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Fahrerlaubnis II: Unerlaubtes Entfernen vom Unfall, oder: Keine FE-Entziehung im „Sonderfall“

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Und als zweite Entscheidung des Tages dann ein weiterer Beschluss zur Entziehung der Fahrerlaubnis nach unerlaubtem Entfernen vom Unfallort (§ 142 StGB). Das AG Wuppertal hat im AG Wuppertal, Beschl. v. 14.04.2022 – 27 Gs 15/22 – die Voraussetzungen für die Entziehung der Fahrerlaubnis (in einem Sonderfall) verneint:

„Zwar besteht vorliegend gegen die Beschuldigte der dringende Tatverdacht des unerlaubten Entfernens vom Unfallort gemäß § 142 Abs 1 Nr. 1 StGB. Die Verwirklichung dieses Tatbestands indiziert gemäß § 69 Abs. 2 Nr. 3 In der Regel die Ungeeignetheit zum Führen eines Kraftfahrzeugs mit der Folge, dass im Falle einer Verurteilung die Fahrerlaubnis entzogen werden würde.

Weitere Voraussetzung ist jedoch, dass der Täter weiß oder wissen kann, dass an fremden Sachen ein bedeutender Schaden eingetreten ist. Diese Voraussetzung ist vorliegend schon nicht gegeben. Denn die Staatsanwaltschaft selbst ging zunächst von einer unklaren Schadenshöhe und einem nicht zwingend bedeutenden Schaden aus, wie sich aus dem Vermerk auf Bl. 38 d.A. ergibt. Danach wurde der Schaden auf mindestens 1.250,00 EUR geschätzt, nicht jedoch mindestens 1.500,00 EUR. Die Beschuldigte hatte keine anderen Erkenntnisquellen zur Verfügung und musste demnach nicht von einem bedeutenden Schaden ausgehen.

Darüber hinaus liegt hier ein atypischer Fall vor, der die Regelwirkung gerade nicht zeitigt. Denn die Beschuldigte hat vor dem Entfernen vom Unfallort Kontakt mit einem Mitarbeiter der Tankstelle gehabt, der sich ihr Kennzeichen notierte und dem sie mitteilte, kurz ihren Enkel wegbringen zu wollen und danach sofort zum Unfallort zurückzukehren. Etwa eine halbe Stunde später kehrte die Beschuldigte wie angekündigt an den Unfallort zurück. Ihre Tatbeteiligung stellte sie zu keinem Zeitpunkt in Abrede. Letztlich war das durch § 142 StGB geschützte Rechtsgut, nämlich das Interesse des Unfallgegners an einer Regulierung des Schadens, nicht gefährdet.

Vor diesem Hintergrund sind keine dringenden Gründe vorhanden für die Annahme, dass die Fahrerlaubnis als Ergebnis des Strafverfahrens entzogen werden wird. Auch erfordert es die Sicherheit der Allgemeinheit nicht, die Fahrerlaubnis der Beschuldigten vorläufig zu entziehen.“

Fahrerlaubnis I: Entziehung der FE nach „Unfallflucht“, oder: Wertgrenze für den „bedeutenden Schaden“

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Den Tag heute widme 🙂 ich dann Entscheidungen zur Fahrerlaubnis/zum Fahrverbot.

Ich beginne die Berichterstattung mit dem OLG Hamm, Beschl. v. 05.04.2022 – 5 RVs 31/22. Ergangen in einer Verkehrsstrafsache, in der das LG in der Berufung betreffend eine Verurteilung wegen „Verkehrsunfallflucht“, die Fahrerlaubnis entzogen und zugleich eine Sperre für die Neuerteilung der Fahrerlaubnis von sechs Monaten angeordnet hat. Hinsichtlich des Entzugs der Fahrerlaubnis ist das Landgericht davon ausgegangen, dass das Regelbeispiel des § 69 Abs. 2 Nr. 3 StGB erfüllt sei, da an dem geschädigten Fahrzeug ein Schaden von bedeutendem Wert entstanden sei. Diesbezüglich hat das LG festgestellt, dass sich der vordere Stoßfänger des Fahrzeugs des Angeklagten und das Heck des Geschädigtenfahrzeugs beim Ausrangieren aus einer Parklücke ineinander verhakten und sich der Sachschaden an dem zuvor unbeschädigten Fahrzeug eines Zeugen A auf 1.768,86 EUR belaufe. Seine Überzeugungsbildung hat das LG auf den in der Hauptverhandlung verlesenen Kostenvoranschlag gestützt.

Das OLG hat den Rechtsfolgenausspruch aufgehoben:

„2. Der Rechtsfolgenausspruch kann bezüglich des unerlaubten Entfernens vom Unfallort hingegen insgesamt keinen Bestand haben, da die Urteilsfeststellungen zur Schadenshöhe an einem Darlegungsmangel leiden.

Gemäß § 69 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 StGB liegt ein Regelfall der Fahrerlaubnisentziehung wegen charakterlicher Ungeeignetheit vor, wenn der Täter eines unerlaubten Entfernens vom Unfallort im Sinne von § 142 StGB weiß oder wissen kann, dass durch den Unfall an fremden Sachen bedeutender Schaden entstanden ist.

a) Ob ein bedeutender Schaden vorliegt, beurteilt sich nach der Höhe des Betrages, um den das Vermögen des Geschädigten als direkte Folge des Unfalls vermindert wird (KG Berlin, Beschluss vom 03.08.2021 – (3) 121 Ss 60/21 (32/21) -, Rn. 22 – 24, juris m.w.N.). Da bei der Bemessung dieser Schadensgrenze nur diejenigen Schadenspositionen berücksichtigungsfähig sind, die zivilrechtlich erstattungsfähig sind, muss das Tatgericht jedenfalls bei Unfallgeschehen, bei denen – wie hier – nicht bereits von vornherein ersichtlich ist, dass ein bedeutender Schaden entstanden ist (KG Berlin, Beschluss vom 03.08.2021 – (3) 121 Ss 60/21 (32/21) -, Rn. 22 – 24, juris m.w.N.), nicht nur mitteilen, welche unfallbedingten Fremdschäden entstanden sind, sondern auch, wie diese wertmäßig zu beziffern sind. Dies kann regelmäßig etwa durch (gedrängte) Wiedergabe eines entsprechenden schriftlichen Kfz-Sachverständigengutachtens geschehen (KG Berlin, Beschluss vom 03.08.2021 – (3) 121 Ss 60/21 (32/21) -, Rn. 22 – 24, juris m.w.N.).

Den vorbeschriebenen Anforderungen wird das angefochtene Urteil nicht gerecht. Das Landgericht teilt lediglich mit, dass sich das Fahrzeug des Angeklagten im Bereich des vorderen Stoßfängers mit dem Heck des geschädigten Fahrzeugs verhakte und hierdurch ein Sachschaden in Höhe von 1.768,85 EUR entstand. Diese Schadenssumme liegt nur geringfügig über der für den Schadensbetrag maßgeblichen Grenze, die im Hinblick auf die allgemeine Preissteigerung jedenfalls nicht unter 1.500 EUR anzusetzen ist (im Jahr 2014 noch für 1.300 EUR: OLG Hamm Beschluss vom 6.11.2014 – 5 RVs 98/14, BeckRS 2015, 921 Rn. 21, beck-online). Da sich bei einem derartigen Unfallgeschehen ein bedeutender Fremdschaden nicht aufdrängt, hätte es daher einer (gedrängten) Darstellung der in Ansatz gebrachten Kostenpositionen zumindest auf Basis eines aussagekräftigen Kostenvoranschlags bedurft, um den Senat in die Lage zu versetzen, die Erstattungsfähigkeit der Kosten bzw. ihre Berücksichtigungsfähigkeit im Rahmen der Bewertung des bedeutenden Schadens (also z.B. nicht: Mietwagenkosten, vgl. Fischer, 69. Aufl. 2022, § 69 StGB Rn.27) zu überprüfen.“

Auto III: Hier ist die 7.000 Entscheidung für den BOB, oder: Sekundenschlaf im Ramadan

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Und zum Tagesschluss ein kleines Schmankerl, und zwar in doppelter Hinsicht.

Denn bei dem vorgestellten LG Potsdam, Beschl. v. 07.07.2021 – 25 Qs 42/21 -, den mir der Kollege Kappler jetzt erst – der Kollege ist schon zur Ordnung gerufen 🙂 – geschickt hat, handelt es sich um etwa die 7.000 Entscheidung, die ich auf meiner Homepage eingestellt habe. Und das ist dann schon eine „Anmerkung“ wert.

Die erste Entscheidung war übrigens der OLG Bamberg, Beschl. v. 25.02.2010 – 3 Ss OWi 206/10 zur Verwertbarkeit der Videomessung. Die habe ich am 14.03.2010 eingestellt. Seitdem ist dann doch reichlich Zeit verstrichen; von der Problematik der Vewertbarkeit einer Videomessung spricht übrigens heute kaum noch einer. 🙂

Das war also das erste Schmankerl. Und das zweite Schmankerl ist dann der Sachverhalt der Entscheidung. Es geht mal wieder um die Entziehung der Fahrerlaubnis nach den §§ 111a StPO, 69 StGB, und zwar wegen Sekundenschlafs. Die StA legt dem Beschuldigten zu Last, er sei am Steuer eingenickt und habe, als er beim Aufwachen ein parkendes Fahrzeug auf seiner Fahrbahn bemerkt habe, in einer Ausweichbewegung die Kontrolle über das Fahrzeug verloren und zwei parkende Fahrzeuge auf der gegenüberliegenden Seite sowie den Bordstein beschädigt. Also: Verstoß gegen § 315c Abs. I Nr. 1 b, Abs. 3 Nr. 1 StGB. Insoweit nichts Besonderes.

Aber: Das LG hat die vorläufige Entziehung der Fahrerlaubnis durch das AG aufgehoben, mit einer dann doch bemerkenswerten Begründung:

„Die Kammer teilt zunächst die Einschätzung des Amtsgerichts, dass ein dringender Tatverdacht vorliegt. Nach dem bisherigen Ergebnis der Ermittlungen, insbesondere der Zeugenaussagen und der Einlassung des Beschuldigten selbst, erscheint es als sehr wahrscheinlich, dass der Beschuldigte zum Unfallzeitpunkt infolge der Übermüdung und der Strapazen des Fastens nicht in der Lage war, das Fahrzeug sicher zu führen. Zwar führt nicht jegliche Ermüdung eines Kraftfahrers zur Bejahung der (vorsätzlichen) Begehung des § 315c I Nr. lb StGB. Zu verlangen ist vielmehr ein Zustand, der für den Beschuldigten die erkennbare Erwartung eines nahenden Sekundenschlafes mit sich bringt (vgl. LG Traunstein, Beschluss vom 8. 7. 2011 – 1 Qs 225/11). Zu Recht weist das Amtsgericht daraufhin, dass ein plötzliches Blackout ohne Vorankündigung unter den Gegebenheiten der Tat, insbesondere des langen Fastens, lebensfremd ist.

Es liegen jedoch besondere Umstände vor, von der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis ausnahmsweise abzusehen, da der Beschuldigte unwiderlegbar vorgebracht hat, infolge des ihm nach religiösen Vorschriften auferlegten Fastens während des Fastenmonats Ramadan habe zum Tatzeitpunkt eine Unterzuckerung vorgelegen.

Dem Gericht ist aus eigener Anschauung bekannt, dass Ursache für eine Unterzuckerung eine fehlende Mahlzeit in Verbindung mit körperlicher Anstrengung sein kann. In der Folge treten dann die typischen Symptome für Unterzuckerung wie Schwitzen, Zittern oder Schwindel auf. Ein Unterzucker bedeutet für den Organismus großen Stress. Der Körper muss vor allem die Versorgung des Gehirns sicherstellen, das auf Glukose als Energieträger zwingend angewiesen ist. Dazu beschleunigt er die Glykogenolyse (Zerlegung von Glykogen in Glukose) und die Zuckerneubildung (Gluconeogenese). Das wird dadurch erreicht, dass die Nebennieren vermehrt die Stresshormone Kortisol und Adrenalin ins Blut abgeben. In der Folgen entwickeln sich die typischen Symptome von Unterzucker: Schwindelgefühle, innere Unruhe und Reizbarkeit, plötzliches Schwitzen (Kaltschweißigkeit), Zittern, Hautblässe, Herzrasen und Blutdruckanstieg. Die Unterversorgung des Gehirns mit Glukose kann auch neurologische Symptome verursachen, und zwar bei fortschreitender Unterzuckerung.

Anzeichen sind dann: Kopfschmerzen, Müdigkeit und Kraftlosigkeit, Konzentrationsstörungen und Desorientiertheit, Sprachstörungen, Missempfindungen, selten sogar Lähmungserscheinungen, Bewusstlosigkeit, Ohnmacht, Krampfanfälle, Koordinationsprobleme. Diese Probleme können auch sehr plötzlich auftreten.

Dass die Unterzuckerung auf andere, dem Beschuldigten bekannte Gründe zurückzuführen ist, kann derzeit nicht festgestellt werden. Die Fastenzeit ist beendet Das Bundeszentralregister weist keine Eintragungen zu Verkehrsdelikten auf.

Es liegen deshalb ernsthafte Anhaltspunkte dafür vor, dass es sich um eine Ausnahmesituation gehandelt hat. Eine Wiederholung und weitere Gefährdung der Allgemeinheit ist demnach – jedenfalls in dem hier maßgeblichen Zeitraum bis Durchführung der Hauptverhandlung und Urteilsfindung – nicht zu befürchten.

Eine Abwendung von Gefahren erscheint hier deswegen bis zu einer endgültigen Klärung der Tatumstände im Rahmen der Hauptverhandlung nicht erforderlich. Die vorläufige Entziehung ist damit unverhältnismäßig. Dies bedeutet jedoch nicht, dass die endgültige Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB als ausgeschlossen erscheint. Die Einschätzung, ob bei dem Beschuldigten rücksichtsloses Verhalten vorlag, das ihn dazu verleitet hat, trotz Anzeichen körperlicher Schwäche am Steuer zu bleiben, bleibt den Erkenntnismöglichkeiten der Hauptverhandlung vorbehalten.“

„Interessant“ auch die Formulierung: „Dem Gericht ist aus eigener Anschauung bekannt….“. 😀

Gerade noch rechtzeitig zum Ramadan 2022 online 🙂 .

Maßgeblicher Zeitpunkt Punktestandberechnung, oder: Entziehung der Fahrerlaubnis

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Und als zweite Entscheidung dann noch der VG Düsseldorf, Beschl. v. 11.03.2022 – 6 L 247/22 – mit folgendem Sachverhalt:

Das Kraftfahrtbundesamt teilt der Fahrerlaubnisbehörde mit, dass gegen den Fahrerlaubnisinahber/Antragsteller einige Verkehrsverstöße rechtskräftig geahndet worden sind. Auf dieser Grundlage ermittelt das VG dann unterschiedliche Punktestände für den Zeitpunkt Kenntnisstand der Behörde bei Ermahnung am 03.08.2020, bei Verwarnung am 11.05.2021 und für den Zeitpunkt Ausstellung der Ordnungsverfügung am 24.01.2022.

Die Ermahnung vom 03.08.2020 wurde dem Antragsteller laut Zustellungsurkunde am 06.08. 2020 zugestellt. Die Verwarnung vom 11.05.2021 wurde ihm am 14.05.2021 zugestellt.

Mit Schreiben vom 11.01.2022 gab der Antragsgegner dem Antragsteller Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb einer Woche. Mit Schreiben vom 18.01.2022 nahm der Antragsteller Stellung und führte im Wesentlichen aus, dass er den Punktestand von acht Punkten angesichts der Punktereduzierung von zwei Punkten am 03.08.2020 und der Tilgung eines Punktes mit Wirkung zum 24.01.2021 nicht nachvollziehen könne. Zudem sei er weder ermahnt noch verwarnt worden. Der Antragsgegner antwortete, dass für die Punkteberechnung maßgeblich auf den Zeitpunkt der Begehung der letzten Tat am 29.01.2020 abzustellen sei. Die Ermahnung und die Verwarnung seien dem Antragsteller nach Aktenlage zugestellt worden. Er habe keinen Ermessensspielraum und sei an die rechtskräftigen Entscheidungen gebunden.

Der Antragsgegner entzog dem Antragsteller dann mit Ordnungsverfügung vom 24.01.2022 die Fahrerlaubnis und forderte ihn auf, den Führerschein unverzüglich, spätestens drei Tage nach Zustellung der Verfügung abzugeben und ordnete die sofortige Vollziehung der Herausgabe des Führerscheins an. Der Antragsteller hat gegen die Ordnungsverfügung Klage erhoben (6 K 1231/22), über die das VG noch nicht entschieden hat. Er hat zugleich den Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gestellt.

Der hatte Erfolg. Das VG hat die aufschiebende Wirkung angeordnet, weil nach seiner Meinung die Klage auch Erfolg haben wird. Hier die Leitsätze der Entscheidung:

    1. Der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Fahrerlaubnisentziehungsverfügung ist ihr Wirksamwerden (§ 43 VwVfG), nicht ihre Abfassung durch die Behörde.
    2. Werden Punkte nach der Abfassung der Entziehungsverfügung, aber vor ihrem Wirksamwerden gelöscht, kann sich das auf die Rechtmäßigkeit der Entziehungsverfügung auswirken. Denn die Löschung begründet ein absolutes Verwertungsverbot (§ 29 Abs. 7 Satz 1 StVG), das das Tattagprinzip überlagert.
    3. Wurden nach dem Tattagprinzip acht Punkte erreicht, ist die Entziehungsverfügung rechtswidrig, wenn ein Punkt während ihres Postlaufs an den Fahrerlaubnisinhaber gelöscht wird.

Entziehung der Fahrerlaubnis II: Bindungswirkung, oder: Was ist mit der strafgerichtlichen Entscheidung?

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Und dann im zweiten Posting etwas zur sog. Bindungswirkung.

Zunächst hier das VG Würzburg, Urt. v. 23.02.2022 – W 6 K 21.1113. Der Kläger wendet sich in dem Verfahren gegen die Entziehung seiner Fahrerlaubnis. Er ist mit rechtskräftigem Urteil des Amtsgerichts A.  wegen einer Fahrt mit einem E-Scooter unter Drogeneinfluss wegen fahrlässiger Trunkenheit im Verkehr in Tateinheit mit fahrlässigem Gebrauch eines Fahrzeugs ohne Haftpflichtversicherung sowie unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt. Des Weiteren wurde ihm verboten, für sechs Monate Kraftfahrzeuge aller Art im öffentlichen Straßenverkehr zu führen.

Dem Kläger wird dann im Verwaltungsrechtsweg die Fahrerlaubnis entzogen. Das VG weist sein Klage dagegen ab:

„Das Gericht verweist zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Gründe des Bescheides vom 6. April 2021 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2021 und sieht von einer erneuten Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist noch Folgendes auszuführen:

1. Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 StVG und § 46 Abs. 1 Satz 1 FeV hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Dies gilt insbesondere, wenn Erkrankungen oder Mängel nach den Anlagen 4, 5 oder 6 zur FeV vorliegen oder erheblich oder wiederholt gegen verkehrsrechtliche Vorschriften oder Strafgesetze verstoßen wurde und dadurch die Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen ist (§ 46 Abs. 1 Satz 2 FeV). Werden Tatsachen bekannt, die Bedenken gegen die Eignung des Fahrerlaubnisinhabers zum Führen von Kraftfahrzeugen begründen, finden gemäß § 46 Abs. 3 FeV die §§ 11 bis 14 FeV entsprechend Anwendung. Die Fahrerlaubnisbehörde hat damit die Möglichkeit, zur Aufklärung der Fahreignung eines Fahrerlaubnisinhabers die Beibringung eines medizinischen oder medizinisch-psychologischen Gutachtens anzuordnen. Steht die Nichteignung des Betroffenen zur Überzeugung der Fahrerlaubnisbehörde fest, ist die Fahrerlaubnis zwingend zu entziehen und es unterbleibt gemäß § 11 Abs. 7 FeV die vorherige Anordnung zur Beibringung eines Fahreignungsgutachtens.

Nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ist ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen der Gruppe 1 (Fahrerlaubnisklassen A und B) und 2 (Fahrerlaubnisklassen C und D), wer Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (ausgenommen Cannabis) einnimmt. Allein der nachgewiesene Konsum des Betäubungsmittels Amphetamin indiziert die Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen. Amphetamin ist ein Betäubungsmittel gemäß Anlage III zu § 1 Abs. 1 BtMG. Hierbei ist es unerheblich, ob es sich um eine gelegentliche oder regelmäßige Einnahme oder gar um eine Abhängigkeit handelt; ein einmaliger Konsum genügt. Ein Kraftfahrer, der Betäubungsmittel im Sinne des Betäubungsmittelgesetzes (außer Cannabis) konsumiert, ist – unabhängig von einer Teilnahme am Straßenverkehr, unabhängig von der Konzentration des Betäubungsmittels im Blut oder Urin und unabhängig von den konkreten betäubungsmittelbedingten Ausfallerscheinungen oder gar einer Fahruntüchtigkeit – im Regelfall als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen (st. Rspr., vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 10.7.2020 – 11 ZB 20.52BeckRS 2020, 16897 Rn. 14; B.v. 20.3.2020 – 11 ZB 20.1 – juris Rn. 12; B.v. 7.11.2019 – 11 ZB 19.1435 – juris Rn. 14; B.v. 26.3.2019 – 11 CS 18.2333BeckRS 2019, 6040 Rn. 11; siehe auch VG Würzburg, B.v. 3.1.2017 – W 6 S 16.1300BeckRS 2017, 101885 Rn. 19).

Nach Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV ist bei gelegentlicher Einnahme von Cannabis zum Führen von Kraftfahrzeugen nur geeignet, wer den Konsum und das Fahren trennen kann und wenn kein zusätzlicher Gebrauch von Alkohol oder anderen psychoaktiv wirkenden Stoffen, keine Störung der Persönlichkeit und kein Kontrollverlust vorliegt.

Ausnahmen von diesen Regeln werden grundsätzlich nur anerkannt, wenn in der Person des Betäubungsmittelkonsumenten Besonderheiten bestehen, die darauf schließen lassen, dass seine Fähigkeiten, ein Kraftfahrzeug im Straßenverkehr sicher, umsichtig und verkehrsgerecht zu führen, nicht erheblich herabgesetzt sind (vgl. Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV). Im Fahrerlaubnisentziehungsverfahren obliegt es grundsätzlich dem Fahrerlaubnisinhaber, das in seiner Person gegebene Bestehen solcher atypischen Umstände substantiiert darzulegen (st. Rspr., vgl. BayVGH, B.v. 31.7.2019 – 11 CS 19.1101BeckRS 2019, 17431 Rn. 22).

2. Dies zugrunde gelegt, hat sich der Kläger als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen erwiesen. Am 30. Mai 2020 (12:15 Uhr) führte der Kläger einen E-Scooter im Straßenverkehr, obwohl er unter der Wirkung von Betäubungsmitteln, nämlich 86,2 ng/ml Amphetamin sowie 1,8 ng/ml THC stand (Rechtsmedizinisches Gutachten des Universitätsklinikums B. pp. vom 10.7.2020). Der Kläger war damit bereits nach Nr. 9.1 der Anlage 4 zur FeV ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Des Weiteren hat sich der Kläger, der als zumindest gelegentlicher Konsument von Cannabis anzusehen ist, auch durch den Mischkonsum der Betäubungsmittel Amphetamin und THC gemäß Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen. Der Kläger war als zumindest gelegentlicher Konsument von Cannabis anzusehen, da nachweislich mehr als ein Konsumakt festzustellen war. Auf die diesbezüglichen zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid (S. 3, 4) wird verwiesen. Beide im Blut des Antragstellers festgestellten Betäubungsmittel wurden über den maßgeblichen Grenzwerten (25 ng/ml Amphetamin und 1 ng/ml THC) festgestellt, sodass von einer erforderlichen kumulativen Wirkung der Betäubungsmittel auszugehen ist (so auch die Feststellungen im Rechtsmedizinischen Gutachten der Universität W. pp. vom 23.10.2020); lediglich der gleichzeitig festgestellte Alkoholkonsum (BAK 0,27 Promille) lag in einem niedrigen Bereich, in dem keine Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit festzustellen war (vgl. § 24a StVG). Der Kläger hat somit unter der Wirkung dieser Betäubungsmittel mit einem Kraftfahrzeug (E-Scooter, § 1 Abs. 2 StVG, § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a FeV, § 1 Abs. 1 der Elektrokleinstfahrzeuge-Verordnung – eKFV) am Straßenverkehr teilgenommen.

Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall der Konsum der genannten Betäubungsmittel ausnahmsweise i.S.d. Vorbemerkung 3 der Anlage 4 zur FeV nicht zur Ungeeignetheit zum Führen von Kraftfahrzeugen nach Nr. 9.1 bzw. Nr. 9.2.2 der Anlage 4 zur FeV hätten führen können, sind weder vorgetragen noch ersichtlich; insbesondere ist auch nicht ersichtlich, dass der Kläger seine Fahreignung im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt wiedergewonnen haben könnte. Soweit der Bevollmächtigte auf das ärztliche Gutachten der T.. S.. L. pp. S. pp. G. pp. vom 3. Dezember 2019 verweist, die zu dem Ergebnis gekommen ist, dass „derzeit“ beim Kläger kein Betäubungsmittelkonsum vorliegt, kann der Kläger hieraus nichts zu seinen Gunsten ableiten, da er in jedem Fall am 30. Mai 2020 bzw. zeitnah an diesem Termin nachweislich Betäubungsmittel (Amphetamin und Cannabis) konsumiert hat.

3. Dem so gefundenen Ergebnis steht auch nicht gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG die Bindungswirkung des strafrechtlichen Urteils des Amtsgerichts pp. vom 19. Februar 2021 (Az.: pp. pp. pp. pp. pp..) entgegen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob – wie im Widerspruchsbescheid der Regierung von Unterfranken vom 14. Juli 2021 ausgeführt – bereits der am 30. Mai 2020 offenbarte Mischkonsum des Klägers die Bindungswirkung des Urteils entfallen lässt, da in jedem Fall eine solche Bindungswirkung gemäß § 3 Abs. 4 StVG mangels ausreichender Begründung in Bezug auf die Fahreignung des Klägers nicht besteht.

Die Vorschrift des § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG bestimmt: Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung der Schuldfrage oder der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Der Umfang der Bindung ergibt sich hierbei aus der schriftlichen Begründung des Urteils (§ 267 Abs. 4 StPO) und gilt für den Sachverhalt, der (zweifelsfrei) Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens gewesen ist. Voraussetzung für eine Bindung an die Entscheidung des Strafgerichts über die Eignung des Betroffenen zum Führen von Kraftfahrzeugen ist das Vorhandensein einer ausdrücklichen Beurteilung der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen in der Entscheidung. Die Tatsache einer Beurteilung der Eignungsfragen muss sich zweifelsfrei aus dem Inhalt des Urteils selbst ergeben. Eine Bindungswirkung entfällt, wenn der Strafurteil keine Ausführungen zur Kraftfahrteignung enthält oder wenn jedenfalls in den schriftlichen Urteilsgründen unklar bleibt, ob das Strafgericht die Fahreignung eigenständig beurteilt hat. Hat das Strafgericht auf ein Fahrverbot (§ 44 StGB) erkannt, ohne ausdrücklich die Ungeeignetheit zu verneinen, so liegt keine die Fahrerlaubnisbehörde bindende Beurteilung der Eignungsfragen vor. Ebenso liegt keine Bindung vor, wenn das Gericht die Entziehung der Fahreignung nicht abgelehnt hat, weil es die Ungeeignetheit verneint, sondern aus anderen Gründen tatsächlicher oder rechtlicher Art, denn dann liegt eine Beurteilung der Eignung durch das Gericht nicht vor. Die Fahrerlaubnisbehörde ist an eine strafgerichtliche Entscheidung, die die Eignung bejaht, auch dann nicht gebunden, wenn sie einen umfassenderen Sachverhalt zu beurteilen hat als der Strafrichter (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl., § 3 StVG Rn. 59, 60 m.w.N.).

Dies zugrunde gelegt, ist vorliegend festzustellen, dass Anlass des Urteils des Amtsgerichts Aschaffenburg vom 19. Februar 2021 der Vorfall am 30. Mai 2020 (Fahrt mit einem E-Scooter) mit den festgestellten Betäubungsmittelkonzentrationen im Blut des Klägers gewesen ist, was u.a. zu einer Verurteilung wegen Trunkenheit im Verkehr (§ 316 Abs. 1 und 2 StGB) führte. Zur Frage der Entziehung der Fahrerlaubnis führte das Amtsgericht aus:

„Das Gericht hat weiterhin davon abgesehen, den Angeklagten nach § 69 StGB die Fahrerlaubnis zu entziehen und hat sich dafür entschieden, lediglich ein 6-monatiges Fahrverbot gemäß § 44 Abs. 1 StGB aufzuerlegen. Gemäß § 69 StGB wird jemanden die Fahrerlaubnis wegen einer rechtswidrigen Tat, die er bei oder im Zusammenhang mit dem Führen eines Kraftfahrzeugs oder unter Verletzung der Pflichten eines Kraftfahrzeugführers begangen hat, sofern er hierfür verurteilt wird, die Fahrerlaubnis entzogen. Das Gericht entzieht die Fahrerlaubnis, wenn sich aus der Tat ergibt, dass der Täter zum Führen von Kraftfahrzeugen ungeeignet ist. Nach § 69 Abs. 2 ist dies in der Regel unter anderem dann der Fall, wenn eine Trunkenheit im Verkehr gemäß § 316 StGB, wie hier, vorliegt. Von der Regelvermutung war vorliegend nach Berücksichtigung der konkreten Besonderheiten aber abzusehen. Denn zum einen ist zu berücksichtigen, dass es sich bei dem Elektrokleinstfahrzeug um ein Fahrzeug handelt, von dem für dritte Personen eine eher geringe Gefahr ausgeht. Und zum anderen handelte es sich um eine kurze Strecke.“

Diese Ausführungen lassen erkennen, dass es dem Strafgericht darum ging, die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB, wonach in den Fällen der Trunkenheit im Verkehr (§ 316 StGB) der Täter in der Regel als ungeeignet zum Führen von Kraftfahrzeugen anzusehen ist, aufgrund der besonderen Umstände des vorliegenden Falles zu widerlegen. Diese besonderen Umstände wurden darin gesehen, dass es sich vorliegend um ein Elektrokleinstfahrzeug gemäß § 1 Abs. 2 StVG i.V. m. § 1 Abs. 1 eKFV handelte, dass gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a FeV keiner Fahrerlaubnis bedarf, jedoch als Kraftfahrzeug gilt und damit auch die Möglichkeit der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB (Führen eines Kraftfahrzeugs) grundsätzlich eröffnete (anders als etwa beim Führen eines Fahrrads oder eines Pedelecs, § 1 Abs. 3 StVG). Da in Teilen der strafgerichtlichen Rechtsprechung der Führung eines E-Scooter im Straßenverkehr keine höhere Gefährlichkeit als der eines Pedelecs bzw. eines Fahrrads ohne Elektromotor zugemessen wurde und das Vorliegen sonstiger günstiger Faktoren in den Tatumständen, wie z.B. nur kurze gefahrene Strecken, festzustellen waren, bestanden aus Verhältnismäßigkeitsgründen Bedenken gegen die Entziehung der Fahrerlaubnis und es wurde anstelle der Entziehung einer Fahrerlaubnis ein Fahrverbot gemäß § 44 StGB verhängt (vgl. LG Dortmund, B.v. 7.2.2020 – 31 Qs 1/20 – juris; a.A. BayOStLG, B.v. 24.7.2020 – 205 StRR 216/20 – juris; LG Stuttgart, B.v. 12.3.2021 – 18 Qs 15/21 – juris).

Solche besonderen Umstände, die die Regelvermutung des § 69 Abs. 2 Nr. 2 StGB zu widerlegen vermochten (E-Scooter, geringe Gefahr für Dritte, kurze Fahrstrecke), hat das Amtsgericht A. pp. im Falle des Klägers gesehen und deshalb lediglich ein Fahrverbot nach § 44 StGB verhängt. Der Hinweis, dass deshalb zu Gunsten eines Fahrverbots von einer Entziehung der Fahrerlaubnis abgesehen wurde, lässt jedoch nicht erkennen, inwieweit das Strafgericht auch die Fahreignung des Klägers im Übrigen geprüft hat, insbesondere inwieweit und ob überhaupt der bei der Fahrt am 30. Mai 2020 festgestellte Betäubungsmittelkonsum sich auf die Beurteilung der Fahreignung ausgewirkt hat. Hierzu enthält das Urteil des Amtsgerichts A. pp. vom 19. Februar 2021 keine Ausführungen, welche jedoch nach § 267 Abs. 4 StPO veranlasst gewesen wären. Eine ausdrückliche Feststellung, dass der Kläger zum Führen von Kraftfahrzeugen geeignet ist, enthält das Urteil vom 19. Februar 2021 nicht. Aus der Tatsache, dass aus den genannten Gründen lediglich ein Fahrverbot ausgesprochen wurde, kann nicht gefolgert werden, dass die Fahreignung bejaht worden wäre. Die Bindungswirkung lässt sich nur dann rechtfertigen, wenn die Verwaltungsbehörde den schriftlichen Urteilsgründen sicher entnehmen kann, dass überhaupt und mit welchem Ergebnis das Strafgericht die Kraftfahrteignung beurteilt hat. Die Begründung im Urteil des Amtsgerichts A. pp. vom 19. Februar 2021 lässt jedoch im Unklaren, ob die Kraftfahrereignung des Klägers eigenständig beurteilt wurde und dies lässt sich auch mit Blick auf den Gesamtzusammenhang der Gründe des Urteils und deren Auslegung nicht feststellen (BVerwG, B.v. 20.12.1988 – 7 B 199/88 – juris; VG Neustadt/Weinstraße, B.v. 23.10.2020 – 1 L 873/20 – juris). Eine Bindungswirkung des Urteils des Amtsgerichts A. pp. vom 19. Februar 2021 bezüglich der Fahreignung des Klägers besteht somit nicht.

Und zur Bindungswirkung dann noch:

Will die Fahrerlaubnisbehörde in einem Entziehungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen den Inhaber der Fahrerlaubnis gewesen ist, so kann sie gemäß § 3 Abs. 4 Satz 1 StVG zu dessen Nachteil vom Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich auf die Feststellung des Sachverhalts oder die Beurteilung u.a. der Eignung zum Führen von Kraftfahrzeugen bezieht. Die Bindungswirkung entfällt, wenn das Strafurteil überhaupt keine Ausführungen zur Kraftfahreignung enthält oder wenn jedenfalls in den schriftlichen Urteilsgründen unklar bleibt, ob das Strafgericht die Fahreignung eigenständig beurteilt hat.