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Die zweite Entscheidung, auf die ich heute hinweise, ist der „Rockerkuttenbeschluss“ des OLG Hamm. Ergangen ist dieser OLG Hamm, Beschl. v. 12.07.2018 – 2 Ws 69/18 – im Eröffnungsverfahren.
Die Staatsanwaltschaft hatte Anklage zum LG Bochum erhoben und dem Angeschuldigten die öffentliche Verwendung von Kennzeichen eines verbotenen Vereins auf seiner sog. “Kutte“ eines Motorradclubs, die er auf dem Vorplatz einer Polizeiinspektion in Bochum getragen hatte, vorgeworfen:
„Konkret wird dem Angeschuldigten vorgeworfen, am Donnerstag, den 19.10.2017, auf dem Vorplatz der Polizeiinspektion C Mitte, T-Straße, im Einmündungsbereich V-Straße, erschienen zu sein und hierbei eine ärmellose Lederweste, eine so genannte „Kutte“ des „MC Bandidos C“ getragen zu haben. Auf der Rückseite der Kutte sei als Mittelabzeichen der „Fat Mexican“, eine dickliche, mit einem Revolver und einer Machete bewaffnete und mit einem Poncho und einem zum Sombrero bekleidete männliche Gestalt, sowie darüber als sogenannter „Bandidos Top Rocker“ der Schriftzug „Bandidos“ als nach unten halbkreisförmig gebogener Aufnäher mit rotem Großbuchstaben auf gelbem Grund angebracht. Unterhalb des Mittelabzeichens befinde sich als untere Abgrenzung ein weiterer Aufnäher, der halbkreisförmig nach oben gebogen in gleicher Farbgebung in einem weiteren Schriftzug „C“ darstelle. Die obere und untere Abgrenzung bildeten zusammen einen nicht geschlossenen Kreis um den „Fat Mexican“. Rechts und links von diesem befinde sich – wiederum in roter Schrift auf gelbem Grund – eine rechteckiger Aufnäher mit der Aufschrift „MC“ und ein rautenförmiger Aufnäher mit der Bezeichnung „1%“.
Mit bestandskräftigem Erlass vom 21.4.2010 – 212 – 1.1142-4 – habe das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein verfügt, dass der Verein „Bandidos MC Probationary Chapter O“ verboten sei und seine Kennzeichen weder verbreitet noch öffentlich oder in einer Versammlung verwendet werden dürften. Durch unanfechtbaren Erlass vom 23.4.2012 – 402 – 57.07.12 – habe das Ministerium für Inneres und Kommunales des Landes Nordrhein-Westfalen den Verein „Bandidos MC Chapter B“ einschließlich der Teilorganisationen verboten und aufgelöst. Weiter sei verboten worden, in einer Versammlung oder in Schriften, Ton- und Bildträgern, Abbildungen oder Darstellungen, die verbreitet werden können oder zur Verbreitung bestimmt sind, zu verwenden.
Bis auf den auf der Rückseite befindlichen Schriftzug „C“ sei die von dem Angeschuldigten getragene Weste mit denen der verbotene Vereine „Bandidos MC Probationary Chapter O“ und „Bandidos MC Chapter B“ identisch.
Bis auf den auf der Rückseite befindlichen Schriftzug „C“ sei die von dem Angeschuldigten getragene Weste mit denen der verbotene Vereine „Bandidos MC Probationary Chapter O“ und „Bandidos MC Chapter B“ identisch.
Das LG Bochum hat die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen abgelehnt. Dabei ist es davon ausgegangen, der Angeschuldigte habe auch nicht den Straftatbestand des § 20 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 9 Abs. 3 Vereinsgesetz (VereinsG) erfüllt. Denn durch die Hinzufügung eines Schriftzugs mit der Ortsbezeichnung eines nicht verbotenen Vereins auf der Rückseite der Lederkutte seien die Kennzeichen verbotener Vereine – die von dem Angeschuldigten getragene Lederkutte soll mit denen verbotener Vereine im Übrigen identisch gewesen sein – nicht in im Wesentlichen gleicher Form, was § 9 Abs. 3 VereinsG voraussetze, verwendet worden.
Das OLG Hamm hat das im OLG Hamm, Beschl. v. 12.07.2018 – 2 Ws 69/18 – anders gesehen: Durch § 9 Abs. 3 VereinsG in der seit dem 16.03.2017 geltenden Fassung werde der im Wesentlichen gleiche äußere Auftritt eines nicht verbotenen Vereins, der in den Augen der Öffentlichkeit für Tendenzen stehe, wegen der ein anderer Verein verboten worden sei, erfasst. Dabei spiele es keine Rolle, ob der nicht verbotene Verein die Kennzeichen mit seiner Ortsbezeichnung bereits vor dem Verbot der anderen Vereine verwendet habe.
Zielrichtung der gesetzlichen (Neu-)Fassung sei es nämlich, die Kennzeichen verbotener Verein effektiv aus der Öffentlichkeit zu verbannen. Ein Verein, der im Wesentlichen gleiche Kennzeichen wie der verbotene Verein verwende, erwecke in der Öffentlichkeit allerdings zumindest den Eindruck, er stehe gleichermaßen für die strafbaren Aktivitäten oder verfassungswidrigen Bestrebungen des verbotenen Vereins.