So, und jetzt ist Schluss mit Umzug. Jetzt wird wieder richtig gearbeitet, jetzt machen wir wieder Jura 🙂 Und den Auftakt macht der OLG Hamm, Beschl. v. 07.10.2014 – 1 RBs 162/14 -, der schon ein wenig länger in meinem Blogordner hängt. Den Sachverhalt zu dem Beschluss – das OLG hat nur mit einem Zusatz gearbeitet – habe ich aus der PM des OLG Hamm, in der es dazu geheißen hat:
„Der heute 43 Jahre alte Betroffene aus Lünen befuhr mit seinem Lkw im Januar 2014 bei Unna die BAB 1 in Fahrtrichtung Köln. Im Bereich eines geltenden Überholverbots, angeordnet zunächst durch das Vorschriftzeichen 277 der Straßenverkehrsordnung und sodann durch das Vorschriftzeichen 276 der Straßenverkehrsordnung mit dem Zusatzzeichen 1049-13 (Geltung nur für Lkw, Busse und Pkw mit Anhänger), überholte der Betroffene mehrere auf dem rechten Fahrstreifen fahrende Fahrzeuge. Für diese Fahrweise erhielt er von der Bußgeldbehörde, dann bestätigt durch das Urteil des Amtsgerichts, wegen fahrlässigen Verstoßes gegen das Überholverbot eine Geldbuße von 70 Euro. Die Geldbuße wollte der Betroffene nicht akzeptieren, unter anderem mit der Begründung, er habe den Überholvorgang vor Beginn der Überholverbotszone begonnen und danach mangels ausreichender Lücke zwischen den überholten Fahrzeugen nicht eher nach rechts einscheren können.“
Und dazu dann das OLG:
„Zusatz:
Ergänzend zur zutreffenden Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Hamm vom 15.09.2014, welche dem Betroffenen bzw. seinem Verteidiger bekannt gemacht worden ist und der sich der Senat nach eigener Prüfung anschließt, merkt der Senat Folgendes an:
Soweit der Betroffene ausführt, dass das Urteil den von der Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen zur Beweiswürdigung nicht entspreche, könnte sich daraus nur der Zulassungsgrund der Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung ergeben, der in der vorliegenden Konstellation aufgrund der Höhe der verhängten geldbuße aber gerade nicht eingreift.
Weiter ist auf Folgendes hinzuweisen: In der höchstrichterlichen und obergerichtlichen Rechtsprechung ist geklärt, dass ein Verbotszeichen sofort, d.h. von der Stelle an zu befolgen ist, an der es angebracht ist. Das Zeichen 276 verbietet nach wohl ebenso einhelliger Auffassung nicht nur den Beginn, sondern auch die Fortsetzung und die Beendigung des Überholvorgangs innerhalb der Überholverbotszone; ein bereits eingeleiteter Überholvorgang muss andernfalls noch vor dem Verbotsschild abgebrochen werden (BGHSt 25, 293; BGH NJW 1975, 1330, 1331; OLG Köln NVersZ 2001, 169). Wer sich mit seinem Fahrzeug schräg vor dem zu überholenden Fahrzeug befindet, zu diesem aber noch keinen hinreichenden Sicherheitsabstand gewonnen hat, muss das Überholmanöver abbrechen, gegebenenfalls verlangsamen und sich zurückfallen lassen (OLG Düsseldorf NJW 1980, 1116).
Auch, wenn nach den tatrichterlichen Feststellungen in Verbindung mit der Beweiswürdigung im angefochtenen Urteil letztlich nicht ganz klar wird, ob der Betroffene seinen Überholvorgang erst bei Kilometer 323,000 begonnen hat (obwohl bereits ab Kilometer 321,400 – also bereits 1,6 Kilometer zuvor – ein Überholverbot für die von ihm geführte Fahrzeugart durch Verkehrszeichen 277 angeordnet war; wiederholt bei Kilometer 321,600), oder ob dem Betroffenen seitens des die Tat beobachtenden Polizeibeamten der Verkehrsverstoß erst ab Kilometer 323,000 „zugerechnet“ wurde, obwohl der Überholvorgang bereits vor der Überholverbotsstrecke (also vor Kilometer 321,400) begonnen worden war, weil sich dem Betroffenen möglicherweise vor Kilometer 323,000 keine Möglichkeit zu einem gefahrlosen Wiedereinordnen auf dem rechten Fahrstreifen geboten hat, kann sich angesichts der oben zitierten Rechtsprechung kein Anlass zur Fortbildung des Rechts ergeben. Der Betroffene hätte – wenn er tatsächlich den Überholvorgang noch vor Beginn der Überholverbotsstrecke begonnen haben sollte – bei Ansichtigwerden bereits des ersten Überholverbotsschildes den Überholvorgang entweder beendet oder abgebrochen haben müssen.“
Tja, dazu zwei Dinge:
- So ganz einfach ist das mit dem Zurückfallenlassen möglicherweise ja nicht und ganz ungefährlich ggf. auch nicht. Also haben wir da dann vielleicht einen Verstoß gegen § 1 StVO?
- Warum eigentlich nur ein „Zusatz“, wenn man eine PM zu einer Entscheidung herausgeben will? Ohne Sachverhalt versteht man die doch gar nicht bzw. nicht richtig. Wenn schon, denn schon und lieber einen „richtigen Beschluss“ machen. Ich habe beim OLG „Zusätze“ gehasst 🙂 .