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Was schert mich mein Geschwätz von gestern?, oder: Beim LG Leipzig geht es durcheinander

Wenn man die Entscheidung des LG Leipzig vom 28.10.2010 – 5 Qs 164/10 liest, ist man schon erstaunt, irritiert, vielleicht auch verärgert. Denn sie ist m.E. ein „schönes“ Beispiel, wie es nicht  gehen dürfte/sollte.

Das bezieht sich nicht nur auf die Auffassung des LG zur Bemessung der Gebühren im straßenverkehrsrechtlichen OWi-Verfahren, die das LG mit i.d.R. 40 (!!) unter der Mittelgebühr als angemessen (!) bemessen ansieht, was dann zu einer Grundgebühr von 34 € führt. Dazu erspare ich mich jeden Kommentar, schon um mir hier Kommentare zu ersparen, die das als angemessen ansehen.

Nein, die Irritationen beziehen sich auf die beiden anderen Punkte in der Entscheidung.

Das LG bzw. deren 5. große Strafkammer geht davon aus, dass es sich bei der Befriedungsgebühr Nr. 5115 VV RVG um eine Festgebühr handelt, die immer nach der Mittelgebühr anzusetzen sei. Dabei übersieht es aber, dass gerade die 1. große Strafkammer des LG Leipzig (vgl. AGS 2010, 19) anderer Auffassung gewesen ist. Mit deren Auffassung setzt sich die hier entscheidende 5. große Strafkammer nicht auseinander. Eine für die Verteidiger im Zuständigkeitsbereich des LG Leipzig mehr als unerfreuliche Situation. Denn: Was gilt nun? Worauf muss/kann/soll er sich einstellen?

Das gilt dann auch für den 2. Punkt. Da sagt die Kammer kurz und trocken: Die Aktenversendungspauschale der Nr. 9003 KV GKG kann neben der Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG geltend gemacht werden. So weit, so gut und auch richtig. Nur: Die Auffassung ist nicht so „einhellig“, wie es das LG behauptet. Denn es ist gerade das LG Leipzig, das neben dem LG Zweibrücken (vgl. Beschl. v. 23. 0. 09, Qs 12/09) bislang die Auffassung vertreten hat, dass die Nr. 9003 KV GKG und die Nr. 7002 VV RVG nicht nebeneinander geltend gemacht werden können (vgl. LG Leipzig RVGprofessionell 2009, 33 und LG Leipzig RVGreport 2010, 182). Neben der 6. großen Strafkammer war es gerade die auch hier entscheidende 5. große Strafkammer, die diese falsche Auffassung vertreten hat. Der Schwenk (?) in der Rechtsprechung wird nicht begründet, so dass offen bleibt, ob es sich wirklich um eine Rechtsprechungsänderung handelt oder ob die Kammer nur ihre eigene entgegenstehende Rechtsprechung übersehen hat. Alles in allem: Auch dies mehr als unerfreulich.

Insgesamt: M.E. dürfte man von einem Strafkammer erwarten, dass sie sich mit entgegenstehender Rechtsprechung aus dem eigenen Haus auseinandersetzt und nicht nur danach verfährt: Was schert mich mein Geschwätz von gestern? Darauf haben nicht nur die Betroffenen, sondern auch deren Verteidiger und auch die bei den nachgeordneten Amtsgerichten tätigen Amtsrichter und Rechtspfleger einen Anspruch.

LG Leipzig: So kann man nur argumentieren, wenn man den Unterschied nicht kennt

Gebührenrechtliche Fragen sind immer wieder interessant bzw. es gelingt den Gerichten immer wieder, einfache Fragen interessant zu machen. So z.B. das LG Leipzig. Dieses – und damit natürlich auch die „nachgeordneten“ AG – vertritt – soweit ich das sehe als einziges LG – die Auffassung, dass die Aktenversendungspauschale Nr. 9003 KV GKG und die Auslagenpauschale Nr. 7002 VV RVG nicht nebeneinander geltend gemacht werden können; s. z.B. auch im Beschluss v. 04.02.2010 – 5 Qs 71/09.

Darauf muss man erst mal kommen, oder, wie schreibt N. Schneider so schön treffend in AGS 2010, 75: „Auf die Idee kann man nur kommen, wenn man nicht weiß, was die Aktenversendungspauschale ist“. Sie entsteht für die durch die Versendung bei Gericht entstehenden Kosten, während die Nr. 7002 VV RVG Versendungen des Rechtsanwalts abgilt. Das/die eine hat also mit der anderen nichts zu tun, bzw.: LG Leipzig wirft Birnen und Äpfel in einen Topf. Die Verteidiger in dem Bezirk sollten weiterhin so tapfer gegen die falsche Auffassung ankämpfen, wie sie es bisher schon getan hat. Vielleicht gelingt es ihnen ja, das LG zur besseren Einsicht zu bringen.

Im übrigen: Auch die anderen Ausführungen im Beschluss vom 04.02.2010 reizen zum Widerspruch, da sie m.E. die Gebühren des Verteidigers zu niedrig ansetzen. Aber auch da kämpft man manchmal gegen Windmühlenflügel.

LG Leipzig: Pflichtverteidiger nein, denn da könnte ja sonst jeder kommen

Die 1. Strafkammer des LG Leipzig ist mir, vor allem im gebührenrechtlichen Bereich, schon häufiger mit „eigenartigen“ Entscheidungen „aufgefallen“. Hier dann jetzt mal eine zum Bereich der Blutentnahme. Bislang war man sich ja m.E. zumindest insoweit einig, dass in den „streitigen Fällen“ dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger beigeordnet wird – so OLG Brandenburg, LG Schweinfurt und OLG Bremen für das OWi-Verfahren. Auf die Rechtsprechung baut der Kollege in Leipzig und beantragt seine Beiordnung. Mitnichten sagt das AG. Und: Auf die Beschwerde sagt das dann auch das LG Leipzig. Es sei zwar schön, wenn der Beschuldigte sachkundigen Rat habe, zwingend sei das nicht. Da könne ja jeder kommen. Hat Recht nicht auch etwas mit Gleichbehandlung zu tun? In Leipzig sieht man das wohl anders.

Wer es nicht glaubt, kann es hier nachlesen: LG Leipzig, Beschl. v. 1.12.2009 – 3 Qs 342/09.

LG Leipzig: Was schert mich die herrschende Meinung, oder Gebührenrecht light

Es gibt immer wieder Entscheidungen, die mich schlicht ärgerlich machen. Das gilt insbesondere für gebührenrechtliche Entscheidungen, denen man dann auch noch anmerkt, dass sich das Gericht mit bestimmten Fragen nicht auseinander gesetzt hat oder das nicht wollte. So jetzt auch bei einem Beschluss des LG Leipzig (Beschl. v. 24.09.2009 – 1 Qs 262/09),  der einfach die gesamte h.M. in einer Frage und vor allem auch den Wortlaut des Gesetzes ignoriert und schlicht sagt: Wir machen es eben anders. Kann man ja machen, dann muss man seine abweichende Auffassung aber bitte auch begründen.

Kurz zur Sache: Es ging um die Höhe der Befriedungsgebühr Nr. 5115 VV RVG. Der Rechtsanwalt hatte geltend gemacht: Festgebühr: Das LG  schreibt dazu einfach: “

„Entgegen der Auffassung des Verteidigers ist die Mittelgebühr keineswegs als zwingende Festgebühr zu bewerten, da anderenfalls der Gebührenrahmen keinen Sinn haben könnte. Insoweit ist daher die Mittelgebühr weiterhin als der Maßstab zu sehen, bei dem ein durchschnittliches Verfahren auch entsprechende Gebühren auslöst.“

Das ist alles. Von einer Strafkammer darf man aber wohl erwarten, dass Sie sich mit der Literatur, die das anders sieht auseinander setzt. Mitnichten. Warum auch. Ist ja nicht mein Geld.

Im Übrigen: Wer den Beschluss liest, wird auch an einigen anderen Stellen „aufmerken“: Grundgebühr 25 € (!!!), Verfahrensgebühr 40 € !!!!. Auch insoweit keinerlei Auseinandersetzung mit der veröffentlichten Rechtsprechung.

Fazit: So bitte nicht.