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News aus dem Bundesrat: KostRÄG erst zum 01.01.2023 in Kraft?, oder: Der Rechtsanwalt als Sparschwein?

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Heute gibt es dann vier Postings. Und das erste dann vorab zu einem Thema, das nicht Tagesthema ist. Aber das Thema und/oder das Posting werden sicherlich das Blut ein wenig in Wallung bringen.

Es geht mal wieder um das KostRÄG 2021, über das ich ja schon einige Male berichtet habe (vgl. hier Referentenentwurf zum KostenrechtsänderungsG 2021 – “Es röhrt ein Elefant und er gebiert eine Maus” – und Regierungsentwurf zum KostRÄG 2021, oder: Jetzt ist die “Maus” im Gesetzgebungsverfahre).  Inzwischen hat das Gesetzgebungsverfahren Fortgang genommen und es zeichnet sich folgender Zeitplan ab: 29.10.2020: Erste Lesung Bundestag, 06.11.2020: Erster Durchlauf im Bundesrat, 25.11.2020: Rechtsausschuss, 25/27.11.2020: Zweite und dritte Lesung im Bundestag und dann 18.12.2020: Bundesrat. Damit stünde dann einer Verkündung im BGBl noch in 2020 und ein Inkrafttreten am 01.01.2021 nichts im Wege.

Na ja, fast, wenn es da nicht den Rechtsausschuss und den Finanzausschuss des Bundesrates gäbe. Die haben nämlich inzwischen zum Gesetzesentwurf Stellung genommen, und zwar in/mit der BR-Drucks. 525/1/20. Und darin heißt es:

„Zum Gesetzentwurf allgemein

Die Haushalte der Länder müssen durch die Covid-19-Pandemie sowohl hohe Steuerausfälle bei den Steuereinnahmen als auch enorme Mehrausgaben zur Bekämpfung der Pandemie verkraften. Vor diesem Hintergrund ist es aktuell nicht vertretbar, für einzelne Berufsgruppen erhebliche Vergütungsverbesserungen herbeizuführen, deren Finanzierung sowohl die Länderhaushalte als auch die Bürgerinnen und Bürger und die Wirtschaft erheblich belasten. Im Hinblick darauf sollte Artikel 11 des Gesetzesentwurfes dahingehend geändert werden, dass das Gesetz vollumfänglich erst zum 1. Januar 2023 in Kraft tritt.

Begründung:

Grundsätzlich ist das Interesse der Anwaltschaft, der Sachverständigen, der Sprachmittlerinnen und Sprachmittler, an der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre teilzuhaben, nachvollziehbar. Allerdings resultieren aus dem Gesetzentwurf erhebliche Mehrkosten für die Länder. Eine weitere Belastung der Länderhaushalte sollte vor dem Hintergrund der Covid-19-Pandemie aktuell vermieden werden. Mit der beantragten Verschiebung des Inkrafttretens um rund zwei Jahre wird der finanziellen Lage der Länderhaushalte, aber auch der Bürgerinnen und Bürger und der Wirtschaftsunternehmen Rechnung getragen, ohne die Zielsetzung des Gesetzentwurfs gänzlich aufzugeben….“

Ja, richtig gelesen. Verschiebung bis zum 01.01.2023.

Es ist unfassbar. Vor allem, wenn man dann noch „erhebliche Vergütungsverbesserungen“ und die Begründung liest. Es soll u.a. also die Nichtanhebung der Anwaltsgebühren die weitere Belastung der Länderhaushalte verringern? Salopp gefragt: Was haben die im Rechtsausschuss geraucht? Das Zeug muss gut sein, das will ich auch.

Ich erinnere: Die letzte Erhöhung der Anwaltsgebühren datiert aus dem Jahr 2013. Dann ist jahrelang von einem 3. KostRMoG geredet worden, was dann aber nicht gekommen ist. Dann soll endlich ein (mickriges) KostRÄG kommen, dass die Anwaltgebühren nach acht Jahren um 10% anhebt und dann will man noch weiter verschieben wegen der „erheblichen Vergütungsverbesserungen“ „für einzelne Berufsgruppen“. Also ein Sonderopfer der Anwaltschaft bzw. der „Rechtsanwalt als Sparschwein“? Oder kommen auch (noch) die Verschiebungen der nächsten Anhebungen der Beamten-/Richterbesoldungen, der Abgeordnetendiäten usw.? Gelesen habe ich davon noch nichts.

Bisher habe ich übrigens auch noch nichts von einem Aufschrei von DAV und BRAK, die das KostRÄG ja also einen großen Erfolg ihrer Verbandspolitik verkauft haben, gelesen oder gehört. Aber das kommt bestimmt noch.

Es kann natürlich auch ganz anders sein und es handelt sich um Politik der Länder, die mit der Verschiebungsdrohung nur Manövriermasse schaffen wollen, um die anderen Punkte in der Stellungnahme angeführten Punkte noch ins Gesetz zu hieven. Und das wird dann auf dem Rücken der Anwälte ausgefochten. Die schaffen das.

Also abwarten. Spaß macht das Ganze nicht.

Verärgert, oder: Es wäre „schädlich“, wenn das 2. KostRMoG noch später in Kraft getreten wäre

Ich lese die Beiträge von LTO ganz gerne und habe ja auch schon immer mal wieder darauf verlinkt. M.E. eine bunte Mischung von dem, was in der juristischen Welt passiert/interessiert, für jeden etwas dabei, breit gestreut, mal interessant, mal weniger interessant. Und bisher habe ich mich über einen Beitrag auch nie geärgert. Sicher hat man schon mal an der ein oder anderen Stelle gedacht: Na ja, das kann man auch anders sehen, aber wie gesagt: Breit gestreut.

Nun habe ich mich aber doch über einen Beitrag geärgert – schon etwas mehr -, und zwar über: „Unnötig schnelles Inkrafttreten von Gesetzen Die Suche nach dem geltenden Recht“, vom Kollegen Martin W. Huff. Der mokiert sich in seinem Beitrag über das in seinen Augen zu schnelle in Kraft Treten des 2. Kostenrechtsmodernisierungsgesetz am 01.08.013 – nur wenige Tage nach seiner Verkündung am 29.07.2013 – und über den Umstand, dass man eine aktuelle Fassung des Gesetzes sucht, – kostenfrei – (noch) nicht findet und man, wer die aktuelle Fassung sucht/braucht, auf kostenpflichtige Angebote ausweichen muss. Die Hast, mit der die Novelle in Kraft getreten sei, sei exemplarisch für gesetzgeberischen Übereifer, der mehr schadet als nütze, findet Martin W. Huff.

Na ja, ob das so stimmt, weiß ich nicht. Sicherlich verwundert es schon, dass man online kostenfrei beim BMJ/bei Juris (sind also auch nicht immer so schnell) immer noch keine aktuelle Version des RVG – nur das interessiert mich 🙂 – findet (vgl. hier – Stand 09.08.2013). Das müsste doch möglich sein. Eine Woche nach Inkrafttreten des Gesetzes!

Aber, lieber Herr Huff, und da beginnt mein Ärger – bezogen auf die Änderungen des RVG. Berechtigt der „Mangel“ zu:

„Aber die Vorgänge werfen ein Licht auf die Hektik, mit der Gesetze in Kraft treten. Es ist in Deutschland leider üblich geworden, dass dies bereits „am Tag nach der Verkündung“ geschieht. Erforderlich ist dies in den allermeisten Fällen überhaupt nicht. Viele Gesetze könnten auch einige Wochen oder Monate später wirksam werden, ohne dass dies irgendeinen Schaden verursachen würde.

Im Gegenteil: Eine gewisse Vorlaufzeit hat durchaus ihre Vorzüge. Die betroffenen Verkehrskreise können sich so auf die Novelle einstellen und erste Handreichungen erstellt werden – das beugt auch Fehlern bei der Anwendung der neuen Vorschriften vor. Dies betrifft nicht nur Rechtsanwälte, sondern oft auch Behörden und sonstige Institutionen. Der Gesetzgeber scheint dies aber nicht sehen zu wollen, denn die gegenüber dieser Vorgehensweise oftmals erhobene Kritik prallt wirkungslos an ihm ab.

Wäre es schädlich gewesen, wenn die Änderungen bei Gebühren und Honoraren erst am 15. August oder gar am 1. September 2013 in Kraft getreten wären? Gerade in der Urlaubszeit sicherlich nicht. Vielleicht war diese übermäßige Eil aber auch dem laufenden Wahlkampf geschuldet. „

M.E. mit Sicherheit: JA. Es wäre schädlich gewesen – für die Auswirkungen der RVG-Änderungen -, wenn „die Änderungen bei Gebühren und Honoraren erst am 15. August oder gar am 1. September 2013 in Kraft getreten wären„. Denn rund 160.000 Rechtsanwälte haben auf die linearen Erhöhungen ihrer Gebühren seit 1994 gewartet. Warum sollen sie (noch) bis zu einem Monat länger warten?

Nur, damit man im Internet eine aktuelle Online Version des BMJ findet? Wer das Gesetz jetzt schon anwenden will/muss – es findet bisher wegen der Übergangsregelung nur in wenigen Verfahren Anwendung -, der kann doch ganz gut mit den BT- und BR-Drucksachen leben und ggf. selbst lesen und rechnen. Das Internet ist doch kein „betreutes Wohnen“. Früher haben wir doch auch lange warten müssen bis die amtlichen Fassungen vorlagen und im „Schönfelder“ eingeordnet waren. Wo ist das Problem?

By the way: Andere haben es geschafft bzw. können es: Bei dejure steht das RVG in der aktuellen Fassung vom 23.07.2013. Chapeau und schönen Gruß nach Berlin ins BMJ oder nach Bonn zum Bundesamt für Justiz, davon kann man sich eine Scheibe abschneiden. Und: Finden kann man das ganz einfach über eine Suchmaschine. Das an die, die die aktuelle Version online suchen.

 

Endlich: Entschädigung für überlange Gerichtsverfahren – Achtung: Übergangsregelung beachten!!!

Am vergangenen Freitag ist nun endlich das „Gesetz über den Rechtsschutz bei überlangen Gerichtsverfahren und strafrechtlichen Ermittlungsverfahren vom 24. November 2011“ im BGBL verkündet worden (vgl. hier). Das Gesetz ist damit am 03.12.2011 in Kraft getreten. Das Gesetz bringt die Möglichkeit, in allen Gerichtsverfahren bei überlanger dauer eine Entschädigung zu verlangen. Allerdings ist dazu eine sog. Verzögerungsrüge im verfahren erforderlich. Wir werden über die Einzelheiten in VRR und StRR 01/2012 berichten.

Hier aber schon mal der Hinweis auf die Übergangsregelung in Art. 22 des Gesetzes. Ich zitiere aus dem Manuskript meiner Beiträge:

Art 22 des Gesetzes sieht folgende Übergangsregelung vor:

  • Die Neuregelung gilt nach Satz 1 auch für Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten bereits anhängig waren, sowie für abgeschlossene Verfahren, deren Dauer bei seinem Inkrafttreten Gegenstand von anhängigen Beschwerden beim EGMR ist oder noch werden kann. Auf abgeschlossene Verfahren, die noch zu einer Beschwerde beim EGMR führen können, ist nach Art. 22 Satz 4 des Gesetzes § 198 Abs. 3 und 5 GVG nicht anzuwenden.
  • Für anhängige Verfahren, die bei seinem Inkrafttreten schon verzögert sind, gilt nach Art. 22 Satz 2 des Gesetzes § 198 Abs. 3 GVG mit der Maßgabe, dass die Verzögerungsrüge unverzüglich (§ 121 BGB) nach Inkrafttreten erhoben werden muss. In diesem Fall wahrt die Verzögerungsrüge auch einen Anspruch nach § 198 GVG für den vorausgehenden Zeitraum.
  • Ist bei einem noch anhängigen Verfahren die Verzögerung in einer schon abgeschlossenen Instanz erfolgt, also z.B. im landgerichtlichen Verfahren, bedarf es keiner Verzögerungsrüge.
  • Die Klage (s. oben III, 5) kann bei abgeschlossenen Verfahren sofort erhoben werden und muss spätestens am 03. Juni 2012 erhoben sein.“

Es ist also an der ein oder anderen Stelle Eile geboten.

 

 

Und dann war da noch die Sicherungsverwahrung…

bzw. deren Neuregelung durch das Gesetz zur Neuordnung des Rechts der Sicherungsverwahrung und zu begleitenden Regelungen, das gestern am 01.01. 2011 in Kraft getreten ist – nach Verkündung im BGBl v. 31.12.2010,vgl. hier; BGBl I, S. 2300. Wird uns sicherlich noch längere Zeit beschäftigen.

Wann kommt die Vollstreckung der ausländischen Geldsanktionen denn nun wirklich?

Seit einigen Tagen wird an verschiedenen Stellen über die Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen berichtet (vgl. hier, hier , aber auch hier).

Tenor dieser Berichterstattung ist im Wesentlichen: Die Vollstreckung kommt, und zwar am 01.10.2010. M.E. ist dazu anzumerken: Ja, die Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen kommt wohl. Das Gesetz ist im Bundestag am 08.07.2010 beschlossen worden (vg. das Protokoll der BT-Sitzung Nr. 55, S. 182 ff.), aber es kommt wohl nicht zum 01.10.2010. Der Gesetzgeber geht selbst davon aus, dass man es bis dahin mit der Umsetzung wohl nicht mehr schafft (vgl. S. 7 BT-Drucksache 17/2458). Daher hat man die feste Inkraftretensregelung und auch die Stichtagsregelung gestrichen.

Auch an einer anderen Stelle ist eine für die Praxis wesentliche Änderung erfolgt. Die Frage der Halterhaftung war bislang als ein fakultatives Bewilligungshindernis ausgebildet. Davon ist man – wohl aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken, die im Gesetzgebungsverfahren laut geworden sind – abgewichen und hat daraus jetzt einen zwingenden Ablehnungsgrund gemacht. Das entschärft das Ganze ein wenig, wird aber sicherlich nicht verhindern, dass wahrscheinlich trotzdem das BVerfG das letzte Wort über das neue Gesetz sprechen wird.

Ob es bei den Änderungen sinnvoll ist, „den Kommentar zum Gesetzesentwurf“ herauszubringen, wie Nomos es Ende des Monats offenbar will (vgl. hier), erscheint mir zumindest diskussionswürdig. Etwas Geduld wäre sicherlich angebracht. Denn man sieht, dass es noch Änderungen gegeben hat und zudem weiß man ja nie, welches Schicksal dieses Gesetz im Bundesrat erlebt. Denn schließlich haben wir dort in Kürze neue Mehrheitsverhältnisse und die SPD hat im Bundestag gegen das Gesetz gestimmt.