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Anpflanzung von Cannabis – Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge?

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Eine interessante betäubungsmittel -rechtliche Frage hat der BGH mit dem für eine Veröffentlichung in BGHSt vorgesehenen Beschl. v. 20.12.2012 – 3 StR 407/12 – entschieden. Nämlich die Frage, ob die Anpflanzung von Cannabis mit dem Ziel späterer Ernte und gewinnbringenden Weiterverkaufs „Handeltreiben“ i.S. des BtMG darstellt und wann ein Handeltreiben mit Betäunbungsmitteln in nicht geringer Menge vorliegt.

Dazu sagt der BGH:

  • Das „Handeltreiben“ mit Betäubungsmitteln umfasst jede eigennützige auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtete Tätigkeit, soweit es sich nicht lediglich um typische Vorbereitungen handelt, die weit im Vorfeld des beabsichtigten Güterumsatzes liegen. Für ein vollendetes „Handeltreiben“ kann es daher ausreichen, dass Cannabissetzlinge mit dem Ziel einer späteren Ernte und des gewinnbringenden Weiterverkaufs angepflanzt werden, auch wenn es dazu letztlich nicht mehr kommt.
  • In einem solchen Fall kommt es für die Frage nach der nicht geringen Menge nicht darauf an, welchen Wirkstoffgehalt die angebauten Pflanzen konkret haben, sondern auf welchen geplanten Umsatz die Aufzucht gerichtet ist. Maßgeblich ist die Menge , die mit der bereits begonnenen Aufzucht der Pflanzen letztlich erzielt und gewinnbringend veräußert werden soll.

In solchen Verfahren wird man zur Bestimmung der geringen Menge wahrscheinlich kaum ohne einen Sachverständigen auskommen.

Hinweis: Die Entscheidung des BGH ist aus zwei weiteren Gründen von Bedeutung/lesenswert, nämlich

  • im Hinblick auf das Handeln als „Bande“
  • und die Frage der Zweier/Dreierbesetzung der großen Strafkammer.

Auf den letzten Punkt komme ich noch mal zurück.

 

 

Wann liegt eine nicht geringe Menge von Nitrazepam vor – für „Btm-Verteidiger“ wichtig

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Machen wir noch mal was zu den Betäubungsmitteln, und zwar den OLG Stuttgart, Beschl. v. 18.0.2012 – 2 Ss 154/12, der sich mit dem Besitz einer nicht geringen Menge von bei Erwerb noch nicht in der Positivliste enthaltenen Betäubungsmitteln befasst. Dazu das OLG mit folgenden Leitsätzen:

1. Wer Betäubungsmittel besitzt, die erst nach deren Erwerb in die Anlagen zum BtMG aufgenommen wurden, macht sich nach § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG wegen unerlaubten Betäubungsmittelbesitzes strafbar, wenn er zum Zeitpunkt des Besitzes keine Erlaubnis hat.

2. Dagegen scheidet eine Strafbarkeit nach § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG wegen unerlaubten Betäubungsmittelbesitzes in nicht geringer Menge aus, wenn zum Zeitpunkt des Erwerbs keine Erlaubnispflicht nach § 3 Abs. 1 BtMG bestand.

Interessant ist der Beschluss darüber hinaus, weil das OLG – in einem obiter dictum – davon ausgeht, dass bei Nitrazepam eine nicht geringe Menge ab einem Wirkstoffgehalt von 2,4 g vorliegt. Dazu gibt es bisher nichts.

Nicht geringe Menge „Spice“

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Nach den den ein oder anderen sicherlich berauschenden Erfolgen des Wochenendes eröffnen wir die Woche mit dem Hinweis auf eine BtM-Entscheidung:

Das LG Kleve hat vor kurzem die Frage beschäftigt, wann bei „Spice“ von einer nicht geringen Menge auszugehen ist. Das LG Kleve, Urt. v. 06.02.2012 – 120 KLs 40/11 legt eine Menge ab 0,75 Gramm JWH-018 fest. Der  Grenzwert der nicht geringen Menge eines Betäubungsmittels sei in Abhängigkeit von dessen konkreter Wirkungsweise und Wirkungsintensität festzulegen. Bei einer Designer-Cannabinoid-Zubereitung mit dem Wirkstoff JWH-018 liege danach eine „nicht geringe Menge“ im Sinne des BtMG ab 0,75 Gramm JWH-018 vor. Im Vergleich zu THC habe das Cannabinoid JWH-018 eine circa 4,5 fach stärkere Affinität, an den CB1 Rezeptor zu binden, woraus eine stärker berauschende Wirkung dieses Cannabinoids im Vergleich zu THC resultiere.

Das LG Ulm hat das vor einiger Zeit anders gesehen und in einem Urteil vom 24.03. 2011  – 1 KLs 22 Js 15896/09 – den Grenzwert bei 1,75 Gramm JWH-018 festgelegt. Warten wir ab, was der BGh dazu sagen wird.

Was ist eine nicht geringe Menge Gamma-Hydroxybuttersäure [GHB; „liquid ecstasy“]?

Ein Kollege hat mich auf das KG, Beschl. v. 29. 9. 2011 – (3) 1 Ss 374/11 (123/11) hingewiesen, der zur Frage der nicht geringen Menge i.S. des BtMG für Gamma-Hydroxybuttersäure [GHB; „liquid ecstasy“] Stellung nimmt. Obergerichtliche Rechtsprechung zu der Frage lag bisher nicht vor.

Das KG hatte über ein Urteil des LG Berlin zu entscheiden. Es führt aus, dass dann, wenn die äußerst gefährliche Dosis eines Betäubungsmittels nicht festgestellt werden kann, Ausgangspunkt für die Berechnung der nicht geringen Menge die durchschnittliche Konsumeinheit ist. Und im Rahmen der Berechnung der nicht geringen Menge des Betäubungsmittels GHB (Gamma-Hydroxybuttersäure) sei die Zugrundelegung einer durchschnittlichen Konsumeinheit von 1 g NaGHB nicht zu beanstanden.

Bestätigt hat das KG auch den Ansatz des LG. Das hatte den Vergleich mit Heroin für angebracht gehalten, GHB jedoch für nicht ganz so gefährlich wie Heroin, so dass der Tatbestand des § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG erfüllt sei, wenn eine Menge von 200g durchschnittlicher Konsumeinheiten (zu je 1 g NaGHB) erreicht werde.