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Vorrang der Strafhaft

Verhältnismäßig neu in der StPO ist § 116b StPO, der das Verhältnis von U-Haft zu anderen freiheitsentziehenden Maßnahmen dahin regelt. Dazu hat jetzt das KG in einem Beschl. v. 11.20.2010 – 2 Ws 504/10 zur Strafhaft (Satz 2) ausgeführt:

Der Vorrang der Strafhaft tritt bei einem bereits in Untersuchungshaft befindlichen Verurteilten nicht erst mit dem Eingang des Aufnahmeersuchens in der Justizvollzugsanstalt ein, sondern bereits dann, wenn die Staatsanwaltschaft – wie hier durch den Erlaß eines Vollstreckungshaftbefehls – unmißverständlich zum Ausdruck bringt, daß die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe nunmehr ansteht.

Kann für das Ende der Strafhaft von Bedeutung sein.

Pauschgebührenantrag rechtzeitig – sonst wars das

Verjährung spielt im Strafverfahren nicht nur im materiellen Bereich eine Rolle, sondern ggf. auch im Gebührenrecht, wenn es ums Geld geht. Das wird einem bewusst, wenn man den Beschl. des KG v. 03.08.2010 – 1 ARs 32/09, den mir ein dortige Kollege hat zukommen lassen, liest.

Das KG hat nämlich einen Pauschvergütungsantrag (§ 51 RVG) des Pflichtverteidigers wegen Eintritt der Verjährung zurückgewiesen. Entscheidend wäre – für die Unterbrechung der dreijährigen Verjährung gewesen, dass der Antrag rechtzeitig vor Ablauf beim OLG eingegangen war. Ds konnte der Pflichtverteidiger aber nicht nachweisen. da er – so das KG – die Beweislast trägt – war es das. Und: Auch der Rettungsversuch „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand für die Stellung eines Pausch­vergütung­s­antrags, hat nicht geklappt. Das KG sagt zutreffend: Nach Ablauf der Verjährungsfrist ist dies nicht statthaft.

Der Wurf mit dem Plastikklappstuhl – besonders schwer?

Das KG hat sich in seinem Urt. v. 06.07.2010 – (2) 1 Ss 462/09 mit dem Wurf mit einem Plastikklappstuhl auf objektschützende Polizisten und der Frage befasst, ob das ein unbenannter besonders schwerer Fall des Landfriedensbruches darstellen kann.

Die Frage hat das KG grds. bejaht. Vom Instanzgericht war das abgelehnt worden. Das KG sieht die Ablehnung der Anwendung der Strafzumessungsregel eines unbenannten besonders schweren Falls des Landfriedensbruchs als rechtsfehlerhaft an, wenn die konkrete Tat nicht an den benannten Regelbeispielen gemessen wird, sondern an bisher bekannt gewordenen Beispielsfällen der Rechtsprechung für unbenannte besonders schwere Fälle. Dies gelte umso mehr, wenn die bisherige Rechtsprechung verfassungsrechtliche Korrekturen im Hinblick auf das Analogieverbot erfahren habe. So dürfe der Wurf eines Plastikklappstuhls auf objektschützende Polizisten zwar nicht (wie bisher) als Einsatz einer Waffe gewertet werden, könne sich jedoch als unbenannt schwerer Fall darstellen, wenn weitere, die Gefährlichkeit des Handelns erhöhende Umstände hinzukommen. Das Analogieverbot stehe nicht der grundsätzlichen Möglichkeit entgegen, auf den konkreten Fall bezogen ein Beisichführen von gefährlichen Werkzeugen in Verwendungsabsicht oder dessen Verwenden als einen unbenannten Fall zu werten.

Nikolausbeschluss: Rahmengebühren – Basiswert für die Überprüfung

Rahmengebühren und kein Ende – oder: Täglich grüßt das Murmeltier. Hier dann mal etwas zu der Problematik vom KG, und zwar in einem Nikolausbeschluss, also vom 06.12.2010 – 1 Ws 45/10. Leider aber keine milde Gabe für die Verteidiger. Denn das KG hat ausdrücklich an seiner ständigen Rechtsprechung (und der h.M.) festgehalten, wonach eine Unbilligkeit im Sinne des § 12 BRAGO bzw. § 14 RVG vorliegt, wenn die angemessene Gebühr um mindestens 20 % überschritten wird.

Und: Basiswert für die Überprüfung, ob die vom Rechtsanwalt angesetzte Gebühr der Billigkeit entspricht, ist nicht, die vom Rechtsanwalt geltend gemachte Gebühr abzüglich 20 %, sondern die angemessene Gebühr, die nicht um 20 % oder mehr überschritten werden darf.

Das KG hat dann außerdem zur Quotelung beim Freispruch Stellung genommen, insoweit wohl zutreffend

Einsichtsanspruch eines Gefangenen in die Gefangenenpersonalakten – Streitwert immerhin 100 €…

Ein Strafgefangener begehrte in Berlin, seinem Verfahrensbevollmächtigten die von Mitarbeitern der JVA gefertigten „Beurteilungen und Entwürfe“, die zur Vorbereitung der Vollzugsplanfortschreibung dienen, mindestens drei Tage vor der durchzuführenden Vollzugsplankonferenz zur Kenntnis zu geben. Die StVK hat dem Begehren statt gegegen. Der Leiter der JVA ist dagegen in das Rechtsmittel gegangen. Das KG hat in seinem Beschl. v. 09.09.2010 – 2 Ws 390/10 die Entscheidung der StVK aufgehoben. Nach seiner Auffassung hat der Gefangene keinen Anspruch auf Auskunft über oder Einsicht in interne, lediglich vorbereitende Arbeitsgrundlagen und Entwürfe der an der Vollzugsplanfortschreibung beteiligten Mitarbeiter, wenn sie nicht Bestandteil der Gefangenenpersonalakten geworden sind, nachzulesen hier.

Die Entscheidung enthält auch einen finanziellen Wermutstropfen für den agierenden Verfahrensbevollmächtigten. Denn das KG hat den Streitwert – Abrechnung erfolgt nach Teil 3 VV RVG – unter Hinweis darauf, dass der Auskunftsanspruch von geringer Tragweite, weil nur vorbereitender Natur sei, auf lediglich 100 € bestimmt. Da kann man dann sagen: Außer Spesen nichts gewesen.

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