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Straßenverkehrsrechtliche Bußgeldverfahren, oder: Wird nur eine „herabgesetzte Mittelgebühr“ verdient?

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Und die zweite Entscheidung befasst sich mal wieder mit den Kriterien des § 14 RVG im Bußgeldverfahren und insoweit der Frage, ob in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grundsätzlich von Gebühren unterhalb der Mittelgebühren auszugehen ist. Das LG Kassel hat das im LG Kassel, Beschl. v. 20.05.2019 – 8 Qs 18/19 – bejaht:

„Das Amtsgericht hat zutreffend die vom Verteidiger angesetzten Kosten gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG als unbillig erachtet und stattdessen herabgesetzte Mittelgebühren angesetzt.

Nach § 14 RVG bestimmt ein Rechtsanwalt bei Rahmengebühren die Gebühr im Einzelfall nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände. Solche sind v. a. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, Bedeutung der Angelegenheit sowie Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Auftraggebers. Trotz des Ermessensspielraums bei Rahmengebühren unterliegt eine Erhöhung der Gebühr aber – auch innerhalb einer Toleranzgrenze von 20 % – der gerichtlichen Überprüfung (BGH NJW 2013, 2441). Wenn die Gebühr von einem Dritten, mithin auch von der Staatskasse, zu ersetzen ist, ist die anwaltlich getroffene Bestimmung nicht verbindlich, wenn sie unbillig ist (§ 14 Abs. 1 S. 4 RVG). Das ist hier hinsichtlich der geltend gemachten Gebühren der Fall.

Nach ständiger Rechtsprechung der Kammer für Bußgeldsachen des Landgerichts Kassel (vgl. Beschluss vom 19.09.2018, 8 Qs 20/18; 13.07.2018, 8 Qs 18/18; Beschluss vom 11.08.2017 – 8 Qs 25/17; Beschluss vom 09.08.2017 – 8 Qs 24/17) und anderer Gerichte (LG Koblenz, Beschluss vom 18.07.2006 – 9 Qs 77/06; LG Göttingen, Beschluss vom 05.12.2005 – 17 Qs 131/05; LG Zwickau, Beschluss vom 25.11.2015 – 1 Qs 174/15; LG Landshut, Beschluss vom 19.01.2017 – 3 Qs 14/17; LG Neuruppin, Beschluss vom 23.02.2012 – 11 Qs 3/12; LG Berlin, VRS 111, 434; LG Cottbus, zfs 2007, 529; LG Dortmund, RVGreport 2005, 465; LG Dresden, RVGreport 2010, 454; LG Hannover, RVGreport 2008, 182; LG Leipzig RVGreport 2010, 182) gelten in durchschnittlichen Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren grundsätzlich sog. herabgesetzte Mittelgebühren.

Der demgegenüber teilweise in der Literatur (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., § 14, Rdn. 30 m.w.N.) und Rechtsprechung (LG Chemnitz, Beschluss vom 09.06.2016 – 2 Qs 76/16 und Beschluss vom 23.02.2016 – 2 Qs 159/15; LG Weiden, Beschluss vom 01.08.2005, Az. 1 Qs 60/05; AG Plauen, Beschluss vom 22.03.2018 – 7 Owi 440 Js 18243/16; LG Leipzig; RVGreport 2009, 61; LG Saarbrücken, RVGreport 2013, 53; LG Stralsund, zfs 2006, 407) vertretenen Auffassung, wonach unter der Geltung des RVG bei durchschnittlichen straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren grundsätzlich der Ansatz der Mittelgebühr gerechtfertigt sei, vermag nicht zu überzeugen.

Ausgangspunkt der Bemessung der Gebühr für die Tätigkeit eines Rechtsanwaltes ist auch in Bußgeldverfahren grundsätzlich die Mittelgebühr (Hartmann, Kostengesetze, VV 5100, Vorbem. Rdn. 5). Bei der gebührenmäßigen Bewertung des jeweiligen Verfahrens ist dabei aber zu unterscheiden zwischen einem allgemeinen Durchschnittsfall, gemessen an den Verfahren aus allen Ordnungswidrigkeitsbereichen, und einem Durchschnittsfall aus dem Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten (vgl. auch LG Landshut, Beschluss vom 19.01.2017, 3 Qs 14/17). Nach den Bewertungsmaßstäben der Kammer ist eine durchschnittliche Verkehrsordnungswidrigkeit keineswegs gleichzusetzen mit einem allgemeinen Durchschnittsfall in der Gesamtbetrachtung aller Ordnungswidrigkeitenbereiche. Auf diesen Durchschnittsfall ist aber die Mittelgebühr zugeschnitten und nicht auf einen Durchschnittsfall aus dem Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten. Bußgeldverfahren betreffen zwar praktisch überwiegend verkehrsrechtliche Bußgeldverfahren. Es gibt aber daneben eine Vielzahl weiterer unterschiedlicher Bußgeldverfahren aus ganz verschiedenen spezialgesetzlichen Gebieten.

Der Bedeutung und der Wertigkeit der Angelegenheit nach sind Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren dabei regelmäßig unterdurchschnittlich im Vergleich zu anderen möglichen Ordnungswidrigkeiten und der Umfang sowie die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit lassen den Ansatz der Mittelgebühr regelmäßig nicht als angemessen erscheinen. Es ist im Einzelfall eine Relation herzustellen zu der umfangreichen Anzahl von spezialgesetzlichen Bußgeldtatbeständen, die einerseits mit erheblichen Bußgeldern drohen, andererseits häufig mit rechtlichen Schwierigkeiten sowie umfangreicher Sachaufklärung verbunden sind, wie beispielsweise Bußgeldsachen auf dem Gebiet des Umwelt-, Kartell-, Wirtschafts- und Steuerrechts. Demgegenüber betreffen die weit überwiegende Anzahl der Verkehrsordnungswidrigkeiten alltägliche Verkehrsübertretungen, die in großer Zahl auftreten und zu deren Verfolgung und Ahndung in allen Verfahrensabschnitten überwiegend automatisiert bzw. standardisiert gearbeitet wird, auch auf Seiten der Verteidiger. Diese Massenverfahren weisen regelmäßig weder einen komplizierten Sachverhalt auf noch ist zu ihrer Bearbeitung ein umfangreicher Zeit- oder Begründungsaufwand erforderlich. Deshalb ist es nicht gerechtfertigt, für ein durchschnittliches Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren generell die allgemeine Mittelgebühr anzusetzen. Auch die große Anzahl dieser Verfahren rechtfertigt dies nicht. Die Mittelgebühr ist auf den allgemeinen Durchschnittsfall in der Gesamtbetrachtung aller Ordnungswidrigkeitenbereiche zugeschnitten.

Hier ist Gegenstand des Ordnungswidrigkeitenverfahrens ein Bußgeldverfahren in Verkehrssachen von überschaubarem Umfang, das keine rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten aufweist. Es ging allein um die Frage, ob der Betroffene ein Fahrzeug im öffentlichen Verkehrsraum geführt hat.

Dieses Verfahren weist gegenüber alltäglichen Bußgeldverfahren keine Besonderheiten auf, die es von diesen unterscheidet. Der Verteidiger hat über den routinemäßigen Verfahrensablauf hinaus (Akteneinsicht, Einspruchseinlegung, Einspruchsbegründung, Teilnahme an der zwölfminütigen Hauptverhandlung) keine weiteren Aktivitäten entfaltet. Mithin handelt es sich um ein sowohl rechtlich als auch tatsächlich einfach gelagertes Verfahren. Im Übrigen war lediglich eine geringe Geldbuße in Höhe von 100,- € verhängt worden. Dem Betroffenen drohte zwar neben dem Bußgeld die Eintragung von einem Punkt im Verkehrszentralregister, doch fällt dieser Umstand im konkreten Fall bei der einfachen Sachlage nicht erheblich ins Gewicht (vgl. LG Berlin, VRS 111, 434).

Deshalb erscheinen unter Berücksichtigung aller Umstände die im Kostenfestsetzungsantrag angesetzten Gebühren als unbillig überhöht im Sinne des § 14 Abs. 1 S. 4 RVG. Vielmehr liegt sogar ein Verkehrsordnungswidrigkeitenverfahren mit geringem Aufwand und Schwierigkeit und geringerer Bedeutung vor, bei dem herabgesetzte Gebühren, wie sie im Beschluss des Amtsgerichts zutreffend begründet angesetzt wurden, angemessen sind.“

M.E. falsch, aber ich habe es inzwischen dran gegeben, mich über solche Entscheidungen aufzuregen. Es bringt nichts. Man kann gegen die behauptete Weisheit landgerichtlicher Kammern, über die der so. „blaue Himmel“ ist, nichts ausrichten. Man weiß es eben besser. Jedenfalls meint man das.

Fahrtkosten des auswärtigen Wahlanwalts, oder: Mittelgebühr ist Grundlage

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Am heutigen „Gebührenfreitag“ zunächst der LG Chemnitz, Beschl. v. 08.08.2019 – 2 Qs 295/19 -, den mir der Kollege F.Glaser aus Berlin geschickt hat.

Der Kollege, der seinen Kanzleisitz in Berlin hat, hat den früheren Angeklagten in einem Strafverfahren beim AG Aue vertreten. Das Verfahren ist gem. § 153 StPO eingestellt worden. Die notwendigen Auslagen des ehemaligen Angeklagten sind der Staatskasse auferlegt worden. Nach Abtretung durch seinen Mandanten macht(e) der Kollege dessen Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltskosten gegen die Staatskasse geltend. Beantragt worden ist die Erstattung von insgesamt 1.448,83 EUR. Festgesetzt worden sind nur 1.088,08 EUR fest. Das dagegen gerichtete Rechtsmittel des Kollegen hatte teilweise Erfolg:

1. Im Hinblick auf die überwiegend zum Abzug gebrachten Fahrtkosten des auswärtigen Wahlverteidigers ist dies zu Recht erfolgt. Es handelte sich weder vorliegend um eine Spezialmaterie, für die nur vereinzelt Fachanwälte zur Verfügung stehen, noch um eine Anklage zu einer Strafkammer, bei der die Berufung auf das besondere Vertrauensverhältnis das sich aus §§ 464 a Abs.2 Nr.2 StPO i.V.m. § 91 Abs.2 ZPO ergebende Sparsamkeitsgebot aus Gründen des fairen Verfahrens ausnahmsweise verdrängen vermag (vgl. Meyer-Goßner hierzu StPO, § 464a Rn.12; BGH I ZB 29/02, LG Dresden 15 Qs 63/09;).

Zurecht weist der Beschwerdeführer aber daraufhin, dass die Kürzung auf 3,00 Euro auch nicht zutreffend ist.

In Verfahren vor Zivil-, Verwaltungs- und Arbeitsgerichten wird das Kriterium der Notwendigkeit im Sinne von § 91 Abs. 2 S. 1 ZPO (Kosten, die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren) in Entscheidungen so ausgelegt, dass zumindest die Fahrtkosten bis zur weitestentfernten Gerichtsbezirksgrenze als erforderlich anzusehen und ohne Notwendigkeitsprüfung zuzusprechen sind (vgl. BGH, Beschluss vom 09.05.2018, Az. I ZB 62/17; LG Düsseldorf, Beschluss vom 18.12.2014, Az. 6 0 455/11; Landesarbeitsgericht Köln, Beschluss vom 08.03.2013, Az. 3 Ta 8/13; VG Oldenburg, Beschluss vom 12.05.2009, Az. 11 A 48/08; zitiert nach juris). Bei der Bestimmung der „notwendigen Auslagen“ im Strafprozess, bei einem Wahlverteidiger, gibt es keinen durchschlagenden Grund, eine andere Entscheidung zu treffen und warum nicht auch im Strafverfahren die Fahrtkosten eines auswärtigen Rechtsanwaltes bis zur Gerichtsbezirksgrenze des zuständigen Gerichts als notwendig anzusehen sind (so bereits Kammerbeschluss 2 Qs 151/15). Die hilfsweise geltend gemachten Fahrtkostenosten von 21,00 Euro waren daher als angemessen anzuerkennen.

2. Hinsichtlich des Angriffspunktes, dass die vom Beschwerdeführer berechneten Gebühren zu Unrecht gekürzt worden sind und nur in Höhe der Mittelgebühren festgesetzt worden sind, ist die Beschwerde begründet.

Grundsätzlich soll im Rahmen des § 14 RVG die Mittelgebühr als Normalfall und Abrechnungsgrundlage für durchschnittliche Verfahren wie vorliegend gelten. Über- und Unterschreitungen sollen nur bei besonderen, vom üblichen Fall erheblich abweichenden Gründen gerechtfertigt sein. Grundsätzlich ist das Gericht an die für einen Normalfall abgerechneten Mittelgebühren gemäß § 14 Abs. 1 S. 4 RVG an die von dem Verteidiger angesetzten Gebühren gebunden. Dass vorliegend nur ein Durchschnittsverfahren vorliegt, ergibt sich aus einer Gesamtwürdigung des Verfahrens.

Gemäß § 14 Abs.1 S. 4 RVG ist die vom Rechtsanwalt gegenüber einem Dritten – und auch der Staatskasse – getroffene Gebührenbestimmung nur dann nicht verbindlich, wenn sie unbillig hoch ist. Dies ist regelmäßig nur der Fall, wenn die vom Rechtsanwalt bestimmte Gebühr die vom Gericht als angemessen erachtete Mittelgebühr um mehr als 20 % überschreitet (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl. zu § 14 Rn. 12; Mayer/ Kroiß, RVG zu § 14 Rn. 56 f,; Hartmann, Kostengesetze, zur RVG in § 14 Rn. 24). Hier liegt mit dem Antrag zwar eine Überschreitung, jedoch nur eine Überschreitung der Mittelgebühren in einem Rahmen bis max. 18 % der als angemessen erachteten Rahmengebühren vor.

Insgesamt ist die Gebührenbestimmung des Beschwerdeführers hier deshalb nicht unbillig hoch und als verbindlich anzusehen.

…..“

 

(Nur) Mittelgebühr im Bußgeldverfahren, oder: Zufrieden wird keiner sein

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Am Gebührenfreitag dann zunächst mal wieder etwas aus dem Bußgeldverfahren, und zwar etwas zur Bemessung der Rahmengebühren. Das AG Alzey sagt im AG Alzey, Beschl. v. 11.06.2019 – Ia OWI 101/19, den mir der Kollege Momberger aus Düsseldorf geschickt hat: Im duchschnittlichen Verfahren gibt es die Mittelgebühr:

„Entgegen der Auffassung der Zentralen Bußgeldstelle und des Betroffenen steht dem Verteidiger gemäß § 14 RVG iVm VV 5100 der Anlage 1 zum RVG die Mittelgebühr iHv 100 € zu.

Es ist anhand einer Einzelfallbetrachtung zu prüfen, ob Umstände vorliegen, die ein Abweichen von der Mittelgebühr – gleich in welche Richtung – rechtfertigen (vgl. Hauben in RVG, 16. Auflage 2014, Nr. 5100 VV RVG mwN).

Dies ist vorliegend nicht der Fall.

Ein die Abweichung nach unten rechtfertigender Sachverhalt ist – entgegen der Auffassung der Zentralen Bußgeldbehörde – hier nicht ersichtlich. Vielmehr hatte die Sache für den Betroffenen, gegen den ein Fahrverbot verhängt wurde, eine erhebliche, möglicherweise sogar existentielle Bedeutung. Auch die Höhe des Bußgeldes von (lediglich) 160,00 Euro führt zu keiner anderen Betrachtungsweise. Die Höhe des Bußgeldes allein ist nicht als Maßstab für die Frage geeignet, die konkrete Gebühr innerhalb des gesetzten Rahmens zu bestimmen. Denn die Höhe der Geldbuße ist bereits durch den Gesetzgeber dadurch berücksichtigt, dass er drei „Fallgruppen“ gebildet hat. Der Umstand, dass der Gesetzgeber die Höhe der Grundgebühr gerade nicht an die Höhe der Geldbuße gekoppelt hat, zeigt, dass diese bei der Gebührenbemessung nicht zu berücksichtigen ist (vgl. Gerold/Schmidt/Burhoff, 23. Aufl. 2017, RVG VV 5100 Rn. 4).

Entgegen der Auffassung des Betroffenen liegt aber auch kein eine Abweichung nach oben rechtfertigender Sachverhalt vor. Allein das Fahrverbot oder die drohende Eintraung von Punkten im FAER begründet noch nicht zwangsläufig die Anwendung einer über der Mittelgebühr liegenden Gebühr, wenn – wie hier – schwerwiegende Nachteile beruflicher oder privater Art gerade nicht vorgetragen sind (vgl. LG Leipzig Beschl, v. 4.2.2010 — 5 Os 71/09, BeckRS 2011, 11482, beck-online). Vielmehr sind auch in Bußgeldsachen der Umfang der Akten, in die der Verteidiger Einsicht nimmt, die Dauer des Erstgesprächs, der Tatvorwurf und tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten (vgl. BeckOK RVG/Knaudt, 43. Ed. 1.3.2019, RVG VV 5100 Rn. 15-16) maßgebliche Kriterien für die Festsetzung der Gebühren.

Eine über der Mittelgebühr liegende Einordnung erscheint insoweit vorliegend nicht angemessen.

Die anwaltliche Tätigkeit war vorliegend von eher geringem Umfang und die für die Einarbeitung notwendige Zeit ist als maximal durchschnittlich einzuschätzen. Die Akte umfasste zum Zeitpunkt der ersten Akteneinsicht einschließlich des Bestellungsschriftsatzes und der Vollmacht des Verteidigers 14 Blatt. Auch hinsichtlich des Tatvorwurfs, Überschreiten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, ist von einem durchschnittlichen Tatvorwurf in OWi-Verfahren auszugehen, die eine über der Mittelgebühr anzusetzende Grundgebühr nicht zu rechtfertigen vermag. Entgegen der Auffassung des Betroffenen weicht der vorliegende Fall weder in seiner tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeit, in seiner Komplexität oder Fallgestaltung von dem Durchschnittsfall ab.

Dass der Betroffene gegen die Kostengrundentscheidung Rechtsmittel eingelegt und wie sich dies auf die Grundgebühr der anwaltlichen Tätigkeit auswirken soll, ist nicht ersichtlich. Die Grundgebühr vergütet die „erstmalige Einarbeitung“, also die auftragsgemäße Beschaffung und Entgegennahme der Erstinformation und das erste Aktenstudium (vgl. Hartmann, Kostengesetze, 38. Aufl. 2008, RVG, Anhang nach VV 5100, Rn. 1, Anhang nach VV 4100 Rn. 6 m. w. N.). Die Schwierigkeit des vorliegenden Sachverhalts ist in jeder Hinsicht als durchschnittlich zu bewerten.

Gleiches gilt für die Verfahrensgebühr nach VV 5103 der Anlage 1 zum RVG.

Deshalb stehen dem Verteidiger die Grundgebühr von 100,00 €, die Verfahrensgebühr von 175 €, die Gebühr nach VV 5115 in Höhe von 160 €, die Aktenversendungspauschale in Höhe von 12 und die Postpauschale in Höhe von 20 € zu.“

Fazit: Der Verteidiger erhält nicht so viel, wie er bantragt hatt, die Bußgeldstelle muss aber mehr zahlen, als sie zunächst wollte. Zufrieden mit der Entscheidung werden beide „Seiten“ nicht sein.

Durchschnittliches straßenverkehrsrechtliches Bußgeldverfahren, oder: Mittelgebühr angemessen

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Die zweite Gebührenentscheidung stammt aus dem Süden, und zwar handelt es sich um den AG  Biberach, Beschl. v. 03.04.2019 – 10 OWI 25 Js 7783/18, den mir der Kollege Kabus aus Bad Saulgau geschickt hat. Thematik: Noch einmal die Bemessung der Rahmengebühren im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren. Das AG setzt in Höhe der Mittelgebühren fest:

„Bei den Ziffern Nr. 5100, 5103, 5109 und 5115 VV-RVG handelt es sich um Rahmengebühren. Nach § 14 RVG ist es grundsätzlich Sache des Rechtsanwalts selbst, die im Einzelfall anzuset-zende Gebühr aus dem vorgegebenen Gebührenrahmen zu bestimmen. Der Rechtsanwalt hat hierbei im Einzelfall nach billigem Ermessen und unter Berücksichtigung aller Umstände, insbe-sondere der Bedeutung der Angelegenheit für den Mandanten, des Umfangs der anwaltlichen Tä-tigkeit, des Schwierigkeitsgrades der anwaltlichen Tätigkeit, sowie der Vermögens- und Einkom-mensverhältnisse des Auftraggebers zu verfahren. Der Gebührenrahmen der Grundgebühr nach Nr. 5100 VV-RVG beträgt 30,00 bis 170,00 €. Die Mittelgebühr beträgt damit 100,00 €. Die Verfahrensgebühr nach Nr. 5103 VV-RVG beträgt 30,00 € bis 290,00 €. Die Mittelgebühr beträgt damit 160,00 €. Der Gebührenrahmen der Gebühr Nr. 5109 beträgt 30,00 € bis 290,00 €. Die Mittelgebühr beträgt 160,00 €. Der Gebührenrahmen für die Gebühr Nr. 5115 VV-RVG ist in Höhe der jeweiligen Verfahrensgebühr anzusetzen. Somit der Gebührenrahmen der Nr. 5103 VV-RVG, der von 30,00 € bis 290,00 € geht. Die Mittelgebühr beträgt 160,00 €. Der Verteidiger hat jeweils Mittelgebühren in Ansatz gebracht. Daran ist nach Auffassung des Gerichts nichts auszusetzen. Die Tätigkeit des Anwalts im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren war durchschnittlich, nicht unterdurchschnittlich. Die aus der Bußgeldakte hervorgehende anwaltliche Tätigkeit entspricht einer durchschnittlichen Tätigkeit im Ordnungswidrigkeitenverfahren. Es handelt sich um eine durchschnittlich schwierige Rechtsmaterie. Da ein Punkt im Fahreignungsregister eingetragen werden sollte, war die Angelegenheit für den Betroffenen zumindest nicht von untergeordneter Bedeutung. Auch die Tätigkeit des Verteidigers im gerichtlichen Verfahren ist als durchschnittlich einzuschätzen. Der Verteidiger hat dem Gericht telefonisch mitgeteilt, dass der vorliegende Fall mit dem Fall vergleichbar sei, bei dem es aufgrund von Bedienungsfehlern des Messgerätes zu einem Freispruch gekommen war. Aufgrund dessen wurde seitens des Gerichts eine Verfahrenseinstellung vorgeschlagen. Diese Möglichkeit musste der Verteidiger mit dem Mandanten besprechen. Weiter hat der Verteidiger einen Schriftsatz mit der Erklärung an das Gericht übersandt, dass der vorgeschlagenen Vorgehensweise zugestimmt wird. Der Verteidiger hat sich demnach mit dem vorliegenden Fall eingehend beschäftigt und auch die notwendigen Parallelen zu dem Fall mit dem erfolgten Freispruch gezogen. Angesichts dessen und des vom Verteidiger erfolgten Aufwandes hält das Gericht die angesetzte Mittelgebühr auch für das gerichtliche Verfahren für angemessen. Insoweit steht dem Verteidiger bei der Bemessung der konkreten Rahmengebühr zudem ein durch das Gericht nicht überprüfbarer Ermessenspielraum zu (BGH, NJW 2012, 2813).“

(Termins)Gebühren im Bußgeldverfahren, oder: Bemessungsgrundlage ist die Mittelgebühr

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Die zweite Entscheidung kommt dann aus dem Osten. Es ist der LG Cottbus, Beschl. v. 20.11.2018 – 22 Qs 76/18. Thematik: Bemessung von Terminsgebühren im Bußgeldverfahren. Das LG hält an seiner Linie, dass Ausgangspunkt für die Gebührenbemessung auch im straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren die Mittelgebühr ist, fest und setzt auf der Grundlage dann fest:

„Ausgangspunkt für die Tätigkeit des Rechtsanwaltes ist, auch in straßenverkehrsrechtlichen Bußgeldverfahren, grundsätzlich die Mittelgebühr für die Gebührenbemessung.

Wenn sämtliche der gemäß § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG zu berücksichtigenden Umstände, also insbesondere der Umfang und die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit, die Bedeutung der Angelegenheit sowie die wirtschaftlichen Verhältnisse des Auftraggebers, als durchschnittlich einzuordnen sind, gilt damit die Mittelgebühr. Sie ist aber wegen der vorzunehmenden Gesamtabwägung auch anzusetzen, wenn erhöhende und vermindernde Bemessungskriterien etwa gleichgewichtig sind oder wenn ein Bestimmungsmerkmal ein solches Übergewicht erhält, dass dadurch das geringere Gewicht einzelner oder mehrerer anderer Merkmale kompensiert wird.

Bei der Billigkeitsprüfung ist neben dem Ausgangspunkt für die Gebührenbemessung zu berücksichtigen, dass dem Rechtsanwalt bei der Abwägung der zu berücksichtigenden Merkmale und der sich daran anschließenden Bestimmung der Gebühren durch die Vorschrift des § 14 Abs. 1 RVG ein weites billiges Ermessen eingeräumt ist. Der Kostenfestsetzungsbeamte und das Gericht sowie mittelbar auch der Vertreter der Staatskasse sind in dem Kostenfestsetzungsverfahren auf die Prüfung beschränkt, ob sich die geltend gemachte Gebühr innerhalb des Gebührenrahmens hält und ob sie im Einzelfall unter Berücksichtigung aller Umstände nicht unbillig ist. Allein dann, wenn der Gebührensatz missbräuchlich erfolgt oder bei einer Gesamtabwägung unbillig ist, darf und muss das Gericht die Gebühr neu festsetzen. Eine dem Rechtsanwalt zuzubilligende und durch die Kostenfestsetzung zu beachtende Toleranzgrenze bei der Ermessensausübung kann nicht allgemein, sondern nur für den konkreten Einzelfall unter Bewertung der einzustellenden Kriterien und nach Durchführung einer Gesamtabwägung gezogen werden.

Unter Beachtung dieser Maßstäbe, lässt sich eine Unbilligkeit der Gebührenbestimmung durch den Verteidiger im vorliegenden Fall, bis auf die begehrte Terminsgebühr für den Hauptverhandlungstermin vom 13. Oktober 2017, nicht feststellen.

Zutreffend und unter Beachtung der oben ausgeführten Grundsätze ist der Rechtspfleger des Amtsgerichts von einem insgesamt durchschnittlichen, Verkehrsordnungswidrigkeiten betreffenden, Verfahren ausgegangen. Demzufolge hat er die jeweils begehrten Gebühren mit Ausnahme der Terminsgebühren auch in Höhe der jeweiligen Mittelgebühr festgesetzt. Insoweit bedarf es keiner weiteren Ausführungen und kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung verwiesen werden. Das dagegen gerichtete Beschwerdevorbringen des Bezirksrevisors ist nach der Änderung der Kammerrechtsprechung durch den Beschluss vom 26. Juli 2016, 22 Qs 129/16, insoweit nicht beachtlich.

Speziell für die Bemessung der Terminsgebühren kommt es wesentlich auch auf den zeitlichen und inhaltlichen Aufwand, den der Rechtsanwalt für die Wahrnahme des Termins hatte an (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 03. Dezember 2009, 2Ws 270/09 — bei juris; KG Berlin, StraFo 2009, 260 f.), wobei es auch ein gewisser Vor- und Nachbereitungsaufwand zu berücksichtigen ist. Auch davon ist der Rechtspfleger des Amtsgerichts zutreffend ausgegangen. Allerdings hat er bei der Berechnung der Dauer der Hauptverhandlungen mit einzuberechnende Wartezeiten außer Acht gelassen. Maßgeblich für den Beginn der Zeitberechnung ist der Zeitpunkt der Ladung, wenn der Rechtsanwalt zu diesem Zeitpunkt erschienen ist. Nach Lage der Akten ist nicht ersichtlich, dass der Rechtsanwalt nicht zu den jeweils anberaumten Terminszeiten erschienen war; mithin sind für den Termin vom 22. September 2017 insgesamt ein Zeitaufwand von 34 Minuten, nämlich 26 Minuten Wartezeit zuzüglich acht Minuten Hauptverhandlung und für den Termin vom 13. Oktober 2017, insgesamt ein Zeitaufwand von 13 Minuten, nämlich sechs Minuten Wartezeit zuzüglich sieben Minuten Hauptverhandlung zu berücksichtigen.

Die hier für die Hauptverhandlung vom 22. September 2017 beanspruchte Zeit von 34 Minuten kann für Hauptverhandlungen in Bußgeldsachen wegen Verkehrsordnungswidrigkeiten noch – allerdings an der unteren Grenze — als durchschnittlich angesehen werden, so dass auch insoweit die Mittelgebühr gerechtfertigt ist.

Dies gilt indes nicht für den in zeitlicher Nähe durchgeführten Fortsetzungstermin vom 13. Oktober 2017. Der dafür wahrgenommene Zeitaufwand von lediglich 13 Minuten ist nur als unterdurchschnittlich einzuschätzen. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass die Vorbereitung für den ersten Hauptverhandlungstermin zeitlich aufwändiger war als für den in zeitlicher Nähe anberaumten Fortsetzungstermin.

Die Kammer erachtet die insoweit festgesetzte Gebühr in Höhe von 53 % der Mittelgebühr als ausreichend und angemessen. Demgegenüber wird die vom Bezirksrevisor begehrte Kürzung auf 31,37 % der Mittelgebühr (80 €) dem Verfahren nicht gerecht.“