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Die zweite samstägliche Entscheidung kommt aus dem Bereich der Kaskoversicherung. Es geht im LG Saarbrücken, Urt. v. 21.06.2016 – 14 S 32/15 – um die Zurechnung des Wissens der Ehefrau des Versicherungsnehmers. Der hat seine Kaskoversicherung wegen eines Vandalismusschadens in Anspruch genommen. Der Pkw, um den es im Verfahren gint, war seit spätestens 2008 auf die Ehefrau des Versicherungsnehmers zugelassen und war seitdem, auch nach der Trennung der Eheleute 2010, in deren Besitz. Erst 2013 wurde er von dem Kläger/Versicherungsnehmer übernommen. Der Kläger hat behauptet, der Pkw sei 2014 von Unbekannten bewusst zerkratzt und beschädigt worden. Wegen dieses Vandalismusschadens nimmt er die beklagte Versicherung in Anspruch. Die bestreitet den geltend gemachten Schaden und meint: Zumindest sei sie wegen Obliegenheitsverletzung leistungsfrei. Dazu war unstreitig, dass der Pkw während der Besitzzeit der Ehefrau zwei Schadensfälle erlitten hatte. Es entstanden Schäden in Höhe von etwa 1.500 € und knapp 6.000 €. Der Kläger, der behauptet, von diesen Schäden aus der Besitzzeit seiner Ehefrau nichts gewusst zu haben, hatte in zwei Fragebogen der Beklagten die Frage nach Vorschäden verneint. Das LG weist die Klage ab:
„b) Von der Unrichtigkeit seiner Angaben hatte der Kläger auch Kenntnis.
aa) In der Rechtsprechung ist seit langem geklärt, dass in Fällen, in denen eine vertraglich vereinbarte, nach dem Versicherungsfall zu beachtende Obliegenheit an die Kenntnis des Versicherungsnehmers von einem bestimmten Umstand oder Ereignis anknüpft, ein bloßes „Kennenmüssen“ nicht ausreicht, vielmehr positive Kenntnis erforderlich ist (BGH, Urteil vom 30. April 2008 – IV 227/06, NJW-RR 2008, 1062). Die Kenntnis der nach Eintritt des Versicherungsfalles mitzuteilenden Umstände gehört zum objektiven Tatbestand der Verletzung der Aufklärungsobliegenheit, den der Versicherer zu beweisen hat (BGH, Urteil vom 13. Dezember 2006 – IV ZR 252/05, VersR 2007, 389; vgl. auch schon BGH, Urteil vom 3. November 1966 – II ZR 52/64, NJW 1967, 776). Dass der Kläger selbst positive Kenntnis von den nicht offenbarten Vorschäden hatte, hatte die Beklagte erstinstanzlich nicht unter Beweis gestellt. Das Amtsgericht hat gleichwohl gegenbeweislich – die Ehefrau des Klägers als Zeugin vernommen. Diese hat bekundet, ihr Ehemann habe „wirklich nicht gewusst, dass an dem Fahrzeug Vorschäden eingetreten waren“, bevor er es von ihr „übernommen“ habe; sie selbst habe beide Schäden in einem Zug „machen lassen“. Das Amtsgericht hat sich auf dieser Grundlage davon überzeugen können, dass die Ehefrau des Klägers diesem selbst zu keinem Zeitpunkt von den Schäden berichtet habe. Ob dem beizutreten ist, mag offen bleiben, weil es darauf nicht ankommt.
bb) Denn der Kläger muss sich als Versicherungsnehmer die unstreitig vorhandene und durch die erstinstanzliche Beweisaufnahme auch eindrucksvoll bestätigte Kenntnis seiner Ehefrau von den Vorschäden zurechnen lassen, weil dieser nach dem Vortrag des Klägers das versicherte Fahrzeug im Zeitpunkt der Verursachung der Vorschäden und deren Behebung zur ständigen Benutzung überlassen war und sie daher insoweit als Wissensvertreterin anzusehen ist (§ 166 BGB). Wissensvertreter ist, wer in nicht ganz untergeordneter Stellung vom Versicherungsnehmer zumindest in einem Teilbereich damit betraut ist, an dessen Stelle – oder an Stelle des dazu berufenen Organs – für das Versicherungsverhältnis rechtserhebliche Tatsachen zur Kenntnis zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 23. Juni 2004 – IV ZR 219/03, VersR 2005, 218). Dazu genügt es, wenn der Versicherungsnehmer einer anderen Person, insbesondere einem Familienangehörigen, den versicherten Pkw – wie hier – vollständig zur Benutzung zur Verfügung stellt und sich um den Pkw in der Folgezeit nicht mehr kümmert. Dann wird der Familienangehörige damit betraut an Stelle des Versicherungsnehmers den Pkw betreffende Umstände zur Kenntnis zu nehmen (Saarl. OLG, Urteil vom 15. Januar 2003 – 5 U 261/02, RuS 2003, 147; Urteil vom 6. Oktober 2010 – 5 U 88/10 – 16, VersR 2011, 1511; OLG Bamberg, RuS 2005, 459 (Ls.) = BeckRS 2009, 16615). So aber liegt es hier. Die Ehefrau des Klägers ist – ausweislich des in dem Gutachten abgelichteten Fahrzeugscheins, Bl. 56 GA – seit Januar 2008 als Halterin des Fahrzeugs eingetragen. Als solche hatte sie nach dem Vorbringen des Klägers das Fahrzeug während der Zeit, in der sich die Schadensfälle ereigneten, ausnahmslos und unter Ausschluss des Klägers in eigener Verwendung, bis sie den Besitz im Februar 2013, nach den beiden Schadensfällen, an den Kläger übertrug. In dieser Eigenschaft hat sie die beiden verschwiegenen Schadensfälle, und insbesondere den erheblichen Unfallschaden im November 2011 selbst abgewickelt, ohne mit dem Kläger Rücksprache zu nehmen. Das macht sie insoweit zur Wissensvertreterin, deren Kenntnis sich der Kläger analog § 166 BGB zurechnen lassen muss (vgl. Saarl. OLG, Urteil vom 6. Oktober 2010 – 5 U 88/10 – 16, VersR 2011, 1511; OLG Bamberg, RuS 2005, 459). Dies gilt im Übrigen auch unbeschadet der – vom Kläger aufgeworfenen – Frage, ob die Lebensgemeinschaft der Ehegatten intakt ist oder diese – wie hier – getrennt lebten. Denn die Wissenszurechnung knüpft an die Überlassung des versicherten Gegenstandes und die damit verbundene Möglichkeit der Kenntnis von bestimmten Umständen an und nicht an die familienrechtliche Beziehung (s. zur Wissenszurechnung des nichtehelichen Lebensgefährten etwa OLG Hamm, RuS 1998, 500).“