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Quarzhandschuhe – als gefährliches Werkzeug

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Bei Quarzhandschuhen ist es, wie häufig mit Gegenständen: Bei bestimmungsgemäßem Gebrauch sollten an sich keine Probleme auftreten, nur, es geht auch anders. Das zeigt der BGH, Beschl. v. 26.04.2012 – 4 StR 51/12. Der BGH hat das landgerichtliche Urteil aus anderen Gründen aufgehoben und das Verfahren zurückverwiesen. In einer Segelanweisung führt er aus:

a) Quarzhandschuhe sind in der Regel gefährliche Werkzeuge im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Ein gefährliches Werkzeug ist ein solches, das nach seiner objektiven Beschaffenheit geeignet ist, erhebliche Körperverletzun-gen auszuführen. Eingenähter Sand in Handschuhen verstärkt deren Schlagwirkung und hat eine solche Wirkung (vgl. BGH, Beschlüsse vom 25. September 1997 – 4 StR 438/97 und vom 10. Januar 2011 – 5 StR 515/10, NStZ-RR 2011, 111 f.; vgl. auch Urteil vom 13. Januar 2005 – 4 StR 469/04 zu mit Plastik verstärkten Bikerhandschuhen).

Und dann auch noch einmal der Klassiker:

b) Der neue Tatrichter wird auch zu klären haben, ob das von den Angeklagten S. und M. bei ihren Tritten gegen den Kopf des Opfers getragene Schuhwerk als gefährliches Werkzeug zu bewerten ist (vgl. dazu BGH, Urteil vom 15. September 2010 – 2 StR 395/10).

Wofür man „Haushaltsmittel“ alles verwenden kann – Das gefährliche Werkzeug „Pumpsprühflasche“

Der Angeklagte verwendet bei einem tätlichen Angriff gegen das Opfer eine Pumpsprühflasche mit Haushaltsreiniger. Er wird wegen gefährlicher Körperverletzung verurteilt. Das LG ist von einem gefährlichen Werkzeug nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ausgegangen. Der BGH, Beschl. v. 20.03.2012 – 4 StR 20/12 – hat das anders gesehen:

Ein gefährliches Werkzeug im Sinne dieser Vorschrift ist jeder Gegen-stand, der nach seiner objektiven Beschaffenheit und nach der Art seiner Benutzung im Einzelfall geeignet ist, erhebliche Körperverletzungen herbeizuführen (st. Rspr., vgl. BGH, Urteile vom 27. Januar 2011 – 4 StR 487/10, NStZ-RR 2011, 275, 276; vom 27. September 2001 – 4 StR 245/01, NStZ 2002, 86). Nach den Feststellungen der Strafkammer nahm der Angeklagte die Pumpsprühflasche mit dem Haushaltsreiniger und sprühte aus kurzer Distanz einen Sprühstoß in Richtung des Gesichts des Tatopfers, das an der rechten Gesichtshälfte getroffen wurde. Der Sprühstoß aus der Flasche konnte „gegebenenfalls eine Reizreaktion“ aufgrund der enthaltenen Chemikalien, nicht aber Defekte der Hornhaut des Auges oder der Haut zur Folge haben. Tatsächlich trug das Opfer eine vorübergehende Reizung des rechten Auges davon. Damit ist die für die Annahme eines gefährlichen Werkzeugs nach § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB erforderliche potentielle Gefährlichkeit der konkreten Benutzung des Werkzeugs (vgl. BGH, Beschluss vom 5. September 2006 – 4 StR 313/06, NStZ 2007, 95) nicht belegt. Die bloße Eignung, nicht näher konkretisierte Reizreaktionen auszulösen, reicht hierfür nicht aus. Soweit die Strafkammer in ihrer rechtlichen Würdigung auf mögliche Entzündungen der Bindehäute und Reizungen der Haut verweist, wird dies durch die Urteilsausführungen zur Beweiswürdigung, insbesondere zu den wiedergegebenen Darlegungen des hierzu gehörten rechtsmedizinischen Sachverständigen, nicht getragen.“

50.000 € Schmerzensgeld nach einem Mord nicht zu viel…

Das OLG Bremen hat im OLG Bremen, Beschl. v. 16.03.2012 – 3 U 6/12 PKH für eine Berufung verweigert, mit der der der Beklagte ein vom LG Bremen festgesetztes Schmerzensgeld von 50.000 € auf 25.000 € reduzieren wollte. Ausgangspunkt war eine Verurteilung des Beklagten wegen Mordes und gefährlicher Körperverletzung unter Berücksichtigung verminderter Schuldfähigkeit zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 12 Jahren. Das LG hat das von ihm festgesetzte Schmerzensgeld wie folgt begründet:

Zur Begründung der Verurteilung hat das Landgericht ausgeführt, dass der Beklagte der Tochter der Klägerin vorsätzlich Verletzungen zugefügt habe, aufgrund derer die Tochter der Klägerin verstorben sei. Zwar sei zu beachten, dass nach dem Gesetzeswortlaut nur die Körper- und Gesundheitsverletzung, nicht aber die Vernichtung des Lebens als solche Schmerzensgeldansprüche auslösen könne. Nach den sachverständigen Ausführungen stehe aber fest, dass die Tochter der Klägerin nach dem ersten Würgeangriff das Bewusstsein wiedererlangt habe. Sie sei für einen nennenswerten Zeitraum bei vollem Bewusstsein gewesen und habe die ihr zugefügten Verletzungen – insbesondere auch die schwere Afterverletzung – vollständig wahrgenommen.

Für die Bemessung des Schmerzensgeldes sei ausschlaggebend, dass die Tochter der Klägerin nach dem Würgeangriff nicht nur starke Schmerzen und erhebliche Verletzungen durch den Beklagten erlitten, sondern insbesondere auch aufgrund des als sicher erkannten Todeseintritts eine Todesangst ausgestanden habe. Eine Einschränkung der Wahrnehmungsfähigkeit des Beklagten aufgrund Alkoholisierung oder sonstiger Stoffe könne nach den Sachverständigenangaben ausgeschlossen werden. Der relativ kurze Zeitraum des Überlebens sei angesichts der vorsätzlichen und mit Misshandlungen verbundenen Tat kein taugliches Bemessungskriterium für das Schmerzensgeld und trete völlig hinter die Kombination aus verletzungsbedingtem Schmerz und der Angst vor dem als vom Beklagten beabsichtigt erkannten Tod zurück. Durch diese Kombination hebe sich der Fall von anderen Vergleichsfällen aus den Schmerzensgeldtabellen ab und rechtfertige eine Verurteilung in der tenorierten Höhe. „

Das OLG hat das „gehalten: Bei einer vorsätzlich begangenen gefährlichen Körperverletzung, die zum Tode der Geschädigten führt, trete bei der Bemessung des Schmerzensgeldes die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes hinter dessen Genugtuungsfunktion zurück. Nach den Umständen des Einzelfalls könen deshalb ein Schmerzensgeld von € 50.000,00 auch dann angemessen sein, wenn die Geschädigte die Verletzungshandlung lediglich für einen kurzen Zeitraum (hier ca. 30 Minuten) überlebt, sie jedoch die ihr zugefügten schweren Verletzungen und Schmerzen bewusst und in Todesangst wahrnehme.

Gefährliche Körperverletzung mit einem Pkw?

Gefährliche Körperverletzung mit einem Pkw?, geht das und wie geht das, fragt man immer wieder. Es geht, aber die entsprechenden Verurteilungen werden vom BGH immer wieder aufgehoben.

Der BGH hat ja zwar vor einiger Zeit entschieden, dass ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB ist, aber: Den tatrichterlichen Feststellungen lässt sich häufig nicht hinreichend entnehmen, dass die Körperverletzung „mittels“ dieses gefährlichen Werkzeugs begangen worden ist. Dazu der BGH, Beschl. v. 30.06.2011 – 4StR 266/11:

…Zwar ist ein fahrendes Kraftfahrzeug, das zur Verletzung einer Person eingesetzt wird, ein gefährliches Werkzeug im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 StGB. Die Feststellungen ergeben jedoch nicht, dass die Verletzungen des Polizeibeamten durch eine Einwirkung des Kraftfahrzeugs auf seinen Körper verursacht worden sind. Soweit er sich diese – was unklar bleibt – bei dem Sturz auf den Asphalt zugezogen hat, wäre der Körperverletzungserfolg nicht „mittels“ des Kraftfahrzeugs eingetreten (Senatsbeschlüsse vom 16. Januar 2007 – 4 StR 524/06, NStZ 2007, 405 und vom 10. Juli 2008 – 4 StR 220/08).

bb) Die vom Landgericht getroffenen Feststellungen tragen auch nicht die Tatvariante „mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung“ (§ 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB). Zum einen lässt sich den Urteilsgründen auch insoweit nicht entnehmen, dass die Verletzungen des Geschädigten „mittels“ der Tathandlung und nicht erst durch dessen Abspringen vom Fahrzeug verursacht worden sind (vgl. Senatsbeschlüsse vom 13. Juni 2006 – 4 StR 123/06, NStZ 2007, 34, 35, und vom 5. Januar 2010 – 4 StR 478/09, NStZ 2010, 276; Fischer, StGB, 58. Aufl. § 224 Rn. 12 m.w.N.). Zum anderen kann das hier festgestellte langsame Zufahren auf den Geschädigten nicht generell als lebensbedrohlich angesehen werden. Für die vom Landgericht angenommene Gefahr, ihn zu überrollen oder zu überfahren und dadurch lebensgefährliche Verletzungen hervorzurufen, fehlt es an konkreten Anhaltspunkten...“

Und nun, Herr Innenminister? – AG Elmshorn im Volltext

Wir hatten vor einigen Tagen – ebenso wie andere Blogs – über das Urteil des AG Elmshorn berichtet, das der dortigen RiAG eine Einladung zur einer Nachfahrt mit der Polizei und dem Innenminister einen Rüffel seines Kollegen Justizminister eingebracht hat.

Nun liegt das vollständige begründete schriftliche Urteil des AG Elmshorn vor. Liest sich gut, Herr Innenminister. Da hat sich die Amtsrichterin viel Mühe gemacht (was aber auch zu erwarten war). Ich will die Diskussion jetzt auch gar nicht wieder anheizen, sondern nur der Vollständigkeit halber auf das Urteil hinweisen. Von Bedeutung sicherlich die Passage

„Dabei wollte der Angeklagte auf diese Art und Weise eine etwaige körperliche Auseinadersetzung mit dem Zeugen … an sich abwenden, bzw. einer solchen vorbeugen. Der Angeklagt wusste um die Wirkung des Reizstoffes, der erheblichen Schmerzen in den Augen und den Atemwegen hervorruft.“

Alles in allem, schön abgewogen, Nun ja, und nun?

Nicht ganz so schön ist allerdings in den Strafzumessungserwägungen die Passage:

Zu Lasten des Angeklagten muss jedoch auch beachtet werden, dass der überraschende Einsatz eines RSG III in das Gesicht des Geschädigten starke Schmerzen und eine länger anhaltende Reizung der Augen und Atemwege hervorruft und somit eine nicht unerhebliche Schädigung des Zeugen … herbeigeführt hat.

Da würde man in der Revision die Doppelverwertung – Urteil wegen gefährlicher Körperverletzung – diskutieren müssen. Aber es ist ja wohl nur Berufung eingelegt.