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StGB II: Nachstellung/Stalking = räumliche Nähe, oder: „Wiederholtes“ Nachstellen = mehrfache Handlungen

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Die zweite Entscheidung kommt vom OLG Hamm. Das hat im OLG Hamm, Beschl. v. 08.04.2025 – III-5 ORs 9/25 – zu den Feststellungen bei einer Verurteilung nach § 238 Abs. 1 Nr. 1 StGB – Nachstellung/Stalking – Stellung genommen.

Der Angeklagte ist von AG/LG wegen Nachstellung in Tateinheit mit Bedrohung in vierzehn Fällen  und wegen Nachstellung in zwei Fällen verurteilt. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LG Urteils konnte der Angeklagte die Trennung von seiner Ehefrau nicht akzeptieren. Aus diesem Grund versandte er an diese am 09.09.2022 [soweit es in den Urteilsfeststellungen 2023 heißt, handelt es sich um einen offenkundigen Tippfehler], am 11.09.2022, am 25.09.2022 und am 26.09.2022 vierzehn Sprachnachrichten, die Todesdrohungen bzw. Androhungen (sexueller) Gewalt enthielten. Ferner lauerte er ihr am 14.11.2022 vor einem Supermarkt auf und konnte erst durch Verständigung der Polizei davon abgehalten werden, auf sie einzureden. Schließlich begab er sich am 04.12.2022 zur Wohnung der Geschädigten und flüchtete erst, als die Polizei eintraf.

Dagegen die Revision, die teilweise Erfolg hatte:

„1. Im Ansatz zutreffend ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das vierzehnmalige Versenden von Sprachnachrichten und auch das Auflauern am 14.11.2022 als Nachstellungshandlungen im Sinne von § 238 Abs. 1 Nr. 1 und 2 StGB zu werten sind, die zur erheblichen Beeinträchtigung der Lebensführung geeignet sind. Während dies bei den Sprachnachrichten, die sämtlich Todesdrohungen und (sexuelle) Gewaltphantasien enthalten, keiner näheren Aufführungen bedarf, folgt dies beim Auflauern der Geschädigten auch ohne konkrete Drohungshandlung daraus, dass diese – wie für den Angeklagten ohne weiteres ersichtlich – beim Zusammentreffen mit ihm mit der Umsetzung der angekündigten Gewalttaten rechnen musste.

2. Unzureichend in Bezug auf das objektive Tatgeschehen sind lediglich die Feststellungen zum Aufsuchen der Wohnung der Geschädigten am 04.12.2022. Insoweit tragen die Feststellungen nicht, da § 238 Abs. 1 Nr. 1 StGB voraussetzt, dass tatsächlich objektiv eine räumliche Nähe zum Opfer hergestellt wird (Fischer/Anstötz, in: Fischer, 72. Aufl. 2025, § 238 StGB Rn. 11; Eisele, in: Schönke/Schröder, 30. Aufl. 2019, § 238 StGB Rn. 8). Vorliegend lässt sich den getroffenen Feststellungen indes nicht entnehmen, ob die Nebenklägerin sich zuhause aufhielt.

3. Ferner erweisen sich die konkurrenzrechtliche Bewertung und damit einhergehend die Feststellungen zum subjektiven Vorstellungsbild des Angeklagten – wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausgeführt hat – als nicht rechtsfehlerfrei.

a) Durch das zum 01.10.2021 in Kraft getretene „Gesetz zur Änderung des Strafgesetzbuches – effektivere Bekämpfung von Nachstellungen und bessere Erfassung des Cyberstalkings sowie Verbesserung des strafrechtlichen Schutzes gegen Zwangsprostitution“ wurde das bis dahin strafbarkeitsbegründende Tatbestandsmerkmal „beharrlich“ durch das Tatbestandsmerkmal „wiederholt“ ersetzt. Wie viele belästigende Verhaltensweisen hierfür erforderlich sind, ist eine Frage des Einzelfalls. Notwendig ist aber in jedem Fall ein zumindest zweifaches Nachstellen (Valerius, in: Beck’scherOK, Stand: 01.11.2024, § 238 StGB Rn. 13; Krehl/Güntge in: Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Auflage 2022, § 238 StGB, Rn. 61). Bereits aus diesem Grund können einzelne Nachstellungshandlungen keine selbständigen Taten sein. Vielmehr sind mehrere Nachstellungshandlungen zu einer materiell-rechtlichen selbständigen Nachstellungstat zusammenzufassen. In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs mehrere Tathandlungen gegen dasselbe Tatopfer eine einheitliche Tat in der Form einer tatbestandlichen Handlungseinheit bilden können (BGH NJW 2010, 1680).

b) Maßgebliches Kriterium für die Zusammenfassung der in § 238 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 StGB genannten Tathandlungen ist das subjektive Vorstellungsbild des Täters (Mosbacher NJW 2017, 983). Handlungen, die einen ausreichenden räumlichen und zeitlichen Zusammenhang aufweisen und von einem fortbestehenden einheitlichen Willen des Täters getragen werden, stellen eine einheitliche Tat da. Anders als bei der natürlichen Handlungseinheit ist hierbei kein enger zeitlicher und räumlicher Zusammenhang des strafbaren Verhaltens zu fordern. Vielmehr können zwischen den einzelnen tatbestandsausfüllenden Teilakten erhebliche Zeiträume liegen (BGH NJW 2010, 1680). Eine neue Tat beginnt dementsprechend erst dann, wenn hinreichend geeignete Handlungen zunächst einen Abschluss gefunden haben und sodann aufgrund eines neuen Tatenschlusses wiederum angesetzt wird (BGH NJW 2010, 1680, Fischer/Anstötz, in: Fischer, a.a.O., § 238 StGB Rn. 58). Lassen sich hierzu keine Feststellungen treffen, wird im Zweifel nur eine einzige Tat angenommen werden können (Krehl/Güntge in: Leipziger Kommentar zum StGB, a.a.O., § 238 StGB, Rn. 94; Mosbacher NStZ 2007, 665).

c) Ausgehend von dem aufgezeigten Maßstab fehlt es vorliegend an Feststellungen dazu, welche Nachstellungshandlungen von einem fortbestehenden einheitlichen Willen des Angeklagten getragen werden und wann dieser eine neue Phase der Entschlussbildung durchlaufen hat. Umstände, die eine Zäsur begründen könnten, lassen sich den Feststellungen nicht entnehmen. Insbesondere hinsichtlich der an einem Tag – teilweise im Abstand weniger Minuten – versandten Sprachnachrichten dürfte eine einheitliche Motivationslage naheliegen und die Fassung eines eigenen Tatentschlusses abzulehnen sein.“

StGB I: Besitz und Drittbesitzverschaffung von Kipo, oder: Tatmehrheit oder Tateinheit?

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Heute stelle ich dann drei StGB-Entscheidungen vor.

Ich beginne mit dem BGH, Beschl. v. 11.12.2024 – 3 StR 334/24. Das LG hat den Angeklagten wegen „des Unternehmens der Drittbesitzverschaffung von kinderpornographischen Schriften in vier Fällen und ihres Besitzes“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision, die zu einer Änderung des Schuldspruchs und zum Entfall der Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten, die wegen des – als tatmehrheitlich begangen abgeurteilten – Besitzes kinderpornographischer Schriften verhängt worden ist:

„Insoweit hat der Generalbundesanwalt das Folgende ausgeführt:

„Indes bedarf der Schuldspruch der Korrektur dahin, dass der ausgeurteilte Besitz kinderpornographischer Schriften nicht rechtlich selbständig (§ 53 StGB) neben den Drittbesitzverschaffungen steht, sondern tateinheitlich mit diesen zusammentrifft (§ 52 StGB). Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, inwiefern den vier Fällen der Weitergabe jeweils dieselbe Datei des fraglichen Videos zugrunde lag (vgl. UA S. 6 [‚mehrfach unter verschiedenen Dateibezeichnungen gespeichert‘]; S. 11 [‚jeweils verschickten identischen vier Dateien des Videos‘]); es genügt, dass der Angeklagte im gesamten Tatzeitraum über sämtliche Dateien verfügte (vgl. UA S. 7 oben).

1. Der zeitgleiche Besitz von verbreiteten bzw. öffentlich zugänglich gemachten sowie darüber hinausgehenden kinderpornografischen Schriften verknüpft den unerlaubten Besitz kinderpornografischer Schriften mit jeder Verbreitungshandlung zu einer einheitlichen Tat. Insoweit gilt: Zwar verdrängen die Tathandlungsvarianten des Verbreitens bzw. des öffentlichen Zugänglichmachens kinderpornografischer Schriften grundsätzlich diejenige des unerlaubten Besitzes solcher Schriften als subsidiären Auffangtatbestand. Dies betrifft jedoch ausschließlich den Zeitraum der Zugänglichmachung, nicht jedoch die Zeit danach, und nur die zugänglich gemachten Dateien. Geht der Besitz kinderpornografischer Schriften in zeitlicher oder quantitativer Hinsicht über den für das Verbreiten bzw. öffentliche Zugänglichmachen erforderlichen Besitz derartiger Schriften hinaus, tritt das Dauerdelikt des verbotenen Besitzes kinderpornografischer Schriften tateinheitlich neben das jeweilige Verbreitungsdelikt. Dabei liegt dem verbotenen Besitz mehrerer kinderpornografischer Schriften ein einheitlicher Verstoß gegen § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB zugrunde. Bei gleichzeitigem Besitz von verbreiteten bzw. öffentlich zugänglich gemachten kinderpornografischen Schriften und weiterem, darüberhinausgehend gespeicherten verbotenem Material bleibt danach kein Raum für eine tatmehrheitliche Verurteilung (s. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2020 – 2 StR 321/19, juris Rn. 18 f.; s.a. Beschlüsse vom 25. Januar 2022 – 1 StR 424/21, juris Rn. 6; vom 3. Mai 2019 – 3 StR 86/19, juris Rn. 6; vom 14. Juni 2018 – 3 StR 180/18, juris Rn. 15; abweichend womöglich BGH, Beschluss vom 1. September 2022 – 1 StR 248/22, juris Tenor und Rn. 3 f. unter Verneinung eines Besitzes, der ‚in zeitlicher oder quantitativer Hinsicht über den für das Verbreiten erforderlichen Besitz hinausgeht‘, obgleich ‚der Angeklagte das Video zuvor und danach in Besitz hatte‘). Da es sich bei der Drittbesitzverschaffung gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB um eine dem Verbreiten und öffentlich Zugänglichmachen nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 und Var. 2 StGB gleichgestellte Tatbestandsvariante handelt, kann insoweit nichts Anderes gelten (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2022 – 1 StR 424/21, juris Rn. 6; s.a. Beschluss vom 28. Juni 2023 – 3 StR 123/23, juris Rn. 19, wobei die dortige Ablehnung des Besitztatbestandes wohl der mangelnden Feststellung einer über die Momente der Drittbesitzverschaffung hinausgehenden Verfügungsgewalt geschuldet gewesen sein dürfte).

2. Gemessen daran – und entgegen der Würdigung des Landgerichts (UA S. 17) – steht der durchgängig verwirklichte und einheitlich (im Sinne einer Tat) gegen § 184b Abs. 3 StGB verstoßende Besitz nicht in Tatmehrheit mit den Taten der Drittbesitzverschaffung (die ihrerseits erst durch die Besitzausübung ermöglicht wurden), sondern mit diesen jeweils in Tateinheit. Denn nach der ersten Drittbesitzverschaffung sowie vor und nach jeder weiteren Versendung kam dem Besitz wieder eigenständige Bedeutung zu, wobei er andererseits nicht in der Lage ist, die Drittbesitzverschaffungen zu verklammern (vgl. BGH, Beschluss vom 1. September 2022 – 1 StR 248/22, juris Rn. 3 f.; SK-StGB/Greco, 10. Aufl. 2024, § 184b Rn. 48). Zudem begründet der zumindest teilweise im Bundesgebiet ausgeübte Besitz insgesamt die deutsche Strafgewalt (§ 3 StGB), ohne dass es darauf ankommt, von wo aus die Dateiversendungen erfolgt sind (vgl. UA S. 8, 12 und dazu BGH, Urteil vom 24. November 2022 – 3 StR 64/22, BGHSt 67, 177, juris Rn. 21 ff.).

Das Landgericht hat den Angeklagten wegen „des Unternehmens der Drittbesitzverschaffung von kinderpornographischen Schriften in vier Fällen und ihres Besitzes“ zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sechs Monaten verurteilt und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt. Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die allgemeine Sachrüge gestützten Revision. Das Rechtsmittel hat in dem aus der Beschlussformel ersichtlichen Umfang Erfolg. Im Übrigen ist es unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.

Die sachlichrechtliche Nachprüfung des Urteils führt lediglich zu einer Änderung des Schuldspruchs und zum Entfall der Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten, die wegen des – als tatmehrheitlich begangen abgeurteilten – Besitzes kinderpornographischer Schriften verhängt worden ist.

Insoweit hat der Generalbundesanwalt das Folgende ausgeführt:

„Indes bedarf der Schuldspruch der Korrektur dahin, dass der ausgeurteilte Besitz kinderpornographischer Schriften nicht rechtlich selbständig (§ 53 StGB) neben den Drittbesitzverschaffungen steht, sondern tateinheitlich mit diesen zusammentrifft (§ 52 StGB). Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, inwiefern den vier Fällen der Weitergabe jeweils dieselbe Datei des fraglichen Videos zugrunde lag (vgl. UA S. 6 [‚mehrfach unter verschiedenen Dateibezeichnungen gespeichert‘]; S. 11 [‚jeweils verschickten identischen vier Dateien des Videos‘]); es genügt, dass der Angeklagte im gesamten Tatzeitraum über sämtliche Dateien verfügte (vgl. UA S. 7 oben).

1. Der zeitgleiche Besitz von verbreiteten bzw. öffentlich zugänglich gemachten sowie darüber hinausgehenden kinderpornografischen Schriften verknüpft den unerlaubten Besitz kinderpornografischer Schriften mit jeder Verbreitungshandlung zu einer einheitlichen Tat. Insoweit gilt: Zwar verdrängen die Tathandlungsvarianten des Verbreitens bzw. des öffentlichen Zugänglichmachens kinderpornografischer Schriften grundsätzlich diejenige des unerlaubten Besitzes solcher Schriften als subsidiären Auffangtatbestand. Dies betrifft jedoch ausschließlich den Zeitraum der Zugänglichmachung, nicht jedoch die Zeit danach, und nur die zugänglich gemachten Dateien. Geht der Besitz kinderpornografischer Schriften in zeitlicher oder quantitativer Hinsicht über den für das Verbreiten bzw. öffentliche Zugänglichmachen erforderlichen Besitz derartiger Schriften hinaus, tritt das Dauerdelikt des verbotenen Besitzes kinderpornografischer Schriften tateinheitlich neben das jeweilige Verbreitungsdelikt. Dabei liegt dem verbotenen Besitz mehrerer kinderpornografischer Schriften ein einheitlicher Verstoß gegen § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB zugrunde. Bei gleichzeitigem Besitz von verbreiteten bzw. öffentlich zugänglich gemachten kinderpornografischen Schriften und weiterem, darüberhinausgehend gespeicherten verbotenem Material bleibt danach kein Raum für eine tatmehrheitliche Verurteilung (s. BGH, Beschluss vom 15. Januar 2020 – 2 StR 321/19, juris Rn. 18 f.; s.a. Beschlüsse vom 25. Januar 2022 – 1 StR 424/21, juris Rn. 6; vom 3. Mai 2019 – 3 StR 86/19, juris Rn. 6; vom 14. Juni 2018 – 3 StR 180/18, juris Rn. 15; abweichend womöglich BGH, Beschluss vom 1. September 2022 – 1 StR 248/22, juris Tenor und Rn. 3 f. unter Verneinung eines Besitzes, der ‚in zeitlicher oder quantitativer Hinsicht über den für das Verbreiten erforderlichen Besitz hinausgeht‘, obgleich ‚der Angeklagte das Video zuvor und danach in Besitz hatte‘). Da es sich bei der Drittbesitzverschaffung gemäß § 184b Abs. 1 Nr. 2 StGB um eine dem Verbreiten und öffentlich Zugänglichmachen nach § 184b Abs. 1 Nr. 1 Var. 1 und Var. 2 StGB gleichgestellte Tatbestandsvariante handelt, kann insoweit nichts Anderes gelten (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2022 – 1 StR 424/21, juris Rn. 6; s.a. Beschluss vom 28. Juni 2023 – 3 StR 123/23, juris Rn. 19, wobei die dortige Ablehnung des Besitztatbestandes wohl der mangelnden Feststellung einer über die Momente der Drittbesitzverschaffung hinausgehenden Verfügungsgewalt geschuldet gewesen sein dürfte).

2. Gemessen daran – und entgegen der Würdigung des Landgerichts (UA S. 17) – steht der durchgängig verwirklichte und einheitlich (im Sinne einer Tat) gegen § 184b Abs. 3 StGB verstoßende Besitz nicht in Tatmehrheit mit den Taten der Drittbesitzverschaffung (die ihrerseits erst durch die Besitzausübung ermöglicht wurden), sondern mit diesen jeweils in Tateinheit. Denn nach der ersten Drittbesitzverschaffung sowie vor und nach jeder weiteren Versendung kam dem Besitz wieder eigenständige Bedeutung zu, wobei er andererseits nicht in der Lage ist, die Drittbesitzverschaffungen zu verklammern (vgl. BGH, Beschluss vom 1. September 2022 – 1 StR 248/22, juris Rn. 3 f.; SK-StGB/Greco, 10. Aufl. 2024, § 184b Rn. 48). Zudem begründet der zumindest teilweise im Bundesgebiet ausgeübte Besitz insgesamt die deutsche Strafgewalt (§ 3 StGB), ohne dass es darauf ankommt, von wo aus die Dateiversendungen erfolgt sind (vgl. UA S. 8, 12 und dazu BGH, Urteil vom 24. November 2022 – 3 StR 64/22, BGHSt 67, 177, juris Rn. 21 ff.).

3. § 265 StPO steht der beantragten Schuldspruchberichtigung nicht entgegen, weil sich der insoweit geständige Angeklagte nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

Mit der Korrektur des Schuldspruchs einher geht der Wegfall der Einzelfreiheitsstrafe von drei Monaten, die wegen des (als rechtlich selbständig zur Verurteilung gelangten) Besitztatbestandes verhängt wurde (UA S. 19 f.; vgl. dazu BGH, Beschluss vom 21. Juni 2022 – 4 StR 460/21). Die weiteren Einzelstrafen und die Gesamtstrafe wiederum können bestehen bleiben.“

Dem tritt der Senat bei.“

Verkehrsrecht I: Nochmals Fahren ohne Fahrerlaubnis, oder: Wenn das Wegfahren den Betrug vollendet

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Heute dann eine „Verkehrsrechtstag“ mit Entscheidungen, die zumindest verkehrsrechtlichen Bezug haben.

Den Reigen eröffnet der BGH, Beschl. v. 12.10.2021 – 5 StR 173/21, und zwar noch einmal zu den Konkurrenzen beim Fahren ohne Fahrerlaubnis. Die Revision des Angeklagten hatte ein bisschen Erfolg:

1. Die tatmehrheitliche Verurteilung wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in den Fällen 1 und 7 hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

a) Nach den Feststellungen des Landgerichts war der Angeklagte Mitglied einer Bande, die sich zur deliktischen Beschaffung von Kraftfahrzeugen und deren Weiterverkauf zusammengeschlossen hatte. Im Rahmen der Bandenabrede mietete der Angeklagte unter Verwendung gefälschter Ausweispapiere in den Fällen 1 und 7 jeweils ein Wohnmobil. Die Rückgabewilligkeit nach Ablauf der Mietzeit spiegelte er dabei lediglich vor. Nachdem die gutgläubigen Vermieter ihm die Fahrzeuge überlassen hatten, fuhr er die Wohnmobile nach H., wo sie von anderen Mitgliedern der Gruppierung zum Verkauf vorbereitet wurden. Wie er wusste, verfügte er bei den Transferfahrten nicht über die dafür erforderliche Fahrerlaubnis.

b) Entgegen der Auffassung des Landgerichts stellen die beiden – in Tateinheit mit Urkundenfälschung begangenen – Betrugstaten und das jeweils nachfolgende Fahren ohne Fahrerlaubnis danach keine eigenständigen Taten im Sinne des 53 StGB dar. Denn das Wegfahren des Fahrzeugs stand in unmittelbarem Zusammenhang mit der Besitzüberlassung und somit der Vollendung des Betrugs (vgl. BGH, Beschluss vom 14. Juni 2018 – 3 StR 569/17); mindestens diente es der Sicherung des betrügerisch erlangten Besitzes. Das – jeweils als selbständige Tat ausgeurteilte – Fahren ohne Fahrerlaubnis war somit Teil eines einheitlichen Tatgeschehens. Damit stehen die Delikte im Verhältnis der Tateinheit (§ 52 StGB) zueinander (vgl. BGH, Urteil vom 12. September 2018- 5 StR 278/18; Beschlüsse vom 27. Januar 2016 – 5 StR 497/15; vom 27. November 2013 – 2 StR 82/13; vom 6. März 2012 – 1 StR 28/12; vom 27. Oktober 1987 – 1 StR 529/87, BGHR StVG § 21 Konkurrenzen 1). Der Senat hat den Schuldspruch entsprechend geändert. Die Regelung des § 265 StPO steht dem nicht entgegen, da der Angeklagte sich nicht wirksamer als geschehen hätte verteidigen können.

c) Dies entzieht den für die Delikte nach 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG verhängten Einzelstrafen die Grundlage; sie entfallen. Einer Aufhebung der Gesamtstrafenaussprüche bedarf es nicht. Der Senat kann ausschließen, dass das Landgericht angesichts der im unteren Bereich liegenden Geldstrafen bei zutreffender rechtlicher Bewertung zu milderen Gesamtfreiheitsstrafen gelangt wäre (§ 337 Abs. 1 StPO), zumal die konkurrenzrechtliche Bewertung den Unrechts- und Schuldgehalt des Tuns des Angeklagten unberührt lässt (vgl. BGH, Beschluss vom 25. Juni 2019 – 3 StR 130/19).“

StGB I: Das Bastelset „Der kleine Geldfälscher“, oder: Konkurrenzen

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Der heutige Tag ist drei StGB-Entscheidungen gewidmet, also materiellens Recht.

Und die Vorstellungsreihe eröffnet das BGH, Urt. v. 03.07.2019 – 2 StR 67/19. Es geht u.a. um die Konkurrenzen bei und mit Geldfälschung. Nach den vom LG getroffenen Feststellungen erwarb der Angeklagte in der Absicht, nach und nach Falschgeldscheine herzustellen, um diese für seine auch durch Drogenkonsum gestiegenen Lebenshaltungskosten nutzen zu können, von einer ihm unbekannten Person in M.  für 500 € ein Bastelset, das Utensilien zum Herstellen von verschiedenen Geldwertzeichen im „Wert“ von insgesamt rund 5.000 € enthielt. Der Farbton der darin enthaltenen, noch nicht ausgeschnittenen und nur einseitig bedruckten Papierscheine wirkte nahezu echt, anhand der Qualität des Papieres – einfaches Kopierpapier – war die Unechtheit der Scheine aber taktil erkennbar, der aufzuklebende „Silberstreifen“ aus einfachem Bastelpapier lies die Falschheit auch im Rahmen einer optischen Prüfung erkennen.

In der Nacht vom 02. auf den 03.11.2017 wollte der Angeklagte in F. Betäubungsmittel erwerben und hatte hierfür mittels des Bastelsets zwei falsche Einhundert-Euro-Scheine hergestellt. Bei einer in den frühen Morgenstunden des 03.11.2017 durchgeführten Verkehrskontrolle wurde das Falschgeld sichergestellt. Am 04.11.2017 bezahlte der Angeklagte an einem Obst- und Gemüsestand erworbene Ware mit einem zuvor aus dem Bastelset erstellten Einhundert-Euro-Schein, der zunächst akzeptiert aber in den Abendstunden des gleichen Tages vom Händler als falsch erkannt und sodann polizeilich sichergestellt wurde. Auch in der Nacht auf den 01.12.2017 wollte der Angeklagte mit einem zuvor aus dem Bastelset hergestellten Einhundert-Euro-Schein Betäubungsmittel erwerben, geriet aber erneut in eine Verkehrskontrolle. In dem von ihm geführten Kraftfahrzeug konnten der bereits hergestellte Einhundert-Euro-Schein sowie das Bastelset sichergestellt werden.

Die Strafkammer hat das Verhalten des Angeklagten, soweit er Einhundert-Euro-Scheine bereits hergestellt hatte, als eine Tat der Geldfälschung (§ 146 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 3 StGB) gewertet; eine Gewerbsmäßigkeit im Sinne von § 146 Abs. 2 StGB hat die Strafkammer mit Blick auf die mindere Qualität der Falschgeldscheine verneint. Tateinheitlich hierzu habe sich der Angeklagte des Betruges (§ 263 StGB) zum Nachteil des Obst- und Gemüsehändlers strafbar gemacht. Soweit der Angeklagte Geldscheine noch nicht hergestellt hatte, habe er sich tatmehrheitlich wegen der nach § 149 Abs. 1 StGB strafbaren Vorbereitungshandlung schuldig gemacht.

Der BGH sieht das anders:

„Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg. Die konkurrenzrechtliche Bewertung durch das Landgericht hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

1. Zutreffend geht die Strafkammer davon aus, dass zwischen dem vom Angeklagten am 4. November 2017 zum Nachteil des Obst- und Gemüsehändlers begangenen Betrug und der vollendeten Geldfälschung Tateinheit vorliegt (BGH, Urteil vom 10. Mai 1983 – 1 StR 98/83, BGHSt 31, 380, 381; Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, StGB, 30. Aufl., § 146 Rn. 29; SSW-StGB/Wittig, 4. Aufl., § 146 Rn. 34 jeweils mwN). Rechtsfehlerhaft ist indes die Annahme, der Angeklagte habe durch das Inverkehrbringen eines zuvor hergestellten Geldscheins „tateinheitlich die Tatbestandsalternative des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB verwirklicht“. Die Vorbereitungshandlung des Herstellens (§ 146 Abs. 1 Nr. 1 StGB) geht – ebenso wie die des Sichverschaffens, § 146 Abs. 1 Nr. 2 StGB – im Falle eines sich planmäßig anschließenden Inverkehrbringens regelmäßig im Tatbestand des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB zu einer einzigen Tat auf (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteile vom 12. August 1999 – 5 StR 269/99 Rn. 4; vom 20. Juni 1986 – 1 StR 264/86, NJW 1986, 2960 mwN). Mit dem Inverkehrbringen beendet der Täter seine Tat. Die Handlungen nach § 146 Abs. 1 Nr. 1 StGB und das sodann erfolgte Inverkehrbringen bilden eine deliktische Einheit und stellen dementsprechend nur ein einziges Geldfälschungsdelikt nach § 146 Abs. 1 StGB dar (Schönke/Schröder/Sternberg-Lieben, aaO, § 146 Rn. 26). Dies gilt auch in Konstellationen, in denen – wie hier hinsichtlich der am 2./3. November 2017 und am 1. Dezember 2017 begangenen Taten – das Inverkehrbringen im Versuchsstadium steckenbleibt (MünchKomm-StGB/Erb, 3. Aufl., § 146 Rn. 56 mwN).

2. Die konkurrenzrechtliche Bewertung, es liege ungeachtet des mehrfachen Inverkehrbringens nur „ein Fall der Geldfälschung“ vor, wird von den Feststellungen nicht getragen.

a) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kommt es für die Frage, in wie vielen rechtlich selbständigen Fällen der Täter bei mehreren Absatzgeschäften jeweils den Tatbestand der Geldfälschung verwirklicht, entscheidend auf die Zahl der diesen zu Grunde liegenden einheitlich zu bewertenden Herstellungs- oder Erwerbsvorgänge an (vgl. BGH, Beschluss vom 9. März 2011 – 3 StR 51/11, NStZ 2011, 516). Verschafft sich der Täter durch eine einheitliche Handlung Falschgeld, um dieses im Anschluss entweder bei günstiger Gelegenheit oder an bereits feststehende Abnehmer abzusetzen, so liegt auch dann nur eine Tat im Sinne des § 146 Abs. 1 Nr. 3 StGB vor, wenn das Inverkehrbringen in mehreren Einzelakten geschieht (BGH, Beschlüsse vom 1. September 2009 – 3 StR 601/08, NJW 2009, 3798; vom 3. Dezember 1998 – 4 StR 569/98, NStZ-RR 2000, 105). Maßgebend ist insoweit, dass der Täter sich das Geld bereits in der Absicht verschafft hat, dieses später abzusetzen, und er diese Absicht sodann verwirklicht (vgl. BGH, Urteil vom 22. November 2013 – 3 StR 162/13 Rn. 30). Hat sich der Täter demgegenüber in einem jeweils selbständigen Erwerbsvorgang mehrere Falschgeldmengen verschafft, liegt Tatmehrheit selbst dann vor, wenn Teilmengen daraus an den gleichen Abnehmer geliefert werden sollen (vgl. BGH, Urteil vom 16. Juni 2016 – 3 StR 2/16, NStZ-RR 2016, 276, 277). Dementsprechend kann wiederholtes und daher auch gewerbsmäßiges Handeln vorliegen, wenn der Täter beabsichtigt, sich durch mehrfaches Sichverschaffen von Falschgeld und dessen Inverkehrbringen eine Einnahmequelle zu erschließen (Senat, Beschluss vom 2. Februar 2011 – 2 StR 511/10, NJW 2011, 1686 f. mwN). Für das in der entsprechenden Absicht erfolgte wiederholte Herstellen von Falschgeld gilt nichts anderes (BGH, Beschluss vom 16. Mai 2018 – 1 StR 151/18).

b) Hiervon ausgehend hätte es näherer Feststellung zur Herstellung der sichergestellten bzw. in Verkehr gebrachten falschen Einhundert-Euro-Scheine bedurft. Allein der Erwerb des Bastelsets in der Absicht, damit Geldscheine im möglichen Umfang herzustellen und in Verkehr zu bringen, kann die Annahme von Tateinheit nicht begründen……“

BGH II; Konkurrenzen sind schwer, oder: Wann unterbricht unerlaubtes Entfernen vom Unfallort das Dauerdelitk?

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Ebenfalls nicht mehr ganz taufrisch ist der BGH, Beschl. v. 17.10.2018 – 4 StR 149/18. Das LG  hat den Angeklagten wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Haftpflichtversicherungsvertrag und mit Urkundenfälschung in drei Fällen, davon in einem Fall in Tateinheit mit unerlaubtem Entfernen vom Unfallort, sowie wegen vorsätzlichen Fahrens ohne Fahrerlaubnis in Tateinheit mit vorsätzlichem Fahren ohne Haftpflichtversicherungsvertrag  verurteilt. Der BGH „meckert“ wegen der vom LG angenommenen „Konkurrenzen“:

„1. Die Annahme selbständiger, realkonkurrierender Taten in den Fällen II.1. bis 3. sowie II.4. und 5. der Urteilsgründe hält rechtlicher Prüfung nicht stand.

a) Nach den Feststellungen befuhr der Angeklagte, ohne im Besitz der erforderlichen Fahrerlaubnis zu sein, am 17. November 2013 mit einem – wie er wusste – nicht haftpflichtversicherten Pkw Subaru öffentliche Straßen in N. und Umgebung. An dem Pkw hatte er zu einem früheren Zeitpunkt die für ein anderes Fahrzeug ausgegebenen amtlichen Kennzeichen angebracht, um eine amtliche Zulassung des Pkw vorzutäuschen. Am Ende einer Straße in N. wendete der Angeklagte das Auto, stieg aus und verrichtete seine Notdurft. Anschließend setzte er die Fahrt fort. Wenig später kam dem Angeklagten der spätere Geschädigte entgegen, der seinen Pkw Lada Niva auf der schmalen Straße so zum Stehen brachte, dass der Angeklagte zunächst nicht weiterfahren konnte. Als der Angeklagte, der sein Fahrzeug kurz zurückgesetzt hatte, sodann an dem Fahrzeug des Geschädigten auf der Beifahrerseite vorbeifuhr, kollidierte er – für ihn unvorhersehbar – mit dem zwischenzeitlich aus seinem Pkw ausgestiegenen Geschädigten, der dadurch in Richtung der Motorhaube seines Fahrzeugs fiel und eine Prellung am rechten Knie sowie Schmerzen am rechten Arm davontrug. Der Angeklagte, der die Kollision wahrgenommen hatte, setzte seine Fahrt fort, ohne Feststellungen zu seiner Person und zum Unfall zu ermöglichen (Taten II.1. bis 3. der Urteilsgründe). Am 20. Dezember 2013 war der Angeklagte erneut ohne die erforderliche Fahrerlaubnis mit einem anderen nicht haftpflichtversicherten Pkw in D. unterwegs. Als er sein Fahrzeug aus einer Parklücke auf die Fahrbahn steuerte, kollidierte er mit dem Fahrzeug einer anderen Verkehrsteilnehmerin. Nachdem die Unfallbeteiligten ihre Personalien ausgetauscht hatten, fuhr der Angeklagte mit dem von ihm geführten Auto davon (Taten II.4. und 5. der Urteilsgründe).

b) Bei den Taten II.1. bis 3. der Urteilsgründe hat das Landgericht unabhängig von der – vom Generalbundesanwalt zutreffend bejahten – Frage, ob sich die Taten II.1. und 2. der Urteilsgründe trotz der kurzzeitigen Fahrtunterbrechung als einheitliches Gebrauchmachen von einer unechten zusammengesetzten Urkunde im Sinne des § 267 Abs. 1 3. Alternative StGB in Tateinheit mit § 21 Abs. 1 Nr. 1 StVG und § 6 Abs. 1 PflVG darstellen (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Januar 2014 – 4 StR 528/13, NStZ 2014, 272), übersehen, dass auch der mehrfache selbständige Gebrauch einer unechten Urkunde mit dem Herstellen der unechten Urkunde eine tatbestandliche Handlungseinheit und damit eine materiell-rechtliche Tat bilden, wenn der mehrfache Gebrauch dem schon bei der Fälschung bestehenden konkreten Gesamtvorsatz des Täters entspricht (vgl. BGH, Beschlüsse vom 30. Oktober 2008 – 3 StR 156/08, BGHR StGB § 267 Abs. 1 Konkurrenzen 3; vom 26. Oktober 2016 – 4 StR 354/16, NStZ-RR 2017, 26; vom 15. Februar 2017 – 4 StR 629/16, StraFo 2017, 124). Bringt der Täter die für ein anderes Fahrzeug ausgegebenen amtlichen Kennzeichen – wie hier – an einem Fahrzeug an, um dieses als vermeintlich zugelassen im öffentlichen Straßenverkehr zu nutzen, ist ein solcher Gesamtvorsatz naheliegend gegeben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 26. Oktober 2016 – 4 StR 354/16, aaO; vom 16. Juli 2015 – 4 StR 279/15 Rn. 5).

c) Hinsichtlich der Taten II.4. und 5. der Urteilsgründe tragen die Feststellungen die Annahme selbständiger Taten ebenfalls nicht.

Die Dauerdelikte des § 21 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 6 Abs. 1 PflVG umfassen die gesamte von vornherein auch über eine längere Wegstrecke geplante Fahrt bis zu deren endgültigem Abschluss, ohne dass kurzzeitige Fahrtunterbrechungen zu einer Aufspaltung der einheitlichen Tat führen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Beschlüsse vom 7. November 2003 – 4 StR 438/03, VRS 106, 214; vom 22. Juli 2009 – 5 StR 268/09, DAR 2010, 273; Urteil vom 30. September 2010 – 3 StR 294/10, NStZ 2011, 212; Beschluss vom 9. März 2016 – 4 StR 60/16, StraFo 2016, 262). Etwas anderes gilt nur, wenn die Fortsetzung der Fahrt auf einem neu gefassten Willensentschluss des Täters beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 18. Juni 1997 – 5 StR 93/97, NStZ 1997, 508; OLG Hamm, VRS 115, 142; LG Potsdam, DAR 2009, 285; Weidig in MünchKomm zum Straßenverkehrsrecht, § 21 StVG Rn. 40 f.; zu § 316 StGB vgl. Ernemann in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 3. Aufl., § 316 Rn. 40). Dementsprechend beginnt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs eine neue Dauerstraftat, wenn der Täter nach einem Unfallgeschehen weiterfährt, weil er den Entschluss gefasst hat, sich der Feststellung seiner Unfallbeteiligung durch Flucht zu entziehen (st. Rspr.; vgl. nur BGH, Urteil vom 17. Februar 1967 – 4 StR 461/66, BGHSt 21, 203; Beschluss vom 10. April 1973 – 4 StR 118/73, VRS 48, 354; Urteil vom 17. Februar 1983 – 4 StR 716/82, VRS 65, 131). Dass der Angeklagte nach dem Halt zum Austausch der Personalien mit der Unfallgegnerin nicht seine ursprünglich geplante Fahrt fortsetzte, sondern einen neuen Tatentschluss fasste, hat das Landgericht nicht festgestellt. Die Annahme von zwei materiell-rechtlich selbständigen Taten ist daher nicht belegt.

d) Der Senat schließt angesichts des Zeitablaufs seit Tatbegehung aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch tatsächliche Feststellungen getroffen werden können, die in den Fällen II.1. bis 3. sowie II. 4. und 5. der Urteilsgründe eine Verurteilung wegen selbständiger Taten tragen könnten. Er ändert den Schuldspruch daher entsprechend. § 265 StPO steht nicht entgegen.“