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Über den AG Kleve, Beschl. v. 29.01.2015 – 12 Cs-801 Js 522/12-965/12 – kann man m.E.- mit Fug und Recht den Satz schreiben: „Wer zunächst den falschen Verteidiger wählt, ist selber schuld“, oder auch: „Drum prüfe, wer sich (ewig) bindet“. Im Beschluss geht es um die Erstattungsfähigkeit höherer Gebühren nach einem Anwaltswechsel. Der Beschuldigte war bereits vor dem 01.08.2013, dem Tag des Inkrafttretens des 2. KostRMoG anwaltlich vertreten. Ihm wurden verschiedene Verstöße gegen das AMG vorgeworfen; es ging um den Vertrieb von „Legal Highs“, die zu dem Zeitpunkt sämtlich nicht in der Anlage I des BtMG aufgeführt waren. Im Oktober/November 2013 kam es zu einem Anwaltswechsel. Der ursprüngliche Verteidiger, ein hauptsächlich im Zivil- und Arbeitsrecht tätiger Rechtsanwalt fühlte sich dem Verfahren fachlich nicht (mehr) gewachsen. Es kam daher zu dem einvernehmlichen Anwaltswechsel. Nach der auf Vorlage des BGH ergangenen Entscheidung des EuGH ist das Verfahren gegen den Beschuldigten dann nach § 153 StPO eingestellt worden. Die notwendigen Auslagen des Beschuldigten wurden der Staatskasse auferlegt. Der neue Rechtanwalt hat Erstattungsansprüche gegenüber der Landeskasse in Höhe des nach dem am 01.8.2013 in Kraft getretenen 2. KostRMoG geltenden Gebührenrechts angemeldet. Hiergegen hat der Vertreter der Staatskasse eingewendet, dass sich bereits vor dem 01.08.2013 ein Verteidiger bestellt hatte und ein notwendiger Anwaltswechsel nicht vorlag. Die Gebühren sind dann nach altem Recht festgesetzt worden. Das AG argumentiert:
„Die nach dem Anwaltswechsel durch die Gesetzesänderung entstandenen höheren Gebühren sind nach §§ 464a Abs. 2 Nr. 2 StPO, 91 Abs. 2 ZPO als notwendige Auslagen gegenüber der Staatskasse nur dann erstattungsfähig, wenn in der Person des Anwalts ein Wechsel eintreten musste (vgl. LG Kleve, Beschluss vom 11.08.2011 – 120 Qs 68/11 -), dessen Ursache nicht in der Sphäre des Angeklagten liegt (OLG Frankfurt, NStZ-RR 2000, 64).
Nach Mitteilung des zuvor tätigen Verteidigers fand der Wechsel im Einvernehmen statt. Der jetzige Verteidiger trägt selbst vor, dass ein Anwaltswechsel nahe lag und aus seiner Sicht auch notwendig war.
Sicherlich steht es dem Angeklagten frei, ob und wann er einen Anwalt beauftragt. Wenn er dies aber bereits getan hat und sich im Laufe des Verfahrens aufgrund der komplizierten Rechtslage einen spezialisierten Verteidiger und Fachanwalt für Strafrecht mandatiert, kann dies nicht zu Lasten der Landeskasse gehen.
Das OLG Frankfurt führt in seiner bereits o.g. Entscheidung vom 11. 8. 1999 (2 Ws 91/99) aus: „Denn die Ursache für den Anwaltswechsel liegt in der Sphäre des Bf. begründet. Dieser hatte in Kenntnis des gegen ihn erhobenen Vorwurfs Rechtsanwalt K mit seiner Verteidigung beauftragt. Hierbei trug er selbst das Risiko, dass der von ihm gewählte Verteidiger seine Interessen nicht zureichend wahrnahm (vgl. OLG Hamm, NStZ 1983, 284). Geänderte Umstände, die sachliche Gründe für die Notwendigkeit eines Verteidigerwechsels darstellen könnten, waren nicht eingetreten.“
Auf geänderte Umstände kann sich der Angeklagte hier nicht berufen, schließlich bestand der Anklagevorwurf von Anfang an und hat sich während des Verfahrens nicht geändert.
Tja, ich räume ein: Die Entscheidung entspricht der h.M. in der Rechtsprechung (vgl. zu den o.a. Nachweisen auch noch KG RVGreport 2007, 193 m.w.N. aus Rspr. und Literatur ; LG Duisburg, AGS 2005, 446; ähnlich LG Detmold DAR 2015, 118). Zum Teil wird das in der Literatur aber anders gesehen. Danach sollen stets die höheren Kosten zu erstatten sein, weil es der Partei freisteht, ob und wann sie einen Anwalt beauftragt. Danach wären die Kosten stets bis zur Höhe des höchsten Vergütungsanspruchs nach neuem oder bisherigen Recht zu erstatten (AnwKomm-RVG/N. Schneider, RVG, 7. Aufl., § 61 Rn. 153 f.; Schons AGS 2005, 447, in der Anm. zu LG Duisburg AGS 2005, 446; offen bei Burhoff/Volpert, RVG, 4. Aufl., Teil A: Übergangsvorschriften [§§ 61 ff.], Rdn. 1985). Diese Auffassung hat m.E. einiges für sich. Sie berücksichtigt – zumindest auch – die Interessen des Angeklagten und sein Recht auf bestmögliche Verteidigung.
M.E. bleibt in den Fällen wie den vorliegenden die h.M. auch eine Antwort auf die Frage schuldig, woher eigentlich der Angeklagte wissen soll, ob der von ihm zunächst beauftragte Rechtanwalt der „bestmögliche“ Verteidiger ist. Nur, wenn er das weiß, kann man ihn an seinem „Auswahlverschulden“ fest halten. Zudem: Stellt sich erst während des Verfahrens heraus, dass ein „Spezialist“ – hier offenbar für BtM-Verfahren – erforderlich ist, um eine ausreichende Verteidigung sicher zu stellen, dann kann man m.E. auch mit guten Gründen die „Notwendigkeit“ des Anwaltswechsels bejahen, so dass sich dann die vom AG entschiedene Frage gar nicht erst stellen würde. Das würde allerdings bei den „Hütern der Staatskasse“ ein wenig mehr Flexibilität voraussetzen, die man leider nur zu häufig vermisst.