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Corona II: Wegen Corona kein Wohnungszutritt, oder: Kann der Vermieter (fristlos) kündigen?

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Bei der zweiten Entscheidung mit „Corona-Einschlag“ handelt es sich um das AG Brandenburg, Urt. v. 05.11.2021 – 31 C 32/21. Es entscheidet eine mietrechtliche Problematik, wozu ich hier nur sehr selten blogge, da an sich gilt: „Schuster bleibt bei den Leisten“.

Es geht um die Zutrittsgewährung zur Wohnung durch Beauftragte des Vermieters. Hier waren es Monteure von Rauchmeldern. Denen ist u.a. wegen der Pandemie der Zutritt verweigert worden. Der Vermieter hat fristlos gekündigt. Zu Recht sagt das AG, denn:

Verweigert ein Mieter – auch während der Corona-Pandemie – dem von dem Vermieter beauftragten Monteur trotz Terminvorgaben und Terminangeboten mehrmals grundlos den Zutritt zu der Wohnung, obwohl dort der Heizkostenverteiler ausgetauscht und der Rauchwarnmelder eingebaut werden soll, kann dies ein berechtigter Grund zur Kündigung des Mietvertrages durch die Vermieter darstellen (§ 542, § 543, § 546 Abs. 1, § 569 und § 573 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB).

Vergütung nach Kündigung des Mandats, oder: Muss der Rechtsanwalt abmahnen?

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So, Feierlichkeiten sind am Ende. Jetzt wird wieder gearbeitet. Heute hier – es ist Freitag 🙂 – mit gebührenrechtlichen Entscheidungen und dem Rätsel.

Und ich beginne den (kurzen) Reigen mit dem LG Bremen, Urt. v. 29.05.2020 –  4 S 102/19. Es geht um die Frage, ob Rechtsanwalt vor Kündigung eines Mandates dem Mandanten eine Frist zu setzen hat, sich vertragskonform zu verhalten.

Dem Urteil liegt ein Sachverhalt zugrunde, nach dem der klagende Rechtsanwalt ein Mandat „vorzeitig“ beendet hat. Nun wird noch um die Gebühren gestritten. Das AG hatte der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Anders das LG. Das spricht nur einen Teil zu:

„Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von 234,37 € aus §§ 611, 612, 675 BGB, §§ 1 ff. RVG.

1. Der Anspruch des Rechtsanwalts auf Vergütung gründet sich auf die §§ 611, 612 Abs. 1, 675 Abs. 1 BGB, ergänzt durch die Sonderregelungen des RVG betreffend die Fälligkeit (§ 8 RVG), den Vorschuss (§ 9 RVG) und die Einforderung (§ 10 RVG).

Gemäß § 8 Abs. 1 RVG wird die Vergütung fällig, wenn der Auftrag erledigt oder die Angelegenheit beendet ist. Gemäß § 10 Abs. 1 RVG ist die Vergütung nur aufgrund einer vom Rechtsanwalt unterzeichneten und dem Auftraggeber mitgeteilten Berechnung einforderbar.

Für den Fall der vorzeitigen Kündigung werden diese Regelung ergänzt durch § 628 BGB, der durch das RVG nicht ausgeschlossen wird (BGH, NJW-RR 2012, 294 m.w.N.). § 628 Abs. 1 S. 1 BGB regelt, dass im Falle der Kündigung des Dienstverhältnisses nach den §§ 626 BGB oder 627 BGB, der Verpflichtete, hier also der beauftragte Rechtsanwalt, einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung verlangen kann. Kündigt er, ohne durch vertragswidriges Verhalten des anderen Teiles dazu veranlasst zu sein, oder veranlasst er durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des anderen Teiles, so steht ihm gemäß § 628 Abs. 1 S. 2 BGB ein Anspruch auf die Vergütung insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse haben.

Von einem entsprechenden Interessenwegfall für den Dienstberechtigten ist nach ständiger Rechtsprechung des BGH dann auszugehen, wenn dieser die Leistung nicht mehr wirtschaftlich verwerten kann, sie also für ihn nutzlos geworden ist. Einer entsprechenden Lage sieht sich der Auftraggeber eines Rechtsanwalts gegenüber, wenn er wegen einer von seinem bisherigen Rechtsanwalt grundlos ausgesprochenen Kündigung einen anderen Rechtsanwalt neu bestellen muss, für den die gleichen Gebühren nochmals entstehen. Die Aufwendungen für den zuerst bestellten Rechtsanwalt sind dann für den Auftraggeber nutzlos geworden, der Vergütungsanspruch geht unter (BGH, NJW-RR 2012, 294, 295; BGH, NJW 2009, 3297, 3300; BGH, BGHZ 174, 186, 192 = NJW 2008, 1307, 1308 f.; BGH, NJW 1997, 188, 189; BGH, NJW 1995, 1954; BGH, NJW 1985, 41; MüKoBGB/Henssler BGB, 8. Auflage 2020, § 628 Rn. 32-35).

Hinsichtlich der Darlegungs- und Beweislast gilt, dass der Dienstpflichtige im Rahmen des Teilvergütungsanspruchs nach Abs. 1 S. 1 darlegen und beweisen muss, dass und welche Dienstleistungen bis zur Kündigung erfolgt sind.

§ 628 Abs. 1 S. 2 BGB enthält einen Ausnahmetatbestand gegenüber Satz 1 dieser Vorschrift, wonach im Fall der Kündigung der Dienstverpflichtete grundsätzlich einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung zu beanspruchen hat. Das Vorliegen dieses Ausnahmetatbestands hat der Dienstberechtigte darzulegen und zu beweisen (BGH, NJW 1982, 437 (438); BGH, NJW 1997, 188, 189). Der Dienstberechtigte muss daher nachweisen, dass der Dienstverpflichtete ohne Veranlassung gekündigt hat oder die Kündigung des Dienstberechtigten durch vertragswidriges Verhalten veranlasst hat und dass an den Leistungen infolge der Kündigung für ihn kein Interesse besteht (MüKoBGB/Henssler BGB, 8. Auflage 2020 § 628 Rn. 48-49, beck-online).

2. Zwischen den Parteien ist ein Anwaltsvertrag (§§ 611, 675 BGB) zustande gekommen. Unstreitig hat der Beklagte den Kläger nach dem Tod seiner Mutter mandatiert, Pflichtteils- und Pflichtteilsergänzungsansprüche gegen seinen Bruder als Alleinerben außergerichtlich und gerichtlich gelten zu machen.

3. Die Fälligkeit des Vergütungsanspruches (§ 8 RVG) ist gegeben, da das Mandat infolge Kündigung durch den Kläger beendet worden ist. Die Einforderbarkeit der Honorarforderung liegt ebenfalls vor, da der Kläger dem Beklagten eine dem RVG entsprechende Kostennote erteilt hat (§ 11 RVG). Die Höhe der abgerechneten Vergütungsforderung iHv von 1.159,60 € brutto für die außergerichtlichen und gerichtlichen Tätigkeiten des Klägers (Streitwert: 4.738,12 €; nicht anrechenbarer Teil der Geschäftsgebühr, Verfahrensgebühr, Terminsgebühr, Auslagenpauschale und Umsatzsteuer) entspricht dem RVG und steht zwischen den Parteien nicht im Streit.

4. Der Kläger kann von dem Beklagten in Höhe von 925,23 € gleichwohl nicht den Ausgleich der streitgegenständlichen Kostennote verlangen, da die Voraussetzungen, unter denen der Kläger aufgrund vertragswidrigen Verhaltens des Beklagten seinerseits berechtigt war, den Anwaltsvertrag zu kündigen, nach Auffassung der Kammer nicht vorliegen.

Die Kündigung des Anwalts kann mit erheblichen finanziellen Folgen für den Mandanten verbunden sein, der – wenn die Kündigung während eines laufenden Prozesses erfolgt – vielfach noch einmal die gleichen (Prozess-)Gebühren an einen anderen Anwalt bezahlen muss (OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. September 2009 – 4 U 192/07 –, Rn. 23 – 25, juris). Das freie Kündigungsrecht des Rechtsanwalts korrespondiert daher mit der Regelung in § 628 Abs. 1 S. 2 BGB, wonach der kündigende Rechtsanwalt die verdienten Gebühren nur insoweit behalten darf, als dem Mandanten keine Mehrkosten durch die Kündigung entstehen. Etwas Anderes gilt nur bei einem „vertragswidrigen Verhalten“ des Mandanten, welches die Kündigung verursacht hat OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. September 2009 – 4 U 192/07 –, Rn. 23 – 25, juris).

Da die finanziellen Folgen für den Mandanten erheblich sein können, setzt ein „vertragswidriges Verhalten“ im Sinne von § 628 Abs. 1 S. 2 BGB eine schwerwiegende Pflichtverletzung voraus (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. September 2009 – 4 U 192/07 –, Rn. 23 – 25, juris; OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.06.2000 – 24 U 133/99 -, Rdnr. 5, juris; OLG Schleswig, Urteil vom 14.12.2006 – 11 U 21/06 -, Rdnr. 14, juris). Der Mandant ist grundsätzlich berechtigt, seine eigenen Interessen auch im Rahmen des Anwaltsvertrages gegenüber dem Rechtsanwalt zu vertreten. Das heißt, dass der Rechtsanwalt in der Regel sachliche Kritik hinnehmen muss OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. September 2009 – 4 U 192/07 –, Rn. 23 – 25, juris). Er muss berücksichtigen, dass der Mandant in der Regel nicht rechtskundig ist, was zu unberechtigter Kritik am Rechtsanwalt führen kann. Schließlich muss auch die Bedeutung einer bestimmten Angelegenheit für den Mandanten berücksichtigt werden; gegebenenfalls muss der Rechtsanwalt es auch hinnehmen, wenn der Mandant seine Interessen gegenüber dem Anwalt mit einem gewissen Nachdruck oder mit gewissen Emotionen verfolgt (OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. September 2009 – 4 U 192/07 –, Rn. 23 – 25, juris). Es ist zu verlangen, dass der Anwalt eine Pflichtverletzung des Mandanten zunächst abmahnen muss, bevor er von einem vertragswidrigen Verhalten im Sinne von § 628 Abs. 1 S. 2 BGB ausgehen kann (vgl. OLG Düsseldorf, Versicherungsrecht 1988, 1155, Borgmann/Jungk/Grams, Anwaltshaftung, 4. Aufl. 2005, Kapitel III, Rdnr. 109).

Die Beweislast dafür, dass die Kündigung des Anwalts nicht durch ein vertragswidriges Verhalten verursacht wurde, obliegt grundsätzlich dem Mandanten (vgl. BGH, NJW 1997, 188). Nach allgemeinen Grundsätzen obliegt dem Anwalt allerdings eine sekundäre Darlegungslast. Das bedeutet: Der Mandant hat ein „vertragswidriges Verhalten“ nur insoweit auszuräumen, als der Anwalt bestimmte Pflichtverletzungen geltend macht. (OLG Karlsruhe, Urteil vom 15. September 2009 – 4 U 192/07 –, Rn. 23 – 25, juris).

An diesen Grundsätzen gemessen, hat der Kläger schon keinen Grund dargelegt, der ihn berechtigt hat, ohne vorherige Abmahnung und Hinweis auf eine mögliche Mandatsniederlegung, den Anwaltsvertrag am 02.05.2018 zu kündigen.

Soweit der Kläger auf den Nichtausgleich der Rechnung vom 22.03.2018 trotz Fristsetzung bis zum 30.04.2018 abstellt, ist zu berücksichtigen, dass die Rechnung nicht als Vorschussrechnung gekennzeichnet war. Eine vollständige Abrechnung der angefallenen Gebühren war zu diesem Zeitpunkt, mangels Beendigung der Angelegenheit iSd § 8 RVG nicht zulässig und ohne besonderen Hinweis kann ein Mandant bei einem im Jahr 2015 erteilten Auftrag im Jahr 2018 nicht erkennen, dass es sich um eine Vorschussrechnung iSd § 9 RVG handelt. Zahlt der Mandant einen angeforderten Vorschuss nicht, kann der Rechtsanwalt erst dann, wenn er für den Fall der nicht rechtzeitigen Zahlung die Niederlegung angedroht hat, die dadurch gemäß § 8 RVG fällig werdenden Gebühren anfordern (vgl. Gerold/Schmidt/Mayer, 24. Aufl. 201, RVG § 9 Rn. 19; Mayer/Kroiß, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, RVG § 9, Rn. 41, beck-online; Fischer, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., Rn. 113; OLG Düsseldorf, 24 U 212/10, Rz. 7, juris).

Soweit der Kläger darauf verwiesen hat, dass sich der Beklagte in dem Vorprozess direkt an das Amtsgericht Bremerhaven gewendet hat, so ist kein Verhalten des Beklagten erkennbar, aufgrund dessen der Kläger berechtigt gewesen wäre, ohne vorherige Abmahnung mit Kündigungsandrohung und Hinweis auf die Folgen den Anwaltsvertrag zu kündigen. In den bei dem Amtsgericht Bremerhaven im Februar und März 2018 eingegangenen Schreiben hat sich der Beklagte sachlich zu Fragen der Beweisaufnahme eingelassen, ohne darin den Kläger zu diskreditieren. Es ist zwar für den beauftragten Anwalt und auch das Gericht wünschenswert, wenn bei einem beauftragten Prozessbevollmächtigten die gesamte Korrespondenz ausschließlich über den Prozessbevollmächtigten läuft. In konfliktbeladenen Verfahren ist gleichwohl immer wieder zu beobachten, dass Mandanten sich direkt an das Gericht wenden; dies aus unterschiedlichen Motiven. Für die Kammer ist es zwar mehr als verständlich, wenn ein Prozessbevollmächtigter dies nicht wünscht, auch um Nachteile für sich und seinen Mandanten zu vermeiden. Auch kann möglicherweise in besonderen Einzelfällen bei derartigen Konstellation der Verlust des notwendigen Vertrauensverhältnisses zwischen Anwalt und Mandat gegeben sein oder sich entwickeln. Gleichwohl hat ein Rechtsanwalt, der direkte Schreiben seines Mandanten an das Gericht für beeinträchtigend hält, nach Auffassung der Kammer in der Regel vorher darauf hinzuweisen, wie verfahren werden soll, und ggf. die Kündigung mit Darstellung der Kündigungsfolgen anzudrohen. Dies ist nicht erfolgt. Etwas Anderes mag zwar in Ausnahmefällen gelten, in denen die Schreiben des Mandanten den Anwalt herabsetzen und gegenüber Dritten in ein „schlechtes Licht“ rücken, zB bei offensichtlich herabwürdigenden Äußerungen und Schmähungen. Dies ist bei den Schreiben hier jedoch nicht der Fall. Gleiches gilt für das Schreiben des Beklagten vom 26.04.2018, bei dem der Beklagte das Anliegen geäußert hat, direkt die Korrespondenz zu erhalten.

Die bis dato von dem Kläger im Vorprozess erbrachten Leistungen waren für den Beklagten nach der Kündigung von keinem Interesse mehr. Im Rahmen von Anwaltsverträgen ist von einem kündigungsbedingt fehlenden Interesse an etwaigen bereits erbrachten Anwaltsleistungen dann auszugehen, wenn der Mandant die vielleicht sogar nützlichen Arbeitsergebnisse seines Anwaltes nach Beendigung des Mandatsverhältnisses nicht ohne die Beauftragung eines neuen Anwaltes und den Anfall von weiteren, beim vormaligen Anwalt bereits angefallenen Gebühren weiterverwerten kann (vgl. BGH DB 2011, 2429). So liegt der Fall auch hier. Der Beklagte hat im Vorprozess seinen jetzigen Prozessbevollmächtigten zur Fortführung des Prozesses beauftragen müssen, wodurch ein korrespondierender Gebührenanspruch iHv 925,23 € (Streitwert: 4.738,12 €; 1,3er Verfahrensgebühr 393,90 €, 1,2er Terminsgebühr 363,60 €, Auslagenpauschale 20,00 €, UmSt 147,73 €) entstanden ist. In dieser Höhe ist die Arbeitsleistung des Klägers von keinem Interesse mehr für den Beklagten, so dass der Kläger insoweit auch nicht Vergütung verlangen kann.

Nach alledem verblieb aus der gestellten Rechnung ein berechtigter Vergütungsanspruch in Höhe von 234,37 €.“

Revision zum BGH ist zugelassen.

BVerfG II: „Beschäftigte werden wie Zitronen ausgepresst“, oder: Schmähkritik, oder darf man das sagen?

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Autor Fossa

Bei der zweiten BVerfG-Entscheidung handelt es sich um den BVerfG, Beschl. v. 30.05.2018 – 1 BvR 1149/17, ergangen in/nach einem arbeitsrechtlichen Verfahren wegen einer Kündigung. Gekündigt worden war dem Arbeitnehmer wegen wegen eines Schreibens an die Belegschaft. Der hatte in einer Betriebsratswahl ein Mandat erlangt, die Arbeitgeberin stellte ihn jedoch bald nach Feststellung der Nichtigkeit dieser Wahl aus anderen Gründen von seiner Arbeitsleistung frei und kündigte das seit mehreren Jahren bestehende Arbeitsverhältnis. Daraufhin ließ der Arbeitnehmer im Betrieb ein Schreiben ausgeben. Darin warf er dem namentlich benannten Betriebsleiter u.a. vor, Beschäftigte „wie Zitronen auszupressen“, Alte, Kranke und „Verschlissene“ gegenüber Gesunden und Jungen oder auch Leiharbeitnehmer und befristet Beschäftigte gegenüber der Stammbelegschaft „auszuspielen“. Überhaupt werde mit den Hoffnungen von entliehen oder befristet Beschäftigten „brutal gespielt“. Den (klagenden) Arbeitnehmer der Betriebsleiter anscheinend aus Angst vor den Betriebsratswahlen aus dem Unternehmen entfernt. Am Ende des Schreibens findet sich als Zitat der Satz: „Wer heute einem Übel teilnahmslos zuschaut, kann schon morgen selbst Opfer des Übels werden“. Daraufhin kündigte die Arbeitgeberin das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich, ein zweites Mal.

“Ich stech Dich ab” – Reicht das für eine Kündigung wegen Morddrohung?

Es hat ein wenig gedauert, bis der Volltext des LAG Düsseldorf, Urt. v. 08.06.2017 – 11 Sa 823/16 – veröffentlicht worden ist. Jetzt ist er aber da und ich kann die Entscheidung vorstellen.

Der LAG Düsseldorf-Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Der Kläger war seit 1988 als Sachbearbeiter im LKA NRW beschäftigt. Im Jahr 2012 gab es zwischen ihm und seinem Vorgesetzten im Zusammenhang mit der Personalratswahl Unstimmigkeiten. So hatte der Kläger unter Vortäuschung einer entsprechenden Berechtigung für seine freie Liste Wahlplakate auf dienstlichen Kopiergeräten angefertigt. Auf die Aufforderung seines Vorgesetzten auf Kostenerstattung reagierte der Kläger mit einer Strafanzeige wegen Nötigung. Aufgrund des eingeleiteten Ermittlungsverfahrens wurde der Kläger rechtskräftig wegen Betrugs verurteilt. Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger nach Beteiligung von Integrationsamt und Personalrat am 13.01.2015 fristlos. Es wirft ihm vor, seinen Vorgesetzten in einem Telefongespräch bedroht zu haben. Der Kläger hat diese Drohung bestritten.

Das ArbG hat die Kündigungsschutzklage des Klägers abgewiesen. Es ist davon ausgegangen, dass der Kläger seinen Vorgesetzten mit den Worten „Ich stech dich ab“ bedroht habe. Dieser habe seinen Vorgesetzten am 19.12.2014 gegen 20.50 Uhr von einer Telefonzelle, die ca. 3,5 km von der Wohnung des Klägers entfernt liege, auf dessen dienstlichem Mobiltelefon angerufen. Diese ernsthafte Bedrohung des Vorgesetzten durch den Kläger führe dazu, dass dem Land NRW eine Weiterbeschäftigung des Klägers nicht weiter zumutbar sei, selbst wenn diese aufgrund ggfs. eingeschränkter Steuerungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt schuldlos erfolgt sein sollte.

Das LAG hat das gehalten. Dazu heißt es nur:

„3. Die Berufungskammer kann auch den Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I. 2. a) aa) bb) (1) bis (3) seiner Entscheidungsgründe folgen. Die ernsthafte und nachhaltige Bedrohung des Arbeitgebers, seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen stellt einen erheblichen Verstoß des Arbeitnehmers gegen seine vertragliche Pflicht zur Rücksichtnahme gemäß § 241 Abs. 2 BGB dar und ist „an sich“ geeignet, eine außerordentliche Kündigung zu rechtfertigen. Das Arbeitsgericht hat hier zutreffend die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts und der Landesarbeitsgerichte wiedergegeben. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Darstellung des Arbeitsgerichts verwiesen.2

Im Übrigen: Beweiswürdigung

Wenn der Mandant nicht so will wie der Rechtsanwalt, oder: BGH löst das Dilemma für die Vergütung

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In der Reihe der gebührenrechtlichen Entscheidungen heute zunächst eine zivilrechtliche Entscheidung mit gebührenrechtlichem Einschlag. Die hätte man auch im „RVG-Rätsel“ bringen können, aber wenn der der BGH die Frage schon entschieden hat, dann ist es doch zu einfach 🙂 .

Es geht um die Frage: Verliert der Rechtsanwalt seinen Vergütungsanspruch, wenn er die Durchführung eines aussichtlosen Rechtsmittels ablehnt? Oder: Was ist mit dem Vergütungsanspruch des Rechtsanwalts, wenn der Mandant nach einer Beratung auf der Durchführung des Verfahrens beharrt und der Rechtsanwalt deshalb das Mandat kündigt? Verliert der Rechtsanwalt dadurch seinen Vergütungsanspruch? Die Antwort gibt das BGH, Urt. v. 16.02.2017 – IX ZR 165/16, dem folgender Sachverhalt zugrunde lag:

Die Klägerin war Mandantin bei den Beklagten. Diese sind beim BGH zugelassene Rechtsanwälte. Die Klägerin hatte diese mit der Einlegung und Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde gegen ein Urteil, durch das eine von der Klägerin erhobene Schadensersatzklage abgewiesen und die Revision nicht zugelassen worden war, beauftragt. Die Beklagten haben Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Die Rechtsschutzversicherung der Klägerin zahlte gemäß der Kostenrechnung der Beklagten den Betrag von 1.868,30 EUR an die Beklagten. Diese erstatteten sodann ein 36 Seiten umfassendes Gutachten. Danach haben sie der Klägerin die Rücknahme des Rechtsmittels empfohlen; das Gutachten war zu dem Ergebnis gekommen, dass die Nichtzulassungsbeschwerde keinen Erfolg haben würde. Da die Klägerin mit der Rücknahme des Rechtsmittels nicht einverstanden war, legten die Beklagten das Mandat nieder. Ein anderer beim BGH zugelassener Rechtsanwalt hat dann für die Klägerin die Nichtzulassungsbeschwerde begründet. Der BGH hat die Beschwerde der Klägerin kostenpflichtig zurückgewiesen. Die Klägerin nimmt nun aufgrund abgetretenen Rechts ihrer Rechtsschutzversicherung die Beklagten u.a. auf Erstattung des an sie gezahlten Honorars von 1.868,30 EUR in Anspruch.

AG und LG haben der Klage stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der BGH hat das LG-Urteil aufgehoben und die Sache zurückverwiesen.

Der Leitsatz zu der BGH-Entscheidung:

Kündigt der Revisionsanwalt nach Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde das Mandat, weil er dem Rechtsmittel aufgrund einer inhaltlich zutreffenden Begutachtung keine Erfolgsaussichten beimisst und darum die von dem Mandanten gewünschte Begründung und Durchführung der Nichtzulassungsbeschwerde ablehnt, verliert er seinen Vergütungsanspruch gegen den Mandanten nicht.

Und aus der Entscheidung:

„(1) Gewinnt der Prozessbevollmächtigte nach gründlicher Prüfung die der Sach- und Rechtslage entsprechende Überzeugung der Aussichtslosigkeit eines Rechtsmittels, bringt ihn das Beharren des Mandanten auf Durchführung des Verfahrens in einen unauflöslichen Konflikt, weil die Befolgung der Weisung mit seiner Stellung als Organ der Rechtspflege (vgl. §§ 1, 3 Abs. 1 BRAO) unvereinbar ist. Der Anwalt ist nicht gehalten, einer Weisung des Mandanten zu folgen, die seinem wohl durchdachten Rat widerspricht und mit wirtschaftlichen Nachteilen für die vertretene Partei verbunden ist. Um die verfehlte Weisung des Mandanten, einen aussichtslosen Rechtsstreit fortzusetzen, zu erfüllen, müsste der Rechtsanwalt eine Klage oder ein Rechtsmittel mit Erwägungen begründen, die verfahrensrechtlich unerheblich sind oder materiell-rechtlich erkennbar nicht durchgreifen. Dies wäre weder mit seiner Stellung als unabhängiges Organ der Rechtspflege vereinbar noch ihm mit Rücksicht auf sein Ansehen zumutbar. Schließlich ist das unvernünftige Hinwegsetzen über den begründeten Vorschlag des Anwalts geeignet, die Vertrauensgrundlage des Mandatsverhältnisses nachhaltig zu erschüttern (BGH, Urteil vom 26. September 2013 – IX ZR 51/13, WM 2014, 89 Rn. 13; OLG Karlsruhe, NJW-RR 1994, 1084, 1085; vgl. Staudinger/Preis, BGB, 2016, § 628 Rn. 26; Rinkler in G. Fischer/Vill/D. Fischer/Rinkler/Chab, Handbuch der Anwaltshaftung, 4. Aufl., § 1 Rn. 113; Erman/Belling, BGB, 14. Aufl., § 628 Rn. 12; Pabst, MDR 1978, 449, 451; a. A. MünchKomm-BGB/Henssler, 7. Aufl., § 628 Rn. 26).“

Der BGH hat allerdings nicht die Klage sofort abgewiesen, sondern hat an das OLG zurückverwiesen. Dort muss jetzt die entscheidungserhebliche Frage geprüft werden, ob der Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin entgegen der Einschätzung der Beklagten – was die Klägerin behauptet hat – Erfolgsaussicht beizumessen waren. Insoweit muss – so der BGH – die für ihren Bereicherungsanspruch darlegungs- -und beweispflichtige Klägerin, unter Hinweis auf tatsächlich durchgreifende Zulassungsgründe durch eine substantiierte Darlegung Mängel der Rechtsansicht der Beklagten aufzeigen. Das dürfte ihr m.E. jedoch schwer fallen, nachdem der BGH die Nichtzulassungebeschwerde der neu beauftragten Kollegen ja zurückgewiesen hat.