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Dieselskandl II: Vorteilsausgleich beim Leasingvertrag, oder: Leasing hat einen eigenen Wert

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In der zweiten Entscheidung des Tages, die ich vorstelle, dem BGH, Urt. v. 16.09.2021 – VII ZR 192/20– hat der BGH über Schadensersatzansprüche wegen des Leasings und anschließenden Kaufs eines von der beklagten Audi AG hergestellten Fahrzeugs entschieden.

Der Kläger leaste ab Juni 2009 für vier Jahre von der Volkswagen Leasing GmbH einen neuen Audi Q5. Er leistete monatliche Leasingraten in Höhe von 437 EUR und eine Leasingsonderzahlung in Höhe von 5.000 EZR. Im Mai 2013 erwarb er das Fahrzeug bei einem Kilometerstand von 80.000 für 25.680,74 EUR von einem Dritten. Bei einem Kilometerstand von 170.000 erlitt das Fahrzeug einen Motorschaden und wurde seitdem nicht mehr bewegt.

Das Fahrzeug ist mit einem Dieselmotor des Typs EA189 ausgestattet, der über die sog. Schummelsoftware verfügte .

Der Kläger verlangt von der Beklagten im Wesentlichen die Erstattung seiner für das Leasing und den Kauf gezahlten Beträge abzüglich einer Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Übergabe und Übereignung des Fahrzeugs. Die Beklagte erstrebt die vollständige Klageabweisung. Die Klage hatte in den Vorinstanzen teilweise Erfolg. Das Berufungsgericht hat dem Kläger gegen die Beklagte einen Schadensersatzanspruch aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß §§ 826, 31 BGB zuerkannt, soweit er seine Ansprüche auf den Abschluss des Kaufvertrags im Mai 2013 stützt. Der Kläger habe Anspruch auf Erstattung des Kaufpreises zuzüglich verschiedener Aufwendungen abzüglich einer Nutzungsentschädigung für die seit dem Kauf gefahrenen 90.000 Kilometer, Zug um Zug gegen Übereignung des Fahrzeugs. Hingegen könne er nicht Erstattung der aufgrund des Leasingvertrags geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 25.976 EUR verlangen. Ein etwaiger Anspruch scheitere jedenfalls daran, dass der gegebenenfalls anzurechnende Nutzungsvorteil der Höhe nach den Leasingzahlungen entspreche.

Dagegen die Revision der Beklagten, die beim BGH Erfolg hatte. Hier die Leitsätze des Entscheidung:

  1. Die Grundsätze der Vorteilsausgleichung gelten auch für einen Anspruch aus sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung gemäß § 826 BGB. Im Wege der Vorteilsausgleichung ist dieser Anspruch um die Nutzungsvorteile zu kürzen, die dem Geschädigten in adäquatem Zusammenhang mit dem Schadensereignis zugeflossen sind (Anschluss an BGH, Urteil vom 25. Mai 2020 – VI ZR 252/19, BGHZ 225, 316).
  2. Im Rahmen der deliktischen Vorteilsausgleichung entspricht der Wert der während der Leasingzeit erlangten Nutzungsvorteile eines Kraftfahrzeugs grundsätzlich der Höhe nach den vereinbarten Leasingzahlungen.

Diebstahl des Leasingfahrzeugs, oder: (Restliche) Neuwert-Entschädigung gehört dem Kunden

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Heute ist Samstag und damit hier „Kessel-Buntes-Tag“. In dem köcheln heute zwei BGH-Entscheidungen.

Zunächst weise ich auf das BGH, Urt. v. 09.09.2020 – VIII ZR 389/18 – hin. Der BGH hat zu der Frage Stellung genommen: Wem steht nach einem Diebstahl des Leasingsfahrzeugs die eigentlich Versicherungsleistung aus einer Vollkaskoversicherung zu, wenn die den Wiederbeschaffungs- und den Ablösewert übersteigt? Leasingnehmer oder Leasingeber? Der BGH hat sich für den Leasingnehmer entschieden.

Nach dem Sachverhalt hatte die Leasingnehmerin eine Vollkaskoversicherung zum Neuwert abgeschlossen. Nach einem Diebstahl des Fahrzeugs erstattete die Versicherung der Leasing-Bank etwa 50.000 EU für alle Verluste und Kosten. Die Leasingnehmern verlangte die übrigen gut 20.000 EUR. Die Leasing-Bank hat aber bei der Versicherung die Zahlung nicht frei gegeben. Dagegen die Klage, die dann (endlich) beim BGH Erfolg hatte.

Hier dann nur der Leitsatz aus der recht umfangreich begründeten Entscheidung des BGH:

Bei vorzeitiger Beendigung eines Kraftfahrzeug-Leasingvertrags (hier aufgrund Diebstahls des Fahrzeugs) steht die den Wiederbeschaffungs- und den Ablösewert übersteigende Neuwertspitze einer Versicherungsleistung aus einer vom Leasingnehmer auf Neupreisbasis abgeschlossenen Vollkaskoversicherung nicht dem Leasinggeber, sondern dem Leasingnehmer zu

Fahrtenbuch: Wer ist beim Leasing Fahrzeughalter?

hawk88_Calendar_1Das Fahrtenbuch nach § 31a StVZO wird nach § 31a Abs. 1 StVZO gegen den „Fahrzeughalter“ angeordnet. Nach der Rechsprechung der Verwaltungsgerichte zum „Halterbegriff“ ist kalr/eindeutig: Auch für den Halterbegriff hinsichtlich einer Fahrtenbuchauflage gelten die zu § 7 StVG entwickelten Grundsätze. Halter ist danach derjenige, der ein Fahrzeug für eigene Rechnung in Gebrauch hat und die Verfügungsgewalt darüber besitzt, die ein solcher Gebrauch voraussetzt. Das ist derjenige, der die Nutzung aus der Verwendung zieht und die Kosten hierfür aufbringt. Die Verfügungsgewalt übt derjenige aus, der Anlass, Ziel und Zeit der Fahrten selbst bestimmen kann. Entscheidend ist dabei nicht das Rechtsverhältnis bzw. die Eigentümerstellung am Fahrzeug, vielmehr ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angebracht, bei der es vor allem auf die Intensität der tatsächlichen Beziehungen zum Betrieb des Fahrzeugs ankommt.Kann man alles aml wieder im OVG Münster, Beschl. v. 12.06.2014 – 8 B 110/14 – nachlesen. Und dann gleich weiterlesen zu der Frage, wer denn Halter bei einem Leasingsfahrzeug ist. Ich denke, es überrascht nicht, wenn das OVG feststellt, dass das i.d.R. der Leasingsnehmer ist:

Dementsprechend ist Halter eines Leasingfahrzeugs bei üblicher Vertragsgestaltung, die sich vor allem durch die längere Laufzeit auszeichnet, regelmäßig der Leasingnehmer, nicht jedoch der Leasinggeber. Vgl. BGH, Urteile vom 22. März 1983 – VI ZR 108/81 -, BGHZ 87, 133 = […], Rn. 12 ff., vom 26. November 1985 – VI ZR 149/84 -, NJW 1986, 1044 = […], Rn. 13, und vom 10. Juli 2007 – VI ZR 199/06 -, BGHZ 173, 182 = […], Rn.7; BayObLG, Beschluss vom 29 Januar 1985 – 1 Ob Owi 363/84 -, VRS 69, 70 = […], Orientierungssätze 1 und 2; OLG Hamm, Urteil vom 14. November 1994 – 6 U 101/94 -, NJW 1995, 2233 = […], Rn. 7 f.; vgl. ferner Burmann, in: Burmann/Heß/Jahnke/Janker, Straßenverkehrsrecht, 22. Aufl. 2012, § 7 StVG Rn. 5; König, in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 7 StVG Rn. 16a; Kuhnert, in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 1. Aufl. 2014, § 7 StVG Rn. 14; Weidenkaff, in: Palandt, BGB, 73. Aufl. 2014, Einf. v. § 535 Rn. 76.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist bei summarischer Prüfung nicht davon auszugehen, dass die Antragstellerin als Leasinggeberin im Zeitpunkt des Verkehrsverstoßes am 4. Juni 2013 Halterin oder zumindest Mithalterin des Tatfahrzeugs gewesen ist.

Zwar war hier das Fahrzeug – anders als dies in der Praxis beim Leasing regelmäßig der Fall ist – seit seiner Erstzulassung am 5. Dezember 2011 ununterbrochen und damit auch noch am 4. Juni 2013 auf die Antragstellerin zugelassen. Auch stand das Tatfahrzeug zu diesem Zeitpunkt noch in ihrem Eigentum und war offensichtlich auch auf ihren Namen haftpflichtversichert. Die Antragstellerin war demgemäß sowohl in der Zulassungsbescheinigung Teil I (Fahrzeugschein) als auch in der Zulassungsbescheinigung Teil II (Fahrzeugbrief) eingetragen. Die hiervon ausgehende, gewichtige Indizwirkung für eine Haltereigenschaft der Antragstellerin ist vorliegend bei summarischer Prüfung der Sachlage indes entkräftet. Auf der Grundlage des bislang Vorgetragenen ist anzunehmen, dass die Leasingnehmerin im Tatzeitpunkt allein über das Fahrzeug tatsächlich und wirtschaftlich verfügen konnte……..