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Neues zur Unterbrechungsfrist für die Hauptverhandlung

Höhere Gewalt soll Strafprozesse vor Neuauflage schützen, das sieht der Gesetzentwurf des Bundesrates in BT-Drucksache 17/4404 vor. Danach soll aus Gründen der höheren Gewalt eine Hauptverhandlung im Strafprozess unterbrochen werden dürfen, ohne dass die Gefahr besteht, dass der Prozess komplett neu wieder aufgerollt werden muss. Die Länderkammer hat dazu einen Gesetzentwurf (BT-Drs. 17/4404) vorlegt. Bislang beträgt die maximale Unterbrechungsdauer drei Wochen. Gründe werden in § 229 StPO  nicht genannt.

Ziel des Entwurf sei es – so die Länder -, den Grundsatz der Beschleunigung der Verhandlung zu stärken sowie belastende und kostenträchtige Wiederholungen der Hauptverhandlungen zu verhindern. Als Beispiel nennt der Gesetzentwurf die tagelangen Flugausfälle aufgrund der Vulkanaschewolke, der Besetzung des internationaler Flughafen im Bangkok (Thailand) und der mehrtägigen Sperrung des US-Luftraumes nach den Anschlägen vom 11.09.2001.

Die Bundesregierung hat inzwischen zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen. Sie teilt die dem Entwurf zugrunde liegende Ansicht, dass es dem Grundsatz der Prozessökonomie widerspreche, eine lang andauernde Hauptverhandlung abbrechen zu müssen, weil ein Beteiligter, dessen Anwesenheit unverzichtbar sei, nicht erscheinen kann. Der Einführung des Begriffs der „höheren Gewalt“ lasse jedoch Auslegungsschwierigkeiten befürchten, die zu einer Aufhebung von Urteilen in der Revisionsinstanz führen könnten. Der unbestimmte Begriff der höheren Gewalt im Sinne einer unvorhersehbaren und unvermeidbaren Verhinderung könne von kriegerischen Ereignissen und Naturkatastrophen über Streiks bis hin zu witterungsbedingten Verkehrsbehinderungen reichen. Die Bundesregierung befürchtet an der Stelle Aufhebungen durch die Revisionsgerichte.

Den Gesetzentwurf des Bundesrates – samt Stellungnahme der Bundesregierung – finden Sie im Internetangebot des Deutschen Bundestages: BT-Drs. 17/4404 (PDF)

Wann kommt die Vollstreckung der ausländischen Geldsanktionen denn nun wirklich?

Seit einigen Tagen wird an verschiedenen Stellen über die Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen berichtet (vgl. hier, hier , aber auch hier).

Tenor dieser Berichterstattung ist im Wesentlichen: Die Vollstreckung kommt, und zwar am 01.10.2010. M.E. ist dazu anzumerken: Ja, die Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen kommt wohl. Das Gesetz ist im Bundestag am 08.07.2010 beschlossen worden (vg. das Protokoll der BT-Sitzung Nr. 55, S. 182 ff.), aber es kommt wohl nicht zum 01.10.2010. Der Gesetzgeber geht selbst davon aus, dass man es bis dahin mit der Umsetzung wohl nicht mehr schafft (vgl. S. 7 BT-Drucksache 17/2458). Daher hat man die feste Inkraftretensregelung und auch die Stichtagsregelung gestrichen.

Auch an einer anderen Stelle ist eine für die Praxis wesentliche Änderung erfolgt. Die Frage der Halterhaftung war bislang als ein fakultatives Bewilligungshindernis ausgebildet. Davon ist man – wohl aufgrund verfassungsrechtlicher Bedenken, die im Gesetzgebungsverfahren laut geworden sind – abgewichen und hat daraus jetzt einen zwingenden Ablehnungsgrund gemacht. Das entschärft das Ganze ein wenig, wird aber sicherlich nicht verhindern, dass wahrscheinlich trotzdem das BVerfG das letzte Wort über das neue Gesetz sprechen wird.

Ob es bei den Änderungen sinnvoll ist, „den Kommentar zum Gesetzesentwurf“ herauszubringen, wie Nomos es Ende des Monats offenbar will (vgl. hier), erscheint mir zumindest diskussionswürdig. Etwas Geduld wäre sicherlich angebracht. Denn man sieht, dass es noch Änderungen gegeben hat und zudem weiß man ja nie, welches Schicksal dieses Gesetz im Bundesrat erlebt. Denn schließlich haben wir dort in Kürze neue Mehrheitsverhältnisse und die SPD hat im Bundestag gegen das Gesetz gestimmt.

Auf gehts: Die Vollstreckung ausländischer Geldsanktionen kommt… immer näher

Na, da ist doch mal Leben im Bundestag. Nachdem man sich mit dem Mopedführerschein für 15-jährige beschäftigt hat, geht es dann auch mit der gegenseitigen Anerkennung ausländischer Geldsanktionen weiter. Dazu gibt es den Gesetzesentwurf der Bundesregierung (BT-Drucks. 17/1288), der heute im Rechtsausschuß beraten worden ist. Dazu wird gemeldet:

Geldstrafen und Geldbußen sollen nach dem Willen der Regierung bald innerhalb der EU gegenseitig anerkannt werden. Der Rechtsausschuss beschloss am Mittwochmorgen (7. Juli 2010) mit den Stimmen der Regierungskoalition einen entsprechenden Gesetzentwurf der Bundesregierung (17/1288). SPD und Linksfraktion stimmten gegen den Entwurf; die Grünen enthielten sich.

Aus Sicht der Sozialdemokraten enthält der Entwurf ”grundsätzliche Mängel“, weshalb er von der Tagesordnung in dieser Woche genommen werden müsste. Ein Sachverständiger habe in einem Berichterstattergespräch deutlich gemacht, dass das Bundesverfassungsgericht das Gesetz aufheben werde. Die Union war gegenteiliger Meinung: Aus ihrer Sicht bestehe kein Grund, das Verfahren ”weiter in die Länge zu ziehen“. Drei Sachverständige hätten den Entwurf gebilligt, lediglich einer habe Bedenken geltend gemacht.

Nach Auskunft der Bundesregierung soll mit der Initiative der Rahmenbeschlusses des Rates des Europäischen Union von Anfang 2005 in Deutschland umgesetzt werden. Mit dieser Maßnahme würden bisherige Hindernisse bei der grenzüberschreitenden Vollstreckung von Geldsanktionen behoben und wesentliche Erleichterungen erreicht, schreibt die Regierung. Den Rahmenbeschluss präge die grundsätzliche Verpflichtung, eine in einem EU-Mitgliedstaat rechtskräftige Geldstrafe oder Geldbuße anzuerkennen.“

Na, dann wollen wir mal schauen, was Karlsruhe demnächst mit dem neuen Gesetz macht. Jedenfalls hat man an die anwaltlichen Gebühren gedacht und Teil6 Abschnitt 1 Vv RVG geändert.