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Hinweis II: Auf Einziehung muss ggf. hingewiesen werden, und zwar ausdrücklich, oder: Stimmt

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Bei der zweiten Entscheidung, die ich zu § 265 StPO vorstelle, handelt es sich um den OLG Koblenz, Beschl. v. 27.06.2018 – 2 OLG 6 Ss 2018, den mir der Kollege Fromm aus Koblenz übersandt hat. In ihm geht es um den (neuen) § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO. Das AG hat den Angeklagten  wegen Insolvenzverschleppung in zwei Fällen und Bankrotts verurteilt. Daneben ordnete das AG die Einziehung des Wertes des Erlangten  in Höhe von 14.509,36 € an. Der Angeklagte hat gerügt, dass er auf die Einziehung nicht hingewiesen worden sei. Die GStA meint, dass die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft im Schlussvortrag eine Verfallsanordnung beantragt habe, wodurch der Hinweispflicht Genüge getan sei.

Anders das OLG:

1. Wie sich aus dem diesbezüglichen Schweigen des mit der Verfahrensrüge entgegen der Behauptung der Generalstaatsanwaltschaft ordnungsgemäß und vollständig mitgeteilten – Hauptverhandlungsprotokolls ergibt (§ 274 StPO), wurde der Angeklagte zu keiner Zeit darauf hingewiesen, dass die Einziehung des Wertes von Taterträgen gem. § 73c StGB (i.V.m. Art. 316h EGStGB in der Fassung vom 13. April 2017) in Betracht komme.

Eine solche Belehrung ist jedoch nach der seit dem 1. Juli 2017 geltenden Vorschrift des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO zwingend vorgeschrieben (Fischer, StGB, 61. Aufl. § 265, Rn. 20a; vgl. auch OLG Hamburg, 1 Rev 7/18 v. 05.04.2018 Rn. 18 n. juris: Neu geschaffene Hinweispflicht zum Schutz vor Überraschungsentscheidungen mit korrespondierendem Aussetzungsrecht in § 265 Abs. 3 StPO).

Zwar hat die Sitzungsvertreterin der Staatsanwaltschaft in ihrem Schlussvortrag „die Einziehung von Geldbeträgen in Höhe von 13.500,- € und 1.009,36 € gemäß §§ 73, 73a StGB“ beantragt. Dieser am 26. Oktober 2017 gestellte Antrag, der wegen der seit dem 1. Juli 2017 gemäß Art. 316h EGStGB (in der Fassung vom 13. April 2017) auch für sogenannte „Altfälle“ geltenden Neuregelung der §§ 73 ff. StGB nicht der aktuellen Gesetzeslage entsprach, konnte – entgegen der von der Generalstaatsanwaltschaft in den Raum gestellten Möglichkeit – einen förmlichen Hinweis nach § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO jedoch nicht ersetzen. Der Hinweis auf einen rechtlichen Gesichtspunkt, muss dem Angeklagten in der Weise gegeben werden, dass er eindeutig erkennen kann, es wer de für das erkennende Gericht bei der Beurteilung der Straftat auf diesen Gesichtspunkt ankommen und er werde daher seine Verteidigung darauf einzurichten haben. Es handelt sich dabei um eine die rechtlichen Grenzen des Hauptverfahrens bestimmende und damit dieses Verfahren gestaltende Prozesshandlung, die den Grundsatz des rechtlichen Gehörs sichern soll. Der erforderliche Hinweis muss nach allgemein anerkannter Auffassung regelmäßig durch das erkennende Gericht selbst, d. h. durch die oder den Vorsitzenden, gegeben werden. Es reicht nicht aus, dass der betreffende Gesichtspunkt in der Hauptverhandlung von einem anderen Verfahrensbeteiligten  als dem Gericht, etwa von der Staatsanwaltschaft oder dem Verteidiger, zur Sprache gebracht  wird (vgl. nur KG Berlin, [3] 121 Ss 96/15 [75/15] v. 14.07.2015, Rn. 5 n. juris unter Hinweis auf BGH, 1 StR 152/93 v. 06.04.1993, Rn. 2. n. juris).

Die Anordnung der vermögensrechtlichen Nebenfolge beruht auf diesem Verfahrensverstoß (§ 337 StPO). Es ist nicht auszuschließen, dass sich der Angeklagte im Falle der Erteilung eines Hinweises – etwa im Hinblick auf die Empfangnahme und Einlösung der beiden relevanten Schecks – anders verteidigt hätte.“

Ergebnis: Aufhebung der Einziehungsentscheidung.

Hinweis: Die Entscheidung ist zutreffend, hat allerdings einen kleinen Schönheitsfehler. Falsch ist nämlich: „Eine solche Belehrung ist jedoch nach der seit dem 1. Juli 2017 geltenden Vorschrift des § 265 Abs. 2 Nr. 1 StPO zwingend vorgeschrieben„. Die Belehrungspflicht nach Nr. gilt nicht seit dem 01.07.2017, sondern seit dem 24.08.2017, das sie durch das „Gesetz zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens“ vom 17.08.2017 (BGBl I, S. 3202) eingeführt worden ist und nicht, wie das OLG offenbar meint, durch die Neuregelung der Vermögensabschöpfung zum 01.07.2017. Aber: Ergebnis stimmt 🙂 .

Hinweispflicht des Rechtsanwalts, oder: „Wie teuer wird das wohl?“

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§ 49b Abs. 5 RAO sieht eine Hinweispflicht des Rechtsanwalts vor Übernahme des Mandats auf die voraussichtlich entstehenden Anwaltskosten vor. Wegen der Einschränkung „Richten sich die zu erhebenden Gebühren nach dem Gegenstandswert, …..“ spielt die Vorschrift im Straf- und Bußgeldverfahren nicht ein so ganz große Rolle, da wir ja hier nur in sehr wenigen Fällen „gegenstandswertbezogen“ Gebühren haben, wie z.B. in der Nrn. 4143, 4144 VV RVG. Aber damit sind die mit der Hinweispflicht des Rechtsanwalts zusammenhängenden Problem noch nicht erledigt bzw. kann sich (auch) der Strafverteidiger nicht entspannt zurücklehnen. Denn: Auch er muss auf die Höhe der voraussichtlich entstehenden Gebühren hinweisen, wenn er entweder vom Mandanten ausdrücklich danach gefragt wird oder wenn der Mandant aus besonderen Umständen des Einzelfalls einen solchen Hinweis erwarten kann. Das ist das Fazit aus dem LG Stuttgart, Urt. v. 11.07.2016 – 27 O 338/15, in dem es um die Tätigkeit im Verfahren der Selbstanzeige wegen hinterzogener Einkommensteuer (§ 30 StBVV) ging:

2. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass der Kläger nach den Kosten der Mandatierung gefragt hat. Bereits hierdurch wurde die Pflicht der Beklagten ausgelöst, die voraussichtlichen Kosten zu benennen.

a) Zwar ist im Erstberatungsgespräch eine genaue Bestimmung des Honorars in der Regel noch nicht möglich, weil dem Rechtsanwalt ein Ermessen zusteht, welches er naturgemäß erst nach Abschluss der Angelegenheit ausüben soll (§ 14 Absatz 1 RVG). Gleichwohl kann der Rechtsanwalt bereits eine Größenordnung und einen Rahmen für seine Vergütung benennen.

Zurecht weist der Kläger darauf hin, dass die Berechnungsfaktoren bereits im Erstberatungsgespräch bekannt waren: Es war bekannt, dass die Einkünfte aus elf Veranlagungsjahren (2003 bis 2013) nachzuerklären waren. Ausgehend von durchschnittlichen Verhältnissen, bei denen die Mittelgebühr anzusetzen ist (BGH, Urteil vom 19. Oktober 1995 – IX ZR 20/95, juris Rn. 26), wäre gem. § 30 StBVV mit einer 20/10-Gebühr aus dem gesetzlich vorgesehenen Mindestgegenstandswert von 8.000,00 Euro, mithin 866,00 Euro (Tabelle A), pro Veranlagungsjahr zu rechnen gewesen. Da gebührenrechtlich elf verschiedene Angelegenheiten vorliegen, wäre jeweils die Auslagenpauschale von 20,00 Euro abrechenbar gewesen (BGH, Urteil vom 21. November 1996 – IX ZR 159/95, juris Rn. 11) sowie die Umsatzsteuer in Höhe von 19 %, insgesamt 11.597,74 Euro. Bei Rechtfertigung der Höchstrahmengebühr von 30/10 von 1.299,00 Euro für jedes Veranlagungsjahr wäre mit 17.265,71 Euro zu rechnen gewesen.

Ein Rechtsanwalt kommt regelmäßig seiner Auskunftspflicht nach, wenn er den Kläger in der vorliegenden Situation auf dessen ausdrückliche Frage die entsprechende Größenordnung für den durchschnittlichen Fall nennt und darauf hinweist, dass sich die Gebühren bei überdurchschnittlichem Umfang oder Schwierigkeitsgrad auf bis zu ca. 17.300,00 Euro erhöhen können.

b) In der konkreten Beratungssituation hätte die Beklagte zusätzlich darauf hinweisen müssen, dass sie die Abrechnung der Höchstgebühr beabsichtigt, wie sie im Schreiben von Herrn Rechtsanwalt R. vom 16.12.2014 – vom Kläger als Anlage B 5 vorgelegt – deutlich zum Ausdruck kommt.

c) Ferner hätte die Beklagte darauf hinweisen müssen, dass sie die Rechtsauffassung vertritt, nicht nur für jede Steuerart und Veranlagungsjahr die Höchstgebühr des § 30 StBVV verlangen zu wollen, sondern gar zusätzlich für jede Einnahmenart……“

Sollte man als Verteidiger „auf dem Schirm haben“. Denn gibt man keinen bzw. – wie im entschiedenen Fall – einen nicht vollständigen Hinweis, dann besteht die Gefahr, dass der Gebührenanspruch nach § 311 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. § 241 Abs. 2 BGB „verloren“ geht.

Raus ist raus, oder: Das „missbrauchte“ Vertrauen

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Durch vorläufige gerichtliche Verfahrenseinstellung ausgeschiedene Taten dürfen i.d.R. selbst im Fall prozessordnungsgemäßer Feststellung auch bei der Beweiswürdigung nur dann zu Lasten des Angeklagten verwertet werden, wenn dieser zuvor auf die Möglichkeit einer solchen Verwertung hingewiesen worden ist. Auf dieses „Mantra“ aus der obergerichtlichen Rechtsprechung hat der BGH im BGH, Beschl. v. 07.07.2016 – 5 StR 270/16 – noch einmal hingewiesen.

Das LG hat die Angeklagten wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt. Ein Teil der erhobenen Vorwürfe war zuvor nach § 154 StPO zum teil eingestellt worden. Die Angeklagten haben mir ihren Verfahrensrügen Folgendes geltend gemacht. Mit der Anklage waren den Angeklagten zwei Taten des bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge vorgeworfen worden, weil ihnen durch einen Mitangeklagten S. nach demselben Muster am 08. und 14.o1.2015 jeweils rund 20 kg Cannabis zum Zweck gewinnbringenden Verkaufs geliefert worden seien. Zu den Vorgängen wurde durch das LG umfänglich Beweis erhoben worden. Im Verlauf der Hauptverhandlung hatte der Sitzungsvertreter der StA dann Zweifel kund getan, ob der Tatnachweis für den 08.01.2015 geführt werden könne. Am zehnten von insgesamt elf Verhandlungstagen hat der Vorsitzende einen rechtlichen Hinweis erteilt, dass Tat 1, die vom 08.01.2015, und Tat 2, die vom 14.0 1.2015, entgegen Anklage und Eröffnungsbeschluss eine Handlungseinheit bilden könnten, weil in der „Bunkerwohnung“ der Angeklagten eine Drogenmenge gefunden worden sei, die mit rund 35 kg weit über die am 14.01.2015 gelieferten rund 20 kg hinausgehe. Ferner ist ein Vermerk des Vorsitzenden verlesen worden, nach dem nicht ausgeschlossen werden könne, dass die überschießende Drogenmenge bereits am 08.01.2015 geliefert worden sei oder auch durch Unbekannte; eine vorläufige Verfahrenseinstellung „nach §§ 154, 154a StPO“ werde angeregt. Einem Antrag der Staatsanwaltschaft folgend hat das LG danach beschlossen, das Verfahren in Bezug auf Tat 1 vorläufig einzustellen bzw. den Verfahrensstoff insoweit zu beschränken. Am darauf folgenden (letzten) Verhandlungstag verlasen die Verteidiger schriftliche Einlassungen der Angeklagten, die sich ausdrücklich nur zu den Vorgängen am 14.01. 2015 verhielten. Danach hat der Vorsitzende rechtliche Hinweise gegeben, dass hinsichtlich des Angeklagten W. „auch 2 Taten in Betracht kommen können in Form des Handeltreibens (Haschisch 2 Kilogramm) sowie Beihilfe zum Handeltreiben in Tateinheit mit Besitz“ und dass hinsichtlich des Angeklagten K. auch Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Betracht komme. Ein förmlicher Hinweis, dass Tat 1 bei der Beweiswürdigung und der Strafzumessung verwertet werden könne, ist nicht erteilt worden. Im Urteil hat das LG die Drogenlieferung vom 08.01.2015 ordnungsgemäß festgestellt und diese Tat im Rahmen der Beweiswürdigung namentlich für die Annahme bandenmäßigen Handelns der Angeklagten sowie bei der Strafzumessung herangezogen.

Der BGH vermisst einen Hinweis auf die Möglichkeit der Verwertung trotz Einstellung nach § 154 StPO und verneint eine Ausnahme von der Hinweispflicht:

„bb) Allerdings weist der Generalbundesanwalt zutreffend darauf hin, dass der vorgenannte Grundsatz dann nicht gilt, wenn nach Lage des Falls durch die vorläufige Teileinstellung des Verfahrens ein Vertrauenstatbestand von vornherein nicht entstanden sein kann (vgl. BGH, Urteile vom 3. April 1996 – 2 StR 590/95, aaO; vom 20. März 2001 – 1 StR 543/00, aaO). Für einen solchen Ausnahmefall könnte hier sprechen, dass die zu beiden Taten parallel laufende, im Zeitpunkt der Verfahrenseinstellung bereits im Wesentlichen ab-geschlossenen Beweisaufnahme ausweislich der Urteilsurkunde gewichtige Anhaltspunkte für einen bandenmäßigen Drogenhandel großen Umfangs und eine Übergabe von Drogen an die Angeklagten im zweistelligen Kilogrammbereich (auch) am 8. Januar 2015 ergeben hatte. Ferner erfolgte die Teileinstellung ausweislich des am 10. Verhandlungstag erteilten rechtlichen Hinweises maßgebend deshalb, weil die Strafkammer Bedenken hatte, ob die Taten nicht entgegen Anklage und Eröffnungsbeschluss eine Bewertungseinheit bildeten.

Andererseits wurden sowohl von der Staatsanwaltschaft als auch im ver-lesenen Vermerk des Vorsitzenden Beweiszweifel angesprochen. Hinzu kommen die am letzten Verhandlungstag gegebenen Hinweise an die beiden Ange-klagten, die den Vorwurf bandenmäßigen Handelns nicht enthielten, sowie der Umstand, dass sich die Angeklagten nur zur Tat vom 14. Januar 2015 einließen. Dies deutet darauf hin, dass diese – nach dem dargestellten Verlauf nicht unberechtigt und für die Strafkammer erkennbar – darauf vertrauten, das Landgericht werde die Vorgänge zu Tat 1 bei der Urteilsfindung unberücksichtigt lassen. Unter solchen Vorzeichen hätte die Strafkammer einen Hinweis erteilen müssen. Anhaltspunkte dafür, dass die beabsichtigte Verwertung der Beweisergebnisse mit der Folge des Nichtentstehens eines Vertrauenstatbestandes in anderer Form zum Ausdruck gebracht worden ist, lassen sich der Gegenerklärung der Staatsanwaltschaft nicht entnehmen. Der Vorsitzende hat sich nicht dienstlich geäußert.

cc) Im Blick darauf, dass der Vorwurf bandenmäßigen Handeltreibens tragend auch auf die Vorgänge vom 8. Januar 2015 gestützt ist, kann ein Beruhen des Urteils auf dem Rechtsfehler (§ 337 Abs. 1 StPO) nicht ausgeschlossen werden. Die Sache bedarf deshalb bezüglich der Angeklagten K. und W. insgesamt neuer Verhandlung und Entscheidung.“

Also: „Raus ist raus“, oder: Wenn Ausgeschiedenes doch noch/wieder verwendet werden soll, muss darauf hingewiesen werden. Dass das nicht geschehen ist – in welcher Form auch immer – , sollte der Verteidiger in der Revisionsbegründung im Hinblick auf das Beruhen (§ 337 StPO) vortragen.

1. Strafsenat versus 4. Strafsenat?, oder: Eine „Weisung“ ist keine „Auflage“

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Wenn man die Rechtsprechung des BGH auswertet, hat man den Eindruck. Zum Verfahrensrecht besteht sie fast nur noch aus mit der Verständigung und/oder der Mitteilungspflicht zusammenhängenden Entscheidungen (§§ 257c, 243 Abs. 4 StPO), wobei ich mit Interesse die verfolge, wie der BGH versucht, sich an der ein oder anderen Stelle an der Rechtsprechung des BVerfG vorbei zu drücken. Ds führt dann immer wieder zu mehr als deutlichen (Ab)Mahnungen. Aber auch unter sich sind die Strafsenate nicht einig. Darauf deutet der BGH, Beschl. v. 07.10.2014 – 1 StR 426/14 – hin. Da ging es um die Frage, ob vor einer Verständigung auch auf eine beabsichtigte Bewährungsweisung hingewiesen werden muss. Das war in einigen BGH- Beschlüssen für Bewährungsauflagen bejaht worden. (vgl. BGH, Beschl. v. 29.01.2014 – 4 StR 254/13, NJW 2014, 238 f.; vom 11.09.2014 – 4 StR 148/14 Rn. 9 f., NJW 2014, 3173, 3174). Der 4. Strafsenat hatte das u.a. mit , dem Anspruch eines Angeklagten auf ein faires Verfahren begründet.

Der 1. Strafsenat sieht das offenabr anders, jedenfalls aber wohl für die Bewährungsweisung:

b) Ob dieser Rechtsprechung bei Verfahrensabsprachen (§ 257c StPO), auf deren Grundlage das Tatgericht eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe bei Erteilung von Bewährungsauflagen (§ 56b StGB) verhängt, uneingeschränkt zu folgen wäre, bedarf keiner Entscheidung. Denn jedenfalls für die vorliegende Konstellation einer mit einer Anweisung des Verurteilten, jeden Wohnsitzwechsel dem Gericht mitzuteilen, verbundenen Bewährungsstrafe, die durch ein auf einer Verfahrensabsprache beruhendes Urteil verhängt wird, bedarf es keiner vorherigen Information des Angeklagten über die in Betracht kommende Weisung. Dient – wie hier – die im Bewährungsbeschluss erteilte Anweisung dem Zweck, auf die zukünftige Lebensführung des Verurteilten helfend spezialpräventiv einwirken zu können, ist sie einer Bewährungsweisung im Sinne von § 56c Abs. 2 Nr. 1 StGB gleichzustellen (vgl. zum Diskussionsstand bzgl. der bewährungsrechtlichen Einordnung einer Anweisung der Wohnsitzwechselanzeige OLG Köln, Beschluss vom 28. März 2006 – 2 Ws 123/06, zit. nach juris, Rn. 9; OLG Oldenburg, NStZ 2008, 461 einerseits; OLG Celle, NStZ 2004, 627 andererseits; vgl. auch OLG Frankfurt/M., NStZ 2009, 39; Stree/Kinzig in Schönke/Schröder, StGB, 29. Aufl., § 56c Rn. 6 aE mwN; Mosbacher in Satzger/Schluckebier/Widmaier, StGB, 2. Aufl., § 56c Rn. 2 und 9).

Bewährungsweisungen dienen – anders als Bewährungsauflagen – nicht dem Ausgleich für das vom Täter schuldhaft verursachte Unrecht. Wie sich aus § 56c Abs. 1 Satz 1 StGB ergibt, kommt ihnen die Aufgabe zu, dem zu einer zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe Verurteilten zu helfen, zukünftig ein straffreies Leben zu führen (näher Groß in Münchener Kommentar zum StGB, 2. Aufl., § 56c Rn. 5 und 7 mwN). Sie haben damit ausschließlich spezialpräventiven Charakter (Thüringer OLG, Beschluss vom 13. Dezember 2010 – 1 Ws 455/10, zit. nach juris, Rn. 26; Stree/Kinzig aaO § 56c Rn. 1 mwN; Mosbacher aaO § 56c Rn. 1). Weisungen dürfen grundsätzlich auch lediglich zu dem Zweck erteilt werden, dem Verurteilten Hilfe zu seiner zukünftigen Straffreiheit zu gewähren. Fehlt es an einer solchen Zwecksetzung, ist die Weisung gesetzwidrig (vgl. § 453 Abs. 2 Satz 2 StPO). In der unterschiedlichen Zwecksetzung liegt der fundamentale Unterschied (Groß aaO Rn. 2) zwischen Bewährungsauflagen einerseits und -weisungen andererseits.“

Und: Ceterum censeo: Hier geht es zur Abstimmung Beste Jurablogs Strafrecht 2015 – wir sind dabei, die Abstimmung läuft…

Nicht „unfair“ sein: Was eingestellt ist, kann nur nach Hinweis verwendet werden

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Der Kollege Kabus aus Bad Saulgau hatte mir die von ihm „erstrittene“ Entscheidung des BGH im BGH, Beschl. v. 05.06.2013 – 1 StR 126/13 – zukommen lassen, die inzwischen auch auf der Homepage des BGH eingestellt ist. Sie enthält einen ganz interessanten Hinweis des BGH zu § 154 Abs. 2 StPO. Nichts Neues, aber der Hinweis auf ältere Rechtsprechung des BGH und damit deren Bestätigung:

„…Beabsichtigt das Gericht, im Rahmen der Beweiswürdigung Sachverhalte zu berücksichtigen, hinsichtlich derer in der Hauptverhandlung nach § 154 Abs. 2 StPO verfahren wurde, ist der Angeklagte zuvor auf diese Möglichkeit hinzuweisen (vgl. BGHSt 31, 302, 303; BGHR StPO § 154 Abs. 2 Hinweispflicht 1, 2 und 3; BGH StV 2000, 656); denn durch die Verfahrenseinstellung wird regelmäßig ein Vertrauen des Angeklagten darauf begründet, dass ihm der ausgeschiedene Prozessstoff nicht mehr angelastet werde. Deswegen gebieten es die faire Verfahrensgestaltung, aber auch der Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs, vor einer dennoch beabsichtigten nachteiligen Verwertung einen Hin- weis zu erteilen, um den Vertrauenstatbestand wieder zu beseitigen (BGHSt 30, 197; BGHR § 154 Abs. 2 Hinweispflicht 4)…“