Heute gibt es dann vier Postings. Und das erste dann vorab zu einem Thema, das nicht Tagesthema ist. Aber das Thema und/oder das Posting werden sicherlich das Blut ein wenig in Wallung bringen.
Es geht mal wieder um das KostRÄG 2021, über das ich ja schon einige Male berichtet habe (vgl. hier Referentenentwurf zum KostenrechtsänderungsG 2021 – “Es röhrt ein Elefant und er gebiert eine Maus” – und Regierungsentwurf zum KostRÄG 2021, oder: Jetzt ist die “Maus” im Gesetzgebungsverfahre). Inzwischen hat das Gesetzgebungsverfahren Fortgang genommen und es zeichnet sich folgender Zeitplan ab: 29.10.2020: Erste Lesung Bundestag, 06.11.2020: Erster Durchlauf im Bundesrat, 25.11.2020: Rechtsausschuss, 25/27.11.2020: Zweite und dritte Lesung im Bundestag und dann 18.12.2020: Bundesrat. Damit stünde dann einer Verkündung im BGBl noch in 2020 und ein Inkrafttreten am 01.01.2021 nichts im Wege.
Na ja, fast, wenn es da nicht den Rechtsausschuss und den Finanzausschuss des Bundesrates gäbe. Die haben nämlich inzwischen zum Gesetzesentwurf Stellung genommen, und zwar in/mit der BR-Drucks. 525/1/20. Und darin heißt es:
„Zum Gesetzentwurf allgemein
Die Haushalte der Länder müssen durch die Covid-19-Pandemie sowohl hohe Steuerausfälle bei den Steuereinnahmen als auch enorme Mehrausgaben zur Bekämpfung der Pandemie verkraften. Vor diesem Hintergrund ist es aktuell nicht vertretbar, für einzelne Berufsgruppen erhebliche Vergütungsverbesserungen herbeizuführen, deren Finanzierung sowohl die Länderhaushalte als auch die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft erheblich belasten. Im Hinblick darauf sollte Artikel 11 des Gesetzesentwurfes dahingehend geändert werden, dass das Gesetz vollumfänglich erst zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt.
Begründung:
Grundsätzlich ist das Interesse der Anwaltschaft, der Sachverständigen, der Sprachmittlerinnen und Sprachmittler, an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre teilzuhaben, nachvollziehbar. Allerdings resultieren aus dem Gesetzentwurf erhebliche Mehrkosten für die Länder. Eine weitere Belastung der Länderhaushalte sollte vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie aktuell vermieden werden. Mit der beantragten Verschiebung des Inkrafttretens um rund zwei Jahre wird der finanziellen Lage der Länderhaushalte, aber auch der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaftsunternehmen Rechnung getragen, ohne die Zielsetzung des Gesetzentwurfs gänzlich aufzugeben….“
Ja, richtig gelesen. Verschiebung bis zum 01.01.2023.
Es ist unfassbar. Vor allem, wenn man dann noch „erhebliche Vergütungsverbesserungen“ und die Begründung liest. Es soll u.a. also die Nichtanhebung der Anwaltsgebühren die weitere Belastung der Länderhaushalte verringern? Salopp gefragt: Was haben die im Rechtsausschuss geraucht? Das Zeug muss gut sein, das will ich auch.
Ich erinnere: Die letzte Erhöhung der Anwaltsgebühren datiert aus dem Jahr 2013. Dann ist jahrelang von einem 3. KostRMoG geredet worden, was dann aber nicht gekommen ist. Dann soll endlich ein (mickriges) KostRÄG kommen, dass die Anwaltgebühren nach acht Jahren um 10% anhebt und dann will man noch weiter verschieben wegen der „erheblichen Vergütungsverbesserungen“ „für einzelne Berufsgruppen“. Also ein Sonderopfer der Anwaltschaft bzw. der „Rechtsanwalt als Sparschwein“? Oder kommen auch (noch) die Verschiebungen der nächsten Anhebungen der Beamten-/Richterbesoldungen, der Abgeordnetendiäten usw.? Gelesen habe ich davon noch nichts.
Bisher habe ich übrigens auch noch nichts von einem Aufschrei von DAV und BRAK, die das KostRÄG ja also einen großen Erfolg ihrer Verbandspolitik verkauft haben, gelesen oder gehört. Aber das kommt bestimmt noch.
Es kann natürlich auch ganz anders sein und es handelt sich um Politik der Länder, die mit der Verschiebungsdrohung nur Manövriermasse schaffen wollen, um die anderen Punkte in der Stellungnahme angeführten Punkte noch ins Gesetz zu hieven. Und das wird dann auf dem Rücken der Anwälte ausgefochten. Die schaffen das.
Also abwarten. Spaß macht das Ganze nicht.