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StPO III: Beweisantrag auf Einholung eines Gutachtens, oder: Ablehnung wegen eigener Sachkunde

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Und als dritte Entscheidung dann noch einmal etwas zum Beweisantragsrecht, nämlich zur Ablehnung  eines Beweisantrages wegen eigener Sachkunde (§ 244 Abs. 4 Satz 1 StPO). Der Angeklagte hatte in einem Verfahren mit dem Vorwurf gefährlichen Körperverletzung einen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt, der vom Tatgericht wegen „eigener Sachkunde“ abgelehnt worden ist. Die dagegen gerichtete Verfahrensrüge hatte beim KG keinen Erfolg. Das führt dazu im KG, Beschl. v. 15.09.2022 – (3) 161 Ss 140/22 (48/22) – aus:

„3. Auch die erhobene Verfahrensrüge der unzulässigen Ablehnung eines Beweisantrags bleibt aus den in der Zuschrift der Generalstaatsanwaltschaft genannten Gründen ohne Erfolg.

Von vornherein sind Aufbau und Stoßrichtung des Beweisantrags fraglich, so dass bereits zweifelhaft erscheint, dass es sich bei dem Beweisbegehren überhaupt um einen (förmlich zu bescheidenden) Beweisantrag im Sinne des § 244 Abs. 3 StPO handelt. Unklar ist etwa, warum ein „verkehrsanalytisches Sachverständigengutachten“, für das zudem weder im Antrag noch in der Revisionsschrift tragfähige Anknüpfungstatsachen bezeichnet werden, Aufschluss über die Herkunft von Verletzungen geben können soll. Auch das Begehren, „anschließend den Sachverständigen als sachverständigen Zeugen zu seinem Gutachten zu vernehmen“, erhellt sich nicht. Weitere Bedenken gegen die Zulässigkeit der Verfahrensrüge (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO) ergeben sich daraus, dass die Revision die Erklärung versäumt, wie die Staatsanwaltschaft in der Hauptverhandlung zu dem Beweisantrag Stellung genommen hat (vgl. BGH StRR 2020, Nr. 7 [Volltext bei juris] und Beschluss vom 24. Oktober 2018 – 5 StR 206/18 –; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO 65. Aufl., § 244 Rn. 106). Dass sie sich geäußert hat, ergibt sich aus dem Hauptverhandlungsprotokoll (Bl. II 9).

Schließlich gibt die Revision den beanstandeten Beschluss, durch den der Beweisantrag abgelehnt worden ist, unzutreffend wieder. Die Revisionsschrift behauptet, die Kammer habe eigene Sachkunde dafür geltend gemacht, dass (folgend getreue Wiedergabe) „die bei dem Zeugen X attestierten Verletzungen allein und ausschließlich auf der vom Angeklagten geschilderten Sturzgeschehen oder durch den von dem zeugen X geschilderte Geschehen verursacht worden sein können“ (RB S. 2). Tatsächlich enthält der beanstandete Beschluss (neben korrekter Rechtschreibung und Grammatik) das Adverb „auch“ („… auch durch das von dem Zeugen X geschilderte Geschehen verursacht worden sein können“) (Bl. II 38). Dem kommt hier Bedeutung zu: Bleibt das Wort „auch“ weg, ergibt sich ein Verständnis, dem zufolge die Verletzungen nur entweder von einem Sturzgeschehen oder von der dem Angeklagten angelasteten Bestrafungstat herrühren können. Durch die Verwendung des Wortes „auch“ wird hingegen deutlich, dass die Kammer eigene Sachkunde nur dafür behauptet, dass das Verletzungsbild als eine von ggf. mehreren Möglichkeiten (= „auch“) durch die vorgeworfene Vorsatztat verursacht worden sein kann. Die hierfür erforderliche Sachkunde ist deutlich unspezifischer als diejenige, die für die Beurteilung erforderlich wäre, ob die Verletzungen nur oder auch durch ein Unfallgeschehen verursacht worden sein können.

Jedenfalls war die Kammer bei dem hier in Rede stehenden Alltagsgeschehen nicht gehindert, den Antrag im Hinblick auf eigene Sachkunde nach § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO zu bescheiden. Der Darlegung eigener Sachkunde bedurfte es nicht. Sie ist erlässlich, wenn dem Gericht die Sachkunde nach allgemeiner Lebenserfahrung zuzutrauen ist, wobei es im pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts liegt, ob es sich dieses Wissen zutrauen darf (vgl. Alsberg/Güntge, Beweisantrag im Strafprozess 8. Aufl., Kapitel 6 [§ 244 Abs. 4-6] Rn. 8, 11). Nach dieser Maßgabe bleibt die von der Strafkammer zur Ablehnung des Beweisersuchens in Anspruch genommene – im Letzten alltagsweltliche – Sachkunde revisionsrechtlich ohne Beanstandung.“

BGH II: Aussagetüchtigkeit des Zeugen, oder: Wenn die Kammer wohl keine eigene Sachkunde hat

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Bei der zweiten Entscheidung des BGH zum Verfahrensrecht, handelt es sich um den BGH, Beschl. v. 15.05.2018 – 3 StR 18/18. Den sehe ich mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Es geht um die Aussagetüchtigkeit eines Zeugen in einem Verfahren u.a. wegen Einfuhr von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Das LG hat die Verurteilung neben der teilgeständigen Einlassung des Angeklagten auf die Aussage des Zeugen D. , der an der abgeurteilten Tat als Mittäter beteiligt war, gestützt. In der Hauptverhandlung hatte der Verteidiger des Angeklagten die psychiatrische Begutachtung des Zeugen D. zum Beweis der Tatsache beantragt, dass dieser in seiner „Aussagetüchtigkeit bzw. Zeugentauglichkeit“ erheblich beeinträchtigt sei. Zur Begründung hat er angeführt, dass der Zeuge D. ausweislich eines früheren Gutachtens an den Folgen mehrerer Schlaganfälle, insbesondere einer beginnenden demenziellen Entwicklung mit Beeinträchtigung der Auffassung, Aufmerksamkeit und Konzentration, des Denkens und des Gedächtnisses, sowie an einem leichten Psychosyndrom sowie Verhaltensstörungen nach Substanzmissbrauch leide. Das LGhat diesen Beweisantrag mit der Begründung abgelehnt, dass es selbst über die erforderliche Sachkunde zur Bewertung der Angaben des Zeugen verfüge (§ 244 Abs. 4 Satz 1 StPO). Zwar lägen im Hinblick auf die Erkrankung des Zeugen Anhaltspunkte dafür vor, dass die richterliche Sachkunde zur Beurteilung der Aussage ausnahmsweise nicht ausreichen könnte. Doch fänden die – „in ihren Grundzügen konsistenten“ – Angaben des Zeugen teilweise Bestätigung in anderen Beweismitteln und den Einlassungen des Angeklagten, so dass davon ausgegangen werden könne, dass der Zeuge grundsätzlich zu zutreffenden Wahrnehmungen in der Lage sei, diese speichern und darüber berichten könne. Ob die Angaben des Zeugen, die durch andere Beweismittel nicht belegt würden, glaubhaft seien, könne die Strafkammer in eigener Sachkunde beurteilen.

Der BGH meint dazu – insoweit lachendes Auge:

„2. Es erscheint zweifelhaft, ob das Landgericht den Beweisantrag mit dieser Begründung ablehnen durfte. In der Person des Zeugen lagen aufgrund dessen Erkrankung besondere Umstände vor, deren Würdigung eine besondere Sachkunde erforderte (vgl. BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 3 StR 364/08, BGHR StPO § 244 Abs. 4 Satz 1 Glaubwürdigkeitsgutachten 8; vom 5. März 2013 – 5 StR 39/13, juris Rn. 9). Dass die psychischen Beeinträchtigungen bei der Bewertung der Aussage des Zeugen eine Rolle gespielt haben, zeigt sich schon daran, dass die Strafkammer diese in eigener Beurteilung ihrer Bedeutung für das Aussageverhalten ausdrücklich in die Würdigung der Angaben des Zeugen eingestellt hat.“

Aber – soweit weinendes Auge

„Indessen beruht das Urteil nicht auf einem möglichen Rechtsfehler. Der Angeklagte hat die Tat weitgehend eingeräumt. Abweichungen zu den Angaben des Zeugen D. betreffen das Randgeschehen. Insoweit hat das Landgericht die Einlassung des Angeklagten schon als teilweise nicht konstant und in sich widersprüchlich gewertet. Darüber hinaus fanden die Angaben des Zeugen teilweise Bestätigung durch objektive Beweismittel, insbesondere auch in den Beobachtungen und Erkenntnissen der ermittelnden Polizeizeugen. Angesichts dieser Umstände, die das Landgericht in die Bewertung der Aussage des Zeugen D. eingestellt hat, kann der Senat ausschließen, dass dieses die Angaben des Zeugen D. seinen Feststellungen zum Tatgeschehen nicht zugrundegelegt hätte, wenn es sachverständig beraten von einer Beeinträchtigung dessen Zeugentauglichkeit ausgegangen wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 30. Juli 2009 – 3 StR 270/09, juris; Urteil vom 5. März 2014 – 2 StR 503/13, NStZ 2015, 49).“

Die Ablehnung eines Sachverständigengutachtens, oder: Sich schlau machen und dann ablehnen geht nicht

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Den Wochenauftakt mache ich in der 39. KW. mit zwei Entscheidungen des BGH zu beweisrechtlichen Problemen. Der BGH, Beschl. v. 03.07.2018 – 4 StR 621/17 – befasst sich mit der Ablehnung eines Beweisantrages auf Einholung eines Sachverständigengutachtens wegen eigener Sachkunde.

In der Hauptverhandlung waren beim LG Dortmund zunächst ein daktyloskopischer Ergebnisbericht sowie ein serologisches Kurzgutachten des LKA verlesen worden, nach deren Inhalt an einem asservierten Hammer – mit dem der Angeklagte nach den Feststellungen des LG entsprechend dem Anklagevorwurf dem Tatopfer gegen den Kopf schlug und eine Platzwunde im Stirnbereich zufügte – keine auswertbaren daktyloskopischen oder DNA-Spuren gesichert werden konnten. Sodann hatte der Verteidiger des Angeklagten die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache beantragt, dass an dem Hammer nach gerichtsmedizinischer Erfahrung Blut- und DNA-Spuren des Tatopfers vorhanden sein müssten, wenn diesem hiermit gegen den Kopf geschlagen und eine blutende Wunde zugefügt wird.

Das Landgericht hat den Antrag am folgenden Hauptverhandlungstag mit der Begründung abgelehnt, es besitze „die notwendige eigene Sachkunde zur Beantwortung der Beweisfrage aufgrund der Erkenntnisse zu DNA-Gutachten in anderen Verfahren und aufgrund einer Auskunft des Landeskriminalamts zum vorliegenden Gutachten“. Danach seien bei der Berührung eines Gegenstandes oder einem Schlag mit anschließender Wunde nicht zwingend DNA-Spuren zu erwarten; es seien vielerlei Umstände für das Fehlen solcher Spuren denkbar.

Der BGH sagt: So nicht:

„Mit der gegebenen Begründung durfte der Beweisantrag nicht abgelehnt werden. Die Ablehnung des Antrags durch das Landgericht ist mit § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO nicht vereinbar. Zwar gestattet diese Vorschrift die Ablehnung eines Beweisantrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens, wenn das Gericht selbst bereits über die erforderliche eigene Sachkunde verfügt. Es ist jedoch nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtsfehlerhaft, einen Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens mit dem Hinweis auf genügende eigene Sachkunde abzulehnen, wenn sich das Tatgericht – wie hier – diese Sachkunde erst zuvor gezielt durch die Befragung eines Sachverständigen im Freibeweisverfahren verschafft hat, um einen erwarteten oder bereits gestellten Beweisantrag ablehnen zu können. Denn wenn das Tatgericht die Anhörung eines Sachverständigen für erforderlich hält, um sich sachkundig zu machen, muss der Sachverständige in der Hauptverhandlung im Strengbeweisverfahren gehört werden (vgl. BGH, Urteil vom 15. März 1995 – 2 StR 702/94, BGHR StPO § 244 Abs. 4 Strengbeweis 1; Beschlüsse vom 26. März 2014 – 2 StR 274/13, BGHR StGB § 244 Abs. 4 Satz 1, Sachkunde 14; vom 23. Mai 2013 – 2 StR 555/12, wistra 2013, 389 f.; SK-StPO/Frister, 5. Aufl., § 244 Rn. 209; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl., § 244 Rn. 73).“

Wenn man die Zitate in der BGH-Entscheidung sieht, fragt man sich: Hat die Strafkammer das wirklich nicht gewusst? M.E. ist das Vorgehen auch – wie wir in Westfalen sagen: Schofel: Entweder man ist so schlau, um den Beweisantrag ohne Sachverständigen ablehnen zu können, oder nicht. Sich schlau machen und dann ablehnen geht nicht 🙂 .

WhatsApp in der Hauptverhandlung, oder: Extraction-Report

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Autot WhatsApp

In einem beim LG Kaiserslautern anhängigen Raubverfahren ging es um WhatsApp-Verkehr zum Tatzeitpunkt = um die Frage, ob der Angeklagte zu dem Zeitpunkt telefoniert oder „Internetverkehr“ betrieben hatte. Dazu hatte der Verteidiger einen Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens gestellt. Denn hatte die Strafkammer mit der Begründung „eigene Sachkunde“ = „können wir selbst“ abgelehnt. Geht, sagt der BGH im BGH, Beschl. v.  20.06.2017 – 4 StR 575/16:

„Soweit der Angeklagte geltend macht, das Landgericht habe sich bei der Ablehnung seines Antrags auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu Unrecht auf eigene Sachkunde berufen und dadurch gegen § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO verstoßen, vermag er keinen Rechtsfehler aufzuzeigen. Der Antrag wurde zum Beweis der Tatsache gestellt, dass in der tatrelevanten Zeit vom Mobiltele-fon des Angeklagten aktiv telefoniert und aktiv Internetverkehr betrieben worden sei. Das Landgericht hat sich die Überzeugung davon, dass im Tatzeitraum vom Mobiltelefon des Angeklagten weder eine WhatsApp-Nachricht versandt, noch ein herausgehender Anrufversuch unternommen wurde, anhand des in die Hauptverhandlung eingeführten schriftlichen Berichts über die Auswertung des Mobiltelefons des Angeklagten (sog. Extraction-Report) verschafft. Dass die darin enthaltenen Einträge ohne besondere Sachkunde verstanden werden konnten, stellt auch die Revision nicht in Frage. Bei dieser Sachlage wäre die Vernehmung eines Sachverständigen unter dem Gesichtspunkt der Aufklärungspflicht (vgl. Becker in: Löwe-Rosenberg, StPO, 26. Aufl., § 244 Rn. 322 und 68 ff.) nur dann veranlasst gewesen, wenn sie bei verständiger Würdigung möglicherweise zur Aufdeckung weiteren bisher unbekannten Tatsachenstoffs geführt hätte, durch den der Schuldvorwurf widerlegt, in Frage gestellt oder als begründet hätte erwiesen werden können (vgl. BGH, Urteil vom 8. Dezember 1993 – 3 StR 446/93, BGHR StPO § 244 Abs. 2 Umfang 1 [insoweit in BGHSt 40, 3 nicht abgedruckt]). Hieran fehlt es. Dafür, dass bei der Erstellung des „Extraction-Report“ im Mobiltelefon des Angeklagten gespeicherte Daten nicht erfasst worden sein könnten, gibt es keinen Anhaltspunkt. Das Vorbringen der Revision hierzu erschöpft sich darin, die Verlässlichkeit des „Extraction-Report“ pauschal in Frage zu stellen.“

Die eigene Sachkunde des Gerichts, oder: Was Strafkammern alles meinen zu wissen/zu kennen

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In der Praxis häufig ist die Ablehnung eines Beweisantrages wegen eigener Sachkunde des Gerichts (§ 244 Abs. 4 Satz 1 StPO). Man ist, wenn man die Entscheidungen der Revisionsgerichte dazu liest, immer wieder erstaunt, was die Gerichts so alles können und was sie wissen, oder kurz: Von welchen Materien/Frage sie „Kenne haben“ bzw. meinen zu haben. So auch im BGH, Beschl. v. 24.01.2017 – 2 StR 509/16. Angeklagt war in dem Verfahren ein Überfall auf eine Tankstelle. Das LG hat den Angeklagten verurteilt und ist dabei von einer „Lebensbeichte“ eines Mitangeklagten ausgegangen, der den Angeklagten als Tatbeteiligten benannt hatte. Von dem Überfall gab es Lichtbilder, auf der zwei Täter zu sehen waren. Dazu hatte der Angeklagte unter Beweis gestellt, dass „der auf den zur Akte gelangten Lichtbildern der Videoüberwachungskamera der Total-Tankstelle …. erkennbare Täter mindestens 180 cm groß“ gewesen sei, während der Angeklagte W. nur eine Körperlänge von 170 cm aufweise. Mithilfe der „Photogrammetrie“ sei es möglich, anhand des Hintergrunds die Körpergröße der fotografierten Person auch unter Ausgleich perspektivischer Verzerrungen näher festzulegen. Das LG hatte den Antrag unter Hinweis auf eigene Schkunde zurückgewiesen, ohne das näher zu begründen:

Das beanstandet der BGH:

a) Bei dem Antrag der Verteidigung handelt es sich um einen förmlichen Beweisantrag, der nur nach Maßgabe des § 244 Abs. 3 oder Abs. 4 StPO zu-rückgewiesen werden durfte. Unter Beweis gestellt wurde nach der Erläuterung des Antragsvorbringens nicht nur das Beweisziel, dass der auf den Lichtbildern erkennbare zweite Täter nicht der Angeklagte W. gewesen sei, sondern dass der zweite Täter nach Körperlänge und Statur nicht dem Erscheinungsbild des Angeklagten W. entspricht. Dies enthält eine dem Beweis zugängliche Tat-sachenbehauptung und nicht nur das Ergebnis einer „Bewertung“.

b) Indem das Landgericht den Beweisantrag gemäß § 244 Abs. 4 Satz 1 StPO unter Berufung auf eigene Sachkunde zurückgewiesen hat, hat es sich auf einen im vorliegenden Fall untauglichen Ablehnungsgrund gestützt.

aa) Die Frage, ob mit Mitteln der Bildbearbeitung und Raumvermessung, auf die der Beweisantrag im Hinblick auf Möglichkeiten der „Photogrammetrie“ verwiesen hat, näherer Aufschluss über die Größe der auf Fotos vom Verkaufs-raum der Total-Tankstelle abgebildeten Person zu gewinnen ist, zählt nicht zu allgemein vorhandenem Wissen, auf das Tatrichter ohne weiteres zurückgreifen können. Der Hinweis des Landgerichts, aus anderen Verfahren sei ihm bekannt, dass exakte Größenangaben derartigen Bildern regelmäßig ohnehin nicht zu entnehmen seien, ist demgegenüber nicht aussagekräftig. Sie erklärt nicht, dass und warum die Bildbearbeitung und Raumvermessung keine weite-ren Erkenntnisse ergeben könne. Sie steht zudem in Widerspruch zur eigenen Bewertung der Lichtbilder in den Urteilsgründen.

bb) Deshalb hätte die eigene Sachkunde des Gerichts näherer Darlegung bedurft.

(1) Eine solche wäre nach § 244 Abs. 6 StPO zunächst im Ablehnungsbeschluss vorzunehmen gewesen, um der Verteidigung eine Reaktion hierauf noch in der Hauptverhandlung zu ermöglichen (vgl. SK-StPO/Frister, StPO, 5. Aufl., § 244 Rn. 220; Alsberg/Güntge, Der Beweisantrag im Strafprozess, 6. Aufl., 2. Teil 2. Kap. Rn. 1442). An einer Erläuterung der eigenen Sachkunde fehlt es aber in der Begründung des Beschlusses, abgesehen von dem nicht aussagekräftigen Hinweis auf die angebliche Unmöglichkeit einer genaueren Größenbestimmung durch Sachverständige.

(2) Nach der Rechtsprechung genügt gegebenenfalls auch eine Dar-legung der Sachkunde des Gerichts in den Urteilsgründen (vgl. BGH, Urteil vom 10. Juli 1958 – 4 StR 211/58, BGHSt 12, 18, 20; s.a. LR/Becker, StPO, Aufl., § 244 Rn. 339). Sie ist aber entgegen der Auffassung des Generalbundesanwalts auch daraus nicht ausreichend zu entnehmen.

Die Anforderungen, die an die Darlegung der eigenen Sachkunde im Urteil zu stellen sind, richten sich nach der Schwierigkeit der konkret zu beurteilenden Beweisfrage, die Art und Umfang des erforderlichen Spezialwissens bestimmt. Erfordert die Materie eine besondere Ausbildung oder kontinuierliche wissenschaftliche oder praktische Erfahrung, sind die Anforderungen an die Darlegungspflicht erhöht (MünchKomm-StPO/Trüg/Habetha, StPO, § 244 Rn. 73 mwN).

Wenn die Strafkammer nach den Urteilsgründen selbst anhand des Er-scheinungsbildes der fotografierten Personen im Verhältnis zu den im Hintergrund erkennbaren Regalen Schlüsse auf die Größenverhältnisse gezogen hat, kann nicht ohne weiteres angenommen werden, durch Bildbearbeitung und Raumvermessung sei kein genauerer Aufschluss zu gewinnen. Der Beschwerdeführer ist insoweit dem Landgericht zutreffend mit der Bemerkung entgegengetreten: „Wenn es dann von einem größeren und einem kleineren Täter spricht, so handelt es sich lediglich um Vermutungen, denn die Täter sind auf keinem Bild gleichzeitig anwesend und daher (ist) nur ein ungefährer Vergleich möglich. Nur ein Fachmann kann hier genau erkennen, wie der Größenunterschied tatsächlich ist und auch eine Körpergröße angeben, vor allem wenn man bedenkt, dass die Originalregale noch vorhanden sind.“