer Gebührenberechnung nach der aktuellen Fassung des RVG bestehen, während im zweiten Fall mit dem Beginn einer einheitlichen Angelegenheit vor dem Inkrafttreten der Gesetzesänderung im August 2013 auch die damals geltende Rechtslage bei den Gebühren nach § 60 Abs. 1 Satz 1 RVG festgeschrieben wäre. Dementsprechend gilt, dass dann, wenn-ein Rechtsanwalt mehrere Auftraggeber in einem Gerichtsverfahren vertritt, und der eine ihn vor dem Stichtag, der andere aber erst danach beauftragt, dies wie eine Auftragserweiterung in derselben Angelegenheit zu behandeln ist, mit der Folge, dass einheitlich altes Recht anzuwenden ist (vgl. vgl. Gerold/Schmidt, RVG, Meyer, 22. Aufl. 2015, Rnr. 13 zu § 60). Maßgeblich ist die erste unbedingte Auftragserteilung in der Angelegenheit. Wird daher durch das Hinzutreten eines weiteren Auftraggebers lediglich die bereits bestehende Angelegenheit erweitert, kommt es weiterhin auf den Zeitpunkt des zuerst erteilten Auftrags an (Volpert/Burhoff, RVG, Straf- und Bußgeldsachen, 2. Auflage 2007, Seite 416, Rnr. 25). Diese Meinung entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs. In der Entscheidung NJW 2007, 769 hat er ebenfalls den Begriff der Angelegenheit in das Zentrum der Erwägungen gestellt und ausgeführt:“… § 61 I 1 RVG entspricht der aus § 134 I 1 BRAGO übernommen allgemeinen Übergangsvorschrift des § 60 I 1 RVG, die an den Zeitpunkt der Auftragserteilung anknüpft und auf diese Weise die Anwendung des neuen Gebührenrechts auf bereits bestehende Mandatsverhältnisse verhindert. Darüber hinaus vermeidet sie eine Gebührenspaltung innerhalb derselben Angelegenheit, indem sie den für die Anwendung des alten Rechts maßgebenden Auftrag bestimmt. Da der Begriff der Angelegenheit i.S. des § 15 RVG von der Person des Auftraggebers unabhängig ist, gilt dies nicht nur für Folgeaufträge desselben Mandanten, wie etwa bei einer Klageerweiterung oder Widerklage, sondern auch für das Hinzutreten weiterer Auftraggeber (vgl. Göttlich/Mümmler/Rehberg/Xanke, S. 973; N. Schneider, in: Gebauer/Schneider, § 61 Rdnr. 69; Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe, § 60 Rdnrn. 13f.; ders., NJW 2005, 1609 [1613].

Die gebührenrechtliche Angelegenheit im Strafverfahren wird definiert als das gesamte Geschäft das der Rechtsanwalt für seinen Auftraggeber erledigen soll. Dieses umfasst sämtliche Tätigkeiten von der Erteilung des (Verteidigungs-) Auftrags bis zu seiner Erledigung (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, Burhoff, 22. Aufl. 2015, Rnr. 19, VV Einleitung Teil 4). Die gleiche Angelegenheit ist also stets auch das gleiche Strafverfahren (vgl. auch vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, Rnr. 17 zu § 15).

3. Anstelle der Gebühr nach Nr. 4100 VV RVG (Grundgebühr) setzt der Senat eine Pauschvergütung nach § 51 Abs. 1 Satz 1 RVG in Höhe von 20.000,00 € fest.

a) Die gesetzliche Grundgebühr in der für das Verfahren maßgeblichen Fassung des RVG beträgt 132,00 E. Der Antragsteller stellt sich hier einen Betrag von 20.000,00 € (allerdings für jeweils 2 Nebenklägerinnen) vor. Aufgrund der Ausführungen unter oben „2″ ist klargestellt, dass er jeden Gebührentatbestand nur einmal für die Angelegenheit geltend machen kann.

b) Angesichts der genannten Höhe der gesetzlichen Gebühr kann festgestellt werden, dass diese unzumutbar niedrig ist.

Der Senat ist aus eigener Aktenkenntnis zu der Überzeugung gelangt, dass zum Aktenstudium jedenfalls mehrere hundert Stunden Einarbeitungszeit in einem rechtlich und tatsächlich anspruchsvollen Verfahren angefallen sind. Ferner hat der Antragsteller sich in der von ihm in seinen Schriftsätzen geschilderten Form intensiv in der Angelegenheit engagiert.

Damit aber erscheint ein Betrag von 20.000,00 € als angemessener Pauschbetrag anstelle der Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG. Dieser repräsentiert das mehr als das 151-fache der gesetzlichen Gebühr und bedeutet im Ergebnis, dass der Senat die Einarbeitung in dieses Verfahren so hoch schätzt wie die Bearbeitung von mehr als 150 „normalen“ Verfahren.

Auf Stundensätze, die Erzielung eines bestimmten Mindesthonorars oder entgangene Möglichkeiten zur Pflichtverteidigertätigkeit in anderen (Groß-)Verfahren kommt es in diesem Zusammenhang von vornherein nicht an, da Sinn der Pflichtverteidigung nach bundesverfassungsgerichtlicher Rechtsprechung eben nicht darin besteht, dem Anwalt zu seinem eigenen Nutzen und Vorteil eine zusätzliche Gelegenheit beruflicher Betätigung zu verschaffen (BVerfG NJW 2007, 3420).

4. Anstelle der Vorverfahrensgebühr nach Nr. 4104 VV RVG erscheint eine Pauschvergütung in Höhe von 12.000,00 € angemessen.

a) Mit der Vorverfahrensgebühr soll die Tätigkeit des Anwalts bis zum Eingang der Anklageschrift abgegolten werden. Wie bereits oben festgestellt, war der Antragsteller bereits vor Anklageerhebung in das Verfahren eingebunden. Er hat bis zur Anklageerhebung das Verfahren ca. 9 Monate betreut und erhielte hierfür nach dem RVG einen Betrag von 112,00 €. Dies ist nicht zumutbar. Der Antragsteller hat hier einen Betrag von 12.000,00 € beantragt.

b) Der Senat hat berücksichtigt, dass der Antragsteller sich im Vorverfahren weiter um die Einarbeitung in die Sache zu bemühen hatte und den Kontakt zu seinen Mandanten halten musste, der sich aufgrund der Umstände umfangreich und komplex gestaltete. Ferner war er in dieser Phase gehalten, sich auf der Grundlage der erworbenen Aktenkenntnis mit der Frage auseinanderzusetzen, wie er den Interessen des Nebenklägers bestmöglich dienen wird können. Andererseits war zu sehen, dass der Gesetzgeber selbst nach der in den gesetzlichen Gebühren niedergelegten Wertung, die Vorverfahrensgebühr als die geringste Vergütung im Verhältnis zur Grundgebühr nach Nr. 4100 VV RVG und der Hauptverhandlungs-gebühr nach Nr. 4118 VV RVG ausgestaltet hat und sie so in ihrer Wertigkeit von den beiden anderen Gebühren nach unten abhebt.

Der Senat übt das ihm eingeräumte Ermessen im Rahmen der vorgenannten Kriterien dahingehend aus, dass anstatt der Vorverfahrensgebühr ein Pauschbetrag von 12.000,00 € anzusetzen ist. Dieser Betrag entspricht nach Überzeugung des Senats einer angemessenen Vergütung.

5.) Anstatt der Hauptverfahrensgebühr nach Nr. 4118 VV RVG erhält der Antragsteller einen Pauschbetrag von 20.000,00 €.

Die gesetzliche Gebühr nach Nr. 4118 VV RVG beträgt 264,00 €, was im Hinblick auf das Verfahren unzumutbar niedrig ist.

a) Der Abgeltungsbereich der Gebühr umfasst u.a. die Beratung des Auftraggebers, den gesamten schriftlichen und mündlichen Verkehr mit dem Auftraggeber oder dem Gericht (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 23. Aufl. 2017, Rnr. 8 zu VV 4106-4107). Nach Auffassung des Senats rechnet hierzu auch die Einarbeitung in die Anklageschrift, die im vorliegenden Fall insgesamt 488 Blatt umfasst, worauf auch der Antragsteller hinwies. Im Rahmen der Festsetzung der Pauschvergütung für diese Gebührenposition ist zu berücksichtigen, dass ein sehr langes Strafverfahren vorlag, das eine Vielzahl von Tätigkeiten des anwaltlichen Vertreters erforderte, die nicht in den Abgeltungsbereich der Terminsgebühren fallen. Insbesondere der Bereich der Information der Mandanten und die Planung des weiteren Prozessverhaltens kann bei einer solch langen Verfahrensdauer nicht in einem oder zwei Schriften geleistet werden, sondern fordert ständige Aufmerksamkeit. Auch in die Nachlieferungen zur Akte musste er sich ebenso einarbeiten wie in den während der Hauptverhandlung angefallenen Zuwachs zur Hauptakte.

b) Der Senat erachtet auf dieser Grundlage einen Pauschbetrag von 20.000,00 € als angemessen, was bei einer Verhandlungsdauer von gut 5 Jahren einer jährlichen Vergütung für die Tätigkeit im Verfahren neben der Hauptverhandlung von knapp 4.000,00 € entspricht. Der Aufwand des Antragstellers erscheint damit als ausreichend honoriert, zumal die Tätigkeit im Hauptverfahren auch durch die Terminsgebühren geprägt ist.

6. Der Antragsteller erhält anstelle der Hauptverhandlungsgebühren (Nr. 4120 VV RVG), einen Pauschbetrag von 204.160,00 €.

a) Als Grundlage der Bemessung für die Pauschgebühr für die Sitzungsteilnahme und die übrigen Kostentatbestände greift der Senat auf die Wahlverteidigerhöchstgebühr von 780,00 €, wie sie sich aus der Fassung des RVG, vor dem zweiten Kostenrechtsmodernisierungsgesetz ergibt, zurück. Dieses Gesetz trat am 1. August 2013 in Kraft und sieht im Vergütungsverzeichnis im hier relevanten Bereich höhere Gebühren vor.

Die Wahl der Wahlverteidigerhöchstgebühr als Bemessungskriterium für die Vergütung der Terminsgebühren beruht auf der Berücksichtigung der Verfahrenskonstellation mit mehr als 70 beigeordneten Rechtsanwälten.

Der Gesetzgeber hat im Bereich der Nr, 4120 VV RVG eine deutliche Lücke zwischen der Höchstvergütung des Wahlverteidigers und der Vergütung des beigeordneten Anwalts festgesetzt. Während der Wahlverteidiger bis zu 780,00 € pro Terminstag umsetzen kann, ist die Terminsgebühr für den beigeordneten Anwalt auf 356,00 € fixiert. Selbst wenn er an einem — eher seltenen – Termin mit mehr als 8 Stunden teilnimmt (Längenzuschlag nach 4123 VV RVG), kann der beigeordnete Anwalt lediglich 712,00 € umsetzen. Diese Lücke zwischen der Vergütung des Wahlverteidigers und des beigeordneten Anwalts war vom Gesetzgeber offenbar gewollt und sollte damit grundsätzlich auch bei der Bemessung einer Pauschvergütung Berücksichtigung finden. Dass der Senat diese Lücke zugunsten der bestellten Vertreter gefüllt hat, lässt sich allein mit den Besonderheiten des vorliegenden Verfahrens begründen. Es wurde bereits erwähnt, dass das Verfahren besonders umfangreich und schwierig war. Dies allein kann den Lückenschluss aber noch nicht rechtfertigen, weil hier erst die Grundvoraussetzung für eine Pauschgebühr definiert ist. Maßgebend war vielmehr die Verfahrenskonstellation mit einer Vielzahl anwaltlicher Beteiligter mit zum Teil widerstreitenden Interessen (Verteidigung, Nebenklage) die ständige Aufmerksamkeit, adäquates Reagieren und schnelles Verarbeiten auftretender Rechtsprobleme und tatsächlicher Fragen vor dem Hintergrund verschiedenster Meinungen erforderte. Die Vielzahl an Beteiligten förderte zugleich das Auftreten juristischer Meinungsverschiedenheiten, die Wortbeiträge zu ihrer sachgerechten Lösung herausforderten. Die anwaltlichen Beteiligten waren hier sitzungstäglich einer besonderen, außergewöhnlichen Belastung ausgesetzt, die es ausnahmsweise erlaubt, auch für bestellte Rechtsanwälte die Wahlverteidigerhöchstgebühr als Grundlage ihrer Pauschvergütung heranzuziehen.

Das Verfahren unterliegt nach § 60 Abs. 1 RVG noch dem alten Recht mit dem damaligen Vergütungsverzeichnis. Abweichungen hiervon sind nicht angezeigt. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits mit seinem Beschluss vom 6. Oktober 2008 (2 BA 1173/08) entschieden, dass Stichtagsregelungen im Vergütungsbereich nicht gegen die Verfassung verstoßen.

Die Wahlverteidigerhöchstgebühr, auch in der damaligen Fassung, bringt zum Ausdruck, welche Vergütung der Gesetzgeber als auskömmlich ansah. Dabei ist es nicht nötig, sich über den für das Verfahren relevanten gesetzlichen Rahmen hinaus zu begeben, weil der Senat den Verfahrensbeteiligten Rechtsanwälten auch die Längenzuschläge nach den Nrn. 4122, 4123 VV RVG zugebilligt hat und weiter zubilligt.

b) Der Antragsteller hat im Verfahren vor dem 6. Strafsenat persönlich an 320 von 438 angebotenen Terminen teilgenommen 118 Termine hat er nicht persönlich wahrgenommen, weshalb ein Abschlag von der Wahlverteidigerhöchstgebühr vorzunehmen ist, den der Senat auf 1/3 der Differenz zwischen der Wahlverteidigerhöchstgebühr und der gesetzlichen Gebühr bemisst. Pro Sitzungstag erhält der Antragsteller damit 638,00 € (780 — 356 = 424; 424 : 3 = 142; 780 — 142 = 638).

Daneben hat der Antragsteller auch die angefallenen Längenzuschläge nach den Nrn. 4122 und 4123 verdient, die nicht gesondert dargestellt werden müssen, weil sie in der gesetzlichen Höhe bewilligt werden und aufgrund der bereits erfolgten Auszahlung damit kostenneutral sind.

Hieraus ergibt sich folgende Berechnung:
320 x 638,00 € statt Nr. 4120 VV RVG 204.160 €

7. Insgesamt ergibt sich damit folgende Pauschvergütung für das erstinstanzliche Verfahren vor dem 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts München:

Pauschgebühr anstelle Nr. 4100 VV RVG 20.000,00 €
Pauschgebühr anstelle Nr. 4104 VV RVG 12.000,00 €
Pauschgebühr anstelle Nr. 4118 VV RVG – 20.000,00 €
Pauschgebühr anstelle Nr. 4120 VV RVG 204.160,00 €
Gesamt: 256.160,00 €“

Was ist anzumerken:

  • Die Frage: Eine oder mehrere Angelegenheiten hat das OLG m.E. richtig beantwortet. In dem Zusammenhang darf man nicht übersehen, dass dem Verteidiger der Zuschlag nach § 7 RVG, Nr. 1008 VV RVG zusteht.
  • Zur Höhe der Gebühren kann man natürlich trefflich diskutieren. Aber immerhin: Das OLG ist über seinen Schatten gesprungen – was beim OLG München nicht so selbstverständlich ist – und ist von den Wahlanwaltshöchstgebühren ausgegangen. Aber: Es war nicht so „mutig“ die Grenze dann auch noch zu überschreiten.
  • Schön 🙂 , dass das OLG von „umsetzen“ = Umsatz spricht. Das passt allerdings nicht so ganz zu den OLG-Ausführungen, die man sonst immer wieder liest, dass der Pflichtverteidiger nämlich keinen Gewinn machen soll.
  • Unverständlich ist für mich die Berechnung der Pauschgebühr für die Hauptverhandlungstage. Denn das OLG kürzt die Pauschgebühr für die Hauptverhandlungstage, an denen der Nebenklägervertreter teilgenommen hat, um „1/3 der Differenz zwischen der Wahlverteidigerhöchstgebühr und der gesetzlichen Gebühr“. Das verstehe ich nicht. Und das OLG erklärt auch nicht nachvollziehbar, warum es kürzt. Jedenfalls ist die Erklärung, dass der Kollege an 118 Terminen nicht teilgenommen hat, keine vernünftige Erklärung. Denn für die Tage wird doch schon eine Pauschgebühr gar nicht gewährt. Warum wird dann für die anderen „Anwesenheitstage“ gekürzt“? Das bleibt das Geheimnis des OLG.
  • Und zur Abrundung: Was mich erschreckt, ist die Literatur, mit der das OLG München offenbar arbeitet bzw. die angeführt wird. Das ist Burhoff/Volpert, in der 2. Auflage (!!!!), obwohl inzwischen die 5. Auflage vorliegt. Die sollte man sich beim OLG vielleicht mal anschaffen. Gibt es im Moment als Mängelexemplar, das man hier bestellen kann. Und dann werden angeführt: „Gerold/Schmidt“ in der 22. Auflage – die ist auch alt – aber immerhin auch die aktuelle 23. Auflage. Warum die beiden nebeneinander, versteht man nicht. Und: Das Werk heißt seit – ich glaube 4 oder 5 Auflage: „Gerold/Schmidt“. „Gerold/Schmidt/v. Eicken/Madert/Müller-Rabe“ ist also auch nicht gerade aktuell, es sei denn, man will noch auf das Werk verweisen, was dann aber nicht deutlich gemacht wird. Bei solchen „Fehlern“ habe ich immer das Gefühl, dass einem OLG anwaltliche Gebühren lästig sind. Kann ich ja verstehen. Aber „liebe Senate“: „Andere Leute“ müssen von dem Geld, dass ihr gewährt, leben. Also: Etwas Sorgfalt (auch) an der Stelle……

Pauschgebühr u.a. wegen umfangreichen Urteils, oder: Es gibt sie doch die Pauschgebühr

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Die zweite Entscheidung kommt aus Bayern vom OLG München. Den OLG München, Beschl. v. 03.05.2019 – 1 AR 136/19 – stelle ich u.a. deshalb vor, weil man ihn auch überschreiben könnte: Und es gibt sie doch, die Pauschgebühr beim OLG München, und dann auch noch mit einem Zuschlag von 100 % auf die gesetzlichen Gebühren.

Leider kann man aber aus dem Beschluss nicht so ganz viel Honig saugen, weil das OLG kaum Kriterien mitteilt, die zur Bewilligung der Pauschgebühr nach § 51 RVG wegen besonderen Umfangs geführt haben:

„Gemäß der Stellungnahme der Frau Bezirksrevisorin vom 30.04.2019, die der ständigen Recht¬sprechung des Senats entspricht und mit der sich der Verteidiger einverstanden erklärt hat, war die Pauschgebühr zu bewilligen. Das Verfahren war zweifellos besonders umfangreich und für den Antragsteller – trotz des weiteren Verteidigers – sehr arbeitsaufwändig. Allein das Urteil vom 25.06.2018 umfasste – trotz vorangegangener Verständigung gem. § 257c StPO – 94 Seiten. Ein Zuschlag von ca. 100 % auf die gesetzlichen Gebühren erscheint auch dem Senat daher ausnahmsweise angemessen und erforderlich.

Über den Ersatz von Auslagen, auch Mehrwertsteuer. hat der Senat nicht zu entscheiden.

Bereits ausgezahlte Gebührenanteile betreffend das Verfahren 6 KLs 501 Js 38103/17 sind auf die bewilligte Pauschgebühr anzurechnen. Nicht anzurechnen sind Gebührenanteile betreffend das Verfahren 6 KIs 501 Js 6403/18 bis zu dessen Verbindung zum vorliegenden Verfahren.“

Und, was man auch nicht übersehen darf: Die Anrechnungsregelung. Allerdings hätte man auch da gern ein paar Informationen mehr gehabt.

Pauschgebühr beim/ein „Glücksspiel“, oder: Totgesagte leben länger

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Heute am Gebührenfreitag vor dem Rätsel zunächst zwei Entscheidungen zur Pauschvergütung des Pflichtverteidigers (§ 51 RVG). Zunächst kommt der OLG Köln, Beschl. v. 10.04.2019 – 1 RVGs 15/19, der auch in die Rubrik passen würde: Totgesagt – die Pauschvergütung – leben länger. Das OLG Köln hat nämlich eine Pauschvergütung gewährt:

„Der Antrag auf Bewilligung einer über die gesetzlichen Gebühren hinausgehenden Pauschvergütung gemäß § 51 Abs. 1 S. 1 RVG ist in dem erkannten Umfang begründet.

1. Nach § 51 Abs. 1 S. 1 RVG ist dem gerichtlich bestellten oder beigeordneten Rechts-anwalt auf Antrag eine Pauschgebühr zu bewilligen, wenn die in den Teilen 4 bis 6 des Vergütungsverzeichnisses bestimmten Gebühren wegen des besonderen Umfangs o-der der besonderen Schwierigkeit nicht zumutbar sind. Damit soll der Ausnahmecharakter bei der Bewilliguhg einer Pauschgebühr zum Ausdruck gebracht werden. Die Vorschrift soll verhindern, dass der bestellte oder beigeordnete Verteidiger im Verhältnis zu seiner Vergütung unzumutbar belastet wird, dass ihm ein grundrechtsverletzendes wirtschaftliches Sonderopfer abverlangt wird (vgl. BVerfG NJW 2007, 1445). Dass dabei im Ergebnis die Vergütung des beigeordneten Anwalts gleichwohl deutlich unter der eines Wahlverteidigers liegt bzw. liegen kann, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (vgl. BVerfG NJW 2007, 3420).

Da wesentliche Gesichtspunkte, die noch unter Geltung der BRAGO Anlass zur Gewährung einer Pauschgebühr gegeben haben, nunmehr bereits bei der Bemessung der gesetzlichen Gebühr nach dem RVG berücksichtigt werden (z.B. Teilnahme an Vernehmungen im Ermittlungsverfahren und an Haftprüfungsterminen, besonders lange Dauer der Hauptverhandlung), ist der praktische Anwendungsbereich der Vorschrift eingeschränkt (vgl. OLG Köln 2. StrafS B. v. 03.05. 2005 – 2 ARs 87/05 -; B. v. 06.01.2006 – 2 ARs 231/05 -; SenE v. 26.04.2007 -1 ARs 20/07 -; SenE v. 08.02.2008 – 1 ARs 3/08 -).

Davon ausgehend ist im vorliegenden Fall die Gewährung einer Pauschgebühr gleichwohl gerechtfertigt.

2. Auf der Grundlage des Antragsvorbringens, der dem Pflichtverteidiger bekannt gemachten Stellungnahme des Vertreters der Landeskasse vom 1. März 2019 und der tatrichterlichen Stellungnahme vom 7. Februar 2019 sowie unter Zugrundelegung der Maßstäbe des Senats erscheint eine Erhöhung der gesetzlichen Gebühren in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gerechtfertigt, aber auch ausreichend, um eine un-zumutbare Belastung des Pflichtverteidigers zu vermeiden. Maßgeblich hierfür ist namentlich der Umstand, dass im vorliegenden Verfahren streitige Rechtsfragen zum Begriff des „Glücksspiels“ im Sinne von § 284 StGB zum Tragen kamen, zu welchen sich der Pflichtverteidiger in einer Reihe von umfangreichen Schriftsätzen positioniert hat. Nicht ohne Berücksichtigung konnte des Weiteren bleiben, dass sich das Verfahren gegen insgesamt acht Angeklagte richtete. Gestützt wird die Einschätzung der be-sonderen Schwierigkeit vorliegender Sache durch die tatrichterliche Stellungnahme, ausweislich derer das Verfahren sich durch einen überaus komplexen Sachverhalt auszeichnete.

Nach der Rechtsprechung des Senats wird in der Mehrzahl der Verfahren die Pauschvergütung in der Höhe durch die (einfache) Wahlverteidigerhöchstgebühr begrenzt. Erreichen die gesetzlichen Gebühren in der Addition mit der Pauschgebühr die Wahlverteidigerhöchstgebühr, kann im Allgemeinen nicht davon ausgegangen werden, dass die Pflichtverteidigung dem Verteidiger ein Sonderopfer, das ihm nicht abverlangt werden darf (vgl. BVerfG NJW 2007, 1445), aufgebürdet hat (vgl. SenE v. 11.07.2014 —III-1RVGs 47/14, s. weiter OLG Nürnberg AGS 2015, 173). So liegt der Fall hier: Mit der Zuerkennung der tenorierten Pauschvergütung wird die Wahlverteidigerhöchstgebühr fast erreicht. Durchgreifende Gesichtspunkte, die es ausnahmsweise gerechtfertigt erscheinen lassen könnten, auch die Wahlverteidigerhöchstgebühr zu überschreiten, haben sich nicht ergeben. Der tenorierte Betrag ist damit erforderlich, aber auch ausreichend, um ein Sonderopfer des Pflichtverteidigers zu vermeiden.“

Titelbild ist vielleicht ein wenig übertrieben, aber immerhin, oder: Es gibt sie also doch noch.

Pauschgebühr im Auslieferungsverfahren, oder: Lächerliche 100 € mehr als die gesetzlichen Gebühren

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Die zweite Gebührenentscheidung kommt vom OLG Karlsruhe. Es handelt sich um den OLG Karlsruhe, Beschl. v. 20.02.2019 – P 301 AR 8/19, den mir der Kollegen Brüntrup aus Minden vor ein paar Tagen geschickt hat.

Gegenstand der Entscheidung? Pauschvergütung (§ 51 RVG) des Beistands im Auslieferungsverfahren nach dem IRG. Der Kollege war Beistand des Verfolgten (§ 42 IRG). Der Kollege hat eine Pauschvergüutn von 200,– € über den gesetzlichen Gebühren beantragt, der Bezirksrevisor hat eine Pauschgebühr in Höhe von 420,– € (abzüglich bereits erhaltener Vorschüsse und Zahlungen) „für vertretbar“ – schöne (?) Formulierung – gehalten. Das OLG hat dann in der Höhe eine Pauschgebühr bewilligt:

„Der Senat ist der Ansicht, dass die Voraussetzungen für die Bewilligung einer Pauschvergütung nach § 51 Abs. 1 RVG erfüllt sind. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats kann in Auslieferungssachen nach dem IRG – ebenso wie generell in Strafsachen – eine Pauschvergütung dann bewilligt werden, wenn entweder der besondere Umfang der Auslieferungssache und/oder deren besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten den Beistand nötigten, eine über das Maß normaler Bemühungen in Auslieferungssachen erheblich hinausgehende Tätigkeit zu entfalten, und wenn sich deshalb die nach dem Vergütungsverzeichnis zum RVG für einen Pflichtbeistand vorgesehene gesetzliche Vergütung als unzumutbar niedrig erweist (vgl. zuletzt speziell für Auslieferungssachen u.a. Senat, Beschl. v. 07.01.2019 – P 301 AR 180/18 -). Dies ist nach Bewertung und Abwägung aller die Tätigkeit des Rechtsanwalts prägenden maßgeblichen Umstände vorliegend der Fall.

Was die Höhe der zu gewährenden Pauschvergütung angeht, muss zunächst Beachtung finden, dass sich das Verfahren wegen des – bei Auslieferungssachen allerdings grundsätzlich und regelmäßig gegebenen – tatsächlichen und rechtlichen Auslandsbezugs sowie wegen der erforderlichen Befassung mit speziellen Problemen des materiellen und formellen ausländischen Straf- und Auslieferungsrechts für den Antragsteller schwierig gestaltete. Ferner ist zu sehen, dass der Rechtsanwalt den Verfolgten im Polizeigewahrsam in Minden –Lübbecke besucht und am Verkündungstermin des Haftbefehls vor dem AG Minden teilgenommen hat. Andererseits konnte nicht unberücksichtigt bleiben, dass sich der Umfang der Verfahrensakten sowohl zum Zeitpunkt der Bestellung des Rechtsanwalts als Beistand am 09.11.2018 als auch zum Zeitpunkt der abschließenden Entscheidung des Senats am 16.01.2019 in einem vergleichsweise noch durchschnittlichen Rahmen bewegte. Nach umfassender Bewertung und Abwägung aller maßgeblichen Verfahrensmomente erschien es deshalb angemessen und zur Vermeidung eines dem Rechtsanwalt nicht zumutbaren Sonderopfers geboten, diesem eine an die Stelle der gesetzlichen Pflichtverteidigergebühr tretende Pauschvergütung zuzubilligen und diese auf 420 € zu bemessen, was in Höhe von ca. 60 % der sich nach Nr. 6101 VV RVG auf 690.–€ belaufenden Rahmenhöchstgebühr eines Beistands als Wahlverteidiger entspricht.“

Vertretbar? Im Grunde genommen lächerlich. Das sind knapp 100 € mehr als die gesetzlichen Gebühren der Nr. 6101 VV RVG. Ich hoffe, dass der Kollege den Betrag nicht auf einmal ausgibt.

Da bleibt auch nur dieses Beitragsbild 🙂 .

Und bei der Gelegenheit: Ich freue mich über jede Entscheidung zu/mit einer gebührenrechtlichen Problamtik. Die stelle ich dann gern hier vor und bearbeite sie für den RVGreport, für den StRR und/oder den VRR. Im Moment ist mein „Gebührenordner“ ziemlich leer. Ich kann also Nachschub gebrauchen 🙂 .

Pauschgebühr, oder: Bemessung auf das Doppelte der Wahlanwaltsgebühren?

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Heute ist „Money-Day“. Den eröffne ich mit dem OLG Schleswig, Beschl. v. 10.09.2018 – 1 Str 7/18, den mir der Kollege Breu aus Hamburg vor einiger Zeit geschickt hat. Das OLG hat ihm für seine Tätigkeiten als Pflichtverteidiger eine Pauschgebühr nach § 51 RVG bewilligt, ja, man ist erstaunt. Das OLG führt u.a. aus:

„Nach den Ausführungen des Pflichtverteidigers, die durch die Stellungnahme der Vorsitzenden der VII. Großen Strafkammer des Landgericht Lübeck dem Grunde nach bestätigt werden, war die Sache besonders umfangreich, so dass insoweit die gesetzlichen Gebühren eines Pflichtverteidigers unzumutbar sind und anstelle der gesetzlichen Grundgebühr Nr. 4100 VV-RVG, der Verfahrensgebühr Nr. 4104 VV-RVG und der Verfahrensgebühr für den ersten Rechtszug vor der Strafkammer Nr. 4112 VV-RVG eine Pauschvergütung bewilligt wird.

Hinsichtlich der Höhe der Pauschgebühr normiert § 51 RVG zwar keine gesetzliche Obergrenze. Daher darf diese die gesetzlichen Rahmenhöchstgebühren eines Wahlverteidigers grundsätzlich auch überschreiten. Die Höchstgebühr eines Wahlverteidigers hat aber in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte in der Regel die obere Grenze der Pauschgebühr nach § 51 RVG gebildet (vgl. OLG Hamm NJW 2007, 311; OLG Karlsruhe Rechtspfleger 2005, 694).

Im vorliegenden Fall ist die Tätigkeit des Pflichtverteidigers außerhalb und zur Vorbereitung der Hauptverhandlung aber derart umfangreich, dass deren Vergütung auch mit den Rahmenhöchstgebühren eines Wahlverteidigers grob unangemessen wäre. Daher ist hier von der Regelgrenze abzuweichen, so dass hinsichtlich der Grundgebühr sowie der Verfahrensgebühren Pauschgebühren in Höhe des Doppelten der Höchstgebühren eines Wahlverteidigers festgesetzt werden. Dabei berücksichtigt der Senat insbesondere den erheblichen Aktenumfang, die schwierige Rechtslage und die lange Verfahrensdauer.

Dagegen ist nicht erkennbar, dass auch die Hautverhandlungstermine selbst Besonderheiten aufwiesen. Die bis fünf Stunden dauernden Hauptverhandlungstermine dauerten mit längstens 3.46 Stunden und sonst immer weniger als 3.00 Stunden, z. T. nur 11 Minuten, unterdurchschnittlich lange, und auch die Hauptverhandlungstermine von über fünf bzw. acht Stunden Dauer zum Teil dauerten überwiegend nur wenige Minuten länger als der Gebührensprung und waren damit verhältnismäßig kurz, so dass die Differenz zwischen den damals und heute geltenden Gebührensätzen für die Terminstage durch deren kurze Dauer ausgeglichen wird.

Unter Berücksichtigung aller Umstände erscheint es deshalb angemessen, anstelle der Sätze für einen Pflichtverteidiger bei den Grund- und den Verfahrensgebühren jeweils das Doppelte der Höchstgebühren für einen Wahlverteidiger zu bewilligen….“

Leider mal wieder keine Verfahrenstatsachen und/oder eine Aufzählung der vom Kollegen erbrachten Tätigkeiten, so dass nicht abschließend beurteilt werden kann, ob die vom OLG bewilligte Pauschgebühr von 1.640 € unter Berücksichtigung der erbrachten Tätigkeiten tatsächlich, wie das OLG meint, angemessen ist.

Im Übrigen: Nicht zutreffend ist es, wenn das OLG davon ausgehen sollte, dass bereits die Bejahung von „besonderem Umfang“ zur „Unzumutbarkeit“ der gesetzlichen Gebühren führt. Zumindest ist unsauber formuliert, wenn das OLG ausführt: „war die Sache besonders umfangreich, so dass insoweit die gesetzlichen Gebühren eines Pflichtverteidigers unzumutbar sind“. Das wäre schön, wenn allein das Vorliegen von „besonderem Umfang“ oder „besonderer Schwierigkeit“ automatisch dazu führen würde, dass die gesetzlichen als unzumutbar anzusehen wären und dann eine Pauschgebühr zu bewilligen wäre. Das ist aber nach h.M. nicht der Fall, sondern es ist danach immer auch noch zu prüfen, ob eben wegen des „besonderen Umfangs“ oder der „besonderen Schwierigkeit“ von „Unzumutbarkeit“ auszugehen ist (vgl. Burhoff/Volpert/Burhoff, RVG, § 51 RVG Rn 25 ff. m.w.N.).

Und: Auf den ersten Blick meint man, das OLG gehe davon aus, dass das Doppelte der Wahlanwaltshöchstgebühren die Grenze (auch) für eine Pauschgebühr des Pflichtverteidigers nach § 51 RVG ist. Das ist aber nicht der Fall. Die für den Wahlanwalt geltende Grenze (vgl. § 42 Abs. 1 Satz 4 RVG) ist nämlich auf den Pflichtverteidiger und dessen Pauschgebühr nach § 51 RVG nicht übertragbar (OLG Stuttgart RVGreport 2008, 383 = StRR 2008, 359 = AGS 2008, 390). Das OLG München hat das zwar vor kurzem zwar anders gesehen (vgl. OLG RVGreport 2017, 291). Die Auffassung ist jedoch falsch und mit dem RVG nicht vereinbar. Das OLG Schleswig scheint es aber letztlich so wie das OLG Stuttgart zu sehen. Dafür spricht, dass das OLG zu der streitigen Frage kein Wort verliert, was sonst aber erforderlich und auch zu erwarten gewesen wäre.

<<Werbemodus an>>: Vieles zur Pauschgebühr nach § 51 RVG findet man in „Burhoff/Volpert, RVG Straf- und Bußgeldsachen, 5. Auflage, 2017“. Bestellen kann man das Werk hier. Und aufgepasst: Von dem Werk gibt es derzeit Mängelexemplare, die nur 89,90 € kosten. Ein Kauf, der sich mit Sicherheit „lohnt“. <<Werbemodus aus>>