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Das vertrauliche Gespräch mit dem Verteidiger ist unantastbar

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§ 160a StPO schützt u.a. das Verhältnis Verteidiger/Mandant, und zwar wie das LG Augsburg im LG Augsburg, Beschl. v.02.04.2014 – 8 Ks 401 Js 139206/13 darlegt in einem sehr weiten Umfang. Im Verfahren waren der Strafkammer sog. News zugeleitet worden, die ursprünglich als polizeiinterne Lagemeldungen gedacht waren, dann jedoch der Strafkammer von der Staatsanwaltschaft zur Frage der Verhandlungsfähigkeit des Angeklagten vorgelegt wurden. Die StA ging davon aus, dass sich aus den „Unterlagen schließen lasse, dass der Angeklagte im Rahmen der gegen ihn geführten Verhandlung in einen sogenannten „Gerichtsmodus“ verfallen könne, um seinen Gesundheitszustand deutlich schlechter darzustellen, als dieser in (vermeintlich) unbeobachteten Momenten oder bei alltäglichen Gesprächen und Tätigkeiten wahrzunehmen sei.“ Die „Erkenntnisse“ stammten aus der Beobachtung des Angeklagten vor, während und nach den einzelnen Hauptverhandlungen bzw. dem Mithören von Gesprächen zwischen Verteidigung und Gericht bzw. Angeklagtem an Verhandlungstagen.

 Das LG hat dem Antrag des Verteidigers auf Löschung und Nichtverwertung bestimmter Passagen aus diesen News entsprochen:

„Der vom Gesetzgeber in §§ 53, 148, 160a so 53, 148, 160a StPO bezweckte umfassende Schutz der anwaltlichen Berufsgeheimnisträger rechtfertigt es nach Auffassung der Kammer, nicht nur solche Erkenntnisse dem Anwendungsbereich des § 160a StPO unterfallen zu lassen, die aus Maßnahmen herrühren, die von vornherein als Ermittlungsmaßnahmen gedacht waren, sondern auch solche, die diese Zweckbestimmung erst nach Anfall der Erkenntnisse erlangt haben.

Zumindest wäre in letzterem Fall § 160a StPO entsprechend anzuwenden.

Damit handelt es sich bei den der Kammer zugeleiteten Erkenntnissen um solche, die im Rahmen der Beobachtung des Angeklagten vor, während und nach den einzelnen Hauptverhandlungen bzw. dem Mithören von Gesprächen zwischen Verteidigung und Gericht bzw. Angeklagtem an Verhandlungstagen angefallen sind und die durch Zuleitung an das mit der Sache befasste Gericht nachträglich den Charakter von Ermittlungshandlungen im Sinne von § § 160a Abs. 1 Satz 5 StPO angenommen haben.

Bei den von der Verteidigung beanstandeten Passagen handelt es sich auch unzweifelhaft um die Wiedergabe von Gesprächsinhalten, über die der Antragsteller gemäß § 53 Abs.1 Nr. 2 StPO das Zeugnis verweigern dürfte.

Keine Rolle spielt dabei, ob die zur Akte gelangten Erkenntnisse der USK Beamten für die Frage der Verhandlungsfähigkeit überhaupt relevant sind oder nicht, weil §§ 53, 160a StPO keine vorgeschaltete inhaltliche Überprüfung einschlägiger Erkenntnisse vorsehen.

Damit unterliegen die von der Verteidigung beanstandeten Erkenntnisse gemäß 160 a Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit Satz 2 StPO bzw. nach entsprechender Anwendung dieser Vorschrift einem umfassenden Verwertungsverbot.

Gleichzeitig waren nach § 160a Abs. 1 Satz 5 StPO i. V. m. Absatz 1 Satz 3 der genannten Vorschrift die diesbezüglichen Aufzeichnungen in der Akte unkenntlich zu machen.

Hinsichtlich der unter Ziffer 1. a. des Tenors angeführten Passage ergibt sich die antragsgemäße Entscheidung zudem aus § 148 Abs. 1 StPO. Danach besteht in Ausprägung des Grundsatzes fairer Verteidigung ein uneingeschränktes Recht auf unüberwachten Besuch. Für Gespräche zwischen Mandant und Verteidiger sind zudem Räumlichkeiten zur Verfügung zu stellen, in denen Gespräche mit gewöhnlicher Lautstärke geführt werden können, ohne dass unter normalen Bedingungen ein Mithören möglich ist (OLG Hamm, StV 1985, 241 ff).

Das Gespräch, aus dem die beanstandete Passage stammt, unterfällt diesem Schutz.

Ein vertrauensvolles Gespräch zwischen Verteidiger und einem Beschuldigten, wie es die Regelung in § 148 StPO gewährleisten will, ist nur dann möglich, wenn beide Seiten davon ausgehen können, dass Äußerungen zwischen Mandant und Anwalt in jedem Fall auch vertraulich bleiben.

Dabei kommt es vorliegend auch nicht darauf an, ob das Gespräch wegen der nicht ganz geschlossenen Tür zufällig mitgehört werden konnte. Denn die Verteidiger befanden sich in einem dem Schutzbereich des § 148 StPO unterfallenden Raum – und nicht etwa im Gerichtssaal oder im Zellenflur – und durften daher davon ausgehen, dass Gespräche mit ihrem Mandanten vertraulichen Charakter hatten oder diesen wenigstens bei zufälligem Mithören behalten, sei nun die Türe versehentlich einen Spalt offen gewesen oder nicht.

Ich habe da mal eine Frage: Akteneinsicht des Mandanten nach Verfahrensabschluss

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Vor einigen Tagen erreichte mich die Anfrage eines Kollegen – ich habe da mal eine Frage -,  mit der ich auf die Schnelle vor Urlaubsantritt auch nicht so richtig umgehen konnte, weil ich ein wenig mit anderen Dingen beschäftigt war. Ich stelle Sie dann mal hier ein. Vielleicht findet ja der ein oder andere die zündende Idee, die ich dann dem Kollegen – wenn er nicht mitliest 🙂 – noch vermitteln kann.

Es geht um Akteneinsicht durch den Mandanten in die Akten des Verteidigers nach abgeschlossenem Strafverfahren. Der Kollege führt aus:

„…Zu Grunde liegender Sachverhalt:

Ein Mandant, den ich in einem Kindes-Missbrauchsfall verteidigt habe, hat mich nach Haftentlassung schriftlich gebeten, nochmals Einsicht in die bei mir befindlichen Akten zu erhalten, um ?die ganze Angelegenheit für sich nochmals zu verarbeiten.

Das Verfahren kam ins Rollen durch verschiedene Strafanzeigen von Müttern bzw. ehemals befreundeten Familien, die dem später Verurteilten ihre minderjährigen Kinder in dessen Obhut gegeben hatten.

Die Vorwürfe trafen zu und der Verurteilte hatte in der HV ein entsprechendes Geständnis abgelegt. Der Vorgang wurde mit dem Mandanten während der U-Haft besprochen, allerdings hat er wegen der Einzelheiten keine Erinnerung mehr daran.

Nach meiner Auffassung sehe ich mich nicht verpflichtet, dem ehemaligen Mandanten nach dem abgeschlossenen Verfahren nochmals Einsicht in die Unterlagen, insbesondere in die verschiedenen Strafanzeigen zu gewähren.

Ich sehe in diesem Falle das Recht der Anzeigenerstatter auf ihre Privatsphäre und Schutz vor möglichen Nachstellungen und/oder etwaigen Anfeindungen seitens des ehemaligen Mandanten höher angesiedelt als sein etwaiges Recht zu einer erneuten Einsichtnahme.

Eine Alternative wäre eine Durchsicht der gesamten Akte durch mich und Schwärzen aller relevanten Namen, Adressen, identifizierungsfähigen Passagen, etc., was mit entsprechend hohem Zeitaufwand verbunden wäre und ich die damit verbundenen Kosten dem Mandanten in Rechnung stellen müsste.

Nun meine Frage:

Bin ich verpflichtet, dem ehem. Mandanten die Unterlagen zur Verfügung zu stellen, resp. ist Ihnen hierzu Rechtsprechung bekannt oder entsprechende Kommentierungen/Aufsätze?

Möglicherweise haben Sie hierzu eine Antwort oder Auffassung und ich würde mich sehr freuen, von Ihnen eine kurze Stellungnahme zu erhalten.

Ganz unbeantwortet gelassen habe ich die Anfrage natürlich nicht, sondern dem Kollegen ein paar Überlegungen/Gedankenanstöße mitgeteilt:

„1. Ich gehe davon aus, dass der Mandant in die Verfahrensakten Einsicht nehmen will. Dann stellt sich die Frage: Sind die nicht Bestandteil Ihrer Handakte geworden? In die kann der Mandant Einsicht verlangen (BGHZ 109, 260).

2. Können Sie die Herausgabe der Handakte (noch) verweigern. Ich verweise auf § 50 BRAO.

3. Können Sie dem Mandanten die Herausgabe verweigern und sich zur Begründung auf Schutz der Anzeigeerstatter berufen. M.E. nur schwer, da Sie immerhin sein Verteidiger sind/waren.“

 

Ein Rechtsanwalt kotzt sich aus… über sich selbst und die StA

Aus meiner Fundgrube bei LexisNexis Strafrecht:

„Hallo zusammen, jetzt will ich mal abkotzen… Ich habe vor Jahren einen von einem Freund als zuverlässig vermittelten Mdt „zu Tode verteidigt“. Er wurde wegen Meineides zu 1,3 mB verurteilt. (Exkurs: Einer der Schöffen hat mir später gesteckt, dass es 2:1 für einen Freispruch stand aber der Vorsitzende so lange gebohrt und genervt haben soll, bis der andere Schöffe umgefallen sei; die Beratung dauerte ca. 2 Stunden). Mdt hatte vorab immer wieder Zahlung versprochen und morgens vor der HV angeblich überwiesen (weil ich sonst nicht in den Sitzungssaal gegangen wäre) – das Geld ist natürlich bis heute nicht auf unserem Konto angekommen. Schaden: 2.500 €, inzwischen mit Kosten und Zinsen ca. 3.000 €. Nur weil der Mdt mich auch danach noch weiter verarscht hat und Zusagen (bis hin zur Übersendung von angeblichen Überweisungsträgern zum Nachweis von Zahlungen) immer wieder ins Leere gingen, habe ich dann Strafanzeige erstattet – um morgens noch in den Spiegel schauen zu können. Die StA hat die Anzeige zunächst gar nicht und auf Intervention dann nach § 154 Abs. 1 StPO behandelt. Dagegen Beschwerde und Antrag auf AE in das Bezugsverfahren. Nun bekomme ich Anklage und Urteil aus dem Bezugsverfahren. Abgesehen, dass er da genau den „Richtigen“ betrogen hat (unseren früheren Computerfuzzi, der selber ein Früchtchen ist) lautet das Urteil (bei offener Bewährung – s.o.) 120 TS bei Schadenssumme von 1.900 €. Mir erschließt sich nicht, warum „mein Verfahren“ nicht weiter ins Gewicht fällt, wenn zum einen ja eine Bewährung offen ist, also 2 Straftaten in offener Bewährung begangen wurden (Naja, eigentlich hat er mich ja schon vor Urteilsverkündung betrogen) und zum Anderen „mein Schaden“ höher ist. Zur Info: Für einen Schaden von über 5.000 € gibt’s hier schon mal Freiheitsstrafe – denkbar wäre also eine zweite Bewährung mit Auflage Schaden wieder gutzumachen…

Eben schreibt der Mandant wieder einmal, dass ich übernächste Woche eine Rate bekommen würde. Wie würden sich die Kollegen verhalten? Druck übers Strafverfahren machen oder nachgeben und weiter verarschen lassen?
Nur am Rande: Die zweite HV hat dann ausgerechnet der „Haus- und Hof-Amtspflichtverteidiger“ am AG bekommen die von der LJK vergütet wurde (PflV). Dem wächst schon der richterliche Samt auf dem Besatz der Robe…“

Hat sicherlich jeder schon mal erlebt. Sind auch schon einige nette Vorschläge gekommen, wie man damit umgehen kann. Mit dem „schwarzen Mann“ will aber keiner drohen…